Saarphilatelie in DBZ 2-3/2022

Hallo

Das aktuelle Doppelheft der Deutschen Briefmarken-Zeitung (DBZ) widmet dem 75. Jubiläum der Erstausgabe saarländischer Briefmarken einen vierseitigen Beitrag mit dem Titel: Bezahlen in Francs.

Geschrieben hat den lesenswerten Beitrag der bekannte Philatelie-Journalist und Saarsammler Thorsten Berndt. Auf der zweiten Seite „stolperte“ ich jedoch über eine Aussage zur Ähnlichkeit der Bildmotive der SAAR I mit denen der Länderausgabe der Französischen Zone. Berndt schreibt:

Damit machte das Saarland gewissermassen den Auftakt der Länderausgaben, denn in Baden und Rheinland-Pfalz erschienen die ersten Marken im Mai, in Württemberg sogar erst im Juni. Politisch stimmt der Vergleich natürlich nicht, da das Saarland aus der Französischen Zone ausgegliedert war. Die Ähnlichkeiten der Erstausgaben sind jedoch frappierend.(1)

Die Ähnlichkeit der Bildmotive sind aus zwei Gründen nicht so erstaunlich, wie es Thorsten Berndt darstellt.

    • Gestalter der Bildvorlagen ist in allen Fällen der international renommierte Künstler und Kunstbeirat der französischen Militärregierung Vytautas Kazimieras Jonynas (1907-1997).
    • Auftraggeber ist in allen Fällen die P.T.T. de la Zone d’occupation française en Allemagne, vertreten durch deren Directeur Raymond Croze (1908-1978) und in künstlerischen Fragen beraten durch die Sous-Diréction des Beaux-Arts in Baden-Baden.

Bis dann

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Anmerkungen

(1) Das Saarland war zu Beginn des Jahres 1947, als die Marken der Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar (BuS I) verausgabt wurden,

    • seit 1946 nicht mehr dem Alliierten Kontrollrat, der obersten Besatzungsbehörde für das besetzte Deutsche Reich unterstellt
    • im April/Oktober 1946 mit Billigung der Westalliierten aus der Französischen Besatzungszone ausgegliedert worden
    • seit Dezember 1946 Teil des französischen Zollgebietes
    • de facto und de iure von Frankreich annektiert (die Annexion wurde mit der Souveränität des Saarlandes Ende 1947 und die darauf aufbauenden bilateralen Verträge zwischen dem Saarland und Frankreich aufgehoben)

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#saarphila #saarphilatelie

 

Belege (II) – Postkarte mit 12 Pfennig-Wert und Feldmerkmal 6A

Hallo

Wie sagt der Volksmund so schön? „Auch ein blindes Huhn findet einmal ein Korn.“

Ich bin glücklicherweise nicht blind, aber die Altersweitsicht, leider nicht die Altersweisheit, macht mir hier und da doch zu schaffen. An jenem Tag, als ich den hier beschriebenen Beleg fand, hatte ich jedoch sowohl Brille als auch Lupe zur Hand. Der Beleg ist eine normale, gut erhaltene Postkarte, die ich für kleines Geld erstehen konnte.

Ihr denkt sicherlich, „der Beleg hat doch eine Geschichte“! Und damit habt ihr Recht.

Die Postkarte ist

    • mit einer nahezu perfekt erhaltenen 12 Pfennig-Marke der 1. Offenburger Ausgabe (SP19) für die Beförderung von der französischen in die sowjetische Besatzungszone korrekt frankiert,
    • sauber gestempelt und hat
    • philatelistischen Inhalt
Vorderseite, ©Sammlung Montclair

Der Briefmarkenhändler G. Beaumont in Saarlouis schrieb am 11.07.1947 an den Briefmarkenhändler Püffer in Halle an der Saale, in der sowjetischen Besatzungszone. Der Händler in Saarbrücken brachte seine auf der Vorderseite links mit Firmendetails vorgedruckte und mit Schreibmaschine geschriebene Postkarte auf die Post, wo diese am 12.07.1947, vor 10:00 Uhr morgens, mit dem Stempel Saarlouis 1 abgestempelt wurde.

