Ich hatte in meinem Beitrag vom 11. November angekündigt, die im SAARPHILA-BLOG schon häufig erwähnte Bildpostkartenserie des Saar-Hilfswerks aus dem Jahr 1934 vorzustellen.
Fragt ihr euch soeben, was eine Bildpostkartenserie aus der Zeit des Dritten Reiches mit den Briefmarkenausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar zu tun hat?
Die Gedankengänge der verantwortlichen Personen, die Anordnungen und die Vorgänge, die nach dem Zweiten Weltkrieg zu eigenständigen Ausgaben von Briefmarken für das Saarland führten, werden verständlicher, sobald diese vor ihrem geschichtlichen und sozio-ökonomischen Hintergrund betrachtet werden. Zu diesem Hintergrund zähle ich u.a. das Ende des Ersten Weltkrieges, den Versailler Vertrag und seine Folgen für alle Vertragsparteien, die Weltwirtschaftskrise, die intensive Propaganda im Vorfeld der Saarabstimmung (Volksentscheid) vom 13. Januar 1935 sowie die Folgen dieses Entscheides für die Saarländer und das Saargebiet.
Es gibt auch philatelistische Gründe. Einerseits haben wir gesehen, dass eine der Postkarten dieser Bildpostkartenserie für den Gestalter der Bildmotive der Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar,Vytautas Kazimieras Jonynas, die Vorlage für das Bildmotiv des 1 Mark-Wertes Saarschleife bei Mettlach bildete (vgl. hier, hier und hier). Doch auch zwei weitere Motive aus der Bildpostkartenserie fanden Eingang in die Bildmotive der Saarbriefmarken, wenn auch erst in den Jahren 1950 resp. 1956. Der Vollständigkeit halber: Einige Motive finden sich auch auf Briefmarken der Volkshilfe-Ausgaben des Saargebietes.
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Ich möchte zu Beginn auf die so harmlos klingende Organisation Saar-Hilfswerk eingehen. Heute würden wir hinter einer solchen Bezeichnung wahrscheinlich eine karitative aber sicherlich gemeinnützige Institution vermuten. Weit gefehlt! Das Saar-Hilfswerk war eine im Jahr 1934 vom Saarbevollmächtigten (1) des Dritten Reiches gegründete, nach dem Führerprinzip aufgebaute, nationalsozialistische Organisation. Der alleinige Zweck dieser Organisation war das Sammeln resp. Eintreiben von Spenden für die intensive – auch kostenintensive – nationalsozialistische Propaganda im Vorfeld der Saarabstimmung vom 13. Januar 1935.
Das schlesische Namslauer Stadtblatt (2) vom Weihnachtstag 1934 bringt auf der Frontseite einen aufschlussreichen Dank des Saarbevollmächtigten des Reichskanzlers (Adolf Hitler) für Spenden aus Kreisen der Industrie. Selbstverständlich nicht, ohne prominent die Bankverbindung des Saar-Hilfswerks (3) zu nennen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Konsequenterweise war dem Saar-Hilfswerk nur eine kurze Existenz beschieden. Es wurde nach der „gewonnenen“ Saarabstimmung 1935 aufgelöst. Die Akten der Organisation befinden sich heute im Bundesarchiv in Berlin-Lichtenfelde.
So, nach den einleitenden Bemerkungen kommen wir zu den 12 Ansichtskarten der Bildpostkartenserie des Saar-Hilfswerks. Postkarten für politische Propaganda einzusetzen war 1934 beileibe keine neue Idee. Jedoch immer noch eine zündende Idee. Postkarten, insbesondere Ansichtkarten, waren nicht nur bei der deutschen Bevölkerung enorm beliebt. Es ist heute im Zeitalter von E-Mail, SMS, Whatsapp, Facebook etc. kaum vorstellbar, dass zwischen den Weltkriegen weltweit Jahr für Jahr schätzungsweise 15 Milliarden Post- und Ansichtskarten verschickt wurden. Das sind etwa 475 Karten pro Sekunde!
Der Bedarf an Postkarten war vorhanden. Die Nazis brauchten die Nachfrage nur befriedigen. Möglichst harmlos und subtil, ohne dass die eigentliche Stossrichtung offensichtlich wurde. Zu diesem Zweck wurde dem Saar-Hilfswerk das Saar-Bild-Archiv angegliedert. Das Saar-Bild-Archiv war eine nationalsozialistische Nachrichten- und Bildagentur zur Belieferung der deutschen und ausländischen Presse mit Materialien zur Saarfrage, in enger Verbindung mit dem Saarbevollmächtigten, dem Saarreferat des Reichs- und preussischen Ministerium des Innern sowie der Saarabteilung der NSDAP. Der Saarreferent Bayerns – den gab es tatsächlich, die Bayern sind da ja eigen – spielte in dem Konzert keine Rolle mehr. Es war in Berlin längst entschieden worden, dass die Einwohner und Gemeinden des Saargebiets nicht wieder an Preussen und Bayern zurückgegliedert würden, sondern als Reichsland „Saarland“ dem frisch ernannten Reichskommissar für das Saarland – trara – Josef Bürckel, dem ehemaligen Saarbevollmächtigten des Reichskanzlers zu Lehen gegeben würden. Pardon! Von diesem ordnungsgemäss verwaltet werden würden.
Das Saar-Bild-Archiv war eine ad hoc-Einrichtung, verfügte somit – trotz des Namens – nicht über ein eigenes Bild-Archiv. Daraus ergab sich anfangs 1934 eine intensive Korrespondenz mit verschiedenen Verlagen zur – selbstverständlich kostenlosen – Überlassung von Bildmaterial zwecks … Propaganda. Diese Korrespondenz macht einen Grossteil des Aktenvolumens im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde aus.
Die 12 Ansichtskarten waren in einem Streifband eingebunden.
Die Aussenseite zeigt unter dem Titel Unser Saargebiet eine Kartenskizze des Saargebiets sowie prominent den Bergmann von der Saar. Der Preis von 30 Pfennig ist für 12 Ansichtskarten sehr moderat und entspricht kaufkraftbereinigt 2018 etwa Euro 1,35. Versucht einmal heute, für Euro 1,35 zwölf Ansichtskarten zu erwerben!
Um Vertriebskanäle musste sich das Saar-Hilfswerk keine Gedanken machen: von HJ (Hitlerjugend), BdM (Bund deutscher Mädels), Saarvereine, NSDAP-Ortsgruppen bis hin zu Schülern und Lehrern wurden alle eingespannt. Nachstehend ein Zitat aus der vom Schulrektor geführten Schulchronik der Schule I in Limburg (an der Lahn) vom 14. Dezember 1934:
„Um 10 ½ Uhr bringt die Post von dem Saarbeauftragten des Führers ein Paket Saarpostkarten (480 Stck) zum Verkauf an die Schüler u. durch die Schüler. Da die Saar-Abstimmung vor der Tür steht, werden sie schleunigst verkauft. An diesem Tage sammle ich Geld: 1) für Saarpostkarten, 2) für Weihnachtskerzen des VDA, 3) für Krippenspiel der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“, 4) wir nageln für das Winterhilfswerk (pro Nagel 5 Pf.), 5) für Sippschaftsbogen, die von den Kindern auszufüllen sind.“
Die genaue Reihenfolge, falls es eine festgelegte Reihenfolge überhaupt gab, in welcher sich die 12 Ansichtskarten im Streifband befanden, lässt sich – trotz jahrelanger Recherche – bis auf die erste Ansichtskarte – das Bildmotiv Bergmann von der Saar – nicht genau festlegen. Die Reihenfolge, in welcher ich die Ansichtskarten vorstelle, ist somit völlig zufällig.
Das erste Bildmotiv ist der Bergmann von der Saar, eine Skulptur des saarländischen Bildhauers Fritz Koelle, die 1934 vor der Nationalgalerie in Berlin stand. Geschickt gewähltes Motiv: Bergmänner gab es an der Saar zuhauf, der Künstler stammte – obschon bei den Nazis nicht gerade beliebt – aus dem Saarland und die Skulptur stand in Berlin … der Reichshauptstadt!
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Das zweite – von mir gewählte – Motiv ist die Saarschleife bei Mettlach. Vorlage für das Bildmotiv des 1 Mark-Werts der 1. Offenburger Ausgabe.
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Das dritte Motiv ist eine Ansicht der Burgruine Kirkel, einem aus dem 11. Jahrhundert stammenden Verteidigungsbau im Osten des Saarlands zwischen den Städten St. Ingbert, Homburg, Neunkirchen und Zweibrücken.
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Das vierte Motiv ist der Marktplatz und der Wehrturm von Ottweiler. Kommt Ihnen dieses Bildmotiv bekannt vor? Ja? Sie brauchen sich nicht wundern. Hier ist die Auflösung: Die saarländische Sondermarke zum 400. Stadtjubiläum im Jahr 1950.
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Das fünfte Motiv stammt aus Saarbrücken und zeig die Ludwigs– sowie die Jakobskirche.
