MICHEL® Saar-Spezial 2024 (IV)

Hallo

Wie bereits auf Facebook angekündigt, fasse ich in diesem Beitrag meine Erkenntnisse aus der Beschäftigung mit den im aktuellen MICHEL® Saar-Spezial 2024 aufgeführten Feldmerkmalen der Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar (BuS I) zusammen.

Wie so häufig täuschte der erste Eindruck, den ich in diesem Beitrag festhielt. Es gibt neben vielen Fehlern durchaus einige positive Aspekte, die ich ebenfalls aufführe.

Der MICHEL® Saar-Spezial 2024 erspart Saar-Sammlern den viel teureren Kauf beider Bände des MICHEL® DSK 2024 sowie beider Bände des MICHEL® Briefe Deutschland-Katalogs 2023/24, denn die Abschnitte dieser Kataloge, welche Saargebiet, Saarland sowie die Ausgaben der Deutschen Bundespost für OPD Saarbrücken betreffen, sind bereits in der 5. Auflage des MICHEL® Saar-Spezial enthalten. Für diesen Katalog habe ich  ein Inhaltsverzeichnis erstellt, welches ich euch (für den Hausgebrauch) gerne zur Verfügung stelle.

Die von mangelnder Fachkenntnis über die bei der Herstellung der Freimarken Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar angewandten Drucktechnik zeugende Anmerkung,

Marken aus den B-Bogen sind alle etwas dunkler als die aus den A-Bogen

die über viel zu viele Jahre nicht nur im MICHEL® Saar-Spezial, sondern auch im MICHEL® DSK zu finden war, ist mit der Ausgabe 2024 endlich und hoffentlich für immer gestrichen worden.

Der Eintrag zu den Ministerblocks der Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar wurde nach meinen Artikeln in der Deutschen Briefmarken-Revue 1/2023, im SAARPHILA-BLOG sowie im Mitteilungsblatt der ArGe SAAR 2023 angepasst und lautet nun:

206M-225M Ministerblocks in Zeichnung des Urdrucks (MiNr. 206-211 und 216-225) bzw. der Neuauflage (MiNr. 212-215)

Ich hätte es zwar so ausgedrückt: Ministerblocks in Zeichnung der Originalausgabe […] (vom Urdruck sprechen wir ausschliesslich im Zusammenhang mit dem Malstatt-Burbacher Überdruck, MBD I) bzw. der Neuausgabe […] (es handelt sich um eine Neuausgabe von veränderten Klischees), aber was soll’s … ist halt MICHEL®-Sprech.

Nun zu den Feldmerkmalen. Die 4. Auflage des MICHEL® Saar-Spezial von 2017 katalogisierte 108 Feldmerkmale und umfasste 14 Abbildungen. Die aktuelle 5. Auflage katalogisiert nun 113 Feldmerkmale mit – weiterhin sehr mageren – 19 Abbildungen. Die Abbildungen zu 16 Pfennig, MiNr. 213 III und 30 Pfennig, MiNr. 217 II sind in der aktuellen Ausgabe auch farblich korrekt dargestellt.

__________

Der Reihe nach:

Generell finden sich keinerlei Hinweise auf Ami Faux, also ähnliche Merkmale, die Sammler und Prüfer aufgrund der verschwurbelten Beschreibungen (gerissene Fenster, gebrochene Buchstaben … halt MICHEL®-Sprech) und fehlenden Abbildungen für das beschriebene Feldmerkmal halten könnten. Diese Hinweise findet ihr nun jedoch auf meiner Zusammenstellung der Feldmerkmale nach MICHEL®.

FELDMERKMALE

__________

MiNr. 206 III: Das im MICHEL® beschriebene Merkmal ist nicht das Hauptmerkmal des Bogenfeldes 8AB. Dieses ist das wiederkehrende Feldmerkmal heller Fleck am linken Knie. Die Beschreibung im Katalog ist nicht vollständig. Für diese Ansicht spricht, dass beim 8 Pfennig-Wert dieses Merkmal im Katalog als MiNr. 209 IV, Feld 38AB aufgeführt ist. Darüber hinaus tritt dieses Merkmal auch beim 3 Pfennig-Wert auf Feld 33AB auf. Sprich: es handelt sich um ein wiederkehrendes Feldmerkmal, welches auf einem bestimmten Bogenfeld beider Teilbogen bei mehreren Werten mit demselben Bildmotiv (hier Bergmann) auftritt.

MiNr. 206 III, Feld 8AB Hauptmerkmal heller Fleck am linken Knie
MiNr. 207, Feld 33AB heller Fleck am linken Knie
MiNr. 209 IV, Feld 38AB heller Fleck am linken Knie

__________

MiNr. 210 VI: Die Beschreibung im Katalog ist nicht vollständig. Auffällig ist der dunkle Fleck am rechten Unterschenkel (vgl. folgende Abbildung).

MiNr. 210 VI mit beiden Merkmalen

__________

Der MICHEL® weist an keiner Stelle auf die zwei Druckphasen (früh/spät) hin, welche wir aufgrund der Feldmerkmale beim 12 Pfennig-Wert wie auch beim 24 Pfennig-Wert und der Daten des Bogenranddrucks festmachen können. Für den 12 Pfennig-Wert sind dies:

    • 30./31. Dezember 1946 sowie 2./3. Januar 1947 = frühe Druckphase
    • 4.-9. Januar 1947 = späte Druckphase

Ebenso erfolgt bei den Bewertungen keine Unterscheidung zwischen den Feldmerkmalen auf Bogen mit der häufigen Wasserzeichenorientierung steigend (S, im MICHEL® Y) und der selteneren Wasserzeichenorientierung fallend (F, im MICHEL® X).

MiNr. 211 II: Das in früheren MICHEL®-Katalogen in der Beschreibung aufgeführte Merkmal Fleck am Gürtel wurde im MICHEL® Saar-Spezial 2024 ersatzlos gestrichen. Grund dafür dürfte sein, dass dieses Merkmal einerseits bloss auf Bogen der späten Druckphase und dann auch noch auf A- und B-Bogen unterschiedlich ausgeprägt auftritt (vgl. folgende Abbildungen).

Feld 22A (Teilauflage, späte Druckphase)
Feld 22B (Teilauflage, späte Druckphase)

MiNr. 211 IV: Dieses Merkmal irrlichtert immer noch im MICHEL® herum, obschon es aus gutem Grund weder in der Étude, dem Saarhandbuch, noch im Handbuch Feldmerkmale SAAR I aufgeführt wird. Bei dem Merkmal Fleck oben im R handelt es sich nicht um ein Feldmerkmal, sondern um einen Vertreter sogenannter Irrlichter. Diese Irrlichter sind primäre Merkmale, die unsystematisch auf unterschiedlichen Bogenfeldern eines oder mehrerer Werte in gleicher Ausprägung auftreten. Allein auf den Schalterbogen des 12 Pfennig-Werts können wir dieses Merkmal mal gut, mal bloss mit einiger Fantasie, auf den Bogenfeldern 1AB, 4B, 6AB, 9A, 16B, 20B, 31AB, 41AB, 49B, 51AB, 61AB, 66AB, 71AB erkennen, wobei noch Unterschiede zwischen Schalterbogen des frühen und späten Drucks zu beachten sind. Darüber hinaus tritt auf Bogenfeld 86AB ein in etwa ähnliches Merkmal in stärkerer Ausprägung auf. Das Charakteristikum eines Feldmerkmals ist aber die klare Zuordnung einer Marke zu einem einzigen Bogenfeld. Dies ist bei einer Marke mit einem Irrlicht-Merkmal nicht möglich (Quelle: Handbuch Feldmerkmale SAAR I).

MiNr. 211 VI: Die Beschreibung im MICHEL® Saar-Spezial lautet nicht wie bisher Strich am linken Arm und Punkt links über Kirchturm (Feld 32), sondern neu bloss: Strich am linken Arm (Feld 32). Das Teilmerkmal Fleck neben Kirchturm existiert sehr wohl, jedoch ausschliesslich auf Bogen der späten Druckphase (vgl. folgende Abbildung).

MiNr. 211 VI, Feld 32 (späte Druckphase) nach alter Beschreibung

MiNr. 211 VIII: Der MICHEL® Saar-Spezial gibt falsch Feld 77, also beide Teilbogen an. Korrekt ist Feld 77B! Korrekt ist im MICHEL® Saar-Spezial hingegen die neu hinzugefügte Ergänzung Teilaufl., das Merkmal kommt ausschliesslich auf Bogen der späten Druckphase vor.

__________

MiNr. 212 VI: Es existieren mehrere Bogenfelder mit unebenem Oberrand, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt wie auf Feld 33B. Um sicherzugehen, das zweite, nicht im MICHEL® beschriebene, aber ebenfalls auffällige Feldmerkmal des Bogenfelds 33B heranziehen: Farbfleck mit hellem Saum am Kragen des linken
 Stahlwerkers (vgl. folgende Abbildung).

Feld 33B, „Fleck am Hals“

__________

MiNr. 213 I: Die Abbildung im MICHEL® Saar-Spezial 2024 hat eine falsche Farbe (grün statt blau).

