Belege (VI) – Nachporto auf Saar-Beleg wirft Fragen auf

Hallo

Ich liebe Rätsel. So ist es nicht verwunderlich, dass ich vor Kurzem der Sammlung zur Postgeschichte der Saar-Region einen Beleg hinzugefügt habe, der mir von Beginn an Rätsel aufgab.

©Sammlung Montclair

Was fällt an diesem Beleg auf? Insbesondere das, was fehlt!

    • kein Abschlag eines Tagesstempels
    • keine Frankatur
    • kein Stempel Gebühr bezahlt oder Taxe perçue oder Frei durch Ablösung Reich
    • kein Dienstsiegel
    • mit Bläuelstift vermerktes Nachporto von 36 (Pfennig)
    • roter Kastenstempel … bühr
    • Stempel „Schiffweiler (Saar)“ mit handschriftlich vorangestellten PA
    • Empfängeradresse in normaler Schreibschrift (keine deutsche Kurrentschrift oder Sütterlin)
    • Gebietsleitzahl 14 wurde – wahrscheinlich nachträglich – in abweichender Schrift angebracht

Die Umschlagrückseite ist leer und bietet keine weiteren Anhaltspunkte. Es stellt sich die Frage: Wie können wir einen Beleg ohne Briefmarken und Abschlag eines Tagesstempels zeitlich einordnen?

Gehen wir Punkt für Punkt die Informationen, die uns der Beleg biete durch. Vielleicht ergibt sich hieraus doch noch ein klares Bild.

    1. Es handelt sich ganz offensichtlich um einen tatsächlich gelaufenen Bedarfsbrief, ein philatelistischer Hintergrund lässt sich nicht erkennen.
    2. Der Adressat des Briefes war Hermann Breitmeyer an der Schmiedtorstrasse 9 in Tübingen am Neckar. Hermann Breitmeyer war Inhaber eines Geschäfts für für Eier, Butter und Milch. Er verkaufte seine Waren sowohl en gros als auch en detail. Die Adresse ist in normaler Schreibschrift gehalten, nicht in Sütterlin.
    3. Zum Absender des Briefes: Interpretieren wir das dem Stempel Schiffweiler (Saar) vorangestellte PA als Abkürzung für Postamt, wäre der Absender des Briefes das Postamt in Schiffweiler. Die Postanstalt in Schiffweiler wurde bereits am 1. Februar 1868, also zu Zeiten des Norddeutschen Postbezirks, eröffnet (1). Sollte die Annahme PA = Postamt korrekt sein, stellt sich die Frage, weshalb der vorliegende Beleg auf dem Postamt vor dem Abgang keinen Tagesstempel oder ein Dienstsiegel erhielt?
    4. Zur Beförderung: Der Brief wurde unfrankiert befördert und erhielt – wahrscheinlich vom Zustellpostamt in Tübingen – einen roten Kastenstempel …bühr, den wir guten Gewissens als Nachgebühr entziffern können. Die fällige Nachgebühr von 36 (Pfennig) wurde mit Bläuelstift in grossen Ziffern auf dem Umschlag vermerkt. Hierzu nachstehend weitere Informationen.
    5. Die – wahrscheinlich nachträglich – in anderer Schrift hinzugefügte Gebietsleitzahl 14 wirft zusätzliche Fragen auf. Auch hierzu nachfolgend weitere Informationen.

Kann uns die Höhe der Nachgebühr bei der zeitlichen Verortung des Beleges helfen? Die Nachgebühr berechnete sich nach der Postordnung der Deutschen Reichspost vom 30. Januar 1929 (2). Die Allgemeine Dienstanweisung zu dieser Postordnung (ADA  §1, III) führt hierzu aus:

Als Nachgebühr wird das 1 ½-fache des Fehlbetrags erhoben, aufgerundet auf volle Pfennige.

Diese Bestimmung galt auch für Dienstbriefe, wenn diese nicht mit Dienstsiegel als solche kenntlich gemacht waren. Diese Dienstanweisung galt im Deutschen Reich ab 1929, wurde in der Zeit der deutschen Schreckensherrschaft ab 1933 unverändert weitergeführt und die alliierte Regierung für das untergegangene Grossdeutsche Reich hat die Regelungen der Reichspost übernommen.

Unser Beleg weist weder Dienstsiegel noch Frankatur auf, daher war der Fehlbetrag das gesamte Briefporto. Das Nachporto von 36 Pfennig passt grundsätzlich in drei Gebührenperioden, abhängig vom Gewicht des Briefes, welches wir jedoch nicht mehr bestimmen können:

    • Die Gebührenperiode vom 1. Dezember 1933 bis zum 20. März 1945 (der gesamte Postverkehr in der Saar-Region wird von den Militärbehörden untersagt): Ein Brief im Fernverkehr der 2. Gewichtsstufe von 20-100 Gramm kostete 24 Pfennig, das 1 ½-fache davon sind 36 Pfennig; die Nachgebühr wäre korrekt.
    • Die Gebührenperiode vom 20. Oktober 1945 bis zum 28. Februar 1946: Ein Brief im Fernverkehr der 2. Gewichtsstufe von 20-250 Gramm kostete 24 Pfennig, das 1 ½-fache davon sind 36 Pfennig; die Nachgebühr wäre korrekt.
    • Die Gebührenperiode 1. März 1946 bis 19. November 1947: das Porto für Briefe der 1. Gewichtsstufe bis 20 Gramm in die Besatzungszonen des ehemaligen Deutschen Reichs betrug 24 Pfennig,  das 1 ½-fache davon sind 36 Pfennig; die Nachgebühr wäre korrekt.

Der Zeitraum von 1933 bis 1947 ist sehr schwammig. Vielleicht helfen uns andere Hinweise, die der Beleg bereit hält, weiter.

Vielleicht die in anderer Schrift vorangestellte Gebietsleitzahl 14? Wer hat diese hinzugefügt? Und wieso? Ein Exkurs zu den Ursprüngen der Postleitzahlen in Deutschland.

Am 25. Juli 1941 wurde im Amtsblatt Nr. 68 des Reichspostministeriums mit der Verfügung 407/1941 die Einführung von Päckchenleitgebieten veröffentlicht:

Für die Leitung der Päckchen ist das Reichspostgebiet einschl. Generalgouvernement und Protektorat Böhmen und Mähren in 24 Päckchenleitgebiete (PnLG) eingeteilt, die je einen oder mehrere RPD-Bezirke usw. umfassen …

Die Päckchenleitgebiete galten ab 1. September 1941 zunächst für den Paketdienst. Es gab 24 Päckchenleitstellen mit Unterleitstellen, durchnummeriert von 1 bis 24. Ursache war der Krieg. Das Paketaufkommen hatte sich seit Kriegsbeginn drastisch erhöht, gleichzeitig waren viele erfahrene Pöstler als Soldaten an der Front. Die Päckchenleitgebietszahlen sollten auch unerfahrenen Pöstlern die korrekte Sortierung ermöglichen. Die Leitgebietszahlen wurden mit der Anweisung zum Briefverteildienst vom 19. Oktober 1943 (Verfügung I 2140-6) mit Wirkung zum 15. November 1943 auf den Briefverkehr ausgedehnt.

Das Reichspostgebiet ist in Briefleitgebiete (BfLG) aufgeteilt, die – von einzelnen Unterteilungen abgesehen – nach Abgrenzung, Nummern und Benennung den Päckchenleitgebieten entsprechen.

Die Leitgebietszahlen wurden von Beginn an Postleitzahlen genannt.

Werbung für die Verwendung von Postleitzahlen von 1943

Schaut euch die Karte genau an. Postleitzahl 14 umfasste von 1943 bis zum Untergang Deutschlands im Mai 1945 das Gebiet Württemberg-Hohenzollern (OPD Stuttgart), stimmt also für Tübingen.

Die Leitgebietszahlen wurden nach Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa von den Alliierten Behörden weiterverwendet.

Postleitzahlen im Juli 1946

Schaut wieder genau hin. Tübingen liegt 1946 im Leitgebiet 14b und ist zu dieser Zeit wichtige Garnisonsstadt der französischen Besatzungstruppen und seit Ende 1945 Sitz des Staatssekretariats für das französisch besetzte Gebiet Württembergs und Hohenzollerns, einer Art Provinzverwaltung.

Die Aufteilung der bisherigen Leitgebiete 14 und 17 in a und b ist der im Sommer 1945 erfolgten Aufteilung des Gebietes zwischen den US-Amerikanern und Franzosen geschuldet. Die nördlichen Leitgebiete 14a und 17a sind Teile des amerikanischen Gebietes Württemberg-Baden, die südlichen Leitgebiete 14b und 17b markieren die französischen Gebiete Württemberg-Hohenzollern resp. (Süd-) Baden. Die Frage ist: Wann ist diese Unterteilung erfolgt? Oder ging das b bloss vergessen?

Nach den uns vorliegenden Informationen wurde unser Beleg – so die vorangestellte 14 korrekt ist – irgendwann in der Zeit zwischen dem 15 November 1943 und dem 1. Juli 1946 befördert.

Noch sind nicht sämtliche Fragen zu diesem Beleg beantwortet und bei einigen bezweifle ich, dass wir diese je beantworten können. Dieser Beleg zeigt exemplarisch, wie facettenreich und spannend die Saarphilatelie ist.

Mein herzlicher Dank geht an meinen Sammlerkollegen aus der ArGe SAAR, Josef Peter aus Schiffweiler, der mich bei der Entschlüsselung des Beleges tatkräftig unterstützte.

Bis dann

Nachtrag vom 30. Juli 2021

Im aktuellen Mitteilungsblatt Nr. 60 der ArGe SAAR vom Juni 2021 ist auf den Seiten 8f ein von Josef Peter und mir verfasster Artikel zu diesem Beleg erschienen.