Rückseite, ©Sammlung Montclair

Der Händler G. Beaumont reagierte auf eine Annonce in der philatelistischen Zeitschrift Sammler-Express, seit 1925 herausgeben und inzwischen mit der  Deutsche Briefmarken Zeitung verschmolzen. Postkarte ist von G. Beaumont persönlich unterschrieben worden.

Der Inhalt ist simpel. Beaumont suchte die weniger häufigen 4 Pf.- und 42 Pf.-Werte aus der Ziffernserie und bot der Firma Püffer dafür komplette Sätze der 1. Offenburger Ausgabe an.

Was ich trotz Brille und Lupe beim Kauf übersehen und erst daheim festgestellt habe: bei der auf dem Beleg verklebten Marke handelt es sich um ein Exemplar mit einem im Michel-Katalog gelisteten Feldmerkmal. Nachfolgend der Detailausschnitt:

12 Pfennig, Feld 6A, ©Sammlung Montclair

Gut zu erkennen der weisse Fleck am Anstrich des ersten A von SAAR auf Höhe des Querstrichs. Der Hof um den weissen Fleck ist schlecht zu erkennen … liegt wohl am Scan und damit an mir … excusé!

Diesen Beitrag widme ich meinem Vater. Er feiert heute seinen 85 Geburtstag. Ich wünsche ihm von Herzen alles Gute und für die Zukunft die allerbeste, robuste Gesundheit.

Bis dann

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#saarphila #saarphilatelie

Basiswissen Philatelie (V) – Ist die Philatelie eine Wissenschaft?

Hallo

Vor mir liegt die aktuelle Ausgabe der DBZ vom 16. Februar 2018. Unter der Rubrik Postgeschichte schreibt Reinhard Krüger über das Verhältnis von Philatelie und anerkannten (von wem?) Wissenschaften. Der Untertitel seines Artikels lautet vieldeutig: „Philatelie als Wissenschaft?“

DBZ 5/2018 vom 16. Februar 2018

Zu Beginn seines Artikels benennt Reinhard Krüger eine der Hauptfunktionen der Philatelie: „Wenn die Philatelie [] einen Menschen glücklich macht, dann hat sie eine ihrer wesentlichen Aufgaben erfüllt.“

Dieser Aussage stimme ich zu und könnte meinen Beitrag beenden, denn es ist alles gesagt: „Die Philatelie, das Briefmarkensammeln und der hieraus resultierende Erkenntnisgewinn soll den Philatelisten, den Sammler glücklich machen“.

Doch im Titel meines Beitrages stelle ich die Frage, ob Philatelie eine Wissenschaft sei? Diese Frage habe ich noch nicht beantwortet. Um auf Reinhard Krüger zurückzukommen. Kann Glück, so erstrebenswert es zweifelsohne ist, eine Aufgabe von „ernster“ Wissenschaft sein? Sind wir mit dem Homo Philatelicus auf die schon als ausgestorben etikettierte Spezies des glücklichen Wissenschaftlers gestossen, der fröhliche Wissenschaft betreibt?

  

An anderer Stelle habe ich geschrieben, dass es vom Briefmarkensammler zum Philatelisten nur ein kleiner Schritt sei. Ich schrieb: „Sobald beim Briefmarkensammeln die Reflexion über das eigene Tun einsetzt, scheinbar in Stein gemeisselte Vorgaben und Massstäbe in Frage gestellt werden, ist der Schritt zur historischen (Hilfs-) Wissenschaft Philatelie vollzogen.“

Schon dort bezeichne ich die Philatelie als historische Wissenschaft. Stellen wir uns zu Beginn zwei einfache Fragen.

    • Was ist Wissenschaft?
    • Wie arbeiten Wissenschaftler?

Anhand der Antworten wollen wir beurteilen, ob die Philatelie Wissenschaft ist und ob sich Philatelisten als Wissenschaftler bezeichnen können.