MiNr. 213 I korrekt in Blau

__________

Der MICHEL® weist an keiner Stelle auf die zwei Druckphasen (früh/spät) hin, welche wir aufgrund der Feldmerkmale beim 12 Pfennig-Wert wie auch beim 24 Pfennig-Wert und der Daten des Bogenranddrucks festmachen können. Für den 24 Pfennig-Wert sind dies:

    • 14.-18. Januar 1947 = frühe Druckphase
    • 20.-24. Januar 1947 = späte Druckphase

__________

MiNr. 217 II/III: Diese beiden Feldmerkmale haben einen langen Weg, fast schon eine Odyssee, durch die vielen MICHEL®-Kataloge hinter sich. Eine kleine Chronik:

    • 1990er-Jahre: Im MICHEL® DSK 1991 oder auch DSK 1996 als 217 II Mädchen mit Horn am Kopf (Feld 59) falsch katalogisiert, denn es handelt sich um zwei unterschiedliche Merkmale.
    • 2000er-Jahre: Im MICHEL® Saar-Spezial (1. Auflage 2002) wurde die Merkmale korrekt getrennt als 217 II gebogener Strich (Horn) am Kopf der linken Bäuerin (Feld 59, Bg. A) und 217 III gebogener Strich (Feder) neben dem Kopf der linken Bäuerin (Feld 59, Bg. B) aufgeführt; die Beschreibungen waren also vertauscht.
    • 2010er-Jahre: Auf die Vertauschung der Bogenfelder aufmerksam gemacht, fasste die MICHEL®-Redaktion ab Ende 2012 die beiden Feldmerkmale wieder falsch unter 217 II gebogener Strich (Horn) am Kopf der linken Bäuerin (Feld 59) zusammen, was den längst korrigierten Fehler aus den 1990er-Jahren für 10 Jahre wieder zurück brachte. Dabei hätte bereits in den 1990er-Jahren ein kurzer Blick ins Saarhandbuch oder in Paul Staedels Etude genügt, diesen Fehler zu erkennen und zu korrigieren.
    • 2023: Es hat mehr als 30 Jahren gebraucht, diese beiden Feldmerkmale korrekt im MICHEL® Saar-Spezial 2024 zu katalogisieren.
30 Pfennig, Feld 59A; MiNr. 217 II
30 Pfennig, Feld 59B; MiNr. 217 III

__________

MiNr. 220 V: Der Eintrag 50 Pfennig, MiNr. 220 V, Feld 28, Teilaufl. ist neu und gleich falsch. Korrekt ist Feld 28 (AB). Beim 50 Pfennig-Wert existieren keine Feldmerkmale in Teilauflage. Dieser Fehler wäre vermeidbar gewesen.  Ein Blick in Paul Staedels Étude, ins Saarhandbuch, ins Handbuch Feldmerkmale SAAR I oder in meinen entsprechenden Beitrag in der Deutschen Briefmarken-Revue 3/2023 hätte genügt.

50 Pfennig, Feld 28AB; MiNr. 220 V

__________

MiNr. 221 IV/V: Die Einträge 60 Pfennig, MiNr. 221 IV, Feld 16, Teilaufl. sowie MiNr. 221 V, Feld 92, Teilaufl. sind ebenfalls neu und leider ebenfalls falsch. Auch beim 60 Pfennig-Wert existieren keine Feldmerkmale in Teilauflage. Die Fehler wären vermeidbar gewesen.  Ein Blick in Paul Staedels Étude, ins Saarhandbuch, ins Handbuch Feldmerkmale SAAR I oder in meinen entsprechenden Beitrag in der Deutschen Briefmarken-Revue 4/2023 hätte genügt.

60 Pfennig, Feld 16AB; MiNr. 221 IV
60 Pfennig, Feld 92AB; MiNr. 221 V

__________

MiNr. 222: Bei allen Feldmerkmalen des 75 Pfennig-Werts fehlen im MICHEL® Saar-Spezial 2024 gesonderte Bewertungen für die extrem seltenen Exemplare mit Wasserzeichenorientierung fallende Wellenlinien F (im MICHEL® X).

__________

MiNr. 224 IV: Der Eintrag zu 84 Pfennig, MiNr. 224 IV, Feld 50 Bg. B ist nun korrekt.

84 Pfennig, Feld 50B; MiNr. 224 IV

Der Eintrag zu 84 Pfennig, MiNr. 224 VII, Feld 41 ist weiterhin falsch. Das Feldmerkmal kommt ausschliesslich auf B-Bogen vor.

__________

MiNr. 225 III: Die Einschränkung im MICHEL® Saar-Spezial auf B-Bogen ist falsch. Das Feldmerkmal kommt auf beiden Teil-Bogen (A und B) vor. Folgende Abbildung zeigt ein Exemplar vom A-Bogen.

MiNr. 225 III, hier A-Bogen

MiNr. 225 V: Neu aufgenommen! Das Merkmal kommt NICHT in Teilauflage vor und es handelt sich auch NICHT um ein Feldmerkmal, sondern um das Reihenmerkmal der 3. senkrechten Bogenreihe auf A- wie B-Bogen. Dieses Reihenmerkmal wurde bereits im Saarhandbuch (SHB) wie auch im Handbuch Feldmerkmale SAAR I publiziert. Die Katalogisierung dieses Reihenmerkmals als Feldmerkmal im MICHEL® Saar-Spezial 2024 ergibt keinen Sinn, denn Marken der Felder 23B (MiNr. 225 II oder doch V?) und 43AB (MiNr. 225 IV oder doch V?) weisen dann ZWEI (!) Feldmerkmale auf. Für Prüfer eine echte Herausforderung: Als was attestiere ich diese Felder? Ich sage der Katalogisierung dieses Feldmerkmals keine lange Lebensdauer voraus. Auch dieser Fehler wäre vermeidbar gewesen.  Ein Blick ins Saarhandbuch, ins Handbuch Feldmerkmale SAAR I oder in meinen entsprechenden Beitrag in der Deutschen Briefmarken-Revue 8/2023 hätte genügt.

__________

Wenn wir gerade bei den Prüfern sind. Im MICHEL® findet man immer wieder den Eintrag:

Alle Preise […] gelten nur für (BPP-)geprüfte Stücke!

Der BPP ist doch nicht der einzige Prüfverein, nicht einmal in Deutschland. Wo bleibt da die vom Schwaneberger-Verlag viel beschworene Neutralität? Darüber hinaus verfügt der BPP mit Christian Geigle (gleichzeitig Vereinsvorsitzender und Inhaber eines Briefmarkenfachgeschäftes) nur noch über einen Prüfer für die Sammelgebiete Saargebiet, französische Ausgaben für das Saarland, autonomes Saarland und Ausgaben der Deutschen Bundespost für das Saarland. Die beiden anderen Prüfer haben den BPP Richtung VP verlassen. Ich zitiere hier König Edward III.:

Honi soit qui mal y pense!

__________

Eine weitere Anmerkung im MICHEL® Saar-Spezial unterhalb der Auflistung der Feldmerkmale gibt mir ebenfalls zu denken:

Von allen Werten zahlreiche weitere kleinere Plattenfehler bekannt, wie z. B. Punkte oder Striche im Markenbild oder in Buchstaben, abgeschrägte oder abgeschliffene Buchstaben und Ziffern, usw. 

Die Verwendung des Adjektivs kleinere erweckt den falschen Eindruck, der MICHEL® hätte alle relevanten, auffälligen Feldmerkmale erfasst. Dem ist beileibe nicht so. Hier eine kleine Auswahl sehr auffälliger Feldmerkmale, welche im MICHEL® nicht vorhanden sind. Eine grössere Auswahl mit Abbildungen findet ihr in meinen Beiträge in der Deutschen Briefmarken-Revue 1/2022-8/2023 (Link) oder im Handbuch Feldmerkmale SAAR I.

3 Pfennig, Feld 26A Fleck links oben am Schriftband SAAR
6 Pfennig, Feld 26B Fleck in der 6
15 Pfennig, Feld 10A zwei Flecken oberhalb des R
16 Pfennig, Feld 31A Fleck am oberen Bildrand
20 Pfennig, Feld 84A heller Fleck am rechten A
24 Pfennig, Feld 8B (frühe Druckphase) Doppelpunkt links der 2
24 Pfennig, Feld 91B (frühe Druckphase) helle Stelle am Rücken
30 Pfennig, Feld 1B Fleck neben Gasometer
40 Pfennig, Feld 40B Fleck am Rücken
45 Pfennig, Feld 91AB Fleck auf Wange
50 Pfennig, Feld 70A Anstrich von S gespalten
60 Pfennig, Feld 52B Farbfleck über Schatten
75 Pfennig, Feld 35B heller Strich an Hauswand
80 Pfennig, Feld 3AB verkürzter Schatten
1 Mark, Feld 11A helle Stelle links am vorderen Hügelzug

Meine Anmerkungen zu der Neuausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar (BuS II) sowie zu der Malstatt-Burbacher Überdruckausgabe (MBD I/II) im MICHEL® Saar-Spezial 2024 werden folgen.

2. BEITRAG

__________

Folgt mir auf Facebook  und ihr seid immer auf dem Laufenden.

#saarphila #saarphilatelie

Saargebiet MiNr. 126 I PF III … oder doch nicht?

Hallo

Ich freue mich sehr, die Beiträge des Jahres 2024 mit einem Gastbeitrag von Peter Falz eröffnen zu können. Es geht – wenig erstaunlich – um sein Spezialgebiet: die Luftpostmarken des Saargebietes.

Gastbeitrag

Das Feldmerkmal MiNr. 126 I PF III tritt gemäss MICHEL® auf Bogenfeld 44 auf. Im aktuellen MICHEL® Saar-Spezial wird es mit «unteres Viereck im rechten Rahmen senkrecht gespalten (Feld 44)» beschrieben.

Untersuchen wir die folgenden zwei Abbildungen auf diese Beschreibung, so werden wir auf beiden Marken das beschrieben Feldmerkmal finden.

MiNr. 126 I, abgeschlagen 16. Juni 1934 in Saarbrücken 2
MiNr. 126 I, abgeschlagen Wellenstempel Saarbrücken 2 (das Merkmal wird vom Stempelabschlag berührt)

Doch nur eine der abgebildeten Marken – die obere – stammt tatsächlich vom Bogenfeld 44. Die untere Marke ist ein Exemplar des Bogenfelds 19. Hier die beiden Marken mit dem Merkmal «unter der Lupe».

MiNr. 126 I PF III Bogenfeld 44
MiNr. 126 I, Bogenfeld 19

Was bedeutet das? Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder ist die Beschreibung im MICHEL® unvollständig und müsste lauten «unteres Viereck im rechten Rahmen senkrecht gespalten (Felder 19 und 44)», oder – falls sich genügend Unterscheidungsmerkmale zwischen den beiden Bogenfeldern finden lassen – handelt es sich bei MiNr. 126 I Bogenfeld 19 um ein bislang nicht katalogisiertes Feldmerkmal.

