Die einzelnen Werte – 50 Pfennig

45 PFENNIG

Hallo

Dieser Beitrag ist für mich von besonderer Bedeutung. Nicht, weil es der 15. Beitrag zu den einzelnen Werten der 1. Offenburger Ausgabe ist. Nein, dieser Beitrag über den 50 Pfennig-Wert, dem fünften und letzten mit dem Bildmotiv Bäuerinnen bei der Rübenernte vor Industrieanlagen ist mein 100. Beitrag im SAARPHILA-BLOG. Ich hätte 2017 nicht gedacht, dass der SAARPHILA-BLOG so erfolgreich werden würde. Ihr habt mit euren Besuchen und euren zahlreichen Rückmeldungen klar zum Ausdruck gebracht, dass der SAARPHILA-BLOG weitergeführt werden soll. Ich habe verstanden: Die kommenden 100 Beiträge sind bereits in Planung.

Der 50 Pfennig-Wert der Briefmarkenausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar war anfänglich ein reiner Ergänzungswert. Dieses änderte sich erst mit der Portorevision per 15. September 1947, als der 50 Pfennig-Wert das Porto für den wichtigen und beliebten Auslandsbrief der ersten Gewichtsstufe bis 20 Gramm abdeckte und diese Funktion vom 75 Pfennig-Wert übernahm. Eine Portoreduktion um 33%! Heutzutage unvorstellbar! Frankaturen für den 50 Pfennig-Wert:

    • Zahlkarte 750 Mark bis 1’000 Mark
    • ab dem 15. September 1947 auch für:
      • Auslandsbrief 1. GSt. bis 20 g
      • Geschäftspapiere Ausland bis 250 g
50 Pfennig, Originalausgabe
Originalausgabe (gummierte Seite)

Das Markenbild zeigt zwei Bäuerinnen bei der Ernte; vermutlich bei der Rübenernte. Nach Bergbau und Stahlindustrie wird mit dem dritten Bildmotiv die Ende der 40er-Jahre auch im Saarland noch sehr bedeutsame Landwirtschaft thematisiert. Im Bildhintergrund erkennen wir dagegen Industrieanlagen mit Gasometer, sieben rauchenden Fabrikschloten unterschiedlicher Höhe, Industriehallen und einer Dampflokomotive mit Waggons.

Der Bildaufbau lehnt sich an das erste Bildmotiv Bergmann im Streb vor Saarlandschaft an, mit dem körperlich schwer arbeitenden Hauer vor einer ländlichen Idylle.

Wieder gelingt dem Entwerfer Vytautas Kazimieras Jonynas das Kunststück, wichtige Zusammenhänge subtil in das gerade einmal 18,5 x 22 Millimeter grosse Markenbild einfliessen zu lassen. Wieder steht dabei der in seiner Umwelt agierende Mensch im Mittelpunkt.

Interessanterweise lässt Vytautas Kazimieras Jonynas Frauen das Bildmotiv prominent dominieren; nicht dekorativ platzierte Frauen, sondern Frauen, die körperlich hart arbeiten und ihre Werkzeuge routiniert benutzen. Dabei ist seine Darstellung der Frauen überaus detailliert: Kopftuch, Hemd, Rock über Strumpfhosen, Schürze und derbe Schuhe.

Vytautas Kazimieras Jonynas stellt – wie beim Bergmann – auch mit diesem Bildmotiv den essentiellen Zusammenhang zwischen Landwirtschaft und Industrie her. Ohne Nahrungsmittel keine Arbeiter, keine Produktion, kein Wohlstand. Wieder ist es für ihn, wie bereits beim Bergmann und den Stahlwerkern, harte körperliche Arbeit, welche den wirtschaftlichen Erfolg – hier symbolisiert durch die rauchenden Fabrikschlote – und damit den Wohlstand der Saarländer erst generiert.

Das i-Tüpfelchen des Bildmotivs ist jedoch der abgebildete Gasometer. Dieser ist eine subtile Warnung vor den Gefahren industrieller Arbeit. 1932 war bei Wartungsarbeiten der grosse Gasometer in Neunkirchen explodiert. Ein Unglück, dass sehr viele Opfer forderte und weltweit beachtet wurde. Den Saarländern dürften 1947 – bloss 15 Jahre nach dem Unglück – die Bilder des verwüsteten Neunkirchen trotz aller zwischenzeitlichen Kriegsbilder noch gut in Erinnerung gewesen sein.

Abbildungen

Der 50 Pfennig-Wert gehört zu den Werten der Originalausgabe, von denen die P.T.T Saarbrücken im Sommer 1947 bei der Druckerei Franz Burda in Offenburg eine Neuauflage bestellte. Von dem 50 Pfennig-Wert existieren somit vier Varianten: Marken der Originalausgabe (BuS I), Marken der Neuausgabe (BuS II), Marken der Originalausgabe mit Überdruck für den Malstatt-Burbacher Druck (MBD I, Urdruck/Altdruck) sowie Marken der Neuausgabe mit Überdruck für den Malstatt-Burbacher Druck (MBD II).