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Anmerkungen

(1) vgl. Peter, Josef; Schiffweiler im Norddeutschen Postbezirk 1868-1871; in Mitteilungsblatt Nr. 59 der Bundesarbeitsgemeinschaft SAAR für Philatelie und Postgeschichte e.V.

(2) Postordnung der Deutschen Reichspost vom 30. Januar 1929, veröffentlicht am 15. Februar 1929 im Amtsblatt des Reichspostministeriums.

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Wappen und Dichter – Die ersten Briefmarken für das Saarland (V)

Wappen und Dichter – Spezialitäten

Hallo

In den Ferien konnte ich für einen Beleg erwerben, der schön zur Thematik des letzten Betrags passt. Das Interessante an diesem Beleg ist, dass bestimmte Fragen offen bleiben – vielleicht für immer.

Bereits im letzten Beitrag hatte ich euch einen Beleg gezeigt, der eine portogerechte Mischfrankatur aus den Ausgaben Wappen und Dichter, Berufe und Sehenswürdigkeiten an der SaarOriginalausgabe (BuS I) wie auch Neuausgabe (BuS II) – vom 27. November 1947, dem letztmöglichen Datum einer solchen Frankatur trägt. Dieser Beleg lief innerhalb des Saarlandes von Höcherberg (Mittelbexbach) nach Neunkirchen.

Der Beleg, den ich euch im Folgenden vorstellen werde, dokumentiert drei postalische Spezialitäten nach der Währungsreform vom 19. November 1947:

    • das letztmögliche, offizielle Verwendungsdatum von Marken der Ausgabe Wappen und Dichter sowie der 1. Offenburger Ausgabe; grundsätzlich war dies auch das letztmögliche, offizielle Verwendungsdatum für die Marken der 2. Offenburger Ausgabe, die ohne Währungsüberdruck an die Postschalter gelangten – also der Werte zu 15 resp. 24 Pfennig
    • eine portogerechte Frankatur aus allen drei Briefmarkenausgaben der Militärbehörden der Zone d’occupation française en Allemagne resp. des Saarlandes für das Saarland, also:
      • Wappen und Dichter
      • 1. Offenburger Ausgabe
      • Malstatt-Burbacher Druck (mit Überdruck in Frankenwährung)
    • den Wechsel in der postalischen Behandlung Frankreichs von „Ausland“ zu „Inland“; eine Vorwegnahme der wenige Wochen später abgeschlossenen Zoll- und Währungsunion zwischen dem Saarland und Frankreich
Saarlouis, 27. November 1947 (Adressseite), ©Sammlung Montclair
Rückseite des leeren, verschlossenen und ungeöffneten Umschlags; es fehlt ein Absender

Drei Fragen, die ein Philatelist immer stellt, wenn er einen Beleg in die Hand nimmt:

    • Ist der Beleg zeitgerecht?
    • Ist der Beleg portogerecht?
    • Handelt es sich um einen Bedarfsbrief?

Die erste Frage haben wir bereits beantwortet. Der Umschlag, die für die Frankatur verwendeten Marken, der Stempel Saarlouis 1b mit der typischen schriftgeraden Leitgebietszahl 18, das Datum der Abstempelung sowie die Empfängeradresse: alles zeitgerecht.

Die zweite Frage können wir ebenso rasch beantworten. Das Porto für einen Brief der 1. Gewichtsstufe bis 20 Gramm von Saarlouis nach Frankreich betrug nach der Währungsreform ab dem 20. November 1947 6 Franken (vgl. hier).

    • der Brief wiegt kaum 10 Gramm und fiel in die 1. Gewichtsstufe: der verschlossene und bis heute ungeöffnete Umschlag ist nämlich leer
    • 2 Franken wurden abgedeckt durch eine Marke zu 12 Pfennig (Originalausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar, die Neuausgabe war noch nicht gedruckt) mit Überdruck 2 F
    • 4 Franken wurden abgedeckt durch eine Marke zu 8 Pfennig Wappen und Dichter sowie eine Marke zu 12 Pfennig Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar
fast schon perfekte Stempelabschläge „Saarlouis 1b“, ©Sammlung Montclair

Zur Erläuterung: Der Umrechnungskurs (Saar-) Mark zu Franken wurde für die Währungsumstellung zu 1:20 fixiert; also 1 Mark = 20 Franken, resp. für den konkreten Fall: 20 Pfennig = 4 Franken.

Für die Saarländer bedeuteten die ab dem 20. November 1947 geltenden neuen Tarife eine Erhöhung des Portos für den Inlandsbrief. Kostete ein Brief der 1. Gewichtsstufe bis 20 Gramm bislang 24 Pfennig (4,80 Franken) mussten nun 6 Franken berappt werden. Dafür fiel das Auslandsporto nach Frankreich weg, was insbesondere Gewerbetreibende, deren Produkte überwiegend aus Frankreich stammten, positiv vermerkt haben dürften.

Die dritte Frage lautet: Ist es ein Bedarfsbrief? Diese Frage kann definitiv mit Nein beantwortet werden:

    • der Umschlag war und ist nachweisbar leer
    • der Adressat und dessen Adresse sind gestempelt, was die Vermutung nahelegt, dass Adressat und Absender (Adressent) ein und dieselbe Person waren; weshalb sonst sollte der Adressent im Besitz eines Adressstempels des Adressaten sein
    • die Stempelabschläge sind fast schon perfekt zu nennen (Gefälligkeitsabstempelung)
    • der Umschlag weist keinerlei Postlaufspuren auf, was die postalische Beförderung des Briefes unwahrscheinlich macht

Mein Fazit: dieser Beleg ist zwar philatelistische Mache, jedoch macht das nichts. Erstens war der Macher mehr als nur philatelistisch angehaucht. Zweitens wären beispielsweise die heutigen Sammler von originalen, tatsächlich beförderten Zeppelinbelegen arm dran, hätte nicht ein windiger und findiger Händler aus Lorch in Württemberg namens Sieger frühzeitig eine riesige Menge solcher Belege „gemacht“. In der Zeit direkt nach dem Zweiten Weltkrieg fällt mit zu diesem Thema auch das Stichwort Prell-Briefe ein. Der in Chemnitz wohnhafte, philatelistisch gut bewanderte Lehrer Walter Prell hat eine grosse Menge Belege aus sämtlichen Zonen des besetzten ehemaligen Deutschen Reichs an sich selbst versandt resp. mit Gefälligkeitsstempeln versehen lassen.

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Zu Beginn des Beitrages schrieb ich, das Interessante an diesem Beleg sei, dass Fragen offen bleiben würden. Nachstehend einige dieser offenen Fragen:

Wer war der Adressent? Wir dürfen vermuten, dass es sich um Lieutenant Gérig handelt. Jedoch: Vielleicht hatte der tatsächliche Adressent auch nur einen stehenden Auftrag des Adressaten, ihm philatelistisch interessante Belege zuzusenden; dies wäre eine mögliche Erklärung für den Besitz des Adressstempels.

Wer war Lieutenant Gérig, der entweder in Lyon stationiert oder dessen Heimatstandort in Lyon war? Eine – zugegebenermassen oberflächliche Recherche hat hierzu nichts zutage gebracht. Solltet ihr Hinweise zu dem Adressaten haben, wäre ich über eine Kontaktaufnahme dankbar.

Ach ja … ich finde es erstaunlich, wie rasch die Briefmarkensammler nach diesem jahrelangen, mörderischen Vernichtungskrieg, den die Deutschen losgetreten hatten, begannen, „normal“ zu agieren.

Bis dann

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P.S. Rückschlag

Ich hätte gerne noch das eine oder andere Detail zur Briefmarkenausgabe Wappen und Dichter und dessen Bedeutung für die Saarphilatelie geschrieben und hatte bereits in Rücksprache mit dem zuständigen Vorstandsmitglied Rolf Bechtler eine Bestellung für Informationsmaterial bei der ArGE Französische Zone platziert. Für das unvollständige 2. Kapitel des Handbuchs FZ sollte ich für Euro 10, die Chronologie sowie einige Artikel aus Rundbriefen zu einem Vorzugspreis erhalten. Der Vorstand der ArGe Französische Zone hat jedoch dann überraschen einen Kurswechsels um 180° vorgenommen und mir klar kommuniziert, dass mir diese Informationen von der ArGe Französische Zone nur gegen Zahlung von richtig grossem Geld zur Verfügung gestellt würden.

Ich bin da ganz offen: Ich kann es mir schlicht nicht leisten, für das Handbuch FZ, von welchem ich ein einziges, nicht einmal fertiggestelltes Kapitel benötige, Euro 270 plus Versand und für jeden Rundbrief, aus welchem ich vielleicht – ausgewählt aufgrund des Titels – einen Artikel lesen möchte, Euro 10 pro PDF-Version zu bezahlen.

All die Zeit und den Aufwand für Recherche, für Material, für die Webadressen der Website und des Weblogs, für die Inhalte, für die Information der Leser via Facebook in Höhe von mehreren hundert Euro pro Jahr stemme ich bereits im dritten Jahr finanziell allein und ohne die Leser mit Werbung zu plagen.

Dennoch wird mir seitens der vereinsmässig straff organisierten Philatelie unterstellt, dass ich ja aus meiner angebotenen Prüfertätigkeit Einnahmen generiere und mir die Ausgaben für die Informationen leisten können müsste.

Angebot ist nicht gleich Nachfrage … das sollten insbesondere Vorstände wissen. Ich habe als freier, von Prüfvereinen unabhängiger Prüfer für die Originalausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar bislang für einen einzigen Händler sieben Briefmarkenprüfungen erstellt, die geprüften Marken wurden anstandslos verkauft. Nur, diese Prüfungen habe ich sämtlich gratis, resp. gegen Überlassung einer einzelnen Briefmarke meine Sammlung vorgenommen. Mein Prüfgebiet erfreut sich nicht gerade grosser Nachfrage. Die Ausgaben für die Prüfgeräte, angefangen von Mikroskop, UV-Prüfer, Waage, Mikrometer, Dokumentvorlagen, Siegel etc. sowie die umfangreiche, dahinterstehende Literatur, werde ich wohl bis an mein Lebensende nicht amortisieren.