Welche Unterschiede weisen die beiden Bogenfelder neben ihrem gemeinsamen Merkmal auf?

Die folgende Abbildung zeigt einen Ausschnitt der Marke vom Bogenfeld 19 mit den weniger offensichtlichen, dennoch gut zu erkennenden «sekundären» Feldmerkmalen. Sehr auffällig ist der helle Fleck in der vorderen oberen Flügelkante. Dieses Merkmal wäre allein schon eine eigene Unternummer im Katalog wert. Die obere Rahmenlinie unter ARGE von Saargebiet ist zweimal unterbrochen. Nicht ganz so auffällig, jedoch auch ohne Lupe gut zu erkennen.

MiNr. 126 I, Bogenfeld 19, weitere gut erkennbare Feldmerkmale

Zum Vergleich derselbe Markenausschnitt bei der Marke vom Bogenfeld 44. Hier sind die auf Bogenfeld 19 vorhandenen Merkmale nicht zu erkennen.

MiNr. 126 I, Bogenfeld 44

Fazit

Aktuell sind gemäss MICHEL® ausschliesslich Marken vom Bogenfeld 44 mit der Unternummer SG 126 I PF III katalogisiert. Da Bogenfeld 19 dasselbe Hauptmerkmal aufweist, besteht Verwechslungsgefahr und die Gefahr von Fehlprüfungen, von denen mir einige vorliegen.

Ich empfehle Sammlern, ihre Sammlung auf diese neuen Erkenntnisse hin zu untersuchen. Briefmarkenprüfern empfehle ich, bis zu einem Entscheid der MICHEL®-Redaktion ausschliesslich Marken vom Bogenfeld 44 als MiNr. SG 126 I PF III zu attestieren.

Ich werde der MICHEL®-Redaktion über die ArGe SAAR vorschlagen, das Feldmerkmal vom Bogenfeld 19 mit der Unternummer 126 I PF XII «unteres Viereck im rechten Rahmen senkrecht gespalten und heller Fleck an der oberen vorderen Flügelkante (Feld 19)» zu katalogisieren.

Ende Gastbeitrag

Ich bin gespannt, wie lange die MICHEL®-Redaktion benötigt, bis Peters Vorschlag umgesetzt wird. Sein letzter Vorschlag hinsichtlich MiNr. 126 I PF XI wurde ja sehr schnell in die Spezial-Kataloge übernommen.

__________

Folgt mir auf Facebook und ihr seid immer auf dem Laufenden.

#saarphila #saarphilatelie

Mitteilungsblatt der ArGe SAAR Nr. 62

Hallo

Im aktuellen Mitteilungsblatt der ArGe SAAR Nr. 62 vom Dezember 2023 könnt ihr auf Seite 44f den Beitrag von Peter Falz zur verschiedenen Feldmerkmalen der Flugpostmarke des Saargebietes 50 c von 1928 (MiNr. SG 126 I) lesen. Bemerkenswert ist, dass sein Vorschlag, das Feldmerkmal von Feld 17 als MiNr. SG 126 I PF XI in den MICHEL® aufzunehmen im aktuellen MICHEL® Saar-Spezial 2024 (vgl. dort S. 41) bereits umgesetzt wurde.

Mitteilungsblatt der ArGe SAAR, Nr. 62

Peters Beitrag im aktuellen Mitteilungsblatt der ArGe SAAR könnt ihr über nachstehenden Button als PDF aufrufen.

BEITRAG

 

Zu dem Thema Feldmerkmale der MiNr. SG 126 I vgl. auch Peters Gastbeitrag im SAARPHILA-BLOG vom 22. November 2022.

Bis dann

__________

Folgt mir auf Facebook und ihr seid immer auf dem Laufenden.

#saarphila #saarphilatelie

Mitteilungsblatt der ArGe SAAR Nr. 62

Hallo

Im aktuellen Mitteilungsblatt der ArGe SAAR Nr. 62 vom Dezember 2023 könnt ihr als Titelstory meinen Beitrag über die Ministerblocks der 2. Offenburger Ausgabe (Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar, BuS II) lesen.

Die Informationen dieses Beitrags sind nicht mehr ganz frisch, die Herausgabe des Mitteilungsblattes hat sich etwas verzögert.

Mitteilungsblatt der ArGe SAAR, Nr. 62

Den Artikel könnt ihr über den nachstehenden Link lesen.

BEITRAG

Bis dann

__________

Folgt mir auf Facebook und ihr seid immer auf dem Laufenden.

#saarphila #saarphilatelie

Sammlung Montclair – Neuzugang (III)

Hallo

Ihr merkt schon … es muss Schlechtwetter in Nordfriesland sein. Der SaarPhilatelist hat Zeit zu schreiben. Stimmt! Leider habe ich aufgrund der dichten Wolkendecke auch nichts von den sonst in ganz Europa sichtbaren Polarlichtern sehen können. Schade.

Zurück zur Philatelie. Ein Handstempel auf dem abgebildeten Beleg verrät bereits, worum es sich bei diesem Neuzugang zur Sammlung Montclair handelt: einen Ersttagsbrief. Doch der Stempel verrät nicht alles; der Beleg hat bei genauerer Betrachtung noch viel mehr zu bieten.

Ersttagsbeleg MeF 2F auf 12 Pfennig vom 20. November 1947
die Umschlagklappe ist offen, ein Hinweis, dass der Beleg nicht befördert wurde

Meiner Ansicht nach handelt es sich nicht um einen Ersttagsbrief, sondern um einen Erstagsbeleg, denn weder ist die Frankatur portogerecht, noch ist der Brief befördert worden. Weshalb habe ich diesen Beleg dennoch ersteigert und meiner Sammlung hinzugefügt?

Der Beleg fand meine Aufmerksamkeit, da mir der Adressat Lieutenant Gérig bekannt ist. Nicht, dass ich Oberleutnant Gérig je kennengelernt hätte, sondern weil sich in meiner Sammlung bereits ein an ihn gerichteten Beleg befindet. Diesen Beleg stellte ich im August 2019 im SAARPHILA-BLOG und in einem Artikel in der Deutschen Briefmarken-Revue 03/2023 vor. Mehr dazu im Verlauf dieses Beitrags.

Sicher, ein exzellent erhaltener Ersttagsbeleg sauber (18) Saarlouis 1 e gestempelt und frankiert MeF mit Unterrand ist immer nett. Da wird niemand meckern. Es handelt sich um sogenannte Urdruck-Marken, also Marken der Originalausgabe mit Wasserzeichen steigende Wellenlinien (S), deren Wertangabe in der Malstatt-Burbacher Handelsdruckerei mit 2F überdruckt wurden. Das muss so sein, auch wenn der MICHEL® DSK den Unsinn verbreitet, die 12 Pfennig der Neuausgabe (BuS II, im MICHEL-Kauderwelsch 229 II fA) wären vor der Währungsumstellung vom 19. November 1947 bereits verausgabt worden und kämen auch ohne Überdruck 2F vor. Die ArGe Saar wie auch ich haben die MICHEL®-Redaktion mehrfach darauf hingewiesen, dass die 12 Pfennig-Marken der Neuausgabe erst am 22./24. November 1947 bei der Druckerei Franz Burda in Offenburg gedruckt, dann nach Saarbrücken transportiert und erst danach bei der Malstatt-Burbacher Handelsdruckerei überdruckt wurden, bevor die Marken schlussendlich am 6. Dezember 1947 an die saarländischen Postschalter gelangten. Trotz aller Beweise zieht die MICHEL®-Redaktion diesen, wie auch viele andere Fehler seit Jahrzehnten nicht zurück, sondern verbreitet diesen Blödsinn mittels Copy/Paste ungeniert weiter. Soviel zur angeblichen Bibel der Philatelie.

Nein, für meine Kaufentscheidung war ausschlaggebend, dass beide Marken ein auffälliges Feldmerkmal aufweisen.

Ausschnitt aus Bogen B 29155 (WZ F, fallende Wellenlinien) vom 3. Januar 1947

Die beiden Feldmerkmale waren in der Losbeschreibung nicht aufgeführt. Das ist wenig verwunderlich, denn der MICHEL® DSK – ich werde nicht weiter darauf eingehen, dass diese überteuerte Publikation für das Sammelgebiet Saar nicht brauchbar ist – führt selbst auffälligste Feldmerkmale nicht auf. Bei den beiden Marken handelt es sich um Marken der Felder 93B sowie 94B und zwar der frühen Druckperiode (30./31. Dezember 1946 und 2./3. Januar 1947) des 12 Pfennig-Werts. Das Feldmerkmal vom Feld 94B ist sowohl in Paul Staedels Étude, im Saarhandbuch wie auch in meinem 2021 erschienenen Handbuch Feldmerkmale SAAR I (hier der Link zum Bestellformular) aufgeführt. In der Deutschen Briefmarken-Revue (6/2022) habe ich in einem Beitrag die Feldmerkmale des 12 Pfennig-Werts vorgestellt. Dort ist das Feldmerkmal vom Feld 94B ebenfalls abgebildet.

Das Feldmerkmal 93B (früher Druck bis 3. Januar 1947) war mir bislang entgangen. Mir ist keine Publikation bekannt, welche dieses Feldmerkmal aufführt. Es handelt sich somit um eine Erstpublikation im SAARPHILA-BLOG. Das Feldmerkmal konnte ich bislang auf 10 Bogen und bei 15 Einzelexemplaren nachweisen. Nachfragen bei meinen Korrespondenten sind noch pendent.

Wie erwähnt ist der Beleg unterfrankiert (für einen Brief der 1. Gewichtsstufe bis 20 Gramm hätten 6 Franc verklebt werden müssen) und unverschlossen. Beides Indizien dafür, dass der Beleg nicht befördert wurde. Es sollte ausschliesslich ein besonders schöner Ersttagsbeleg kreiert werden.