Was ist Wissenschaft? Allgemein gesprochen ist Wissenschaft ein Begriff für die Gesamtheit des menschlichen Wissens, dessen Sammlung, Bewahrung, Tradierung sowie Erweiterung. Sowie dessen Verfälschung,  muss leider ergänzt werden. Im Speziellen ist Wissenschaft der methodische Prozess intersubjektiv nachvollziehbaren Forschens und Erkennens in einem bestimmten Bereich, der ein begründetes, geordnetes und gesichertes Wissen hervorbringt (1).

So, das wäre geklärt. Nicht? In a nutshell: Wissenschaft bezeichnet sowohl sämtliches bekanntes Wissen als auch die methodische Suche nach Erkenntnis.

Aber wie suchen wir methodisch? Wie arbeiten Wissenschaftler?

    • Am Anfang war … nein, nicht das Wort, sondern das Thema. Wir suchen uns ein Thema. Es kann nicht schaden, wenn wir zu dem Bereich, aus dem wir unser Thema wählen, schon etwas mehr wissen, als nur die Bezeichnung.
    • Danach kommt … richtig, die Fragestellung. Was wollen wir zu dem von uns gewählten Thema wissen? Was wollen wir erforschen? Es muss nicht gleich der afrikanische Kontinent sein, wie bei David Livingston (1813-1873). Wir formulieren also eine möglichst präzise Frage.
    • Jetzt wird es spannend. Wir begeben uns auf die Suche. Nicht nach einem Mörder wie der berühmte Detektiv Sherlock Holmes, aber nach Material. Wir tragen zusammen, einerseits was andere vor uns zu unserem Thema geschrieben haben (Literatur), andererseits Forschungsmaterial (Quellen, Proben etc.), und schlussendlich die Forschungsinstrumente resp. den Zugang zu selbigen.
    • Im nächsten Schritt sichten und dokumentieren wir das vorhandene Material, wobei wir unser Thema und unsere Fragestellung nicht aus den Augen verlieren sollten.
    • Nun geht es an die Beschäftigung mit den Quellen resp. Proben. Wir stellen logische Beziehungen her, testen, behandeln, überprüfen, experimentieren, verifizieren und dokumentieren. Dabei hinterfragen wir ständig unser Handeln und dessen Nachvollziehbarkeit. Kurz, wir forschen!
    • Unsere Erkenntnisse machen wir anderen zugänglich, indem wir einen hoffentlich lesbaren Artikel verfassen und publizieren.
    • Aus unserer Beschäftigung mit unserem Thema hat sich in den meisten Fällen eine weitere Fragestellung ergeben, womit die wissenschaftliche Arbeit weitergeht.

Klingt kompliziert? Ist es nicht. Die vorstehende Aufzählung ist einfach abstrakt. Werden wir konkret. Womit beschäftigt sich ein Philatelist?

1 Mark-Wert, Saarland 1947

Hoffentlich noch mit Briefmarken und/oder Belegen, das ist aber nicht in jedem Fall so.

Ich beschäftige mich mit den Werten der ersten Briefmarkenausgaben für das Saarland im Jahr 1947. Solange ich diese Briefmarken nur zusammentrage, in ein Steckbuch einsortiere, mich um Vollständigkeit bemühe und mich an ihrer Schönheit erfreue, bin ich ein Briefmarkensammler – und ein glücklicher Mensch. Sobald ich mich eingehender mit meinen Briefmarken beschäftige, mutiere ich zum Philatelisten. Zum meinem Beitrag über den Unterschied zwischen Briefmarkensammler und Philatelist vgl. hier.

    • Mein besonderes Interesse gilt den Feldmerkmalen dieser Briefmarken. Das ist ein Thema.
    • Ich möchte herausarbeiten, welche Feldmerkmale diese Briefmarken aufweisen und welcher Anteil daran wiederkehrende Feldmerkmale sind. Dies ist eine Fragestellung. Eine andere: Wie wurden die 63’600’000 Millionen Marken der 1. Offenburger Ausgabe hergestellt?
    • Ich suche und lese alles, was über mein Thema geschrieben wurde. Darüber hinaus baue ich meine Sammlung gezielt aus. Das ist Materialsuche.
    • Ich sichte und dokumentiere mein Material beständig.
    • Ich beschäftige mich mit dem Material, um nachvollziehbare und verifizierbare Antworten auf meine Fragestellungen zu finden. Dazu ziehe ich externe Quellen und Experten zu Rate. Die unternommenen Schritte und die Ergebnisse/Erkenntnisse dokumentiere ich chronologisch. Das ist Forschung.
    • Ich publiziere meine Erkenntnisse und mache sie damit Dritten zugänglich. Noch nicht als Artikel, aber im Rahmen von Saarphila.de und in diesem Blog.