Doch irgendwelche Vereinsbünzlis wissen es ja immer besser und haben wohl auch noch Spass daran, jedem, der versucht mit seinem Briefmarken-Projekt die Sammler zu informieren und unabhängig von Bezahlangeboten zu machen, dicke Knüppel zwischen die Briefmarken-Beine zu werfen.

Was bleibt: Frust und das Wissen, dass ich euch, die Leser des SAARPHILA-BLOGs, nicht so informieren kann, wie ich es vielleicht möchte.

So, ich musste das loswerden, in den letzten Wochen war ich ganz kurz davor, Saarphila zu beerdigen.

Bis dann

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Wappen und Dichter – Die ersten Briefmarken für das Saarland (IV)

Wappen und Dichter – Die Zwischenstegpaare

Hallo

Im vorhergehenden Beitrag zur Ausgabe Wappen und Dichter habe ich Ihnen die Zwischenstegpaare der Werte 1 Pfennig bis 10 Pfennig im Detail vorgestellt.

In diesem Beitrag folgen die Zwischenstegpaare der Werte 12 Pfennig bis 30 Pfennig, einige Statistik und einige Belege. Letztere zur Vertiefung der Erkenntnis, dass die Werte der Ausgabe Wappen und Dichter auch Saarbriefmarken sind. Ausgegeben von den französischen Militärbehörden der Zone d’occupation française en Allemagne nicht ausschliesslich für das Saarland, aber auch für das Saarland.

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Zwischenstegpaare und mögliche Maschinennummern

12 Pfennig-Wert

©Sammlung Montclair
©Sammlung Montclair
©Sammlung Montclair
    • Mögliche Maschinennummern: 15, 16
    • Bildmotiv: Wappenschild der Pfalz
    • Design: R. (Robert) Louis 1902-1965, französischer Heraldiker
    • Gravur: J. (Jules) Piel 1882-1978, französischer Graveur

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15 Pfennig-Wert

©Sammlung Montclair
©Sammlung Montclair
©Sammlung Montclair
    • Mögliche Maschinennummern: 15, 17
    • Bildmotiv: Wappenschild der Stadt Saarbrücken, ein Wappen des Saarlandes existierte – noch – nicht
    • Design: R. (Robert) Louis 1902-1965, französischer Heraldiker
    • Gravur: J. (Jules) Piel 1882-1978, französischer Graveur

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20 Pfennig-Wert

©Sammlung Montclair
©Sammlung Montclair
©Sammlung Montclair
    • Mögliche Maschinennummern: 15, 17
    • Bildmotiv: Wappenschild Württembergs
    • Design: R. (Robert) Louis 1902-1965, französischer Heraldiker
    • Gravur: H. (Henri) Cortot 1892-1950, französischer Graveur

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24 Pfennig-Wert

©Sammlung Montclair
©Sammlung Montclair
©Sammlung Montclair
    • Mögliche Maschinennummern: 15, 17
    • Bildmotiv: Wappenschild der Stadt Saarbrücken, ein Wappen des Saarlandes existierte – noch – nicht
    • Design: R. (Robert) Louis 1902-1965, französischer Heraldiker
    • Gravur: J. (Jules) Piel 1882-1978, französischer Graveur

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30 Pfennig-Wert

©Sammlung Montclair
©Sammlung Montclair
©Sammlung Montclair
©Sammlung Montclair
©Sammlung Montclair
    • Mögliche Maschinennummern: 15, 16, 17
    • Bildmotiv: Wappenschild Badens
    • Design: R. (Robert) Louis 1902-1965, französischer Heraldiker
    • Gravur: H. (Henri) Cortot 1892-1950, französischer Graveur

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Euch sind sicherlich drei Dinge aufgefallen:

    • Mit Ausnahme des Bildmotivs Rheinland gilt: Werte mit demselben Bildmotiv weisen dieselben Maschinennummern auf.
    • Die einzige Maschinennummer, die bei allen Werten auftritt, ist die 15.
    • Einzig beim Bildmotiv Baden treten alle drei Maschinennummern auf.
Übersicht Maschinennummern

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Maschinennummer 15

Maschinennummer 16

Maschinennummer 17

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Die Werte der Wappen und Dichter sind auch Saarbriefmarken

Sicher, die Ausgabe war bereits im Druck resp. einige Werte bereits verausgabt, als die provisorische französische Regierung unter Charles de Gaulle und danach Félix Gouin die seit dem 10. Juli 1945 vorbereitete Trennung des Territoire de la Sarre vom Rest der Zone d’occupation française en Allemagne Schritt für Schritt umsetzte. Ab dem 16. Februar 1946 unterstand das Saarland nicht mehr dem Alliierten Kontrollrat und war damit de facto eine französische Kolonie unter einer eigenen Militärregierung (weshalb frankophone Briefmarken-Kataloge die Saarbriefmarken auch unter Colonies françaises führen). Die offizielle Sprachregelung bezeichnete das Saarland als Protektorat, was in Zeiten der aktiv betriebenen Dekolonisation – Libanon, Syrien, Transjordanien, Indien etc. – wohl politisch sinnvoll war, obschon das deutsche Wort für Protektorat, Schutzgebiet, eher unschöne Erinnerungen wachgerufen haben dürfte.

Am 22. Dezember 1946 wurde der Status des Saarlandes als französische Kolonie durch die von den Alliierten Siegermächten gebilligte Errichtung einer Zollgrenze zum besetzten ehemaligen Deutschen Reich zementiert. Dieser Status änderte sich innert eines Jahres – so schnell kann es gehen – mit der von Frankreich im Dezember 1947 gewährten Autonomie und dem Abschluss einer Wirtschafts- und Zollunion zwischen dem ehemaligen Mutterland Frankreich und dem nun (teil-) souveränen Saarland. Mit Abzug des Hohen Kommissars und der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Frankreich und dem Saarland – praktischerweise mutierte der Hohe Kommissar Gilbert Grandval zum Botschafter Frankreichs – wurde das Saarland 1952, lange vor Österreich und der Bundesrepublik Deutschland, endgültig souverän.

Wappen und Dichter als Vorläufer im Saarland

Saarlouis, 19. Mai 1946, © Sammlung Montclair
Namborn 25. September 1946, © Sammlung Montclair

Wappen und Dichter als Mitläufer bis zum letzten Gültigkeitstag

Mettlach, 5. März 1947, © Sammlung Montclair
Reisbach, 13. März 1947, © Sammlung Montclair
Saarlouis, 28. März 1947, © Sammlung Montclair
Höcherberg, 27. November 1947, © Sammlung Montclair

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Sommerzeit ist Ferienzeit, das gilt auch für mich. Der nächste Beitrag erscheint wie gewohnt am Sonntag, 4. August 2019.

Bis dann

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Wappen und Dichter – Die ersten Briefmarken für das Saarland (I)

Wappen und Dichter – Generelle Bemerkungen

Hallo

Wahrscheinlich habt ihr an dieser Stelle einen Beitrag zum 84 Pfennig-Wert der Ausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar erwartet. Ich hoffe, eurre Enttäuschung hält sich in Grenzen.

Die Beiträge zum 84 Pfennig-Wert sowie zum 1 Mark-Wert der Saar I habe ich, wie ich finde, aus gutem Grund etwas aufgeschoben. Welcher Grund ist das? Ich werde die kommenden Tage in der Region Saar-Lor-Lux unterwegs sein und dabei die originalen Vorlagen für die von Vytautas Kazimieras Jonynas fotorealistisch ausgeführten Bildmotive – den Alten Turm in Mettlach, das Denkmal für Maréchal Ney in Saarlouis sowie die Saarschleife bei Mettlach – aufsuchen. Ich werde ausgiebig recherchieren, fotografieren und die – hoffentlich vorzeigbaren – Ergebnisse in die ausstehenden zwei Beiträge zu den einzelnen Werten der 1. Offenburger Ausgabe einfliessen lassen.

Diese ausgiebige Ortsbesichtigung hat zur Folge, dass der reguläre Beitrag vom 2. Juni 2019 ausfallen wird. Der nächste Beitrag erscheint dann wieder wie gewohnt am Sonntag, 9. Juni 2019.

So, genug der Vorrede. Worum geht es in diesem Beitrag? Einerseits zeige ich euch einige Belege mit Marken der Ausgabe Wappen und Dichter. Andererseits stelle ich den Forschungsschwerpunkt von SAARPHILA für die kommenden Wochen vor.

Beginnen wir mit den Belegen mit Marken der Ausgabe Wappen und Dichter. Bereits wenige Monate nach Kriegsende in Europa (vgl. hier) liessen die Militärbehörden der Zone d’occupation française en Allemagne, zu welcher die Saar-Region (grob, das ehemalige Saargebiet) zu dieser Zeit noch gehörte, nach und nach den zivilen Postverkehr wieder zu. Zur Freimachung von Briefen und Postkarten fehlte es jedoch an den notwendigen Briefmarken und die Sendungen mussten im Postamt bar frankiert werden. Zur Kenntlichmachung solchermassen freigemachter Sendungen wurden Stempel mit Aufdruck Taxe perçue oder Gebühr bezahlt verwendet.