Der Empfänger ist Lieutenant Gérig | Magasin Gén d’Habillement | 128, Avenue Félix-Faure | Lyon. Ich gehe davon aus, dass Oberleutnant Gérig ein versierter Philatelist war, der entweder einen Korrespondenten mit der Erstellung der Belege beauftragt hatte oder – wahrscheinlicher – für eine gewisse Zeit als Versorgungsoffizier in Saarlouis stationiert war. Mir liegen Belege mit demselben Gummi-Adressstempel aus dem Zeitraum von November 1947 bis April 1948 vor. Alle abgeschlagen im Raum Saarlouis. Wie ich bereits im August 2019 schrieb, verfüge ich zu Lieutenant Gérig über keine weiteren Informationen. Die Kleiderkammer Lyon dagegen, seine Dienststelle, existiert heute noch an derselben Adresse, dem Fort du Montluc.

Fazit: Ich stufe Lieutenant Gérig genauso ein, wie bspw. Walter Prell. Beides versierte Philatelisten, welche die Gunst der Stunde – in beiden Fällen die unmittelbare Nachkriegszeit -, ihre finanziellen Mittel und im Falle des Besatzungsoffiziers Gérig auch ihren Einfluss nutzten, um ihre Sammlungen mit besonderen Belegen zu bestücken. Diese Belege sind ganz klar philatelistisch beeinflusst, sind selten Bedarfsbelege, sind in einigen Fällen nie befördert worden, doch: Was wären wir heute ohne diese Belege?

Bis dann

__________

P.S. vom 7. November 2023

Aufgrund des Hinweises eines guten Sammlerkollegen füge ich meinem Beitrag zwei Scans des Feldmerkmals 93B(f) dunkler Farbfleck auf dem Schriftband SAAR links des S mit hohen Bogennummern vom ersten Drucktag des 12 Pfennig-Wertes hinzu.

Ausschnitt aus Bogen B 57901 (WZ S, steigende Wellenlinien) vom 30. Dezember 1946 mit Feldmerkmal 93B(f)
Ausschnitt aus Bogen B 53976 (WZ F, fallende Wellenlinien) vom 30. Dezember 1946 mit Feldmerkmal 93B(f)

__________

Folgt mir auf Facebook  und ihr seid immer auf dem Laufenden.

#saarphila #saarphilatelie

Frisch geliefert (III) – 75 Pfennig X P

Hallo

Wie ihr wisst, beobachte ich den Markt rund um die Marken der BuS I (auch SAAR I), der Originalausgabe der Freimarkenserie Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar, sehr genau. Spoiler-Alarm: Dieser Beitrag benötigt mehr als 5 Minuten Lesezeit, weist darüber hinaus einige Bilder auf und ist spannend!

Neulich „stolperte“ ich über ein Angebot eines unperforierten (geschnittenen) Exemplars des 75 Pfennig-Werts mit der selteneren Wasserzeichenorientierung F, also fallend. Solche Marken werden immer wieder einmal auf dem Markt angeboten. Es war jedoch nicht die Marke selbst, welche meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Es war der Text des zugehörigen Befunds. Ausgestellt 2015 durch den aktuellen Vereinsvorsitzenden des BPP, Christian Geigle. Dieser ist hauptberuflich Briefmarkenhändler. Meines Erachtens eine Interessenskollision, aber bekanntlich bei Briefmarken-Prüfern weit verbreitet. Doch um dieses Thema wird es hier nicht gehen.

Nachfolgend die Abbildung des der Befunds. Von Interesse ist allein die Vermutung des Prüfers zur Herkunft des Prüfstücks.

Es stammt aus Andruckbogen mit Druckzylinder, der vermutlich wegen Qualitätsmängeln beim endgültigen Auflagendruck durch einen neu angefertigten Druckzylinder ersetzt wurde.

Bei diesem Satz ging mir sofort durch den Kopf: „Wieso hat Christian Geigle diese Vermutung – der Prüfer selbst schreibt „vermutlich“ – in einen offiziellen Befund aufgenommen? Welche Quellen liegen ihm hinsichtlich der Formzylinder vor?“ „Anhand welcher Merkmale des Prüfstücks konnte er den Unterschied zwischen MiNr. 222 X U und MiNr. 222 X P bestimmen?“

Und als nächstes: „Welchen Nutzen hat eine schriftlich festgehaltene Vermutung des Prüfers für den Auftraggeber?“ „Oder gab es nur einen Nutzen für den Prüfer?“

Ich bin kein Detektiv oder Kriminalkommissar. D0ch eines weiss ich durch die langjährige Beschäftigung mit der Ausgabe BuS I: Die Produktionsunterlagen sind im Archiv des Burda-Verlags entweder tatsächlich nicht mehr vorhanden oder werden Rechercheuren als nicht mehr vorhanden deklariert. Item: Meine Neugierde war jetzt geweckt. Ich beschloss, finanziell tief in die Tasche zu greifen und erwarb nicht bloss dieses Stück, sondern bei einem anderen Händler ein unperforiertes waagerechtes Pärchen dazu.

Hier die Abbildungen (jeweils Vorder- und Rückseite), zuerst die MiNr. 222 X P und dann das waagerechtes Pärchen MiNr. 222 X U:

Es ist offensichtlich, diese Marken haben schon 75 Jahre „auf dem Buckel“. Die Wasserzeichenorientierung ist jeweils F, also fallend. Beide Exemplare sind unperforiert.

Wo ist nun der Unterschied zwischen den beiden Varianten P und U? Wo der Unterschied zu ganz normalen Exemplaren des 75 Pfennig-Werts mit Wasserzeichenorientierung F oder S? Wir wissen, das verwendete Papier hatte keinen Einfluss auf das Druckbild.

Ihr wollt nun sicherlich wissen, was mich gerade umtreibt, richtig? Versetzt euch in die Zeit kurz nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland. Alles ist Mangelware. Wenn ich schreibe Alles, dann meine ich Alles. Alles ausser Hoffnung und Hunger. Es ist für mich unvorstellbar, dass nach den bereits erfolgten Probedrucken für das Gut zum Druck die bereits manuell geätzte Ballardhaut (Kupferbeschichtung) eines kompletten Formzylinders mal so einfach verworfen wurde. Dass der stählerne Zylinder zurück ans  Werk geschickt wurde mit dem Vermerk: „Bitte neu beschichten!“ Die Druckerei Franz Burda in Offenburg selbst war zu einer Galvanisierung von Formzylindern nicht eingerichtet.

Andererseits ist zu bedenken: Es geht um den ersten Wert der BuS I, der gedruckt wird. Es ist darüber hinaus die allererste Briefmarke, welche die Druckerei Franz Burda herstellt. Ein Prestige-Projekt. Viel hängt von dem Gelingen dieses Drucks ab. Nicht bloss – wie wir aus der Rückschau wissen – der Auftrag für die lukrativen Länderausgaben der Französischen Zone. Fehler können – gerade zu Beginn eines Projekts – vorkommen.

Dennoch: Einen aufwendig manuell geätzten Formzylinder neu beschichten zu lassen, da muss ein Probedruck schon von den Auftraggebern, also Raymond Croze von der P.T.T. und Raymond Schmittlein wegen gröberer Qualitäts-Mängel abgelehnt worden sein. Hierbei ist zu bedenken, dass die 75 Pf.-Marke die Beförderungsgebühr für Auslandsbriefe abdecken soll. Also geht es den französischen Behörden ebenfalls ums Prestige.

Noch etwas macht mich in diesem Zusammenhang stutzig. Der MICHEL® DSK 1996 (1) führt unter SAAR I keine Probedrucke auf. Dafür einige Werte mit der Unternummer U = unperforiert (geschnitten). Im MICHEL® Saar-Spezial-Katalog 2002 (2) sind dann neben den unperforierten Werten auch die MiNr. 211, 212, 224 sowie 225 als Probedrucke (allesamt ohne Bewertung) aufgeführt. Dies bleibt im MICHEL® Handbuch-Katalog Saar 2003 (3) und 2004 (4) nahezu unverändert. Der MICHEL® DSK 2013 (5) katalogisiert zwar diverse ungezähnte Probedrucke auf „ungummierten Kartonpapier“, aber keinen Probedruck der MiNr. 222 X/Y auf gummiertem Wasserzeichenpapier. Die MiNr. 222 X P taucht  im MICHEL® DSK 2014 (6) und im Michel® Saar-Spezial 2017 (7) auf.  Bis heute als einziger mit einer Bewertung von  ** € 250 resp. aktuell ** € 200 (8).

Was wissen wir? Probedrucke, oder Essays wurden meiner Kenntnis nach nicht in Bogenform hergestellt, sondern sahen eher so aus:

Früher Probedruck in der Farbe Orange. Beachte: Der 24 Pfennig-Wert zeigt das Bildmotiv „Bäuerinnen bei der Feldernte“. Das Bildmotiv „Stahlwerker beim Abstich eines Hochofens“ ist nicht vertreten.

Ein Ministerblock des 75 Pf.-Werts liegt mir genauso vor, wie eine Probedruck in der Farbe Blau. Beide wurden auf Kartonpapier ausgeführt, nicht auf Papier mit Wasserzeichen.

Die MICHEL®-Kataloge schreiben bei den Probedrucken (Klb), also Kleinbogen. Es wurde Normal- resp. Kartonpapier verwendet, kein Wasserzeichenpapier. Wofür auch? Wasserzeichenpapier war rar und für die ersten, insbesondere für das Ausland bestimmten Werte (45 Pfennig Auslandspostkarte, 75 Pfennig Auslandsbrief; beide Gebührentarife gültig bis Mitte September 1947) vorgesehen. Der Druck der Probedrucke auf Normalpapier resp. Kartonpapier ist ebenfalls in den MICHEL®-Katalogen festgehalten. Probedrucke wiesen darüber hinaus unten links – da waren die französischen Kontrolleure nicht ohne Grund paranoid – einen Aufdruck ungültig auf! Dies wurde mir u.a. von Dr. Ulrich Fingerhut, dem stv. Vorsitzenden der ArGe SAAR, bestätigt. Einen Aufdruck ungültig kann ich auf dem testierten Exemplar nicht erkennen.