Wiederum eine geschickte Motivwahl. Eine repräsentative evangelische Barockkirche neben einer römisch-katholischen Kirche. Man wollte es sich ja mit niemandem verderben, obschon die Nazis grundsätzlich kirchenfeindlich eingestellt waren. Ihr Ziel war: statt Kreuz das Hakenkreuz.
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Das sechste Motiv ist eine – anfangs der 30er-Jahre noch eher seltene – Luftaufnahme der unter militärischen Aspekten angelegten Kasernenstadt Saarlouis. Auf der Propaganda-Ansichtskarte interessanterweise noch als Saarlouis bezeichnet, wurde die Stadt nach dem Anschluss des Saarlandes von den Nazis – da zu frankophon klingend – zur ungeteilten Begeisterung der Einwohner am Jahrestag der Abstimmung am 13. Januar 1936 in Saarlautern umbenannt.
Sollte dieses Motiv vielleicht – sanft – die bevorstehende Militarisierung des gesamten Saargebiets andeuten?
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Das siebte Motiv visualisiert den für das Saargebiet so wichtigen Kohlenbergbau. Abgebildet ist das Rosseltal (heute der Stadtteil Klarenthal von Saarbrücken) im Süden des Saarlands mit der Grube Velsen.
Übrigens. Hatte ich erwähnt, dass dieser Beitrag sehr bildlastig sein würde? Nein? Nun wisst ihr es.
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Kein saarländisches Motiv ist propagandistisch, politisch und emotional so aufgeladen wie das 1874 aus Spenden errichtete Winterbergdenkmal. Erbaut in Erinnerung an den Sieg Preussens über Frankreich in dem von Reichskanzler Fürst Bismarck angezettelten Krieg von 1870/71, wurde es – Ironie der Geschichte – am 10. September 1939 von den Nazis gesprengt.
Warum, zum Teufel, haben die Deutschen, die ja eigentlich liebenswürdige Mitmenschen und Nachbarn sein können, in 150 Jahren fünf, für Europa desaströse Kriege angezettelt?
Müssen wir uns darauf einstellen, dass die Deutschen wieder zuschlagen? Oder wird Ministerin von der Leyen die komplette Kastrierung der deutschen Armee erfolgreich umsetzen können?
Item. Kommt euch dieses Bildmotiv ebenfalls bekannt vor? Auch dieses Mal braucht ihr euch nicht wundern. Das Motiv wurde 1956 für eine drei Werte umfassende Sondermarkenserie zur Finanzierung des Wiederaufbaus des gesprengten Denkmals verwendet.
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Das neunte Motiv war sicherlich so recht nach dem Geschmack der Nazis. Bekenntnissprüche auf Häusern in St. Wendel, die den deutschen Charakter der Gemeinde St. Wendelunterstrichen.
Die Sprüche:
„Ich bin geboren, deutsch zu fühlen. Bin ganz auf deutsches Denken eingestellt. Erst kommt mein Volk, dann all die andren vielen. Erst meine Heimat, dann die Welt.“
„Deutschland und wenn Dich das Elend umnachtet wir haben Dich lieb wie nie zuvor.“
Beim zweiten Spruch drängt sich die Frage auf, ob da Anfang der 30er-Jahre jemand hellseherische Fähigkeiten an den Tag gelegt hat?
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Das zehnte Motiv ist die Gemeinde Tholey mit der 1794 aufgehobenen und seit 1949 wieder bewohnten Benediktiner-Abtei. Die Siedlung Tholey geht auf keltische Wurzeln zurück und war bereits unter römischer Herrschaft besiedelt
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Elftes Motiv der Serie ist der Wendelinus-Brunnen mit Blick auf die Basilika von St. Wendel.
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Das zwölfte Motiv zeigt die Röchlingsche Eisenwerke in Völklingen bei Nacht. Eine eindrucksvolle Aufnahme, auch 85 Jahre nach ihrer Entstehung.
Bis dann
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Anmerkungen
(1) Durch Kabinettsbeschluss seit Mitte November 1933 der ehemalige Reichskanzler Franz von Papen, der als Katholik den katholischen Klerus für die Sache der Nazis einspannte, ab 28. Juli 1934 dann der stramme Nazi und Gauleiter des Saarlandes Josef Bürckel. Dem Saarbevollmächtigten unterstanden – Führerprinzip – die Saarreferenten Preussens, Bayerns und des Reichs, das Saar-Hilfswerk sowie der Saarpropaganda-Ausschuss
(2) Namslau ist heute eine Gemeinde in Polen und heisst Namyslów
(3) Neustadt an der Haardt ist eine Gemeinde im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz heisst heute Neustadt an der Weinstrasse
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1935 war für die Einwohner des Saarlands, dass damals noch Saargebiet hiess – in den Sprachen des Völkerbunds Territoire du bassin de la Sarre resp. Saar Basin – ein wichtiges, ein entscheidendes Jahr. Was zu Beginn des Jahres 1935 niemand wusste oder ahnte: Im Saargebiet wurde in diesem Jahr europäische Geschichte, wenn nicht Weltgeschichte geschrieben.
Blenden wir 15 Jahre zurück. Am 20. Januar 1920 trat der Versailler Vertrag in Kraft, mit welchem offiziell der Friedenszustand zwischen den Siegermächten der Entente und Deutschland nach dem – schon 1920 als solcher bezeichneten – Ersten Weltkrieg wiederhergestellt wurde.
Für mich ist es ein passendes Zusammentreffen, dass wir heute dem Inkrafttreten des Waffenstillstandes am Ende des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren gedenken. Am 11. November 1918 um 11:00 Uhr Pariser Zeit hatte das Abermillionen von Menschenleben fressende, über vier Jahre andauernde, fürchterliche Gemetzel – alternierend als Schlachthaus, Knochenmühle, Blutpumpe etc. bezeichnet – zumindest an der Westfront ein Ende.
Mit dem Inkrafttreten des Versailler Vertrages im Januar 1920 wurde die Region an der Saar erstmals räumlich zusammengefasst und als Saargebiet (1) für die kommenden 15 Jahre ein Mandatsgebiet des Völkerbundes. Nach Ablauf von 15 Jahren sollte mittels eines Volksentscheids bestimmt werden, ob das Saargebiet weiterhin ein Mandatsgebiet des Völkerbundes bleiben, ein Teil der Französischen Republik oder ein Teil des Deutschen Reiches werden sollte. Am 27. Januar 1920 löste die vom Völkerbund eingesetzte Regierungskommission die bisherige französische Militärverwaltung ab. Frankreich erhielt vom Völkerbund zur wirtschaftlichen Wiedergutmachung der von Deutschen in Frankreich hinterlassenen Zerstörungen ohne zeitliche Begrenzung das Eigentum an sämtlichen Steinkohlegruben im Saargebiet und das Recht auf alleinige Ausbeutung der Steinkohlevorkommen im Saarbecken.
Abb.: Flagge (links) und Wappen (rechts) des Saargebiets von 1920-1935
Schon gegen Ende des Jahres 1933 begann das Nazi-Regime in Deutschland eine intensive Propagandakampagne zur Vorbereitung der auf den 13. Januar 1935 festgesetzten Volksabstimmung. Ein dem Reichskanzler Adolf Hitler direkt unterstellter Saarbevollmächtigter (2) wurde ernannt, ein Saarpropaganda-Ausschuss (3) wurde konstituiert, die vielerorts im Dritten Reich bestehenden Saarvereine wurden gleichgeschaltet, die katholische Kirche und die gleichgeschaltete Presse eingespannt, die wenigen im Saargebiet bestehenden, noch unabhängigen Pressehäuser resp. deren kritische Redaktoren mundtot gemacht (4) und Schüler verteilten Bildpostkarten mit Ansichten aus dem Saarland (5). Die Nazis begannen, im Saargebiet auf den Reichsrundfunk voreingestellte Volksempfänger (Radiogeräte) zu verteilen, um die Saarländer zu erreichen. Die Regierungskommission hatte es dagegen all die Jahre versäumt, einen eigenen Rundfunk im Saargebiet aufzubauen. Der Bund der Saarvereine begann, sämtliche abstimmungsberechtigte Saarländer mit Wohnsitz im Reich resp. im Ausland zu erfassen (6). Über die Saarvereine resp. die Auslandsorganisation der NSDAP wurden diese Saarländer bearbeitet, für die „Heimkehr ins Reich“ zu stimmen.
Die Deutsche Reichsbahn begann mir Planungen, sämtliche im Dritten Reich ansässigen, abstimmungsberechtigten (7) Saarländer für den Abstimmungssonntag mit Dutzenden Bussen und Sonderzügen ins oder zumindest örtlich nahe an das Saargebiet zu transportieren. Das Nazi-Regime resp. Nazi-Organisationen wie das Saar-Hilfswerk übernahm in sehr vielen Fällen die – für die von den Folgen der Weltwirtschaftskrise gebeutelten Menschen – nicht unerheblichen Reisekosten. Dieser gut geschmierten Propagandamaschine des Nazi-Regimes sowie dem erheblichen Einfluss der seit dem Reichskonkordat von 1933 staatstreuen katholischen Amtskirche (8) bei den mehrheitlich katholischen Saarländern hatten die Regierungskommission, die sehr ungeschickt agierenden Franzosen sowie die den Nationalsozialisten ablehnend gegenüberstehenden Kreise im Saargebiet nur wenig entgegenzusetzen.