Die P.T.T. der Zone d’occupation française en Allemagne in Baden-Baden gab eine Briefmarkenserie in Auftrag, deren Werte von führenden französischen Gestaltern und Graveuren wie Robert Louis, Achille Ouvré, Jules Piel und Henri Cortot geschaffen und in der Pariser Staatsdruckerei gedruckt wurden. Die ersten der 13 in Mark und Pfennig (Reichswährung) denominierten Werte der Ausgabe Wappen und Dichter – der Gestalter Robert Louis war in Heraldik bewandert und hatte sich auf Wappen spezialisiert- gelangten im Saarland am 5. Januar 1946, die letzten bereits am 28. März 1946 an die Postschalter. Die Briefmarkenausgabe Wappen und Dichter war somit ein Vorläufer der Briefmarkenausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar.

Wappen und Dichter

Was macht diese Freimarken-Serie für uns Saarsammler so aussergewöhnlich?

    • Die Marken wurden in (Reichs-) Mark und -pfennigen ausgegeben und blieben im Saarland bis zum 27. November 1947 – also fünf Monate nach der kleinen und eine Woche nach der grossen Währungsreform – frankaturgültig. Deswegen bezeichnen wir die Werte der Ausgabe Wappen und Dichter als Mitläufer.
    • Die Marken tragen die Aufschrift Zone Française. Das Saarland war jedoch bereits seit dem 16. Februar 1946 nicht mehr dem Alliierten Kontrollrat für das ehemalige Deutsche Reich in Berlin unterstellt und wurde Schritt für Schritt aus der Zone d’occupation française en Allemagne herausgelöst. Spätestens mit der Errichtung einer streng überwachten Zollgrenze zu dieser Zone am 22. Dezember 1946 war die französische Annexion des Saarlands abgeschlossen (vgl. hier). Also: Obschon die Saar-Region und nachher das Saarland nicht mehr zur Zone d’occupation française en Allemagne gehörte, blieben die Werte der Ausgabe Wappen und Dichter mit der Aufschrift Zone Française dennoch frankaturgültig.
    • Diese – für die damalige Umbruchszeit – mit fast 2 Jahren enorm lange Frankaturgültigkeit der Briefmarkenausgabe Wappen und Dichter brachte auf Belegen schöne Mischfrankaturen hervor:
      • Wappen und Dichter mit zusätzlichem Stempel Gebühr bezahlt
      • Wappen und Dichter mit Werten der 1. Offenburger Ausgabe (BuS I)
      • Wappen und Dichter mit Werten des Malstatt-Burbacher Drucks (MBD I/II)
      • Wappen und Dichter mit den Werten von 1. Offenburger Ausgabe (möglich wäre auch 2. Offenburger Ausgabe) sowie des Malstatt-Burbacher Drucks (auf einem solchen Beleg wären dann drei unterschiedliche Währungen verklebt: Reichsmark, Saarmark und Franken)

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Abbildungen
©Sammlung Montclair

Dieser Beleg ist mit 12 Pfennig portogerecht frankiert, jedoch nicht gelaufen, also postalisch befördert worden. Ich zeige den Beleg dennoch, da hier zwei sehr spezielle Stempel vereint sind.

    • Stempel von Saarlouis vom 19. Mai 1946 mit der schriftgeraden Zahl 18 im Kreis (Letzteres existiert bei anderen Stempeln des Saarlandes nicht)
    • Als Nebenstempel ein Sonderstempel zu den Französischen Festtagen und der Einweihung des Denkmals für Maréchal Ney auf der Vauban-Insel in Saarlouis; das Denkmal für Maréchal Ney ist das Bildmotiv des 84 Pfennig-Werts der Ausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar
©Sammlung Montclair

Dieser Beleg vom 5. März 1947 von Mettlach nach Stuttgart ist mit 24 Pfennig ebenfalls portogerecht frankiert. Verklebt wurden neben einem 16 Pfennig-Wert der 1. Offenburger Ausgabe je ein 3 Pfennig-Wert  und ein 5 Pfennig-Wert der Ausgabe Wappen und Dichter. Dies, obschon der eigentlich vorgesehene 24 Pfennig-Wert der 1. Offenburger Ausgabe bereits seit dem 4. Februar 1947 an den Postschaltern verfügbar gewesen wäre. Daraus lässt sich schliessen, das sechs Wochen nachdem am 20. Januar 1947 die ersten Werte der Ausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar an die saarländischen Postschalter gelange waren, insbesondere Firmen noch Bestand an Marken der Ausgabe Wappen und Dichter hatten.

Beim genauen Hinschauen erkennt man unterhalb der Werte der Ausgabe Wappen und Dichter kleine Stempel. Ein Prüfer hat hier die Markentypen, die bei der Ausgabe Wappen und Dichter existieren, geprüft, jedoch das Ergebnis leider nicht als schriftliche Expertise, sondern als unschönes und wertminderndes Grafitti auf dem ansonsten einwandfreien Beleg hinterlassen.

©Sammlung Montclair

Ein portogerecht frankiertes Einschreiben vom 13. März 1947 von Reisbach nach Babenhausen im besetzten ehemaligen Deutschen Reich (48 Pfennig für einen Brief der 2. Gewichtsstufe plus 60 Pfennig Einschreibegebühr). Was ist an diesem Beleg so speziell, dass ich Ihnen diesen nicht vorenthalten wollte?

Der Poststempel wurde aptiert, das bedeutet amtlich abgeändert. Aus Reisbach über Saarlautern wurde Reisbach über Saarl.. Saarlautern war von 1936 bis 1945 der Name der Stadt Saarlouis. Der Name Saarlouis wurde am 13. Januar 1936, ein Jahr nach dem verhängnisvollen Plebiszit im Saargebiet in Saarlautern „germanisiert“. Der von den US-amerikanischen Truppen in das von ihnen neugeschaffene Regierungspräsidium Saar eingesetzte Regierungspräsident Hans Neureuther  hat den geschichtlich begründeten Namen der Stadt mit Wirkung zum 14. Juli 1945 wiederhergestellt. Nur zwischen dem Verwaltungsakt und dem vollständigen Vollzug liegen – insbesondere in Zeiten allgemeinen Mangels – zwar nicht Welten, aber doch Jahre. Schaut genau hin. Der Einschreibezettel vermerkt weiterhin als Aufgabeort Reisbach über Saarlautern.

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Steckbrief der Ausgabe Wappen und Dichter

    • die Freimarkenserie Wappen und Dichter besteht aus 13 Werten:
      • 1 Pfennig – Wappen Rheinland
      • 3 Pfennig – Wappen Pfalz
      • 5 Pfennig – Wappen Württemberg
      • 8 Pfennig – Wappen Baden
      • 10 Pfennig – Wappen Rheinland
      • 12 Pfennig – Wappen Pfalz
      • 15 Pfennig – Wappen Saarbrücken
      • 20 Pfennig – Wappen Württemberg
      • 24 Pfennig – Wappen Saarbrücken
      • 30 Pfennig – Wappen Baden
      • 1 Mark – Dichter Johann Wolfgang von Goethe
      • 2 Mark – Dichter Friedrich von Schiller
      • 5 Mark – Dichter Heinrich Heine
    • die Marken wurden in Reichsmark und -pfennig verausgabt
    • die Bildmotive wurden von führenden französischen Künstlern gestaltet
    • der Markendruck erfolgte bei der französischen Staatsdruckerei in Paris
    • erste Marken wurden am 17. Dezember 1945 (ZOF)/5. Januar 1946 (Saarland) verausgabt, die letzten Marken gelangten am 28. März 1946 (Saarland)/1. April 1946 (ZOF) an die Postschalter
    • die Marken wurden ab Januar 1947 durch Briefmarkenausgaben für das Saarland, sowie die neu geschaffenen Länder des besetzten ehemaligen Deutschen Reichs: Baden (bis Dezember 1946 Südbaden), Württemberg-Hohenzollern und Rheinland-Pfalz (bis 18. Mai 1947 Land Rheinpfalz) ergänzt, behielten aber Frankaturgültigkeit bis:
      • Saarland: 27. November 1947
      • Land Baden: 20 Juni 1948
      • Land Württemberg-Hohenzollern: 20 Juni 1948
      • Land Rheinland-Pfalz: 20 Juni 1948
    • die Briefmarkenausgabe Wappen und Dichter wird auch als Allgemeine Ausgabe bezeichnet, da die Marken in allen Teilen der Zone d’occupation française en Allemagne sowie im Saarland frankaturgültig waren.

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Ausblick auf weitere Vorhaben

Die Fragestellung, die mich in den kommenden Wochen intensiv beschäftigen wird ist:

Befinden sich in meiner Sammlung Montclair Marken der 1. Offenburger Ausgabe ohne Aufdruck, jedoch mit Blinddruck des Überdrucks für die Überdruckausgabe Malstatt-Burbacher Druck, analog den Marken der 2. Offenburger Ausgabe?

Ausgangslage

In Folge der geplanten Währungsumstellung auf Frankenwährung wurden die noch vorhandenen Bestände an Schalterbögen der 1. Offenburger Ausgabe sowie die bereits ausgelieferten resp. weiterhin von der Druckerei Franz Burda in Offenburg gelieferten Schalterbögen der 2. Offenburger Ausgabe von der P.T.T. des Saarlandes in Saarbrücken an die Malstatt-Burbacher Handelsdruckerei GmbH geschickt. Hier wurden die Schalterbögen unbesehen ihrer Provinienz im Buchdruckverfahren (Typographie) mit neuen Werte und neuen Währungskürzeln überdruckt.

Wir wissen, dass der für den Überdruck verwendete, bereits in die Jahre gekommene Heidelberger Automat nicht fehlerfrei arbeitete. Unter anderem kam es zu partiellen oder totalen Druckausfällen oder es wurden statt eines Schalterbogens deren zwei zugeführt, mit dem Ergebnis, dass der hintere der zwei Bögen nicht überdruckt wurde.

