Belege (V) – Seltener Ersttagsbeleg Malstatt Burbacher Druck (MBD)

Hallo

Im Beitrag vom 27. Februar 2019 habe ich euch einen seltenen Ersttagsbeleg des Malstatt-Burbacher Drucks vom 20. November 1947 vorgestellt, den ich meiner Sammlung hinzufügen konnte.

Die Frankatur dieses Ersttagbeleges hat einige Fragen aufgeworfen, die ich nicht abschliessend beantwortet konnte. Mittels intensiver Recherche und der freundlichen Unterstützung von „Commissaire Hasard“ habe ich nun die entsprechenden Antworten.

Worum geht es? Hier nochmals der Beleg.

20. November 1947, 17-18, Schaffhausen (Saar) nach Heiligenhaus / © Projekt Saarphilatelie.com

Verklebt sind eine 6 F auf 24 Pfennig Neuausgabe und zwei 2 F auf 12 Pfennig Originalausgabe (senkrechtes Paar, Wasserzeichen fallende Wellenlinien F). Damit ist der Brief vom Saarland in die britische Besatzungszone des besetzten Deutschen Reichs nach den ab dem 20. November 1947 geltenden Tarifen der P.T.T. des Saarlandes um 4 resp. 1 Franken überfrankiert.

Posttarife des Saarlandes ab 20. November 1947 (Auszug)

    • Brief in die besetzten Gebiete des Deutschen Reichs resp. ins Mutterland Frankreich der 1. Gewichtsstufe bis 20 g = 6 Franken
    • Brief in die besetzten Gebiete des Deutschen Reichs resp. ins Mutterland Frankreich der 2. Gewichtsstufe 20 g bis 50 g = 9 Franken

10 Franken waren notwendig für die Frankatur von:

    • Brief der 1. Gewichtsstufe bis 20 g ins Ausland

Wieso wurde der abgebildete Brief überfrankiert? Das ist die grosse Frage. Hier die Auflistung der bekannten Fakten:

    • Die Werte des Malstatt-Burbacher Drucks waren am Ersttag ausschliesslich am Postschalter erhältlich; somit muss ein Schalterbeamter der Post in Schaffhausen (Saar) den abgebildeten Brief frankiert haben.
    • Die neuen Beförderungstarife der P.T.T. des Saarlandes waren genau am 20. November 1947 in Kraft getreten. Hatte der Schalterbeamte geirrt? Hatte er dem Absender den Auslandstarif verrechnet, anstatt den niedrigeren Tarif für die Briefbeförderung in die besetzten Gebiete des Deutschen Reichs zu verwenden?

Die Antwort auf diese Frage liegt in den Wirren der Währungsreform vom 20. November 1947.

Die Direktion der P.T.T. des Saarlandes in Saarbrücken erliess am 17. November 1947 die mit der Währungsreform ab dem 20. November 1947 anzuwendenden Bestimmungen und Beförderungstarife. Dieses Regelwerk enthielt drei Abschnitte:

    • Postsendungen nach Frankreich
    • Postsendungen innerhalb des Saarlandes
    • Postsendungen nach dem Ausland einschliesslich der besetzten Gebiete des Deutschen Reichs

Dies bedeutete, dass bei Postsendungen nach den besetzten Gebieten des Deutschen Reichs die Auslandstarife zur Anwendung kommen sollten. Konkret: 10 Franken für einen Brief der ersten Gewichtsstufe bis 20 Gramm. Nach dem Regelwerk vom 17. November 1947 ist der oben abgebildete Brief korrekt frankiert.

Wieso habe ich dann die Posttarife vorstehend anders wiedergegeben?

Tja, bei Währungsreformen muss alles sehr rasch gehen, wobei es unerheblich ist, ob es dabei um Banknoten und Münzen oder um geldwerte Briefmarken geht. Die Direktion der P.T.T. des Saarlandes wurde – wahrscheinlich – von der Délégation supérieure de la Sarre unter Gilbert Grandval „zurückgepfiffen“, denen der Zeitpunkt zur Einführung von Auslandstarifen für Postsendungen in die besetzten Gebiete des Deutschen Reichs wohl nicht opportun erschien. Wie auch immer. Die Auslandstarife für Postsendungen in die besetzten Gebiete des Deutschen Reichs wurden schliesslich erst fünf Monate nach der Währungsreform, zum 1. Mai 1948 in Kraft gesetzt.

Die Direktion der P.T.T. des Saarlandes musste nun schleunigst das Regelwerk überarbeiten, den dritten Abschnitt kürzen und das Werk um einen vierten Abschnitt ergänzen:

    • Postsendungen nach den besetzten Gebieten des Deutschen Reichs (mit reduzierten Tarifen)

Das überarbeitete Regelwerk wurde am Nachmittag des 19. November 1947 den Poststellen zugeleitet. Es ist mehr als nur wahrscheinlich, dass am Folgetag nicht jeder Postbeamte von den so kurzfristig geänderten Bestimmungen Kenntnis hatte.

Hier die Abbildung eines weiteren Ersttagsbelegs mit gleicher Frankatur. Diesmal aus Blieskastel.

20. November 1947, 14-15:00, Blieskastel (Saar) nach Mannheim / © Walter Farber

Bis dann

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Danksagung: Ich bedanke mich bei Walter Farber, Oriental Institute, The University of Chicago, Chicago (IL), USA, für die fruchtbare Korrespondenz, welche diesen Beitrag erst ermöglichte.

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