Am Abstimmungssonntag entschieden sich bei einer Wahlbeteiligung von fast unvorstellbaren 98% ganze 90% der abstimmungsberechtigten Saarländer für eine Eingliederung des Saargebiets ans Dritte Reich, der am 1. März 1935 vollzogen wurde. Das Nazi-Regime zahlte 900 Millionen Goldfranken – etwa eine ¾ Milliarde Reichsmark – an Frankreich, um die Eigentumsrechte an den saarländischen Steinkohlegruben zu erwerben.
Etwa 2 bis 3 Prozent der saarländischen Bevölkerung verliess nach diesem eindeutigen Abstimmungs-Ergebnis – zum Teil fluchtartig – das Land. Die meisten von Ihnen Warner vor dem menschenverachtenden Nationalsozialismus, wie der spätere Regierungschef des Saarlandes Johannes Hoffmann, sowie fast alle Menschen jüdischen Glaubens.
Die für das Saargebiet ausgegebenen, und auf französische Franc lautenden Briefmarken verloren am 28. Februar 1935 um Mitternacht ihre Gültigkeit. Ab dem 1. März 1935 besassen ausschliesslich die Briefmarken der Deutschen Reichspost Frankaturkraft.
Der nachfolgende Beleg ist daher so interessant, da er einerseits zwei Letztagsstempel von Mitternacht auf einer nicht portogerecht – es wären 30 Centimes zu verkleben gewesen – frankierten Postkarte mit einem Erstverwendungsstempel auf einer 3 (Reichs-) Pfennig-Sonderbriefmarke, der Deutschen Reichspost zum Anlass der Eingliederung des Saarlandes, vereint.
Dieser Beleg ist philatelistisch beeinflusst, was durch die Rückseite der Postkarte mit den Abbildungen sämtlicher, im Saargebiet im Vorfeld der Volksabstimmung ausgegebenen Saarbriefmarken betont wird. Obschon der Tenor der Postkarte klar Pro-Deutsch ist, lief der Beleg zu einem Empfänger in Frankreich, wo er am 2. März 1935 im Postamt Douai abgeschlagen wurde.
Philatelistisch inspirierte Postkarten wurden 1935 viele hergestellt. Hier ein simples Exemplar aus dem Hause Hermann. E. Sieger.
Schön zu sehen, wie auch auf dem nachfolgenden Beleg, der Sonderwerbestempel Saarbrücken vom Ersttag mit den ersten Noten des Saarlandlieds von Hanns Maria Lux.
Wie hätte sich die Geschichte entwickelt, wenn die Saarabstimmung von 1935 anders ausgegangen wäre? Wenn Adolf Hitler 1935 nicht einen aussenpolitischen Triumph hätte feiern können, der sein Prestige im In- und Ausland massiv steigerte? Hätte er im März 1935 die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht – auch für Saarländer – sowie die Existenz der heimlich aufgebauten Luftwaffe verkündet? Hätte er 1936 das entmilitarisierte Rheinland besetzt oder ab Juli offen den aufständischen, faschistischen General Francisco Franco im Spanischen Bürgerkrieg unterstützt? Wir wissen es nicht. Wir wissen nur, dass am 13. Januar 1935 in den Abstimmungslokalen des Saargebiets Geschichte geschrieben wurde.
Bis dann
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Anmerkungen
(1) Artikel 45-50 Versailler Vertrag
(2) Durch Kabinettsbeschluss seit Mitte November 1933 der ehemalige Reichskanzler Franz von Papen, der als Katholik den katholischen Klerus für die Sache der Nazis einspannte, ab 28. Juli 1934 dann der stramme Nazi und Gauleiter des Saarlandes Josef Bürckel. Dem Saarbevollmächtigten unterstanden – Führerprinzip – die Saarreferenten Preussens, Bayerns und des Reichs, das Saar-Hilfswerk sowie der Saarpropaganda-Ausschuss
(3) Der Saarpropaganda-Ausschuss konstituierte sich im Dezember 1933.
(4) Die meist kleinen Pressehäuser an der Saar wurden bereits seit Jahren mittels Krediten und Papierlieferungen vom Deutschen Reich alimentiert
(5) Zu der Bildpostkartenserie des Saar-Hilfswerks erscheint demnächst ein separater Beitrag im SAARPHILA-BLOG
(6) In der deutschen Presse wurden Aufrufe geschaltet, dass sich potentielle Abstimmungsberechtigte zwecks Registrierung bei der örtlichen Polizeidienststelle melden sollten. Im Rundfunk und in den Lichtspielhäusern sowie durch Anzeigen in überregionalen Zeitungen und kleinsten Lokalblättern wurden die im Reich lebenden Saarländer ermahnt, „ihre vaterländische Pflicht zu erfüllen“.
(7) Abstimmungsberechtigt waren nach Artikel 50 des Versailler Vertrags, Anlage §34, alle Saarländer, die am 28. Juni 1919 – dem Tag der Unterzeichnung des Vertrages – ihren Wohnsitz in einer Gemeinde des Saargebiets und am Abstimmungstag das 20. Lebensjahr vollendet hatten.
(8) Hirtenbrief der auf ausdrückliche Anordnung der Bischöfe von Trier und Mainz vor der Abstimmung in allen katholischen Kirchen des Saarlandes verlesen wurde: „Am Sonntag, dem 13. Januar 1935, wird im Saargebiet die Volksabstimmung stattfinden über die Frage, ob dieses deutsche Land und seine Bewohner in der durch den Versailler Gewaltfrieden aufgezwungenen Trennung vom Deutschen Reich verbleiben sollen. Als deutsche Katholiken sind wir verpflichtet, für die Grösse, die Wohlfahrt und den Frieden unseres Vaterlandes uns einzusetzen. Deshalb verordnen wir, dass am genannten Sonntag in allen Kirchen nach dem allgemeinen Gebet drei Vaterunser und Ave Maria gebetet werden, um einen für unser deutsches Volk segensreichen Ausgang der Saarabstimmung zu erflehen.“
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Das Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach, Blick von der Cloef, erweist sich als ein sehr ergiebiges Thema. Dies ist – ich habe nachgezählt – mein neunter Beitrag auf dem Saarphilatelie-Blog. Als ich zu Beginn dieses Jahres den ersten Beitrag zu diesem Bildmotiv der 1. Offenburger Ausgabe (BuS I) der Briefmarkenserie Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar schrieb, konnte ich mir nicht vorstellen, dass ich im November noch über dieses Thema schreiben würde. Manchmal glaube ich, eine leichte „déformation professionelle“ zu haben. Oder sehe ich heute einfach mehr Dinge, die ich früher „übersehen“ habe?
Für alle diejenigen unter euch, die meinem SAARPHILA-BLOG erst seit Kurzem folgen, hier die Links zu den vorhergehenden Beiträgen:
Worum geht es in diesem Beitrag? Wir wissen inzwischen, dass Vytautas Kazimieras Jonynas – der Gestalter der Bildmotive der Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar – seine Version der Saarschleife nach einer fotografischen Vorlage aus den späten 1920er-, sehr frühen 1930er-Jahren gestaltete. Sehr wahrscheinlich verwendete Jonynas eine Ansichtskarte aus dem Propagandamaterial des – Ironie der Geschichte – nationalsozialistischen Saar-Bild-Archivs als Vorlage für seinen fast schon fotorealistisch zu nennendes Bildmotiv.
In der dritten Ergänzung habe ich detailliert beschrieben und u.a. auch forsttechnisch belegt, dass das Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach auf den Marken der 1. und der 2. Offenburger Ausgabe (BuS I/II, vgl. Abbildungen) die Landzunge in der Mitte der Saarschleife so zeigen, wie diese um 1930 herum ausgesehen haben muss. Falls Jonynas im Herbst 1946 an die Saarschleife gereist wäre, hätte sich ihm die Saarschleife so dargestellt:
Die Ähnlichkeit zu dem Bildmotiv des 1 Mark-Werts der beiden Ausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar ist sicherlich gegeben, aber der Bewuchs der Landzunge unterscheidet sich. Büsche und Bäume wachsen halt in 15-20 Jahren, wenn man sie denn lässt.
Anhand von weiteren, ebenfalls neu hinzugekommenen Stücken aus meiner Sammlung möchte ich zeigen, dass die uns von der Briefmarke so vertraute Darstellung der Saarschleife im ganzen deutschen Reich weit verbreitet war.
Vor allem im Saarland konnte man eine Ansichtskarte des Verlags G. Vockenburg in Dudweiler kaufen.