Erkennbar sind fehlende Aufdrucke an dem sogenannten Blinddruck. Der Buchdruck ist ein Hochdruckverfahren und verändert die Markenrückseiten mehr oder weniger deutlich durch reliefartige Durchprägung. Dieser Effekt wird besonders bei Streiflichtbeleuchtung gut erkennbar, gelegentlich ist er auch mit dem Finger zu fühlen.

Marken der 1. Offenburger Ausgabe ohne Aufdruck jedoch vorhandenem Blinddruck sind meines Wissens nach bislang in keinem Katalog und in keinem Fachbuch erwähnt.

These

Die Schalterbögen von Original- und Neuausgabe wurden in der Malstatt Burbacher Handelsdruckerei GmbH unterschiedslos behandelt, also überdruckt. Die teilweisen resp. totalen Druckausfälle wie auch der Überdruck von zwei Schalterbögen gleichzeitig müssten somit auf beiden „Sorten“ Schalterbögen auftreten. Diese These ist originär von mir aufgestellt worden und wurde m. E. noch an keiner anderen Stelle behandelt.

Ich werde euch über den Verlauf der Forschung auf dem Laufenden halten.

Bis dann

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Belege (V) – Seltener Ersttagsbeleg Malstatt Burbacher Druck (MBD)

Hallo

Im Beitrag vom 27. Februar 2019 habe ich euch einen seltenen Ersttagsbeleg des Malstatt-Burbacher Drucks vom 20. November 1947 vorgestellt, den ich meiner Sammlung Montclair hinzufügen konnte.

Die Frankatur dieses Ersttagbeleges hat einige Fragen aufgeworfen, die ich nicht abschliessend beantwortet konnte. Mittels intensiver Recherche und der freundlichen Unterstützung von „Commissaire Hasard“ habe ich nun die entsprechenden Antworten.

Worum geht es? Hier nochmals der Beleg.

20. November 1947, 17-18, Schaffhausen (Saar) nach Heiligenhaus / ©Sammlung Montclair

Verklebt sind eine 6 F auf 24 Pfennig Neuausgabe und zwei 2 F auf 12 Pfennig Originalausgabe (senkrechtes Paar, Wasserzeichen fallende Wellenlinien F). Damit ist der Brief vom Saarland in die britische Besatzungszone des besetzten Deutschen Reichs nach den ab dem 20. November 1947 geltenden Tarifen der P.T.T. des Saarlandes um 4 resp. 1 Franken überfrankiert.

Posttarife des Saarlandes ab 20. November 1947 (Auszug)

    • Brief in die besetzten Gebiete des Deutschen Reichs resp. ins Mutterland Frankreich der 1. Gewichtsstufe bis 20 g = 6 Franken
    • Brief in die besetzten Gebiete des Deutschen Reichs resp. ins Mutterland Frankreich der 2. Gewichtsstufe 20 g bis 50 g = 9 Franken

10 Franken waren notwendig für die Frankatur von:

    • Brief der 1. Gewichtsstufe bis 20 g ins Ausland

Wieso wurde der abgebildete Brief überfrankiert? Das ist die grosse Frage. Hier die Auflistung der bekannten Fakten:

    • Die Werte des Malstatt-Burbacher Drucks waren am Ersttag ausschliesslich am Postschalter erhältlich; somit muss ein Schalterbeamter der Post in Schaffhausen (Saar) den abgebildeten Brief frankiert haben.
    • Die neuen Beförderungstarife der P.T.T. des Saarlandes waren genau am 20. November 1947 in Kraft getreten. Hatte der Schalterbeamte geirrt? Hatte er dem Absender den Auslandstarif verrechnet, anstatt den niedrigeren Tarif für die Briefbeförderung in die besetzten Gebiete des Deutschen Reichs zu verwenden?

Die Antwort auf diese Frage liegt in den Wirren der Währungsreform vom 20. November 1947.

Die Direktion der P.T.T. des Saarlandes in Saarbrücken erliess am 17. November 1947 die mit der Währungsreform ab dem 20. November 1947 anzuwendenden Bestimmungen und Beförderungstarife. Dieses Regelwerk enthielt drei Abschnitte:

    • Postsendungen nach Frankreich
    • Postsendungen innerhalb des Saarlandes
    • Postsendungen nach dem Ausland einschliesslich der besetzten Gebiete des Deutschen Reichs

Dies bedeutete, dass bei Postsendungen nach den besetzten Gebieten des Deutschen Reichs die Auslandstarife zur Anwendung kommen sollten. Konkret: 10 Franken für einen Brief der ersten Gewichtsstufe bis 20 Gramm. Nach dem Regelwerk vom 17. November 1947 ist der oben abgebildete Brief korrekt frankiert.

Wieso habe ich dann die Posttarife vorstehend anders wiedergegeben?

Tja, bei Währungsreformen muss alles sehr rasch gehen, wobei es unerheblich ist, ob es dabei um Banknoten und Münzen oder um geldwerte Briefmarken geht. Die Direktion der P.T.T. des Saarlandes wurde – wahrscheinlich – von der Délégation supérieure de la Sarre unter Gilbert Grandval „zurückgepfiffen“, denen der Zeitpunkt zur Einführung von Auslandstarifen für Postsendungen in die besetzten Gebiete des Deutschen Reichs wohl nicht opportun erschien. Wie auch immer. Die Auslandstarife für Postsendungen in die besetzten Gebiete des Deutschen Reichs wurden schliesslich erst fünf Monate nach der Währungsreform, zum 1. Mai 1948 in Kraft gesetzt.

Die Direktion der P.T.T. des Saarlandes musste nun schleunigst das Regelwerk überarbeiten, den dritten Abschnitt kürzen und das Werk um einen vierten Abschnitt ergänzen:

    • Postsendungen nach den besetzten Gebieten des Deutschen Reichs (mit reduzierten Tarifen)

Das überarbeitete Regelwerk wurde am Nachmittag des 19. November 1947 den Poststellen zugeleitet. Es ist mehr als nur wahrscheinlich, dass am Folgetag nicht jeder Postbeamte von den so kurzfristig geänderten Bestimmungen Kenntnis hatte.

Hier die Abbildung eines weiteren Ersttagsbelegs mit gleicher Frankatur. Diesmal aus Blieskastel.

20. November 1947, 14-15:00, Blieskastel (Saar) nach Mannheim / © Walter Farber

Bis dann

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Danksagung: Ich bedanke mich bei Walter Farber, Oriental Institute, The University of Chicago, Chicago (IL), USA, für die fruchtbare Korrespondenz, welche diesen Beitrag erst ermöglichte.

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Belege (IV) – Seltener Ersttagsbeleg Malstatt-Burbacher Druck (MBD)

„Wir unterbrechen das aktuelle Programm für eine Sondermeldung.“

Hallo

So, oder so ähnlich tönt es aus unseren Rundfunk- und/oder Fernsehempfängern, wenn irgendwo auf der Welt wieder einmal etwas Aussergewöhnliches – meist Katastrophales – geschehen ist.

Ich unterbreche die seit sechs Wochen laufende Beitragsserie über die einzelnen Werte der 1./2. Offenburger Ausgabe (BuS I/II) dagegen für ein schönes Ereignis. Ich habe einen besonderen Beleg meiner Sammlung hinzufügen können und möchte es nicht versäumen, euch diesen vorzustellen. Keine Sorge, die Beitragsserie zu den einzelnen Werten der Ausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar werde ich mit dem kommenden Beitrag weiterführen.

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Die Stunde Null. Ein Begriff, der in populärwissenschaftlichen Geschichtsmagazinen gerne für die Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa missbraucht wird. Im Zusammenhang mit Währungsumstellungen – oft als Währungsreformen verbrämt – ist dieser Begriff hingegen völlig zutreffend.

Abbildungen zur oft vergessenen Währungsumstellung am 16. Juni 1947 von Reichsmark zu (Saar-) Mark:

Anzeige in einer saarländischen Illustrierten

Einige Banknoten

Die Umstellung von Reichsmark zu einer eigenen Währung war Im Zusammenspiel mit einer bereits seit 1945 geltenden, rigorosen Unterbindung des Kapitalverkehrs aus den Besatzungszonen des Dritten Reichs sowie einer Herkunftskontrolle der per Stichtag 16. Juni 1947 im Saarland vorhandenen Buchvermögen eine effektive Möglichkeit, die vorhandene Geldmenge festzustellen. So konnte der zweite Schritt der Währungsreform, die Umstellung auf die Frankenwährung vorbereitet werden. Einige Behörden wie die P.T.T. des Saarlandes konnten zwar frühzeitig Vorkehrungen für die Umstellung von Mark zu Franken treffen, dennoch verblieben zwischen dem Entscheid der französischen Nationalversammlung vom 15. November 1947 (Gesetz 47-2158) und der auf den 20. November 1947 festgesetzten Einführung (Gesetz 47-2170) nur wenige Tage.

„Zeit im Bild“ vom 16. November 1947

Die Menschen in den Gebieten der heutigen Bundesrepublik Deutschland haben in den letzten 100 Jahren eine gewisse – sagen wir einmal – Erfahrung mit Währungsumstellungen sammeln können:

    • 1921 Saargebiet (Mark zu Franken)
    • 1923 Deutsches Reich (Mark zu Renten-, resp. Reichsmark)
    • 1935 Saargebiet (Franken zu Reichsmark)
    • 1947 16. Juni, Saarland (Reichsmark zu Mark)
    • 1947 20. November, Saarland (Mark zu Franken)
    • 1948 Trizone, amerikanische, britische und französische Besatzungszonen des Dritten Reichs (Reichsmark zu Deutsche Mark)
    • 1948 Ostzonen, sowjetische Besatzungszone des Dritten Reichs (Reichsmark zu Deutsche Mark der deutschen Notenbank)
    • 1959 Bundesrepublik Deutschland, Saarland (Franken zu Deutsche Mark)
    • 1964 DDR (Deutsche Mark der deutschen Notenbank zu Mark der deutschen Notenbank)
    • 1968 DDR (Mark der deutschen Notenbank zu Mark)
    • 1990 DDR (Mark auf Deutsche Mark)
    • 2001 Bundesrepublik Deutschland (Deutsche Mark auf Euro)

Ich finde es erstaunlich, wie das kleine Gebiet des heutigen Saarlandes seit 1792 in den Perioden unter französischer Obhut in verschiedensten Bereichen des öffentlichen und politischen Lebens immer wieder eine Vorreiterrolle (= Avantgarde) bei denjenigen Entwicklungen eingenommen hat und weiterhin einnimmt, die später Deutschland betrafen, resp. betreffen.