Meine Vermutung:

    • bei der mir vorliegenden MiNr. 222 X P handelt es sich u.U. um einen Probedruck
    • aber das Exemplar stammt von demselben Formzylinder wir der Rest der Auflage

Wie kann ich meine Vermutung belegen? Im Gegensatz zu Christian Geigle, der testiert ohne zu erklären, muss ich meine Ergebnisse belegen. Daher werde ich in den kommenden Wochen dieses Exemplar:

    1. genau vermessen
    2. mit allen Bogenfeldern (A- wie B-Bogen) unter dem Stereo-Mikroskop vergleichen
    3. mit allen Bogenfeldern digitaloptisch vergleichen
    4. mein Netzwerk an befreundeten Sammlern um Bestätigung meiner Ergebnisse bitten

Sollten sich bei dieser Überprüfung identische Feldmerkmale finden und eine Feldzuordnung zu einem „regulären“ Bogenfeld zweifelsfrei möglich sein, wäre Christian Geigles Vermutung, die Herstellung wäre mittels eines vor Druckbeginn der Auflage vernichteten Formzylinders erfolgt, widerlegt (9). Ein weiterer Anreiz dieser Forschungsanstrengung ist selbstverständlich: Herauszufinden, was genau den Unterschied zwischen einer MiNr. 222 X U und einer MiNr. 222 X P ausmacht.

Da meine Frau und ich aktuell grenzüberschreitend umziehen, wird das Ergebnis meiner Untersuchungen einige Zeit auf sich warten lassen. Die wertvollen Analysegeräte sind wohl verpackt und warten in unserem alten Heim auf den Spediteur, während ich im neuen Heim bereits blogge. Es bleibt spannend.

Bis dann

__________

Anmerkungen

(1) MICHEL® Deutschland-Spezial 1996, S. 539f

(2) MICHEL® Saar-Spezial-Katalog 2002, S. 65

(3) MICHEL® Handbuch-Katalog Saar 2003, S. 67

(4) MICHEL® Handbuch-Katalog Saar 2004, S. 67

(5) MICHEL® Deutschland-Spezial-Katalog 2013, Bd. 2, S. 765

(6) MICHEL® Deutschland-Spezial-Katalog 2014, Bd. 2, S. 769

(7) MICHEL® Saar-Spezial 2017, S. 90

(8) MICHEL® Deutschland-Spezial-Katalog 2020, Bd. 2, S. 773

(9) Bei dem 1947 üblicherweise für die Herstellung von Formzylindern verwendete manuelle Ätzverfahren lässt die Herstellung eines identischen Klons nicht zu. Selbst dann nicht, wenn dieselbe Diapositivvorlage verwendet wird. Vgl. hierzu: Handbuch Feldmerkmale SAAR I, S. 39ff und 2338ff

__________

Folgt mir auf Facebook und ihr seid immer auf dem Laufenden.

#saarphila #saarphilatelie

Beitrag im Mitteilungsblatt ArGe SAAR

Hallo

Mit Co-Autor Josef Peter habe ich in der aktuellen Ausgabe der Mitteilungsblätter der Bundesarbeitsgemeinschaft SAAR für Philatelie und Postgeschichte e.V. einen Beitrag zu einem rätselhaften Beleg veröffentlicht (S. 8f).

In diesem Beitrag bringe ich die Fragestellung rund um einen Beleg ohne Stempelabschlag von Schiffweiler (Saar) nach Tübingen einer weiteren Leserschaft nahe, über den ich bereits letztes Jahr im SAARPHILA-BLOG geschrieben hatte (Link).

Mitteilungsblatt Nr. 60 ArGe SAAR
Mitteilungsblatt Nr. 60 ArGe SAAR
©Sammlung Saarphilatelie.com
©Sammlung Montclair

Bis dann

__________

Folgt mir auf Facebook und ihr seid immer auf dem Laufenden.

#saarphila #saarphilatelie

Belege (VI) – Nachporto auf Saar-Beleg wirft Fragen auf

Hallo

Ich liebe Rätsel. So ist es nicht verwunderlich, dass ich vor Kurzem der Sammlung zur Postgeschichte der Saar-Region einen Beleg hinzugefügt habe, der mir von Beginn an Rätsel aufgab.

©Sammlung Montclair

Was fällt an diesem Beleg auf? Insbesondere das, was fehlt!

    • kein Abschlag eines Tagesstempels
    • keine Frankatur
    • kein Stempel Gebühr bezahlt oder Taxe perçue oder Frei durch Ablösung Reich
    • kein Dienstsiegel
    • mit Bläuelstift vermerktes Nachporto von 36 (Pfennig)
    • roter Kastenstempel … bühr
    • Stempel „Schiffweiler (Saar)“ mit handschriftlich vorangestellten PA
    • Empfängeradresse in normaler Schreibschrift (keine deutsche Kurrentschrift oder Sütterlin)
    • Gebietsleitzahl 14 wurde – wahrscheinlich nachträglich – in abweichender Schrift angebracht

Die Umschlagrückseite ist leer und bietet keine weiteren Anhaltspunkte. Es stellt sich die Frage: Wie können wir einen Beleg ohne Briefmarken und Abschlag eines Tagesstempels zeitlich einordnen?

Gehen wir Punkt für Punkt die Informationen, die uns der Beleg biete durch. Vielleicht ergibt sich hieraus doch noch ein klares Bild.

    1. Es handelt sich ganz offensichtlich um einen tatsächlich gelaufenen Bedarfsbrief, ein philatelistischer Hintergrund lässt sich nicht erkennen.
    2. Der Adressat des Briefes war Hermann Breitmeyer an der Schmiedtorstrasse 9 in Tübingen am Neckar. Hermann Breitmeyer war Inhaber eines Geschäfts für für Eier, Butter und Milch. Er verkaufte seine Waren sowohl en gros als auch en detail. Die Adresse ist in normaler Schreibschrift gehalten, nicht in Sütterlin.
    3. Zum Absender des Briefes: Interpretieren wir das dem Stempel Schiffweiler (Saar) vorangestellte PA als Abkürzung für Postamt, wäre der Absender des Briefes das Postamt in Schiffweiler. Die Postanstalt in Schiffweiler wurde bereits am 1. Februar 1868, also zu Zeiten des Norddeutschen Postbezirks, eröffnet (1). Sollte die Annahme PA = Postamt korrekt sein, stellt sich die Frage, weshalb der vorliegende Beleg auf dem Postamt vor dem Abgang keinen Tagesstempel oder ein Dienstsiegel erhielt?
    4. Zur Beförderung: Der Brief wurde unfrankiert befördert und erhielt – wahrscheinlich vom Zustellpostamt in Tübingen – einen roten Kastenstempel …bühr, den wir guten Gewissens als Nachgebühr entziffern können. Die fällige Nachgebühr von 36 (Pfennig) wurde mit Bläuelstift in grossen Ziffern auf dem Umschlag vermerkt. Hierzu nachstehend weitere Informationen.
    5. Die – wahrscheinlich nachträglich – in anderer Schrift hinzugefügte Gebietsleitzahl 14 wirft zusätzliche Fragen auf. Auch hierzu nachfolgend weitere Informationen.

Kann uns die Höhe der Nachgebühr bei der zeitlichen Verortung des Beleges helfen? Die Nachgebühr berechnete sich nach der Postordnung der Deutschen Reichspost vom 30. Januar 1929 (2). Die Allgemeine Dienstanweisung zu dieser Postordnung (ADA  §1, III) führt hierzu aus:

Als Nachgebühr wird das 1 ½-fache des Fehlbetrags erhoben, aufgerundet auf volle Pfennige.

Diese Bestimmung galt auch für Dienstbriefe, wenn diese nicht mit Dienstsiegel als solche kenntlich gemacht waren. Diese Dienstanweisung galt im Deutschen Reich ab 1929, wurde in der Zeit der deutschen Schreckensherrschaft ab 1933 unverändert weitergeführt und die alliierte Regierung für das untergegangene Grossdeutsche Reich hat die Regelungen der Reichspost übernommen.

Unser Beleg weist weder Dienstsiegel noch Frankatur auf, daher war der Fehlbetrag das gesamte Briefporto. Das Nachporto von 36 Pfennig passt grundsätzlich in drei Gebührenperioden, abhängig vom Gewicht des Briefes, welches wir jedoch nicht mehr bestimmen können:

    • Die Gebührenperiode vom 1. Dezember 1933 bis zum 20. März 1945 (der gesamte Postverkehr in der Saar-Region wird von den Militärbehörden untersagt): Ein Brief im Fernverkehr der 2. Gewichtsstufe von 20-100 Gramm kostete 24 Pfennig, das 1 ½-fache davon sind 36 Pfennig; die Nachgebühr wäre korrekt.
    • Die Gebührenperiode vom 20. Oktober 1945 bis zum 28. Februar 1946: Ein Brief im Fernverkehr der 2. Gewichtsstufe von 20-250 Gramm kostete 24 Pfennig, das 1 ½-fache davon sind 36 Pfennig; die Nachgebühr wäre korrekt.
    • Die Gebührenperiode 1. März 1946 bis 19. November 1947: das Porto für Briefe der 1. Gewichtsstufe bis 20 Gramm in die Besatzungszonen des ehemaligen Deutschen Reichs betrug 24 Pfennig,  das 1 ½-fache davon sind 36 Pfennig; die Nachgebühr wäre korrekt.

Der Zeitraum von 1933 bis 1947 ist sehr schwammig. Vielleicht helfen uns andere Hinweise, die der Beleg bereit hält, weiter.

Vielleicht die in anderer Schrift vorangestellte Gebietsleitzahl 14? Wer hat diese hinzugefügt? Und wieso? Ein Exkurs zu den Ursprüngen der Postleitzahlen in Deutschland.