Zur gleichen Zeit zirkulierte in der preussischen Rheinprovinz, zu welcher Orscholz und damit die Cloef – von welcher alle Aufnahmen gemacht wurden – gehörte, eine Ansichtkarte des Verlags Ferd. Hegner Buchhandlung, Saarburg, Kreis Trier.
Das nationalsozialistische Saar-Hilfswerk unter Hitlers Saarbeauftragten Franz von Papen (1879-1969) resp. später Josef Bürckel (1895-1944) liess als Teil des Propagandafeldzuges vor der Saar-Abstimmung vom 13. Januar 1935 im ganzen Reich von Schülern eine Ansichtskartenserie mit Motiven aus dem Saarland verkaufen. Darunter auch eine Ansichtskarte mit der Saarschleife bei Mettlach nach einer Aufnahme des Saar-Bild-Archivs.
Dieser Beleg, gelaufen von Villmar an der Lahn über Giessen nach Nordrach im Schwarzwald, zeigt exemplarisch, dass die vom Saar-Hilfswerk im deutschen Reich gestreuten Ansichtskarten auch tatsächlich verwendet wurden.
Hier noch eine gut erhaltene Vignette aus der Zeit der Saar-Abstimmung von 1935.
Eine sehr überraschende Verwendung des Motivs Saarschleife bei Mettlach fand ich durch Zufall und konnte zwei Exemplare für meine Sammlung erwerben.
Es handelt sich um zwei Zigarettenbildchen in Fotoqualität der Monopol GmbH in Dresden. Diese Bilder sind je 6 cm x 4,6 cm gross auf stabilem rückseitig bedrucktem Fotopapier. Für die damals nicht nur im Deutschen Reich sehr beliebten Sammel-Bilder konnte der geneigte Raucher für sich resp. für seine Kinder sogar ein Sammelalbum bestellen. Das machte das Rauchen zwar nicht gesünder dafür jedoch lehrreich.
Diese Zigarettenbildchen können wir ebenfalls datieren. Wie? Anhand der Gesellschaftsbezeichnung GmbH. Bernhard Lippmann Hurwitz gründete 1875 in Eydtkuhnen/Ostpr. die Monopol Zigaretten- und Tabakfabrik oHG. 1895 erfolgte der Domizilwechsel in die Blasewitzer Strasse 70 in Dresden. Die Monopol Zigarettenfabrik oHG wurde Hoflieferant seiner Majestät des Königs von Sachsen. Nach dem Tod des Firmengründers im Jahr 1921 übernahmen Benno Hurwitz und Dr. Emil Hurwitz die Firma. 1928 wurde die oHG in eine KG und später wieder in eine oHG umgewandelt. 1934 erfolgt die Enteignung durch die Nazis. Das Unternehmen firmiert nun als Monopol GmbH. Die Zigarettenbildchen stammen also aus der Zeit nach 1934, was auch den expliziten Hinweis auf die „deutsche Saar“ im Text erklärt.
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In der sechsten Ergänzung zu Motive (I) – Saarschleife konnte ich ein gelaufenes Exemplar der Bildpostkarte MiNr. BRD P129 g 8/114, einer Ganzsache, vorstellen. Inzwischen konnte ich ein ungelaufenes Exemplar meiner Sammlung hinzufügen.
Bis dann
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Ich hoffe, das Thema Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach ist für euch noch nicht zu einem roten Tuch geworden. Ich gebe zu, ich schreibe viel über die schöne Saarschleife. Ich habe nachgezählt: Dies ist seit dem 3. Januar 2018 der fünfte Beitrag zu diesem Thema. Was kann ich euch heute noch Neues, Interessantes bieten?
Am letzten Wochenende rief mich ein Sammlerfreund aus Deutschland an. Er hätte meine Beiträge zum Bildmotiv Saarschleife gelesen. Ich freute mich schon, doch dann kam das ABER. Was er nicht begreife. Woher ich wisse, dass Vytautas Kazimieras Jonynas nicht persönlich an die Saarschleife gereist sei und eine Aufnahme für seinen Entwurf gemacht habe? Wieso wäre ich mir so sicher, dass er die Ansichtskarte aus der Bildpostkartenserie des Saar-Hilfswerks als (eine) Vorlage verwendet hätte?
Ich gebe zu, ich benötigte einige Zeit, um meinem Sammlerfreund den zwingenden Schluss zu erläutern. Erschwerend kam hinzu, dass ich die notwendigen Abbildungen nicht zur Hand und mein Sammlerfreund diese nicht vor Augen hatte. Am Schluss des Gespräches – zum Glück für meinen Geldbeutel gibt es heute grenzüberschreitende Flat-Tarife – versprach ich ihm, die Abbildungen in einem weiteren Beitrag zu Die Saarschleife bei Mettlach (I) nachzuliefern. Und genau dieses Versprechen löse ich heute ein.
Ich möchte vorausschicken, dass es nicht darum geht, ob oder ob nicht Vytautas Kazimieras Jonynas im Spätsommer resp. Herbst 1946 an die Saarschleife gereist. Das wissen wir nicht und dies dürfte nur über eine Recherche des Nachlasses im litauischen Nationalmuseum möglich sein. Wir wissen nur, dass er nicht auf die Cloef reisen musste, um seine Vorlage für das Bildmotiv des 1 Mark-Werts zu erhalten. Für uns Saarbriefmarkensammler ist wichti zu wissen, woher Jonynas seine „Inspiration“ erhielt. Kurz: Welche Vorlage verwendete Vytautas Kazimieras Jonynas in der zweiten Hälfte des Jahres 1946 für das Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach?
Welche Indizien für meine These, Vytautas Kaszimieras Jonynas habe bei dem Entwurf des Bildmotivs Saarschleife eine weitverbreitete Ansichtskarte als Vorlage verwendet, habe ich in meinen Beiträgen bislang zusammengetragen?
Die verblüffende Ähnlichkeit zwischen zwei Ansichtskarten und dem Bildmotiv des 1 Mark-Werts der 1. und 2. Offenburger Ausgabe
Die fotorealistische Qualität des Bildmotivs
Die Beschwernisse und die Exklusivität des Reisens etwas mehr als ein Jahr nach Kriegsende in Europa
Welche Indizien kann ich hinzufügen?
Die Ansichtskarte aus der Bildpostkartenserie des Saar-Hilfswerks und das Bildmotiv des 1 Mark-Werts der beiden Ausgaben lassen sich am Computer mittels Adobe Photoshop recht simpel und ohne ins Gewicht fallende Abweichungen überblenden
Der Entstehungszeitraum des für die Bildpostkarte genutzten Fotos kann auf die Zeit vor 1934 fixiert werden, da die Bildpostkartensets des Saar-Hilfsvereins (12 Karten mit 12 Motiven) nachweislich schon 1934 durch Schüler verkauft wurden.
Die für eine Reise notwendige Zeit. Jonynas führte im Herbst 1946, als er – durch die Vermittlung seines guten Bekannten Général Raymond Schmittlein – von Raymond Croze, den Direktor der P.T.T. der Zone d’occupation française en Allemagne, den Auftrag für die Erstellung von Entwürfen für die Briefmarkenausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar erhielt, in Freiburg an der Wonnhaldestrasse 1 die neu eröffnete École des Arts et Métiers de Fribourg. Die französischen Behörden hatten im Frühsommer 1946 den Entschluss gefasst, für die einzelnen „Länder“ ihrer Besatzungszone jeweils separate Briefmarkenausgaben zu erstellen. Die Ausgaben des Saarlandes waren sehr dringend, da man diese Region am 16. Februar 1946 der Zuständigkeit des Alliierten Kontrollrates entzogen hatte und plante, gegen Ende des gleichen Jahres eine Zollgrenze zum besetzten Deutschland zu errichten. Auch die Pläne zur Annexion des Rheinlandes hatten die Franzosen zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgegeben. Die Verwendung identischer Briefmarken (Ausgabe Wappen und Dichter der Französischen Zone) passte da nicht ins Konzept. Wollte die Druckerei Franz Burda in Offenburg die ambitiösen Vorgaben der P.T.T. (postes, télégraphes et téléphones; Post- Telephon- und Telegraphenbetriebe) einhalten, benötigte sie Jonynas Entwürfe rasch, denn der Weg vom ersten Andruck bis zur endgültigen Freigabe der Bildmotive durch die zuständigen Personen/Behörden war zeitintensiv.
Das letzte Indiz ist schlussendlich der schlagende Beweis. Die forstwirtschaftliche Nutzung der Landzunge direkt an der Saarschleife. Konkret die Umtriebszeit der Anpflanzung. Was versteht man unter der Umtriebszeit? Bäume werden angepflanzt, wachsen heran und werden Zwecks wirtschaftlicher Nutzung des Rohstoffes bei Erreichen der Hiebszeit gefällt. Dann beginnt der Kreislauf erneut. Wie ihr euch vorstellen könnt, wandelt sich das Aussehen einer forstwirtschaftlich genutzten Zone über die Zeit. Der Nachweis dieses Wandels anhand von zeitgenössischen Aufnahmen zeigt, dass die von der Saar umflossene Landzunge 1946 nicht so ausgesehen haben kann, wie auf dem ebenfalls 1946 von Jonynas entworfenen Bildmotiv.