Vom lieben Geld ist es nur ein kleiner Schritt zu den Briefmarken. Die Briefmarken mussten ja im Jahr 1947 die zwei Währungsumstellungen widerspiegeln. Als Postwertzeichen waren sie an die offizielle Währung des Gültigkeitsgebiets gebunden.

Die P.T.T. des Saarlandes liess – nachdem die Verantwortlichen in die Währungsumstellung eingeweiht worden waren – bei der Malstatt-Burbacher Handelsdruckerei GmbH in Saarbrücken vorhandene Schalterbögen der 1. Offenburger Ausgabe sowie der im Spätsommer 1947 bei der Druckerei Franz Burda in Offenburg bestellten Neuausgabe (2. Offenburger Ausgabe) im Buchdruck mit einem Aufdruck in Frankenwährung versehen.

Bogenteil eines überdruckten Bogens 2. Offenburger Ausgabe (Malstatt-Burbacher Druck, MBD II)

An saarländischen Postschaltern waren am Tag der Währungsumstellung, dem 20. November 1947, und an den folgenden Tagen ausschliesslich die nachstehenden Briefmarken des Malstatt-Burbacher Drucks verfügbar (die Angabe in MICHEL®-Katalogen hierzu ist falsch, vgl. hier):

    • 12 Pfennig (Urdruck) mit Aufdruck 2 F
    • 15 Pfennig (Neuausgabe und Urdruck) mit Aufdruck 3 F
    • 24 Pfennig (Neuausgabe und Urdruck) mit Aufdruck 6 F

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Anmerkung vom 2. Dezember 2023

Die aktuelle Ausgabe des MICHEL® Saar-Spezial (5. Aufl. 2024) hat den Fehler korrigiert!

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Jedoch hatten beileibe nicht alle saarländischen Postämter am Donnerstag, den 20. November 1947, auch sämtliche Marken in ausreichendem Umfang vorrätig. Dafür war die Zeit zu kurz gewesen.

Dieser Mangel war der P.T.T. des Saarlandes durchaus bewusst. Daher durften ganz offiziell die in Industrie, Gewerbe und Privathaushalten verfügbare Bestände an Briefmarken der Ausgaben Wappen und Dichter sowie Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar bis zum 27. November 1947 zum festgelegten Tauschkurs 20 Franken zu 1 Mark (5 Pfennig entsprachen 1 Franken) zur Frankatur verwendet werden. Am Postschalter konnten diese Briefmarken jedoch nicht mehr bezogen werden.

Ich konnte meiner Sammlung nun einen Bedarfsbrief hinzufügen, der den Ersttag des Malstatt-Burbacher Drucks dokumentiert.

20. November 1947, 17-18:00, Schaffhausen (Saar) nach Heiligenhaus

Verklebt wurden eine 6 F auf 24 Pfennig Neuausgabe und zwei 2 F auf 12 Pfennig Originalausgabe (senkrechtes Paar, Wasserzeichen fallende Wellenlinien). Damit ist der Brief in die britische Besatzungszone überfrankiert.

Posttarife des Saarlands ab 20. November 1947 (Auszug)

    • Brief in die besetzten Gebiete des Deutschen Reichs resp. ins Mutterland Frankreich der 1. Gewichtsstufe bis 20 g = Porto 6 Franken
    • Brief in die besetzten Gebiete des Deutschen Reichs resp. ins Mutterland Frankreich der 2. Gewichtsstufe 20 g bis 50 g = Porto 9 Franken

10 Franken Porto wurden fällig für:

    • Brief der 1. Gewichtsstufe bis 20 g ins Ausland
    • Brief der 2. Gewichtsstufe 20 g bis 50 g ins benachbarte Luxembourg

Wieso wurde der Brief überfrankiert? Das ist die grosse Frage. Einerseits waren die drei Werte des Malstatt-Burbacher Drucks ausschliesslich am Postschalter erhältlich. Damit ist sicher, dass ein Schalterbeamter der Post in Schaffhausen (Saar) den abgebildeten Brief frankiert hat. Andererseits waren die neuen Beförderungstarife der P.T.T. des Saarlands genau am 20. November 1947 in Kraft getreten. Hatte der Schalterbeamte geirrt? Hatte er dem Absender den Auslandstarif verrechnet, anstatt den niedrigeren Tarif für die Briefbeförderung in die besetzten Gebiete des Deutschen Reichs zu verwenden? Möglich wäre es.

Sollte der Brief des Herrn Rommelfanger an seine Frau, Schwester oder Mutter Elis. Rommelfanger schwerer als 20 g gewesen sein – dies lässt sich heute nicht mehr feststellen – käme noch eine weitere Möglichkeit in Betracht. Vielleicht hatte der Schalterbeamte um 17:00 Uhr des Ersttags keine 3 F-Marken mehr vorrätig oder die Poststelle Schaffhausen (Saar) hatte diesen Wert gar nicht erhalten. Dem Absender war in diesem Fall die Differenz von 1 F (umgerechnet 5 Pfennig) egal, Hauptsache der Brief, dessen Inhalt wir nicht kennen, war aufgegeben.

Fazit: ein gut erhaltener, sauber und lesbar gestempelter Ersttagsbeleg für zwei der drei an diesem Tag ausgegebenen Werte des Malstatt-Burbacher Drucks.

Bis dann

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Belege (III) – Entschlüsselung eines alten Belegs

Hallo

Diesen Beitrag widme ich meiner Frau, die ich über alles liebe.

    • Ohne meine Frau wäre ich heute nicht derjenige, der ich bin.
    • Ohne meine Frau wäre mein Leben sehr viel ärmer.
    • Ohne meine Frau, ihr Verständnis und ihre Unterstützung würdet ihr diesen Beitrag gar nicht lesen können. Der SAARPHILA-BLOG wäre wohl kaum veröffentlicht worden.

Meine Frau wird morgen Ihren Geburtstag feiern – den wievielten verrate ich selbstverständlich nicht -und ich werde alles daransetzen, dass sie diesen – ihren – Tag geniessen wird.

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In diesem Beitrag möchte ich euch einen – wie der Beitragstitel schon verrät – alten Beleg vorstellen. Es handelt sich um einen Bedarfsbrief aus dem Jahr 1859, der von Rossla nach dem ca. 70 km östlich gelegenen Halle an der Saale gelaufen ist. In diesem Brief geht es um einen Todesfall in der 1844 gegründeten, preussischen Provinzial-Irrenanstalt Halle-Nietleben in Halle an der Saale, die den gräflich Stolberg-Rosslaischen Polizei-Rath veranlasst, zwecks ordnungsgemässer Abwicklung der Erbschaftsangelegenheit beim Direktor der Provinzial-Irrenanstalt brieflich ein Verzeichnis der persönlichen Hinterlassenschaften der Verblichenen anzufordern.

Dieser Beleg ist bislang der älteste meiner Sammlung und war aufgrund verschiedener Umstände – die ich im weiteren Verlauf des Beitrags aufführen werde – nicht einfach zu entschlüsseln. Mein tiefempfundener Dank geht an zwei liebe Mitstreiter aus einem Briefmarken-Forum auf Facebook. Sie halfen mir bei der Transkription aus der Sütterlin-Schrift sowie bei der Zuordnung eines – mir völlig unbekannten – Stempels auf der Siegelseite des Briefes. Ohne diese Hilfe würde ich bei dem Beleg immer noch „wie ein dummer Ochs vorm Berg stehen“. Eine Mitstreiterin möchte nicht namentlich erwähnt werden. Doch Stephan Jürgens kann ich meinen Dank direkt aussprechen.

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Weshalb veröffentliche ich diesen Beitrag, der – seien wir ehrlich – nicht viel mir den Briefmarkenausgaben Wappen und Dichter oder Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar zu tun hat? Ich fand die komplexe Geschichte der Entschlüsselung dieses Beleges sehr lehrreich, denn diese beinhaltet drei wichtige Erkenntnisse:

    • nicht bei der ersten Unstimmigkeit aufgeben; es gibt auch für vorderhand Unmögliches eine Erklärung (der Beleg lag bei mir schon lange auf dem Pult)
    • wenn man bei einer Recherche ansteht … Unterstützung in Anspruch nehmen (Einzelkämpfer sterben auch einsam)
    • sich soweit möglich in die Entstehungszeit des Beleges hineinversetzen und nicht alles aus unserer heutigen Sicht beurteilen

Hm … bislang keine Abbildung? Ich vergass, zu erwähnen, dass ich euch in diesem Beitrag bloss vier Abbildungen zeigen werde.

Hier die erste Abbildung.

So habe ich den Beleg aus einer 50 Eurocent Wühlkiste gegriffen. Eine sehr saubere, klare Handschrift, die ich problemlos entziffern konnte.