Am 25. Juli 1941 wurde im Amtsblatt Nr. 68 des Reichspostministeriums mit der Verfügung 407/1941 die Einführung von Päckchenleitgebieten veröffentlicht:

Für die Leitung der Päckchen ist das Reichspostgebiet einschl. Generalgouvernement und Protektorat Böhmen und Mähren in 24 Päckchenleitgebiete (PnLG) eingeteilt, die je einen oder mehrere RPD-Bezirke usw. umfassen …

Die Päckchenleitgebiete galten ab 1. September 1941 zunächst für den Paketdienst. Es gab 24 Päckchenleitstellen mit Unterleitstellen, durchnummeriert von 1 bis 24. Ursache war der Krieg. Das Paketaufkommen hatte sich seit Kriegsbeginn drastisch erhöht, gleichzeitig waren viele erfahrene Pöstler als Soldaten an der Front. Die Päckchenleitgebietszahlen sollten auch unerfahrenen Pöstlern die korrekte Sortierung ermöglichen. Die Leitgebietszahlen wurden mit der Anweisung zum Briefverteildienst vom 19. Oktober 1943 (Verfügung I 2140-6) mit Wirkung zum 15. November 1943 auf den Briefverkehr ausgedehnt.

Das Reichspostgebiet ist in Briefleitgebiete (BfLG) aufgeteilt, die – von einzelnen Unterteilungen abgesehen – nach Abgrenzung, Nummern und Benennung den Päckchenleitgebieten entsprechen.

Die Leitgebietszahlen wurden von Beginn an Postleitzahlen genannt.

Werbung für die Verwendung von Postleitzahlen von 1943

Schaut euch die Karte genau an. Postleitzahl 14 umfasste von 1943 bis zum Untergang Deutschlands im Mai 1945 das Gebiet Württemberg-Hohenzollern (OPD Stuttgart), stimmt also für Tübingen.

Die Leitgebietszahlen wurden nach Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa von den Alliierten Behörden weiterverwendet.

Postleitzahlen im Juli 1946

Schaut wieder genau hin. Tübingen liegt 1946 im Leitgebiet 14b und ist zu dieser Zeit wichtige Garnisonsstadt der französischen Besatzungstruppen und seit Ende 1945 Sitz des Staatssekretariats für das französisch besetzte Gebiet Württembergs und Hohenzollerns, einer Art Provinzverwaltung.

Die Aufteilung der bisherigen Leitgebiete 14 und 17 in a und b ist der im Sommer 1945 erfolgten Aufteilung des Gebietes zwischen den US-Amerikanern und Franzosen geschuldet. Die nördlichen Leitgebiete 14a und 17a sind Teile des amerikanischen Gebietes Württemberg-Baden, die südlichen Leitgebiete 14b und 17b markieren die französischen Gebiete Württemberg-Hohenzollern resp. (Süd-) Baden. Die Frage ist: Wann ist diese Unterteilung erfolgt? Oder ging das b bloss vergessen?

Nach den uns vorliegenden Informationen wurde unser Beleg – so die vorangestellte 14 korrekt ist – irgendwann in der Zeit zwischen dem 15 November 1943 und dem 1. Juli 1946 befördert.

Noch sind nicht sämtliche Fragen zu diesem Beleg beantwortet und bei einigen bezweifle ich, dass wir diese je beantworten können. Dieser Beleg zeigt exemplarisch, wie facettenreich und spannend die Saarphilatelie ist.

Mein herzlicher Dank geht an meinen Sammlerkollegen aus der ArGe SAAR, Josef Peter aus Schiffweiler, der mich bei der Entschlüsselung des Beleges tatkräftig unterstützte.

Bis dann

Nachtrag vom 30. Juli 2021

Im aktuellen Mitteilungsblatt Nr. 60 der ArGe SAAR vom Juni 2021 ist auf den Seiten 8f ein von Josef Peter und mir verfasster Artikel zu diesem Beleg erschienen.

__________

Anmerkungen

(1) vgl. Peter, Josef; Schiffweiler im Norddeutschen Postbezirk 1868-1871; in Mitteilungsblatt Nr. 59 der Bundesarbeitsgemeinschaft SAAR für Philatelie und Postgeschichte e.V.

(2) Postordnung der Deutschen Reichspost vom 30. Januar 1929, veröffentlicht am 15. Februar 1929 im Amtsblatt des Reichspostministeriums.

__________

Folgt mir auf Facebook und ihr seid immer auf dem Laufenden.

#saarphila #saarphilatelie

Wiederkehrende Feldmerkmale (II) – Heller Fleck am Knie des Bergmanns

FOLGE 1

Hallo

In diesem Beitrag, dem zweiten der kleinen Serie über wiederkehrende Feldmerkmale bei der Originalausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar, stelle ich euch den runden, hellen Fleck am linken Knie des Bergmanns vor. Dieses Merkmal tritt nicht nur bei zwei Werten der 1. Offenburger Ausgabe (BuS I) auf, wie der Kleiderbügel, sondern gleich bei drei Werten: 2 Pfennig, 3 Pfennig sowie 8 Pfennig. Das Bildmotiv ist diese Mal der Bergmann im Streb vor Saarlandschaft.

Dieses wiederkehrende Feldmerkmal habe ich am 10. April 2016 bei einem Vortrag im Rahmen jährlichen Mitgliederversammlung der ArGe SAAR zuerst öffentlich vorgestellt und beschrieben. Dieses Feldmerkmal ist ansonsten weder in Handbüchern noch in Katalogen erwähnt resp. aufgeführt (seit 2021 im Handbuch Feldmerkmale SAAR I, später erfolgte Anm. des Autors).

Ihr staunt, blättert im Katalog , sucht nach einem Feldmerkmal runder, hellen Fleck am linken Knie und versteht die Welt nicht mehr? Ihr befindet euch in allerbester Gesellschaft. In einem MICHEL® Spezial-Katalog, egal ob Deutschland oder Saar, werdet ihr bei genauer Lektüre unter Saarland MiNr. 209 IV fündig. Die Beschreibung lautet:

Grosses Loch im linken Knie des Bergmanns

vgl. nachstehende Abbildungen; links ohne, rechts mit Feldmerkmal).

   

Allgemeiner Hinweis: Die Angaben links und rechts in deutschsprachigen Katalogen wie auch im SAARPHILA-BLOG beziehen sich immer auf die Sicht des Betrachters. Mit dem linken Knie ist also anatomisch das rechte Knie des Bergmanns gemeint.

Dieses auffällige Feldmerkmal tritt beim 8 Pfennig-Wert bei den Feldern 38 AB auf. Das Saarhandbuch, Kap. 402, S. 17 beschreibt das Merkmal als:

weisser Fleck am linken Knie.

Paul Staedel schreibt in den Étude des Timbres-Poste et oblitérations de la Sarre 1945-1955 (nachfolgend Étude genannt) auf S. 18 unter der Nummer 4d:

Pantalon déchiré au genou droit

was wir mit „Hose am rechten Knie zerrissen“ übersetzen können. Die Beschreibung in der Étude dokumentiert ausserdem sehr schön die unterschiedliche Art der Bildbeschreibung – rechts und links – auf der anderen Seite des Rheins.

Dasselbe Feldmerkmal findet sich beim 2 Pfennig-Wert auf den Feldern 8AB. Dieses Bogenfeld ist ebenfalls im MICHEL® Spezial-Katalog, im Saarhandbuch sowie in den Étude gelistet. Der runde, helle Fleck am linken Knie wird jedoch ignoriert und die Autoren rücken ein anderes, unauffälligeres Feldmerkmal in den Vordergrund. Vergleichen Sie selbst (wiederum links ohne, recht mit Feldmerkmal):

   

Die Kataloge beschreiben alle den dunklen Farbfleck an der Strebwand links vom Bergmann, der runde, helle Fleck am linken Knie findet keine Erwähnung.

    • Étude, S. 15, 1a 8e: „Point sur la rocher à gauche du mineur“
    • Saarhandbuch, Kap. 402, S. 11 unter 8 AB: „Punkt links neben dem Bergmann in der Höhle“
    • MICHEL® Saar-Spezial 2017, S. 88, MiNr. 206 III: „Punkt links neben Bergmann in der Höhlenmitte (Feld 8)“

Ich finde es erstaunlich, dass ein so auffälliges Feldmerkmal wie der runde, helle Fleck am linken Knie, der beim 8 Pfennig-Wert zu eigenständigen Erwähnung in Katalogen führt, beim 2 Pfennig-Wert komplett ignoriert wird.

Noch erstaunlicher ist jedoch, dass dasselbe Feldmerkmal beim 3 Pfennig-Wert in keinem Katalog aufgeführt oder in einem Handbuch erwähnt wird. Ich habe in vielen Katalogen und Publikationen zur 1. Offenburger Ausgabe nach Erwähnungen für das Bogenfeld 33AB gesucht, bin aber bislang nicht fündig geworden. Dies ist die Erstpublikation dieses Feldmerkmals. Sie sehen, die Beschäftigung mit den Marken der 1. Offenburger Ausgabe kann auch heute – 70 Jahre nach ihrem Erscheinen – noch spannend sein.

   

Nachfolgend die Marken der einzelnen Werte mit den Feldmerkmalen nacheinander dargestellt:

Die vorstehenden Abbildungen machen deutlich, dass das Feldmerkmal beim 8 Pfennig-Wert stärker hervortritt als bei den anderen beiden Werten. Dies ist aus meiner Sicht dennoch kein Grund, es zu ignorieren. Insbesondere, da es sich um ein auffälliges Exemplar der wiederkehrenden Feldmerkmale handelt. Das führt uns zu einer weiteren Frage: Tritt dieses Feldmerkmal auch bei den anderen drei Werten mit demselben Bildmotiv – also 6, 10 und 12 Pfennig – auf?

Die Antwort ist nein. Ihr könnt mir glauben, ich habe mehrere Bögen der infrage kommenden Werte genauestens ausgewertet, bevor ich dieses Nein schrieb. Doch weshalb fehlt das Feldmerkmal bei den Werten zu 6, 10 und 12 Pfennig?

Ich liste nachstehend die sechs Werte geordnet nach ihren Druckdaten auf:

    • 12 Pfennig: 30./31. Dezember 1946; 2./3./4./7./8. Januar 1947
    • 6 Pfennig: 5.-7. Februar 1947
    • 10 Pfennig: 12.-14. Februar 1947
    • 8 Pfennig: 15./16. Februar 1947
    • 3 Pfennig: 18./19. Februar 1947
    • 2 Pfennig: 20./21. Februar 1947

Die Werte mit dem auffälligen Feldmerkmal runder, helle Fleck am linken Knie wurden später gedruckt als diejenigen ohne das Feldmerkmal. Wahrscheinlich hat man in der Druckvorstufe bei der Diapositivmontage (vgl. hier) als Ersatz für beschädigte Exemplare neue Diapositive eingearbeitet, die bei den ersten drei Werten nicht zur Verwendung kamen.