50 Pfennig, Neuausgabe Herbst 1947
50 Pfennig, Originalausgabe mit Aufdruck 10 F Malstatt-Burbacher Druck (MBD I)
50 Pfennig, Neuausgabe mit Aufdruck 10 F (enger Abstand) Malstatt-Burbacher Druck (MBD II)
50 Pfennig, Neuausgabe mit Aufdruck 10 F (weiter Abstand) Malstatt-Burbacher Druck (MBD II)

Anmerkungen:

    • Der 50 Pfennig-Wert ist der einzige Wert, dessen Aufdruck beim Malstatt-Burbacher Druck in roter Farbe ausgeführt wurde. Die Gründe sind offensichtlich. Schon die Farbe der Originalausgabe war sehr dunkel; die Neuausgabe wurde dann farblich noch eine Nuance dunkler ausgeführt. Einen Aufdruck in schwarzer Farbe, wie bei den anderen Werten der Überdruckausgabe, hätte sich für eine rasche Identifikation nicht ausreichend vom Bildmotiv abgehoben.
    • Wir unterscheiden beim Malstatt-Burbacher Druck zwei Varianten von Aufdrucken, welche sich durch den Abstand zwischen der 0 der aufgedruckten Wertangabe 10 und der Währungsbezeichnung F unterscheiden. Der Abstand bei Variante e beträgt 0,5 und bei Variante w 1,3 Millimeter. Variante w kommt ausschliesslich auf Marken der 5. und 6. senkrechten Reihe vor. Erklärung: Für jeden der zu überdruckenden Werte wurde für den Überdruck eine entsprechende Druckplatte zusammengestellt, die aus 10 sich wiederholenden Druckreihen à 10 Feldern bestanden. Daher wiederholen sich auch die Eigenheiten dieser Ur-Druckreihen über den gesamten überdruckten Bogen. Beim 10 Pfennig-Wert und beim 50 Pfennig-Wert sind dies die abweichenden Abstände von der Wertangabe zur Währungsangabe.
    • Ohne der in wenigen Wochen startenden Beitragsserie zu den Feldmerkmalen der 1. Offenburger Ausgabe und einigen anderen interessanten Marken der Ausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar vorgreifen zu wollen: Die Marke der Neuausgabe mit dem weiten Abstand zwischen Wertangabe und Währungsangabe zeigt auch das Aufdruckmerkmal vom Feld 76 (Überdruck), welches in MICHEL®-Katalogen als MiNr. 235 II PF II gelistet ist (vgl. folgende Abbildung).
50 Pfennig, Aufdruck 10 F auf Neuausgabe weiter Abstand w, Feld 76AB

Für den Sammler ist die Unterscheidung von überdruckten Marken der Originalausgabe – dem sogenannten Alt- oder Urdruck – und überdruckten Marken der Neuausgabe nicht ohne Tücken. Achtet auf:

    • Die Farbe des Papiers. Für die Neuausgabe stand fast weisses Papier zur Verfügung. Weisses Papier werdet ihr bei der Originalausgabe nicht finden.
    • Die Grossbuchstaben des Schriftbands SAAR. Die Querstriche der beiden A von SAAR wurden tiefer gelegt.
    • Die Darstellung insbesondere der Ränder, bspw. der Rocksaum der stehenden Bäuerin, sind detaillierter ausgeführt.
    • Die Gummierung der Neuausgabe ist wesentlich heller und transparenter als die der Originalausgabe (vgl. Abbildungen)
Gummierung Originalausgabe, leicht bräunlich, diagonal geriffelt
Gummierung Neuausgabe, hell und transparent

__________

Dokumentation des Druckdatums der Originalausgabe, Groteskschrift ohne Doppelpunkt, Typ II

Dokumentation eines Schalterbogens

Schalterbogen Originalausgabe, 19. Februar 1947, A 04943 (5-stellige Bogennummer)

Dokumentation Bogennummern

Bogennummern sind durchgehend 5-stellig

Dokumentation raue Perforation

Schönes Beispiel für die sogenannte raue Perforation. Diese entstand, wenn die Mitarbeiter die Titan Flachperforiermaschine mit mehr als den maximal zulässigen vier Druckbögen befüllten und/oder die Stifte des Perforationskamms stumpf wurden. Die Trennung der Marke aus dem Bogen gestaltete sich bei rauer Zähnung schwer, was sich anhand der Abbildungen schön nachvollziehen lässt. Vorstehend eine Abbildung von der Neuausgabe mit Überdruck.