Was hat es für die Identifikation des letztendlich schlagenden Indizes gebraucht?
Möglichst viele Aufnahmen, die anhand unterschiedlicher Anhaltspunkte zumindest grob chronologisch geordnet werden können.
Grundlegendes Kenntnisse der Geschichtswissenschaft.
Forstwirtschaftliches Fachwissen: hier habe ich mich durch Mitglieder der örtlichen Waldkorporation fachlich beraten lassen.
Sie sehen schon, Philatelisten sind flexibel und suchen sich ihre Informationen auch in nicht unbedingt alltäglichen Bereichen.
Der von der Saar umflossene Hügelrücken war und ist heute noch überwiegend von Laubbäumen bewachsen. Im Gegensatz hierzu war die Landzunge lange Jahre mit Nadelbäumen bepflanzt, die sich aufgrund der kürzeren Umtriebszeit gut für die Nutzholzgewinnung eignen. Die standortbedingt schwankende Umtriebszeit von Nadelbäumen von 50-100 Jahren erscheint im Vergleich zu unserer Lebenszeit zwar lang, ist aber kein Vergleich zu der von Buchen oder Eichen (120-160 resp. 180-300 Jahre). Ein Sprichwort sagt: „Willst Du, dass Deine Enkel fluchen? Setze Buchen, Buchen, Buchen!“ Die nachfolgende Ansichtskarte verdeutlicht gut die Verteilung von Laub- und Nadelbäumen an der Saarschleife, da die Laubbäume zum Zeitpunkt der Aufnahme noch nicht ausgetrieben hatten.
Für die chronologische Einordnung der nachfolgenden Abbildungen von tatsächlich postalisch beförderten Ansichtskarten der Saarschleife sind vier Faktoren zu berücksichtigen:
Anhand des Poststempels und in einigen Fällen angebrachten handschriftlichen Datierungen kann eindeutig festgestellt werden, wann die Ansichtskarten verwendet wurden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Aufnahmen aus dem Jahr der Verwendung stammen, sondern ausschliesslich, dass das Bild, welches für die Herstellung der Ansichtskarte verwendet wurde, VOR diesem Zeitpunkt aufgenommen worden sein musste. Wie viele Monate oder Jahre vorher? Das entzieht sich unserer Kenntnis.
Wer von euch schon einmal an einem beliebten Ausflugsort vor den Souvenirläden die grosse Anzahl an Ansichtskarten in den weisslackierten Drehständern durchgesehen hat, weiss, dass nicht alle angebotenen Karten aktuell sind. Einige Exemplare sind von Alter und Sonne so ausgeblichen, dass die ursprünglich wohl farbige Abbildung nun einer in Sepia gehaltenen Aufnahme ähnelt. Warum sollte der oder die Inhaber(in) die Karten auch fortrühren? Sie sind ja bezahlt. Dies ist heute so und war früher wohl kaum anders.
Auf den Vorderseiten von Ansichtskarten ist häufig der Herausgeber oder eine kurze Beschreibung des rückseitigen Bildes aufgeführt. Die Lage der Saarschleife auf dem Gemeindegebiet von Orscholz ermöglicht uns eine weitere chronologische Einordnung.
1816: Orscholz (auch Orschholz) wird eine eigenständige Bürgermeisterei im preussischen Kreis Saarburg im Regierungsbezirk Trier.
Wird auf der Ansichtskarte Kreis Saarburg angegeben, wurde die Ansichtskarte vor 1938, der Umbenennung in Landkreis Saarburg herausgegeben.
Wird auf der Ansichtskarte Landkreis Saarburg angegeben, wurde die Ansichtskarte vor 1946, der Zuweisung von Orscholz zum neu gebildeten Landkreis Merzig-Wadern herausgegeben.
Bäume wachsen zwar nicht in den Himmel, werden im Verlauf der Zeit aber auch nicht kürzer, solange man sie nicht schneidet, resp. fällt. Das haben Sie mit unseren Haaren gemeinsam. Ein geübtes Auge kann anhand des Baumwuchses bei bekannter Wuchsgeschwindigkeit den Zeitraum zwischen zwei Aufnahmen abschätzen.
Die erste Ansichtskarte – die ich euch präsentieren werde – wurde am 25.01.1912 am Bahnhof von Saarbrücken abgestempelt (bei den nachfolgenden Abbildungen verzichte ich darauf, die Vorderseiten der Ansichtskarten abzubilden).
Wir können sehen, dass die Forstflächen auf der linken und rechten Seite der Landzunge frisch angepflanzt wurden. Links im Bild sind drei streifenförmige Anpflanzungen zu erkennen. Auf dem hintersten, nördlichsten Streifen (die Streifen werden auch als Keile bezeichnet) ist der Bewuchs höher als auf dem mittleren und dieser wieder höher als auf dem vordersten Streifen. Der Forstbesitzer hat damals die Anpflanzung für einen Saumschlag erstellt. Säume (Saum = Randbereich eines Waldes) mit Breiten von 30 bis 50 Meter werden (in Deutschland) in Abständen von fünf bis zehn Jahren von Nord nach Süd hintereinander angelegt und nach Erreichen der Hiebsreife im selben zeitlichen Abstand von Nord nach Süd abgeholzt (Absäumung). Diesem Vorgehen haftet etwas Schematisches an, das optisch stark in Erscheinung tritt. Der Saumschlag vermeidet Kahlschlag auf der gesamten Anbaufläche und bietet die Möglichkeit zur natürlichen Verjüngung des Baumbestandes bei gleichzeitigem Schutz der bestehenden Flächen vor Sturmschäden. Darüber hinaus ergeben sich auch wirtschaftliche Vorteile, auf die ich an dieser Stelle nicht eingehen werde.
Die folgende Ansichtskarte stammt aus der Zeit vor 1934 und ist die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von Vytautas Kazimieras Jonynas verwendete Vorlage.
Zu dieser Ansichtskarte liegen die nachstehenden Informationen vor:
Diese Ansichtskarte war ein Motiv in einem Set von 12 Bildpostkarten mit Bildmotiven aus dem Saarland, die 1934 im Vorfeld des Plebiszits über den völkerrechtlichen Status des Saargebietes am 13. Januar 1935, überall im Deutschen Reich zu Gunsten des Saar-Hilfswerks (einer NS-Propagandaorganisation) auf Anweisung des Saarbeauftragten der Regierung Hitler von Schülern zu 30 Reichspfennig das Set verkauft wurden. Dies erklärt die weite Verbreitung der Ansichtskarten. Der Vertrieb über Schulklassen ist bei uns in der Schweiz immer noch üblich. Jedes Jahr gehen Schüler von Tür zu Tür, „putzen Klinken“ und verkaufen zum 1. August – unserem Nationalfeiertag – „1.-August-Abzeichen“ zu Gunsten der Stiftung Pro Patria und im Herbst „Schoggitaler“ zu Gunsten des Schweizer Heimatschutzes.
Das für die Gestaltung der Ansichtskarte verwendete Foto wurde etwa 1929/1930 aufgenommen.
Gut ersichtlich, wie die auf der ersten Ansichtskarte noch sehr kleinwüchsigen Bestände inzwischen gewachsen sind. Auf der linken Bildseite ist die Abstufung der Wuchshöhe der Saumanpflanzung gut zu erkennen.
Die nächsten Aufnahmen stammen alle aus der Zeit nach Ende des Weltkrieges.
Die freie Fläche in der Mitte der Landzunge wurde mit Setzlingen bepflanzt (evtl. auch natürlicher Bewuchs). Zur Saar hin wurden für den Windschutz Laubbäume gepflanzt.
Diese Luftaufnahme entstand im Juli 1954.
Diese Aufnahme muss einige Jahre nach der Luftaufnahme entstanden sein. Der Uferbewuchs an beiden Seiten der Saar hat zugenommen. Die Bäume entlang des Saarufers sind geschätzt über 20 Jahre alt.
Hier wollen wir einhalten. Wäre Vytautas Kazimieras Jonynas1946 an die Saarschleife gereist, um sich ein Bild von diesem Naturjuwel zu machen … der Entwurf zum 1 Mark-Wert wäre anders ausgefallen. Vergleichen Sie:
Es fehlen im Bildmotiv die Büsche an beiden Saarufern und die frische Bepflanzung in der Mitte der Landzunge. Die Wuchshöhe der Nadelbäume ist generell niedriger und auf der rechten Seite ist der „Schirmschlag“ mit der Aufrauhung des Kronendachs nicht ersichtlich.
Hier nun eine weitere Aufnahme vor 1960, zuerst schwarzweiss, dann in Farbe:
Die Ähnlichkeit mit dem von Jonynas entworfenen Bildmotiv ist immer noch gegeben. Jedoch treten die Unterschiede schon sehr deutlich zu Tage.