Hier geht es direkt zum nächsten Beitrag über wiederkehrende Feldmerkmale der Originalausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar.

FOLGE 3

__________

Steckbrief des 2 Pfennig-Werts
    • Wert: 2 Pfennig
    • Motiv: Bergmann im Streb vor Saarlandschaft
    • Farbe: grau
    • Papier: dickes, gelblichgraues Papier; rau und häufig mit unter der Lupe erkennbaren, längeren Stofffäden
    • Gummierung: gräulichbraunes Gummi arabicum
    • Wasserzeichen: ohne
    • Zähnung: K14 (= 14 Zahnlöcher auf 2 Zentimeter bei Kammzähnung)
    • Bekannte Druckdaten: 20. und 21. Februar 1947
    • Erstausgabedatum: 7. März 1947
    • Gültigkeit: 19. November 1947 (während der Woche vom 20.-27. November waren noch Mischfrankaturen zugelassen; Quelle: Saarhandbuch)
    • Auflage: 2’040’000 Stück, von denen innerhalb der Gültigkeit rd. 2’030’000 Stück am Schalter verkauft wurden. Ein Grossteil des Restbestandes wurde für den Malstatt-Burbacher Druck (MBD) mit der Wertangabe 10 cent. überdruckt.
    • Vorgestelltes Feldmerkmal: Feld 8AB, „Runder, heller Fleck am linken Knie“

__________

Steckbrief des 3 Pfennig-Werts
    • Wert: 3 Pfennig
    • Motiv: Bergmann im Streb vor Saarlandschaft
    • Farbe: gelborange
    • Papier: dickes, gelblichgraues Papier; rau und häufig mit unter der Lupe erkennbaren, längeren Stofffäden
    • Gummierung: gräulichbraunes Gummi arabicum
    • Wasserzeichen: ohne
    • Zähnung: K14 (= 14 Zahnlöcher auf 2 Zentimeter bei Kammzähnung)
    • Bekannte Druckdaten: 18. und 19. Februar 1947
    • Erstausgabedatum: 7. März 1947
    • Gültigkeit: 19. November 1947 (während der Woche vom 20.-27. November waren noch Mischfrankaturen zugelassen; Quelle: Saarhandbuch)
    • Auflage: 1’520’000 Stück, von denen innerhalb der Gültigkeit rd. 1’510’000 Stück am Schalter verkauft wurden. Ein Grossteil des Restbestandes wurde für den Malstatt-Burbacher Druck (MBD) mit der Wertangabe 60 cent. überdruckt
    • Vorgestelltes Feldmerkmal: Feld 33AB, „Runder, heller Fleck am linken Knie“

__________

Steckbrief des 8 Pfennig-Werts
    • Wert: 8 Pfennig
    • Motiv: Bergmann im Streb vor Saarlandschaft
    • Farbe: feuerrot
    • Papier: dickes, gelblichgraues Papier; rau und häufig mit unter der Lupe erkennbaren, längeren Stofffäden
    • Gummierung: gräulichbraunes Gummi arabicum
    • Wasserzeichen: ohne
    • Zähnung: K14 (= 14 Zahnlöcher auf 2 Zentimeter bei Kammzähnung)
    • Bekannte Druckdaten: das Wochenende vom 15./16. Februar 1947
    • Erstausgabedatum: 7. März 1947
    • Gültigkeit: 19. November 1947 (während der Woche vom 20.-27. November waren noch Mischfrankaturen zugelassen; Quelle: Saarhandbuch)
    • Auflage: 2’520’000 Stück, von denen innerhalb der Gültigkeit etwa 2’507’000 Stück am Schalter verkauft wurden
    • Feldmerkmal: Feld 38AB, „Runder heller Fleck am linken Knie“

Bis dann

__________

Folgt mir auf Facebook und ihr seid immer auf dem Laufenden.

#saarphila #saarphilatelie

Marktgeschehen (I) – Aktuell bei ebay

Joseph Joubert hat gesagt: „Täuschungen kommen vom Himmel, Irrtümer von uns selbst.“

Ich sage: „Irren ist menschlich.“

Hallo

Heute bin ich sehr aktuell. Ich schreibe über ein zurzeit noch laufendes Angebot bei ebay, welches exemplarisch aufzeigt, wie schnell eine ungenaue Beschreibung auf der einen Seite zu einem Irrtum auf der anderen Seite führen kann. Die ungenaue Beschreibung ist das Verschulden der Michel-Redaktion. Der – wie wir sehen werden durchaus nachvollziehbare – Irrtum unterlief dem Verkäufer des Artikels bei ebay.

Konkret. Auf ebay wird ein Exemplar des 50 Pfennig-Werts der 1. Offenburger Ausgabe (BuS I) mit rechts anhängendem Seitenrand und rückseitigem – wenig dekorativem – Besitzerstempel als MiNr. 220 II für Euro 5,00 zum Sofortkauf angeboten (vgl. nachstehende Abbildung). Der Besitzerstempel kann von unbedarften Sammlern als Prüfer-Signatur verstanden werden, doch dies ist dem Verkäufer sicherlich nicht anzulasten. Es ist im Gegenteil lobenswert, Vorder- wie Rückseite der Marke als klar erkennbaren, detaillierten Scan zu präsentieren. Auch die Bewertung des Michel-Katalogs für dieses nicht alltägliche Exemplar erwähnt der Verkäufer in seiner Beschreibung: Euro 25,00. Ich persönlich halte es für grenzwertig, eine Briefmarke, deren Gummierung durch Stempel beschädigt oder verunstaltet wurden, als postfrisch zu bezeichnen. Dabei ist vollkommen egal, ob der Stempel vom Vorbesitzer, irgendwelchen Experten oder sonst jemandem mit überbordendem Selbstwertgefühl stammen. In diesem Zusammenhang kommt mir immer das während der Befreiung Europas von den Deutschen im Zweiten Weltkrieg überall zu findende Grafitto „Kilroy was here“ in den Sinn. Mit rückseitigen Stempeln kommen frisch verausgabte Briefmarken sicherlich nicht an die Postschalter.

Im ebay-Inserat gezeigte Abbildung, vorbildlich mit Bild- und Rückseite

Item: Schlagen wir im MICHEL® Saar-Spezial 2017 auf Seite 89 nach, lesen wir unter MiNr. 220 II:

S von Saar in der Mitte gebrochen (Feld 20)

Eine Abbildung zu dieser Beschreibung ist nicht vorhanden. Das hinterlässt bei mir einen schalen Nachgeschmack. Immerhin liegt ein auf Saarbriefmarken spezialisierter Katalog vor mir. Und mit knapp Euro 50,00 ist das schmale Heftlein ja nicht gerade preiswert. Leider handelt es sich bei diesem Spezialkatalog um ein Konvolut von nicht aufgearbeiteten und bis auf wenige Details seit mehr als zehn Jahren nicht aktualisieren – und eben auch fehlerbehafteten – Versatzstücken aus verschiedenen anderen Katalogen des Schwaneberger-Verlags. Ausnahme bilden die wenigen, gut gelungenen Beiträge der ArGe SAAR.

Die prosaische Beschreibung aus dem Katalog hilft uns bei der Bestimmung eines Feldmerkmals nicht weiter. Was sollen wir uns unter einem „gebrochenen Buchstaben“ vorstellen? Wo liegt die Mitte eines Buchstabens? Fragen über Fragen! Versuchen wir es also zuerst mit der weiteren, sachlichen Information, die uns der Katalog anbietet: Feld 20.

Auch diese Information ist nicht selbsterklärend. Ich werde mit wenigen Worten erläutern, wie 1946/47 die Briefmarken der 1. Offenburger Ausgabe an die Postschalter gelangten. Sämtliche Werte mit Ausnahme von 84 Pfennig und 1 Reichsmark wurden als Druckbogen zu 200 Marken gedruckt. Im Verlauf der Weiterverarbeitung hat man diese Druckbogen in einen (linken) A-Bogen und einen (rechten) B-Bogen zu jeweils 100 Marken zerschnitten. Die nachfolgende Abbildung zeigt einen A-Bogen des 50 Pfennig-Wertes.

Schalterbogen 01723 A des 50 Pfennig-Werts (SP28)

Jeder dieser Bogen, auch als Schalterbogen bezeichnet, umfasst – ich schreibe im Präsens, da nach 70 Jahren noch erstaunlich viele unversehrte Bögen in Sammlerhand sind – jeweils 100 Marken, arrangiert in 10 senkrechte Reihen und 10 waagerechte Zeilen. Jedes Bogenfeld und damit auch jede Briefmarke erhält durch die philatelistische Zählung eine Koordinate. Dazu wird bei aufrecht sehendem Markenbild die Zählung bei der obersten linken Marke mit Feldnummer „1“ begonnen, dann zählt man von links nach rechts bis man bei der obersten rechten Marke „10“ erreicht. Bei der nächsten Reihe geht es mit „11“ bis „20“ weiter. Die Marke links unten erhält am Schluss die Nummer „100“. Zur Unterscheidung, ob eine Briefmarke aus einem A- resp. B-Bogen stammt, fügt der Philatelist den entsprechenden Buchstaben hinzu. Beispiel: die erste Marke der untersten Reihe des abgebildeten Bogens hat die Feldnummer 91 A.

Jetzt kommt ein wichtiger Punkt hinzu. Bedingt durch die nicht unbedingt perfekt zu nennenden Produktionsbedingungen und die Druckart Rastertiefdruck (frz. und engl. Heliogravure), sind die Markenbilder nicht exakt gleich. Kleinere und grössere Abweichungen, Feldmerkmale genannt, lassen sich bei allen Werten und allen Feldern finden. Dieser glückliche Umstand ermöglicht uns heute, Einzelmarken einem bestimmten Bogenfeld zuzuordnen.  Sehr häufig lässt sich sogar bestimmen, ob es sich um eine Marke aus einem A- oder B-Bogen handelt. Der Philatelist spricht hier von Feldbestimmung (engl. plating).