Zum Abschluss dieses Beitrags noch einmal zurück zu dem Artikel von Reinhard Krüger. Wie ich seine Argumentation verstehe, sieht der Autor die Philatelie als Analyse-Instrument zur Quellenforschung durch Historiker, Philologen und Literaturwissenschaftler. Er ermuntert die Wissenschaftler in lobenswerter Weise, sich vermehrt mit den philatelistischen Hintergründen ihrer Themen und den in der Philatelie erprobten Verfahren zu beschäftigen.

Die Aufgabe der Philatelisten sieht er als reine Zuträger, wenn er inaus meiner Sicht unzulässiger Verkürzung philatelistischer Forschung schreibt:

„Von historischen Forschungsinteressen geleitet, bringen sie ihre Kenntnisse ein, tragen dazu bei, auch die postgeschichtlichen Daten, die sich auf Postsendungen befinden, als Informationsquelle für die Deutung der historischen Sachverhalte in die Forschung zu integrieren.“

DBZ, 5/2018, S. 32, 4. Spalte

Zwar ist es richtig, dass für Historiker je nach Forschungsbereich die Philatelie eine sehr nützliche Hilfswissenschaft sein kann. Verfügt der Historiker nicht über das nötige philatelistische Fachwissen, sollte er einen Philatelisten zu Rate ziehen. Genauso wie er vielleicht einen Linguisten, Archäologen oder Kunsthistoriker zu Rate zieht. Umgekehrt bedient sich die Philatelie unter anderem geschichtswissenschaftlicher Methoden und Verfahrensweisen. Wird die Geschichtswissenschaft hierdurch zu einer Hilfswissenschaft der Philatelie? Kaum. Nicht umsonst hatte ich an dieser Stelle von historische (Hilfs-) Wissenschaft geschrieben. Wer wem hilft, ist oft eine Frage des Blickwinkels.

Ich bin der Meinung, die Frage, ob Philatelie eine Wissenschaft sei, ist abschliessend mit JA zu beantworten. Es ist eine Wissenschaft aus eigenem Recht, und nicht der Wasserträger anderer Wissenschaften. Die nachstehende Definition der Wissenschaft Philatelie ist meine eigene, da ich keine bessere gefunden habe.

Definition Philatelie

Die Philatelie beschäftigt sich:

    • mit der Erforschung der Art und Weise geregelter Beförderung von Poststücken aller Art,
    • mit den historischen, sozioökonomischen, politischen, rechtlichen sowie technischen Hintergründen der für die Erbringung der Beförderung verwendeten Mittel,
    • und der Abgeltung der erbrachten Beförderungsleistung,
    • unter besonderer Berücksichtigung sämtlicher involvierten Personen.

Die Philatelie bedient sich hierzu wissenschaftlicher, reproduzierbarer und verifizierbarer Forschungsmethoden aus:

    • Geschichtswissenschaft,
    • Politikwissenschaft,
    • Wirtschaftswissenschaft, Volks- und Betriebswirtschaft, Geldwesen
    • Ingenieurwissenschaften, Drucktechnik
    • Psychologie
    • und Naturwissenschaften.

Ist ein Philatelist ein Wissenschaftler? Ihr solltet für euch selbst beantworten, ob eure individuelle Art und Weise, sich mit der Briefmarkenkunde zu beschäftigen, wissenschaftlichen Kriterien entspricht. Letztendlich gilt – da gehe ich mit Reinhard Krüger einig – was ich anfänglich schrieb: „Philatelie soll den Menschen glücklich machen“.

Bis dann

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Anmerkung

(1) Martin Carrier, Lexikon der Philosophie, Reclam, Stuttgart, 2011 S. 312

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