Die nächste Ansichtskarte stammt aus der Zeit vor 1964. Das Wachstum schreitet voran. Achtet insbesondere auf den Uferbewuchs.
Zu guter Letzt noch eine Aufnahme aus der Gegenwart. Diese stammt von mir und wurde im Mai 2014 erstellt. Klar erkennbar: Die intensive forstwirtschaftliche Nutzung ist einer extensiven, eher dem Tourismus geschuldeten Mischnutzung gewichen. Die Büsche am Saarufer mussten an vielen Stellen weichen, um Wanderern wie Velofahrern die Sicht auf den Fluss und den gegenüberliegenden Hang mit der Cloef und den imposanten Geröllschneisen zu ermöglichen.
Für die folgende Gegenüberstellung habe ich das Bildmotiv Saarschleife plusminus auf die Grösse der Vorlage gebracht und weise bei Letzterer mittels weisser Pfeile auf einige Übereinstimmungen hin. Sie dürfen gerne suchen. Sie werden weitere Übereinstimmungen finden.
Sobald ich von der Saarriva die Jubiläumsmarke erhalten habe, werde ich euch diese hier vorstellen.
Am ersten Weihnachtstag hatte ich angekündigt, im SAARPHILA-BLOG eine Serie von Beiträgen zu den Bildmotiven der Briefmarkenausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar zu publizieren.
Trara! Das neue Jahr 2018 ist da und beginnt mit dem Motiv des 1 Mark-Werts: der Saarschleife bei Mettlach. Falls ihr euch fragt, weshalb ich gerade mit dem höchsten Wert der Ausgabe beginne: Offen gesagt war es ein Bauchentscheid, der sich als Glücksgriff erwiesen hat. Werde ich doch an diesem Bildmotiv viele faszinierende Aspekte rund die Ausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar aufzeigen können:
Unterschiede zwischen der 1. und 2. Offenburger Ausgabe (BuS I/BuS II, auch als 1. und 2. Burda-Serie bezeichnet)
Malstatt-Burbacher Druck Typ I: MBD I der Überdruck der Marken der Originalausgabe in Frankenwährung, sogenannter Urdruck
Malstatt-Burbacher Druck Typ II: MBD II der Überdruck der Marken der Neuausgabe in Frankenwährung
Verwendung des Motivs Saarschleife auf Briefmarken und Ganzsachen vor und nach 1947
Farben der Briefmarken
Jede Medaille hat bekanntlich zwei Seiten. Die Kehrseite ist, dass seit der Ankündigung vom 25. Dezember 2017 kein Tag vergangen ist, an dem ich mich nicht mindestens 4 Stunden mit der Gestaltung dieses Beitrags auseinandergesetzt habe. Was beklage ich mich … ich habe es ja nicht anders gewollt.
Was ist die Saarschleife? Als Flussschleife wird gemäss Wikipedia eine starke Biegung eines Flusslaufs bezeichnet und auch gleich die Saarschleife (frz. la boucle de la Sarre) als Beispiel genannt.
Die vorstehende Aufnahme der Saarschleife verdeutlicht, auf welch engem Raum die Saar von Südosten (rechts, Merzig) kommend eine etwa drei Kilometer lange, teilweise nur wenige hundert Meter breite, dicht bewaldete Landzunge umfliesst, an der Spitze derselben eine Kehre macht, um dann Richtung Südosten (links, Mettlach) weiter zu fliessen.
Die grosse Saarschleife liegt im Nordwesten des Saarlandes, etwa drei Kilometer westlich von Mettlach. Sie beginnt beim Merziger Ortsteil Besseringen und endet nach ca. 10 Flusskilometern bei Mettlach. Zum Vergleich: die Strecke von Besseringen nach Mettlach auf der Strasse ist etwa 2,5 km lang. Neben der grossen Saarschleife gibt es noch die kleine Saarschleife bei Hamm, einem Ortsteil von Taben-Rodt in Rheinland-Pfalz.
Den schönsten Blick auf das Naturschauspiel Saarschleife geniesst ihr im Mettlacher Ortsteil Orscholz von der Cloef (auch Cloev oder Kloef, frz. la clœf), einem Aussichtspunkt gut 150 Meter oberhalb der Flussbiegung, wo ich vor einigen Jahren auch das vorstehende Foto aufnahm. Zur Herkunft dieser „seltsamen“ Ortsbezeichnung existieren verschiedene Theorien. Ich bevorzuge die simple: Kloef oder Kleef = niederdeutsch für Klippe, erhöhter Vorsprung.
Der einzige Ort direkt an der Saarschleife ist Dreisbach (auf dem Foto hinten rechts), seit der Gemeindeneuordung 1974 wie Orscholz ein Ortsteil von Mettlach. Die Gebäude am rechten Bildrand gehören zum Fährhaus und zum Haus Becker, unweit des Fleckens, wo sich früher die Alte Mühle am Steinbach befand. Doch davon später mehr. Auf dem von der Saar umflossenen Hügelzug erkennt ihr gerade noch die Ruine der Burg Montclair aus dem Hochmittelalter.
Das Naturjuwel Saarschleife ist für das Saarland von grosser, gar nicht zu überschätzender Bedeutung: als Wahrzeichen, als Touristenmagnet, Ziel für Sonntagsausflügler oder Politiker jeglicher Couleur, als Postkartenmotiv und – last but not least – als Motiv für Postwertzeichen.
Trommelwirbel. Hier ist Sie. Das Postwertzeichen des 1 Mark-Wertes der Briefmarkenausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar, ausgegeben von der französischen Postverwaltung für das Saarland.
Schon ein oberflächlicher Vergleich mit dem eingangs gezeigten Foto macht klar: der Gestalter der Briefmarke hat seine Skizze oder Aufnahme entweder in etwa am dem Platz erstellt, wo ich vor einigen Jahren fotografierte oder eine entsprechende Vorlage verwendet. Und: Das Bildmotiv hat – abgesehen von der durchgehend dunkelgrünen Farbe – beinahe fotorealistische Qualität.
Nicht, dass ich etwas gegen die Farbe Grün hätte. Im Gegenteil. Ich bin der Meinung, dass für das Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach keine bessere Farbe hätte gewählt werden können, steht die Farbe Grün doch für die Natur. Stellt euch dieses Bildmotiv bitte in den Farben Blau, Braun, Gelb, Grau oder Rot vor!
Mit der Gestaltung der sechs Motive der Briefmarkenausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar beauftragten die französischen Behörden 1946, also kurz nach Kriegsende, den in Freiburg im Breisgau lebenden und lehrenden litauischen Künstler und Offizier der französischen Ehrenlegion Vytautas Kazimieras Jonynas. Ich bin überzeugt, dass Jonynas nach Erhalt des Auftrages 1946 nicht an die Saarschleife gereist ist, um eine Vorlage für seinen Entwurf zu erstellen. Etwas mehr als ein Jahr nach Kriegsende in Europa war Reisen insbesondere innerhalb der Trümmerlandschaft des nicht mehr existenten Deutschen Reichs erstens ein Privileg weniger respektive für die ungezählten displaced persons eine Qual vieler und zweitens auf eine Art und Weise beschwerlich, wie wir es uns heute kaum noch vorzustellen vermögen. Darüber hinaus bestand, wie ich zeigen werde, für Jonynas eine viel weniger aufwendige Möglichkeit, an eine Vorlage für sein Bildmotiv zu gelangen.
An dieser Stelle muss ich zeitlich ein wenig ausholen, beschränke mich jedoch auf die philatelistisch relevanten Details und lasse die Politik mehrheitlich aussen vor. Auf die politischen Hintergründe resp. Winkelzüge ‚en detail‘ einzugehen würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen und wird Aufgabe des historischen Teils von SAARPHILA sein.
Das nationalsozialistische Grossdeutsche Reich wurde kurz nach Kriegsende 1945 zerschlagen und jede der vier Alliierten Mächte in Europa bekam jeweils einen Besatzungsbereich in den beiden Reichsteilen Deutschland und in Österreich zugesprochen. Die Städte Berlin und Wien wurden je in vier Sektoren aufgeteilt, die ebenfalls je einer alliierten Macht zugesprochen wurden. Das ehemalige Reichsland Saarland wurde im Zuge dieser Aufteilung Frankreich zugesprochen und das nicht zu ersten Mal.
Nach dem Ersten Weltkrieg hatte der Völkerbund – ein Vorläufer der UNO – das wirtschaftlich bedeutsame preussische und bayerische Gebiet an der Saar als Territoire du bassin de la Sarre ab dem 14. Januar 1920 für 15 Jahre als Mandatsgebiet verwaltet. Grundlage hierfür waren die Bestimmungen des Versailler Vertrages. Viele Rechte wie beispielsweise die Rechte an den Kohlenvorkommen des Saargebietes wurden ohne zeitliche Begrenzung Frankreich als Wiedergutmachung für die im Krieg durch das Deutsche Kaiserreich auf französischem Boden unwiderruflich zerstörten Werte zugesprochen – man denke nur an die heute noch wegen Blindgängern gesperrten Gebiete um Verdun, in Flandern oder an der Somme. Nach Ablauf der 15-jährigen Mandatszeit sollte durch einen völkerrechtlich bindenden Volksentscheid bestimmt werden, ob die Menschen in diesem Gebiet lieber in der Französischen oder in der Weimarer Republik leben wollten.