Zurück zur Beschreibung im Michel-Katalog. Feld 20 ohne nachfolgenden Buchstaben bedeutet hier, das beschriebene Feldmerkmal kommt bei den Marken des Feldes 20 auf beiden Bögen vor. Aus Bequemlichkeit wird leider das AB weggelassen. Die Zehnerfelder – haben wir zuvor gelernt – also 10, 20, 30 etc. bis 100, liegen im Bogen immer aussen rechts. Einzelmarken mit anhängendem rechten Bogenrand sind Marken von ganz rechts aussen (nicht politisch und auch nicht fussballerisch zu verstehen). Unsere Marke aus dem ebay-Angebot könnte also tatsächlich eine Marke vom Feld 20 sein.

Nun schauen wir uns das Feldmerkmal der Marke genauer an (ich habe hierfür eine entsprechende Marke aus meiner Sammlung Montclair herausgesucht).

Der obere Bogen des „S“ des Schriftbandes „SAAR“ ist – sogar etwa in der Mitte – klar unterbrochen. Hat der Verkäufer bei ebay also recht? Die Marke ist, der anhängende rechte Bogenrand ist ein klares Indiz, die äusserste rechte Marke einer Bogenreihe und das Feldmerkmal entspricht der Beschreibung im Katalog: „S“ von „Saar“ in der Mitte gebrochen. Wir wissen zwar immer noch nicht, was ein gebrochener Buchstabe ist und wundern uns über die abstruse Beschreibung im Katalog, aber wir nehmen an – und diese Annahme ist ausschlaggebend -, es kann sich nur um den Unterbruch im Bogen des „S“ handeln, den wir auf der Abbildung sehen. Weshalb ausschlaggebend? Wir haben genau in diesem Augenblick keine Möglichkeit, die uns präsentierte Marke zu vergleichen.

Nochmals. Hat der Verkäufer recht, die angebotene Briefmarke als MiNr. 220 II zu beschreiben? Nein, der Verkäufer irrt – wenn auch aus völlig nachvollziehbaren Gründen. Ursache seines Irrtums ist die unpräzise Beschreibung und das Fehlen einer Abbildung im MICHEL®-Katalog.

Begeben wir uns auf Spurensuche. Woher stammt die Beschreibung im Michel? Ursprung der Beschreibungen hinsichtlich der Feldmerkmale bei der 1. Offenburger Ausgabe ist häufig eine aus dem Saarhandbuch übernommene Beschreibung. Ich schlage im Handbuch der Postwertzeichen des Saargebietes und des Saarlandes 1. Auflage 1958, häufig als SHB abgekürzt, nach. Die Marken der 1. Offenburger Ausgabe werden im Kapitel 402 behandelt. Auf den Seiten 37-39 dieses Kapitels werden die Feldmerkmale des 50 Pfennig-Wertes beschrieben. Bei Feld 20 AB steht: „Strich im S (Abb. 67)“. Das SHB kann sich bei seiner Beschreibung so kurzfassen, da eine Abbildung mit dem Feldmerkmal vorhanden ist. Bei aller Kürze und Unschärfe – mal ehrlich: wissen Sie, wo Sie einen Strich in einem Buchstaben zu suchen haben? – der gebotenen Beschreibung, ein gebrochener Buchstabe wird nicht erwähnt. Aber ein Strich. Einen Strich im S erkenne ich bei der angebotenen Marke nicht. Die Ursache der fehlerhaften Beschreibung im MICHEL®-Katalog ist somit nicht eine Beschreibung im SHB sondern muss irgendwo in den Archiven des Schwaneberger-Verlags zu suchen sein.

Des Rätsels Auflösung:

50 Pfennig, Feld 20A
50 Pfennig, Feld 20B

Die beiden vorstehenden Abbildungen zeigen erst ein Feld 20 vom A-Bogen und dann ein Feld 20 vom B-Bogen. Sehr gut zu erkennen ist auf beiden Abbildungen der feine, waagerechte Farbstrich über das S des Schriftbandes SAAR (jeweils mit rotem Pfeil gekennzeichnet). Das sekundäre Feldmerkmal ist die rechts aussen abgeschnittene 0 (Null) der Wertangabe 50 (ebenfalls mit Pfeil gekennzeichnet). Vergleichen Sie die Wertangabe 50 mit der Marke, die bei ebay angeboten wird. Die 0 (Null) ist bei letzterer unversehrt.

Die verbleibenden Pfeile zeigen die Unterscheidungsmerkmale für eine Marke eines A-Bogens (dunkler Farbfleck links neben der linken Hüfte der knienden Bäuerin) von einer Marke eines B-Bogens (dunkler Farbfleck rechts oberhalb des Gasometers der stilisierten Industrielandschaft).

Ich beschreibe das Feldmerkmal von Feld 20AB: „Feiner, waagerechter Farbstrich mittig über den Stamm des S von SAAR, die 0 der Wertangabe 50 rechts aussen am Markenrand senkrecht beschnitten“. So entsteht Klarheit, wenn keine Abbildung vorliegt oder eine Abbildung aus Platzgründen weggelassen wird. Bei Platz und Präzision zu sparen – wie bei diesem Beispiel aus dem Michel Saar-Spezial 2017 des Schwaneberger Verlags – zeugt meiner Meinung nach von Dilettantismus oder Desinteresse.

Quintessenz: Nicht alle Marken der Ausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar, die dem Sammler als Plattenfehler (sic!) angeboten werden, sind tatsächlich die in den MICHEL®-Katalogen gelisteten und entsprechend bewerteten Besonderheiten. Obschon auf den ersten Blick alles stimmig erscheint. Nur, auf den ersten Blick sollte man sich in der Philatelie nicht allzu fest verlassen. Ich verwende im Zusammenhang mit diesen irreführenden Feldmerkmalen den von mir geprägten Begriff Amis Faux (frz. falsche Freunde). Amis Faux sind nicht nur für den Spezialisten sammelwürdig. Ich selbst finde die Beschäftigung mit diesen speziellen Marken hochspannend.

Was ihr Sammler bei Angeboten wie dem eingangs vorgestellten ebay-Artikel euch jedoch fragen solltet: „Ist der geforderte Preis gerechtfertigt?“ Lasst uns den Gedanken rund um den Preis für einen Moment weiterspinnen. Nehmen wir einmal an, ihr kauft das Angebot von diesem wirklich seriösen Anbieter bei ebay. Ihr bezahlt den Kaufpreis von Euro 5,00 plus Versandkosten und freut euch, die Marke eurer Sammlung hinzuzufügen. Voller Stolz präsentiert ihr diesen Neuzugang beim nächsten Vereinstreffen. Ein Sammlerkollege macht euch dann auf den zugrundeliegenden Irrtum aufmerksam, was ein philatelistischer Prüfer auf eure Anfrage bestätigt. Und jetzt? Der Verkäufer des konkreten ebay-Angebots lässt die Rückgabe der gekauften Ware zu. Was aber, wenn der Verkäufer dies ausschliesst? Das Feldmerkmal entspricht ja der Beschreibung im Katalog. Der Irrtum des Verkäufers beruht auf der unpräzisen, um nicht zu sagen abstrusen Beschreibung des betreffenden Feldmerkmals in den Michel-Katalogen (DSK, Saar-Spezial, etc.). Eine klärende oder erklärende Abbildung hinzuzufügen, hat die Katalogredaktion nicht für nötig befunden. Eine Verbesserung der Beschreibung oder das Einfügen einer Abbildung wurde seit mindestens 2001 entweder mangels Interesse oder aufgrund mangelnden Fachwissens nicht vorgenommen. Das ist nicht gerade ein Aushängeschild für einen Katalogverlag. Worauf ich hinaus will: „Wie weit haftet der Schwaneberger-Verlag für die Fehler, die er in seinen Katalogen – oft über Jahrzehnte hinweg – publiziert. Wie weit haftet er für die daraus den Sammlern entstehenden Vermögensschäden?“

Nein, ich betreibe hier kein MICHEL®-Bashing. Gravierende Mängel in einem Katalog, noch dazu in einem Spezial-Katalog, müssen beschrieben und beim Namen genannt werden. Und leider ist das Beispiel dieses Beitrags kein Einzelfall.

Dem Saarsammler, insbesondere dem Sammler sogenannter Plattenfehler – auf das Begriffspaar Plattenfehler/Feldmerkmal werde ich in einem späteren Beitrag eingehen – lege ich den 2017 erschienenen Saar-Saarland Spezial Briefmarkenkatalog 1920-1959 und Ganzsachen aus dem Hause Philotax ans Herz. Nur wenig teurer als ein einzelner Band des MICHEL®-DSK findet der Sammler nebst den ebenfalls nicht immer nachvollziehbaren Beschreibungen in fast allen Fällen eine aussagekräftige Abbildung mit dem markierten Feldmerkmal. So erhält der Sammler die Möglichkeit, eine angebotene Marke zu vergleichen.

Seid ihr euch bei einer Marke der 1. Offenburger Ausgabe nicht sicher, ob es sich tatsächlich um einen der im Michel-Katalog gelisteten Plattenfehler (sic!) handelt? In der Regel beantworte ich eure Anfragen innerhalb von 24 Stunden.

KONTAKTFORMULAR

Zum Abschluss des Beitrages noch eine Aussage zum Motiv der Marke. Dargestellt werden zwei Bäuerinnen, evtl. Mägde, bei der Rübenernte vor einer stilisierten Industrielandschaft mit Gasometer, Fabrikgebäuden und rauchenden Schloten. Schwerindustrie und Landwirtschaft, seit langem die Haupterwerbszweige der Saarländer. 1947, kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs, bei der Ausgabe des 50 Pfennig-Wert der Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar, besass diese Aussage immer noch Gültigkeit.

Bis bald

#saarphila #saarphilatelie