__________

Steckbrief des 50 Pfennig-Werts

    • Wert/Währung: 50 (Reichs-) Pfennig, ab 16. Juni 1947: 50 (Saar-) Pfennig
    • Bildmotiv: Bäuerinnen bei der Rübenernte vor Industrieanlagen
    • Entwerfer: Vytautas Kazimieras Jonynas
    • Farben (Aufzählung):
      • RAL: 5011 Stahlblau
      • Stanley Gibbons Farbenführer: indigo
      • End/Becker: Blauviolett-Schwarz
      • Paul Staedel: bleu-violet noir
      • Saarhandbuch (SHB): Blauschwarz
      • MICHEL®: Schwärzlichultramarin
      • Scott: blue violet
      • Stanley Gibbons: slate violet
      • Yvert & Tellier: violet-gris
    • Papier: dickes, raues, gräulichweisses bis gelbbräunliches Papier mit häufigen Holzeinschlüssen; farbige, feine Stofffäden nicht unüblich
    • Wasserzeichen: kein
    • Gummierung: gräulichbraunes Gummi arabicum
    • Druckverfahren: Rastertiefdruck auf Rotations-Tiefdruckmaschine Palatia O
    • Masse: ca.22 x 26 Millimeter / ca. 18.5 x 22.5 Millimeter (Markenbild mit Schriftband)
    • Perforation: Kammzähnung durch Titan Flachperforiermaschine
    • Zähnungsmass: 14:14 mit minimen Schwankungen
    • Bogenrandsignaturen:
      • durchgehend 5-stellige Bogennummern (vgl. Abbildung)
      • Druckdatum ausgeführt in Groteskschrift, Typ II
    • Druckdatum/-daten: 19. Februar 1947
    • Auflage: 1’020’000 Stück, von denen innerhalb der Gültigkeit bis auf 77 Schalterbögen alle Exemplare am Schalter verkauft wurden
    • Erstausgabetag: 7. März 1947
    • Verkauf bis: 19. November 1947
    • Gültigkeit: 7. März 1947 bis 27. November 1947
    • Hauptwert/Ergänzungswert: Nebenwert
    • Katalognummern (Aufzählung):
      • End/Becker: 220
      • Paul Staedel: 15
      • F.S.A.: 210
      • MICHEL®: 220
      • ANK: 220
      • Scott: 167
      • Stanley Gibbons: 217
      • Yvert & Tellier: 210
    • Neuausgabe im Herbst 1947: ja (vgl. Abbildung)
    • Druckdatum/-daten der Neuausgabe: 17. November 1947
    • Auflagehöhe der Neuausgabe: 2’050’000 Stück
    • Überdruck der Originalausgabe (Urdruck, MBD I): ja; 7’700 Stück von denen 2’000 Stück am 24. März 1948 vernichtet wurden (vgl. Abbildung)
    • Wert/Währung des Malstatt-Burbacher Drucks: 10 F
    • Erstausgabetag des 10 F-Werts des Malstatt-Burbacher Drucks: 6. Dezember 1947

Eine kurze Erklärung zu der Verwendung der Begriffe Originalausgabe (BuS I, 1. Offenburger Ausgabe) und Neuausgabe (BuS II, 2. Offenburger Ausgabe). Die Originalausgabe wurde vom 27. Dezember 1946 bis zum 21. Februar 1947 bei der Druckerei Franz Burda gedruckt. Die Druckerei erhielt im Spätsommer/Herbst 1947 den Auftrag zu einer Neuauflage von 13 der 20 Werte, um die Briefmarkenbestände aufzufüllen. Der höchste Wert zu einer Mark sollte dabei auf die seit dem 16. Juni 1947 gültige neue Währung Saarmark umgestellt werden. Die Negative, Diapositive und Druckzylinder der Originalausgabe waren bei der Druckerei Franz Burda jedoch nicht mehr vorhanden oder nicht mehr benutzbar. Es mussten also von Jonynas‘ Originalvorlagen – diese waren noch vorhanden – neue Abzüge erstellt werden. Kleinere Beanstandungen wurden an den Originalvorlagen vorgängig retuschiert, wie beispielsweise im Bereich zwischen den Beinen des rechten Stahlwerkers bei den Werten zu 15, 16, 20 sowie 24 Pfennig. Da die Herstellung der 13 nachbestellten Werte von geänderten Originalen erfolgte, sprechen wir von einer Neuausgabe und nicht von einer Neuauflage. Der Malstatt-Burbacher Druck ist wiederum eine Überdruckausgabe beider Ausgaben. Die Originalausgabe mit Überdruck bezeichnen wir als MBD I und die Neuausgabe mit Überdruck als MBD II.

Bis dann

60 PFENNIG

__________

Folgt mir auf Facebook und ihr seid immer auf dem Laufenden.

#saarphila #saarphilatelie