Um den wirtschaftlich bedeutsamen Postverkehr aufrecht zu erhalten, wurden durch die Behörden im Territoire du Bassin de la Sarre, wie das Mandatsgebiet auf Französisch bezeichnet wurde, erst vorhandene Postwertzeichen der Reichspost (Germania-Ausgabe) und des Königreichs Bayern (Ausgabe König Ludwig III) im Buchdruck mit Sarre, resp. Saargebiet überdruckt. Ein Jahr danach, ab dem 19. Februar 1921, erschienen dann eigene Postwertzeichen für das Saargebiet, denominiert in Reichsmark und -pfennig und entworfen vom französischen Künstler Alfred Montader. Bereits bei dieser allerersten eigenständigen Briefmarkenausgabe für die Saarregion (als 1. Pariser Ausgabe, 1. Vaugirard-Ausgabe oder nach Saarhandbuch 1. Bilderserie genannt) war die Saarschleife als Briefmarkenmotiv prominent vertreten. (1)
Das Motiv der Marken mit grünlichem resp. türkisfarben Rahmen zu jeweils 30 (Reichs-) Pfennig können wir unschwer als die von der Sonne beschienene Saarschleife, Blick von der Cloef, bestimmen. Der Standpunkt des Betrachters unterscheidet sich nicht wesentlich von dem bei der Version von 1947. Es fällt jedoch auf, dass im Vergleich im Bildvordergrund mehr Laubwerk abgebildet ist. Bei der ersten Marke zu fünf (Reichs-) Pfennig gelingt uns die Identifikation nicht so einfach. Wir erkennen einen Fluss mit einer Bebauung am linken Ufer vor einem Hügelzug. Abgebildet ist gemäss Briefmarkenkatalog die Alte Mühle an der Einmündung des Steinbachs in die Saar kurz vor der Flussbiegung. Der Standort des Betrachters ist auf der rechten Flussseite mit Blickrichtung Nordwest. Nach einer Ortsbegehung bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei dem abgebildeten Gebäude nicht um die Alte Mühle am Steinbach, die im 20. Jahrhundert schon lange nicht mehr stand, sondern eher um das Haus Becker handelt.
Die Saarschleife bei Mettlach findet wir als Bildmotiv auch auf den Ganzsachen des Territoire du bassin de la Sarre. Ganzsachen sind von einer Postverwaltung ausgegebene Postkarten, Umschläge etc. mit aufgedrucktem Wertzeicheneindruck oder Wertstempel. Die Saarschleife war das Motiv des Wertzeicheneindrucks für die einfache Postkarte und die Postkarte mit angehängtem Antwortteil, deren Beförderungstarif im Orts- und Fernverkehr zwischen Mai 1920 und April 1921 30 Pfennig betrug.
Die Postkarte mit Frage- und Antwortteil war – salopp ausgedrückt – das E-Mail oder das Whatsapp unserer Gross- und Urgrosseltern. Beispielsweise konnte man einem Geschäftspartner eine Nachricht auf einer Postkarte mit angehängtem Antwortteil schicken. Der Empfänger las die Nachricht und verwendete den angehängten, frankierten und, wenn der Absender daran gedacht hatte, sogar adressierten Antwortteil, um dem Absender zu antworten.
In vielen Städten wurde die Post mindestens dreimal täglich zugestellt, aber nur die wenigsten Haushalte verfügten über einen Fernsprecheranschluss. Doch mittels der vergleichsweise preiswerten Postkarten war es dennoch möglich, sich am gleichen Tag abends zum Tanz zu verabreden. Nachfolgend die Abbildung des Antwortteils.
Die immer rascher fortschreitende Abwertung der schwindsüchtigen Reichsmark gab der anfänglich stark von französischen Interessen geleiteten Regierungskommission des Saargebiets ein wirksames Mittel zur engeren Anbindung des Mandatsgebietes an Frankreich an die Hand. Ab Ende April 1921 – also lange vor dem Höhepunkt der deutschen Inflationszeit im November 1923 – wurde die Währung im Saargebiet schrittweise auf den Französischen Franken umgestellt. Ab dem 30. April 1921 kamen einige, nicht alle, Marken der 1. Vaugirard-Ausgabe mit farbigem Währungsaufdruck in Francs an die Postschalter. Der Aufdruck im Buchdruck-Verfahren wurde ebenfalls von der Druckerei Vaugirard in Paris vorgenommen, weshalb wir auch von der 2. Vaugirard-Ausgabe oder 2. Pariser Ausgabe sprechen. Von den drei vorstehend gezeigten Marken wurde nur der 30 Pfennig-Wert mit türkisfarbenem Rahmen blau überdruckt als 10 Centimes weitergeführt.
Die Ganzsachen wurden ebenfalls überdruckt. Im Gegensatz zu der vorstehend abgebildeten Briefmarke ist bei der nachstehenden Postkarte der Aufdruck nach oben verrutscht und der Wert in Pfennig somit nicht durchbalkt.
Mit der Verwendung der Saarschleife als Motiv für Briefmarken oder Ganzsachen war ab 1922 für längere Zeit, um genau zu sein bis 1947, Schluss. Doch ein weiteres Massenkommunikationsmittel hielt die Saarschleife im Bewusstsein nicht nur der Einwohner des Territoire du bassin de la Sarre, sondern der Menschen weltweit: die Ansichtskarte.
Wir können uns heute im Zeitalter von E-Mail, SMS, Whatsapp, Facebook etc. kaum vorstellen, dass zwischen den Weltkriegen weltweit Jahr für Jahr schätzungsweise 15 Milliarden Post- und Ansichtskarten verschickt wurden. Das ergibt rechnerisch 475 Karten pro Sekunde! Die Saarschleife als Postkartenmotiv war nun nicht mehr auf der Vorderseite der Postkarten zu finden, sondern auf der Rückseite der Ansichtskarten.
Nach meinen Recherchen waren drei sehr ähnliche Versionen der Saarschleifen-Ansichtskarte weit verbreitet:
Verlag Ferd. Hegner Buchhandlung, Saarburg, Kreis Trier, nach einer Aufnahme von M. Wentz; wurde ab Anfang der 30 Jahre vertrieben
Verlag G. Vockenburg, Dudweiler, ebenfalls ab Anfang der 30 Jahre und nachweislich auch noch Anfang der 50er-Jahre im Umlauf
Ansichtskartenserie des Saar-Hilfswerk nach einer Aufnahme des Saar-Bild-Archivs
Uns interessieren hier insbesondere die beiden letzteren Versionen:
Beide Aufnahmen unterscheiden sich nur in Nuancen und sind ganz offensichtlich von der Cloef aus aufgenommen worden. Nachstehend nochmals das Bildmotiv des 1 Mark-Wertes der Originalausgabe in angeglichener Grösse:
Die Ähnlichkeiten zwischen den Postkartenmotiven und dem Bildmotiv sind verblüffend. Beachtet insbesondere die zwei Büsche unten am Saarufer und bei der Aufnahme des Saar-Bild-Archivs die beiden leicht hochstehenden, sich vor dem Hintergrund der Saar abhebenden Bäume an der rechten Seite des von der Saar umflossenen Hügelzuges, wie auch den Schattenwurf auf der Saar links im Bild.
Ich bin überzeugt, die Verantwortlichen der französischen Militärregierung in Baden-Baden waren sich 1946 bei der Vergabe des Gestaltungsauftrages an Vytautas Kazimieras Jonynas der eigenen philatelistischen Vorgeschichte, aber auch der Bedeutung der Saarschleife für die Saarländer bewusst. Das Motiv war politisch gewollt. Als Vorlage für seine Arbeit verwendete Jonynas unzweifelhaft eine Ansichtskarte der Variante Saar-Bild-Archiv oder einen auf dieser Aufnahme basierenden Abzug. Vielleicht auch beides. Dies erklärt die fotorealistische Darstellung des Bildmotivs. Sie sehen, für Jonynas bestand keine Notwendigkeit, sich auf den weiten und damals beschwerlichen Weg an die Cloef zu machen.
Die fotorealistische Darstellung finden wir bei einem weiteren Motiv der Originalausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar. Die Werte zu 60, 75 und 80 Pfennig zeigen den Alten Turm von Mettlach, der auch das Logo von SAARPHILA ist.