„An den königlichen Direktor Herrn Geheimen Medicinal=Rath Dr. Dammerow, Ritter [Pi Pi = Auslassungen für die komplette Titelaufzählung] Hochwohlgeboren … zu Halle a/S. … He[rrschaftliche] Polizei=Sachen“

Geht es euch gleich wie mir? Ich las Polizei-Sachen und meine Neugier war geweckt. Diebstahl, Raub, Mord, Totschlag? Was würde ich finden? Dazu noch eine wunderbar lesbare Abstempelung aus Rossla vom 19. Dezember in der Stunde zwischen 5 und 6 Uhr. Ich hatte zwar – als ich da vor der Wühlkiste stand – keinen blassen Schimmer, wo Rossla lag, aber sowas findet man in Zeiten von Google Maps und Maps.me ja rasch heraus. Noch weniger klar war mir, in welchem Jahr der Beleg von Rossla nach Halle gelaufen war, denn der Stempel auf dem Umschlag wies zwar ein Datum, jedoch keine Jahreszahl auf.

Doch zuerst habe ich den Beleg einmal umgedreht. Das war doch mal ein schöner Anblick. Ein wachsgesiegelter Brief.

Das Siegel war zwar erbrochen, aber äusserst detailreich erhalten. Da kenne ich ganz andere Erhaltungsarten. Ich war zwar hinsichtlich Ortschaft und Laufjahr nicht klüger geworden, aber meine Hand ging in den Hosensack … 50 Eurocent … der Beleg wechselte seinen Besitzer. Ein Bauchentscheid.

Der Beleg war kompliziert gefaltet und landete erst einmal in der Ablage auf meinem Pult. Immer wieder einmal in die Hand genommen, beschäftigten mich die Fragen: „Wie kann ich den Beleg auseinanderfalten, ohne diesen übermässig weiter zu beschädigen?“ „Wie kann ich verhindern, dass das Siegel komplett zerbricht?“

Ich bezähmte meine Neugier betreffend des Inhalts und fertigte erst einmal hochauflösende Scans von Adress- und Siegelseite an. Dokumentiert ist dokumentiert! Danach landete der Beleg erst einmal wieder in der Ablage. Abgehakt! „Weshalb hatte ich den Beleg nochmal erstanden? Was hat mich damals getrieben?“ Der Sommer war schön und da waren Tausend andere Dinge, die plötzlich wichtiger waren. Für einen angefressenen Philatelisten völlig unverständlich – das ist mir bewusst.

Vor einigen Tagen habe ich realisiert, dass ich bei diesem Beleg nie weiterkommen würde, wenn ich diesen nicht öffnete und den Inhalt dokumentierte. Gesagt, getan! Ich habe den gefalteten Brief vorsichtig auseinandergenommen … et voilà:

Ich war platt! Eine gestochene Handschrift auf der Adress-Seite und hier …? Ausser dem Titel, den Ziffern und dem Datum „December 1859“ konnte ich nicht viel entziffern. Nach einem zweiten Blick war mir klar: „Ich brauche Unterstützung!“ Unterstützung nicht allein bei der Transkription. Nein, auch der Stempel auf der Siegelseite des Beleges war mir völlig fremd. Ein Eingangsstempel konnte „Ausg“ wohl nicht sein. Ein zusätzlicher Stempel aus Rossla? Wozu? Der war ja – wie wir es heute immer noch kennen – auf der Adressseite aufgebracht worden.

Würde mich der Inhalt bei der Entschlüsselung des Beleges weiterbringen? Hier musste wegen der Handschrift (s.o.) eine Spezialistin herangezogen werden. Mir wurde sofort klar, an wen ich mich wenden würde.  An einen tollen und hilfsbereiten Menschen, bei welchem ich mich sehr glücklich schätze, diesen in meinem Bekanntenkreis zu wissen.

Innerhalb weniger Stunden lag die Transkription auf meinem Pult, besser gesagt in meinem Mac:

„Verzeichniss der von der verstorbenen geisteskranken Frie=derike Werther hinterlegtenen Effecten.

    1. ein Obersack
    2. ein wattirter Untersack
    3. ein weisser Untersack
    4. eine Mantille
    5. ein Paar Stiefelchen
    6. ein Umlegetuch
    7. ein Paar Hausschuhe und
    8. ein Kragen

P.I. Anstalt bei Halle den 22. December 1859″

Das war ein toller Anfang. Was mir jedoch Kopfschmerzen bereitete, war die Datierung des „Verzeichniss“ zu Halle an der Saale am 22. December 1859.

Das ergab für mich gar keinen Sinn! Ein Schreiben, dass am 19. Dezember in Rossla abgeschlagen nach Halle an der Saale gesendet wird, enthält eine Aufstellung der Habseligkeiten einer Verstorbenen, welche am 22. Dezember in Halle an der Saale angefertigt wurde. Die Kausalität war auf den Kopf gestellt.

Ich wusste nicht mehr weiter. Da war der Stempel auf der Siegelseite des Briefes, der mir nichts sagte. Ich habe einen Scan des Stempels in dem Facebook-Forum Whatsbriefmarken.de eingestellt, mit der Bitte um Unterstützung bei der Identifikation. Innerhalb kurzer Zeit die Antwort von Stephan Jürgens. Zitat:

AUSG. ist die Abkz. für AUSGABE, dies ist ein sogenannter „Ausgabestempel“, gibt es in vielen preussischen (und später reichsdeutschen) Städten, in denen es mehr als einen Bestellgang der Briefträger gab. Sie wurden anstelle der Ortstagesstempel verwendet, die normalerweise die Ankunft des Briefes „anzeigen“. Die N 1 gibt den Bestellgang an.

In diesem Moment machte es bei mir nicht einmal, sondern gleich zweimal „klick“. Einerseits wusste ich nun, dass der Beleg tatsächlich von Rossla nach dem preussischen Halle an der Saale gelaufen war und dort auch mit dem Bestellgang N 1 ausgeliefert worden war. Andererseits brachte mich die Information dazu, den Gesamtbeleg neu zu begutachten.

Als erstes versuchte ich den Adressaten zu verifizieren. Das ging erstaunlich rasch. Adressat war der Geheime Medizinalrat Prof. Dr. med. Heinrich Philipp August Damerow (28. Dezember 1798-22. September 1866), seit der Eröffnung der Provinzial-Irrenanstalt Halle-Nietleben am 1. November 1844 bis zu seinem Tod Direktor und Chefarzt dieser Institution.

Nun ging es an die Identifikation des Absenders. Das ging nur über das Siegel und den Einsatz des Mikroskops sowie Streiflicht. Das Ergebnis:

Die vollständige Umschrift lautet: Gräf. Stolberg.Rosslaischer Polizei-Rath

Das Siegel enthält auch das Wappen derer von Stolberg-Rossla

Nun ging es darum, herauszufinden, weshalb die Daten inkongruent waren. Einen entscheidenden Hinweis lieferte mir meine sehr geschätzte Kollegin mit dem Hinweis, dass das Verzeichnis von einem Oeconom unterzeichnet sei. Ein Oeconom oder Factotum war ein Bewirtschafter, Hauswart oder neudeutsch Manager. In diesem Fall der Manager der Provinzial-Irrenanstalt.

Der zweite Hinweis war mir zuvor schon aufgefallen, aber nicht mehr bewusst. Die Handschriften auf der Vorderseite des Schreibens und auf der Innenseite des Papiers unterschieden sich auffällig voneinander. Die Schrift auf der Vorderseite war die gestochen klare Schrift eines gebildeten Mannes, der seine Schreiben so sorgfältig siegelte, dass das Siegel heute noch mustergültig erhalten ist. Die Handschrift auf der Innenseite des Schreibens ist dagegen eher fahrig und schwer lesbar – daher benötigte und erhielt ich ja Unterstützung. Hier hatten zwei verschiedene Personen geschrieben.

Des Rätsels Lösung:

In der königlichen Provinzial-Irrenanstalt in Halle-Nietleben verstirbt die Insassin Friederike Werther. Der Todesfall wird an ihren letzten Wohnsitz, resp. ihren Geburtsort, Rossla gemeldet. In Rossla verfasst der zuständige Polizei-Rath ein Schreiben in „herrschaftlichen Polizei=Sachen“ an den Direktor der königlichen Provinzial-Irrenanstalt in Halle-Nietleben, Prof. Dr. med. Damerow. Der Grund? Er benötigt ein Verzeichnis über die Hinterlassenschaft der Verblichenen, um deren Nachlass ordnungsgemäss zu regeln. Dieses Schreiben an Prof. Dr. med. Damerow muss im Umschlag gesteckt haben, ist uns jedoch nicht überliefert. Prof. Dr. med. Damerow in seiner Funktion als Anstalts-Direktor beauftragt den „Oeconomen“ der Anstalt mit der Erstellung des Verzeichnisses. Dieser – sparsam wie er ist – verwendet den Umschlag der Anforderung des Polizei-Raths, das Schreiben selbst landet ja in den Akten, zur Erstellung des nicht sehr umfangreichen Verzeichnisses. Wie das Verzeichnis der Hinterlassenschaft der verstorbenen Friederike Werther schliesslich nach Rossla gelangte und von dort schlussendlich in meine Hände gekommen ist … um diese Fragen zu beantworten, braucht es mehr Fakten als der Beleg beinhaltet.

Bis dann

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Belege (II) – Postkarte mit 12 Pfennig-Wert und Feldmerkmal 6A

Hallo

Wie sagt der Volksmund so schön? „Auch ein blindes Huhn findet einmal ein Korn.“

Ich bin glücklicherweise nicht blind, aber die Altersweitsicht, leider nicht die Altersweisheit, macht mir hier und da doch zu schaffen. An jenem Tag, als ich den hier beschriebenen Beleg fand, hatte ich jedoch sowohl Brille als auch Lupe zur Hand. Der Beleg ist eine normale, gut erhaltene Postkarte, die ich für kleines Geld erstehen konnte.

Ihr denkt sicherlich, „der Beleg hat doch eine Geschichte“! Und damit habt ihr Recht.

Die Postkarte ist

    • mit einer nahezu perfekt erhaltenen 12 Pfennig-Marke der 1. Offenburger Ausgabe (SP19) für die Beförderung von der französischen in die sowjetische Besatzungszone korrekt frankiert,
    • sauber gestempelt und hat
    • philatelistischen Inhalt
Vorderseite, ©Sammlung Montclair

Der Briefmarkenhändler G. Beaumont in Saarlouis schrieb am 11.07.1947 an den Briefmarkenhändler Püffer in Halle an der Saale, in der sowjetischen Besatzungszone. Der Händler in Saarbrücken brachte seine auf der Vorderseite links mit Firmendetails vorgedruckte und mit Schreibmaschine geschriebene Postkarte auf die Post, wo diese am 12.07.1947, vor 10:00 Uhr morgens, mit dem Stempel Saarlouis 1 abgestempelt wurde.

Rückseite, ©Sammlung Montclair

Der Händler G. Beaumont reagierte auf eine Annonce in der philatelistischen Zeitschrift Sammler-Express, seit 1925 herausgeben und inzwischen mit der  Deutsche Briefmarken Zeitung verschmolzen. Postkarte ist von G. Beaumont persönlich unterschrieben worden.

Der Inhalt ist simpel. Beaumont suchte die weniger häufigen 4 Pf.- und 42 Pf.-Werte aus der Ziffernserie und bot der Firma Püffer dafür komplette Sätze der 1. Offenburger Ausgabe an.

Was ich trotz Brille und Lupe beim Kauf übersehen und erst daheim festgestellt habe: bei der auf dem Beleg verklebten Marke handelt es sich um ein Exemplar mit einem im Michel-Katalog gelisteten Feldmerkmal. Nachfolgend der Detailausschnitt:

12 Pfennig, Feld 6A, ©Sammlung Montclair

Gut zu erkennen der weisse Fleck am Anstrich des ersten A von SAAR auf Höhe des Querstrichs. Der Hof um den weissen Fleck ist schlecht zu erkennen … liegt wohl am Scan und damit an mir … excusé!

Diesen Beitrag widme ich meinem Vater. Er feiert heute seinen 85 Geburtstag. Ich wünsche ihm von Herzen alles Gute und für die Zukunft die allerbeste, robuste Gesundheit.

Bis dann

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Belege (I) – Social Philately

Hallo

Gestern habe ich den Beitrag über meinen Besuch auf der Lanaphil veröffentlicht.

Heute möchte ich euch zwei interessante Belege vorstellen, die ich an der Börse für je 50 Cent erworben habe.

Der erste Beleg ist eine Ansichtskarte, die auf der Rückseite das Konstanzer Münster um 1904 zeigt. Gelaufen ist der mit 5 Reichspfennig (DR Germania Grün von 1902) portogerecht freigemachte Beleg am 23. September 1905 von Konstanz nach Regensburg, wo er am 24. September eintraf.

Adressat ist der „Hochgeboren Herrn Grafen Hugo von Walderdorff“. Als Adresse ist allein die Hausbezeichnung angegeben: Weisse Lilien. Das Stadthaus des Grafen. Der Text kurz und knapp: „Ergebenste Grüsse u. Empfehlungen vom schönen Bodensee!“

Graf Hugo von Walderdorff (1828-1918) ist der bekannte Heimathistoriker und langjährige Vorsitzende des Regensburger Historischen Verein.

Hugo von Walderdorff (©Fotosammlung Museum Regensburg)

Der Graf entstammte einem hochadligen bayrischen Geschlecht und war seit 1856 mit der knapp ein Jahr älteren Amalie Gräfin Podsatzky-Liechtenstein verheiratet. Gräfin Amalie ist die Adressatin des zweiten Beleges.

Dieser Beleg ist ebenfalls eine Ansichtskarte, die auf der Rückseite den Thumsee etwa drei Kilometer westlich von Bad Reichenhall zeigt. Gelaufen ist der mit 5 Pfennig (Bayern Wappen Grün von 1890) portogerecht freigemachte Beleg am 7. Juni 1906 von Bad Reichenhall nach Wutzlhofen resp. nach Schloss Hauzenstein, einem der Stammsitze derer von Walderdorff, wo er am 8. Juni eintraf.

Der Text ist diesmal nicht kurz und knapp, sondern die Absenderin nützt den verfügbaren Platz aus und versetzt die Grusszeile sogar auf die Rückseite der Ansichtskarte.

Konnten wir beim ersten Beleg den Absender nicht eruieren, ist dies beim zweiten Beleg einfach. Es handelt sich um Freiin Marie von Pfetten aus oberbayrischem Uradel. Die Familie war bis 1803 mit dem Amt des Erbhofschenken des Hochstifts Regensburg betraut. Marie von Pfetten nahm es mit der Rechtschreibung nicht so genau. Aus Gräfin Amalie wurde Amelie, aus Wutzlhofen wurde Wutzelhofen. Das Adelsprädikat „von“ lässt Sie beim Adressaten komplett aus, was – so habe ich mir sagen lassen – in bayrischen Adelshäusern jedoch nichts Ungewöhnliches sei.

Interessant ist noch, dass beide Ansichtskarten aus demselben Atelier von Dr. Trenkler Co. in Leipzig stammen und jeweils aktuelle Sujets zeigen.

Bis bald

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Die Saarschleife bei Mettlach (VII)

Hallo

Ich habe einen sehr interessanten Beleg ersteigert, den ich euch nicht vorenthalten möchte.

Dieser Bedarfsbeleg – ein grosser Briefumschlag – verbindet auf anschauliche Weise die gleichzeitige Verwendung des Motivs Saarschleife bei Mettlach für amtliche, postalische und touristische Zwecke.

Der Amtsbürgermeister in Mettlach=Saar schickt am Donnerstag, 14.08.1947, ein Einschreiben an Herrn G. A. Heydorn in Essen-Bredeney, wo dieses am Sonntag, 17.08.1947, ankam. Soweit ein ganz normaler Vorgang.

Das Einschreiben ist korrekt mit 108 Pfennig frankiert: 48 Pfennig für einen Fernbrief der zweiten Gewichtsstufe bis 250 Gramm (der Umschlag ist aussergewöhnlich gross: 19,3 x 12,3 cm) plus 60 Reichspfennig für die Einschreibegebühr. Von einem Amt habe ich – offen gesagt – auch nichts anderes als eine korrekte Frankatur erwartet.

Das Spezielle an diesem Beleg erschliesst sich dem Betrachter erst auf den zweiten Blick.

Schauen wir uns zuerst die Frankatur an. Verwendet wird eine 1 Mark-Marke und eine 8 Pfennig-Marke. Das Bildmotiv des 1 Mark-Werts ist die Saarschleife, unweit des Orts Mettlach saaraufwärts.

Der Bildaufdruck auf dem Umschlag zeigt ebenfalls die Saarschleife. Bei der Abbildung handelt es sich um dieselbe Aufnahme, welche – auf einer Ansichtskarte – dem Gestalter  Vytautas Kazimieras Jonynas als Vorlage für das Bildmotiv des 1 Mark-Bildmotivs diente (vgl. hier).

Bereits die Kombination von Werbeumschlag mit Briefmarke ist für einen Bedarfsbrief nicht gerade alltäglich.

Na und, denkt ihr sicherlich. Das Bürgermeisteramt möchte wohl den regionalen Fremdenverkehr fördern, hat Umschläge mit einer Abbildung des bekanntesten Ausflugsziels in der näheren Umgebung drucken lassen und verwendet – soweit möglich – auch Briefmarken mit demselben Motiv.

Damit habt ihr sicherlich Recht. Dennoch drängen sich bei genauer Überlegung zwei Fragen auf:

    • Der Beleg stammt vom August 1947. Weshalb verwendet das Bürgermeisteramt einen Umschlag, der die Saarschleife in dem Zustand nach 1928 und vor 1934 zeigt?
    • Weshalb wird auf dem Beleg die Bezeichnung Kreis Merzig verwendet? Diese Bezeichnung war 1947 nicht mehr zutreffend.

Ich möchte kurz auf den Begriff Kreis Merzig eingehen, so dass Sie über dasselbe Hintergrundwissen verfügen, wie ich. Der Kreis Merzig, zu welchem die Gemeinde Mettlach gehört, wurde 1816 von Preussen als Landkreis im Bezirk Trier der Rheinprovinz gebildet. Im Zuge der Umsetzung der Bestimmungen des Versailler Vertrages wurde das Saargebiet 1920 vom Deutschen Reich abgetrennt und für 15 Jahre als Mandatsgebiet unter die Verwaltung des Völkerbunds gestellt. Der Kreis Merzig wurde aufgeteilt. Der Stammkreis Merzig lag nun im Saargebiet; der Restkreis Merzig-Wadern verblieb bei Preussen. Diese Situation blieb auch nach der Eingliederung des Saargebiets ins Reichsgebiet ab 1. März 1935 unverändert. Erst die Behörden der französischen Besatzungszone vereinigten mit Wirkung vom 1. Oktober 1946 die beiden Teil-Kreise unter der noch heute gültigen Bezeichnung Landkreis Merzig-Wadern.

Die Antwort auf die beiden obigen Fragen ist recht einfach. 1947 herrschte nicht nur im Saarland allerorten Mangel an so ziemlich allem. So ist es wenig verwunderlich, dass auch das Bürgermeisteramt der Gemeinde Mettlach noch vorhandene Briefumschläge verwendete, auch wenn diese nicht mehr dem aktuellen Stand entsprachen.

Sollten ihr über weitere Angaben zur Entstehungsgeschichte dieses Umschlages haben, würde ich mich über eure Kontaktaufnahme sehr freuen. Ich habe auf Facebook einen entsprechenden Aufruf geschaltet.

Bis dann

#saarphila #saarphilatelie