Der 1 Mark-Wert der Originalausgabe wurde zwischen dem 28. und 30. Januar 1947 bei der 1946 eventuell (die Quellen sind hier uneindeutig) noch unter französischer Sequester-Verwaltung stehenden Druckerei Franz Burda in Offenburg in einer vergleichsweise niedrigen Auflage von 2 Millionen Stück (entspricht 20’000 Druckbögen à 2 Schalterbögen zu je 50 Stück) gedruckt und kam am 17. Februar 1947 an die Postschalter. Im Sommer 1947 fassten die Verantwortlichen der P.T.T. für das Saarland in Saarbrücken den Beschluss, 13 Werte der Originalausgabe zur Auffüllung der Bestände nachdrucken zu lassen. Die nachgedruckten Marken sollten dabei auch die inzwischen vollzogenen Währungsumstellung von Reichsmark auf Saarmark widerspiegeln.
Gleichzeitig bereiteten die französischen Behörden in Frankreich und im Saarland eine weitere Währungsreform vor, was die Verantwortlichen bei der P.T.T. jedoch nicht wussten. Ein Ziel dieser Währungsreform war sicherlich, die Versorgungssituation an der Saar zu verbessern: Wer verkauft schon Waren gegen eine schwindsüchtige Währung? Und wer arbeitet schon gern, wenn die Bezahlung in einer schwindsüchtigen Währung erfolgt, mit der man keine Waren kaufen kann und Schmalhans Küchenmeister bleibt? Zweifellos erfolgte die Währungsreform jedoch auch, um die seitens Frankreich offen betriebene Anbindung des Saarlandes an den französischen Wirtschafts- und Währungsraum zu beschleunigen. Das Thema Währungsreform 1947 ist – auch nach 70 Jahren – im Saarland ein heikles Thema. Obschon niemand leugnen wird, dass sich die Ernährungs- und Versorgungslage der Saarländer nach der Währungsreform von 1947 tatsächlich drastisch verbesserte. Diese Verbesserung der Lebensumstände wurde in den anderen Besatzungszonen genauestens beobachtet und war wohl auch mit ein Grund für die ein Jahr später erfolgte Währungsreform von 1948 in den Westzonen. Die Saarländer fanden sich plötzlich in einer paradoxen Lage wieder. Einerseits froh, dass es spürbar „aufwärts“ ging, waren sie jedoch massiven Anfeindungen der Deutschen in den Besatzungszonen ausgesetzt. Währungsgewinnler war da noch die harmloseste Beleidigung.
Die französischen Behörden liessen sich bei der Währungsreform 1947 weitgehend von ihren positiven Erfahrungen im Saargebiet 1921 leiten, wobei die Umstellung diesmal zweistufig erfolgte. Die französischen Behörden ersetzten nicht einfach die Reichsmark durch den Saarfranken, und koppelten diesen an den Französischen Franc. Zu Recht befürchteten Sie eine Schwemme von Reichsmark aus den anderen Besatzungszonen. Daher bestimmten Sie in einem ersten Schritt den Gesamtbestand an Reichsmark im Saarland. Hierzu wurde die Saarmark (SM), unterteilt in 100 Saarpfennig (Pf.), eingeführt. Es fand am 16. Juni 1947 ein Zwangsumtausch 1:1 statt, der jedoch nur der im Saarland registrierten Bevölkerung offenstand. Vorausschauend war schon zwei Wochen zuvor der Postverkehr zwischen den Besatzungszonen und dem Territoire de la Sarre unterbunden worden (Postsperre); über diesen Kanal konnten keine Reichsmarkbestände von aussen eingeführt werden. Darüber hinaus wurden die ohnehin strengen Zollkontrollen an der Grenze zu den Besatzungszonen nochmals verstärkt.
Die Währungsumstellung auf Saarmark fand ihren Weg auch auf die Briefmarken. Ein Wert der Ausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar wurde umgestaltet. Als die Druckerei Franz Burda in Offenburg im Oktober den Auftrag für den Nachdruck von 13 der ursprünglich 20 Werte der Originalausgabe erhielt, wurde beim 1 Mark-Wert als Währungsbezeichnung statt eines M ein SM als Kürzel für Saarmark verwendet.
Die Druckerei hatte – wohl aus Materialknappheit – die Druckzylinder der Originalausgabe nicht eingelagert, sondern für andere Druckaufträge – wahrscheinlich für die Länderausgaben der Zone d’occupation française en Allemagne – wiederverwendet. Für den Auftrag aus Saarbrücken mussten nun erst neue Druckzylinder erstellt werden. Dabei wurden die Originalvorlagen aber auch die Farben je nach Wert mehr oder weniger stark verändert und so wurde aus der geplanten 2. Auflage eine 2. Ausgabe, mit hellerem Papier und hellerer Gummierung, die 2. Offenburger Ausgabe.
Die 2. Offenburger Ausgabe der Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar hat nichts, aber auch gar nichts mit der leicht irreführenden Bezeichnung Saar II zu tun, die ihr insbesondere in deutschsprachigen Briefmarken-Katalogen finden könnt. Das war nicht immer so. Bis 1997 wurden die Werte der 1. Offenburger Ausgabe in deutschsprachigen Katalogen wie dem Michel-Katalog mit römisch I und die Werte der 2. Offenburger Ausgabe bei gleicher Katalognummer zur Unterscheidung mit römisch II gekennzeichnet. Beipiel:
BuS I, 1. Offenburger Ausgabe 2 Pfennig-Wert: MiNr. 206Z I
BuS II, 2. Offenburger Ausgabe 2 Pfennig-Wert: MiNr. 206Z II
Seit etwa 1998 findet ihr in deutschsprachigen Katalogen die Werte der 2. Offenburger Ausgabe nicht mehr als Typ unter den Hauptnummern, sondern unter den Katalognummern SAAR II – ich verwende die Bezeichnung Malstatt-Burbacher Druck – mit dem Zusatz fA für fehlender Aufdruck gelistet. Für mich eine sehr fragwürdige Änderung.
Was genau ist der Malstatt-Burbacher Druck? Hier bin ich euch eine Erklärung schuldig.
Am 13. Oktober 1947 begann die Druckerei Burda mit dem Druck der 2. Offenburger Ausgabe in hoher Stückzahl (zwischen 2 und 6 Millionen Stück pro Wert). Bereits am 24. Oktober 1947 wurden die ersten drei Werte und am 12. November 1947 weitere drei Werte an die Postdirektion Saarbrücken ausgeliefert. Zur allgemeinen Ausgabe über die Postschalter sind jedoch nur zwei dieser sechs Werte gelangt. Weshalb? Eine politische Volte, die auch unser Beitragsthema, das Bildmotiv Saarschleife, nicht unberührt liess.
Mittwoch, 20. November 1947. Tag X im Territoire de la Sarre. Die Saarmark, die – wir erinnern uns – am 16. Juni 1947 als alleiniges gesetzliche Zahlungsmittel im Saarland eingeführt worden war – wird durch den Saarfranken ersetzt. Der Umtausch erfolgt im Verhältnis 20:1 (20 Franken entsprechen 1 Saarmark). Der Wechselkurs des Saarfranken zum Französischen Franc ist 1:1. Eine Übergangsfrist für gemeldete Guthaben und Werte in Saarmark bis zum 15. Januar 1948 wird gewährt. Der Französische Franc wird faktisch offizielle Währung im Saarland. Fakt ist aber auch: Die Versorgungslage verbesserte sich so schnell, dass sich viele Einwohner des Saarlandes fragten, wo die vielen Waren über die letzten 2 ½ Jahre gehortet worden waren.
Des einen Freude, des anderen Frust. Was sollte nun mit den schon gedruckten und den weiteren bei Burda bereits in Auftrag gegebenen Briefmarken geschehen? Die benötigten Druckzylinder waren weitgehend geätzt, alles war bereit. Neue Marken in Frankenwährung zu gestalten, dazu fehlte die Zeit. Eine von den französischen Behörden bereits 1921 damaligen Völkerbund-Mandatsgebiet erfolgreich erprobte Technik bot die naheliegende Lösung: ein Überdruck der bestehenden Marken mittels Buchdruck. Die Malstatt-Burbacher Handelsdruckerei wurde beauftragt, die benötigten Werte aus den Restbeständen der Originalausgabe (BuS I) sowie den Marken der Neuausgabe (BuS II) zu überdrucken. Die streng geheimen und unter hohem zeitlichen Druck ausgeführten Arbeiten wurden von saarländischen und französischen Postbeamten über- sowie der Polizei bewacht. Der Malstatt-Burbacher Druck war geboren. Auf den Stichtag 20. November 1947 wurden die wichtigsten Wertstufen vorbereitet:
2 Franc auf 12 Pfennig, Überdruck ausschliesslich BuS I (Drucksache bis 20 g)
3 Franc auf 15 Pfennig (Mischsendungen bis 30 g, illustrierte Postkarten)
6 Franc auf 24 Pfennig (Briefe bis 20 g, Drucksachen bis 100 g, alle Postkarten inkl. Ausland)
Durch Kombination dieser drei Werte konnten weitere Portotarife abgedeckt werden. Die restlichen Werte wurden am 27. November 1947 resp. am 6. Dezember 1947 ausgegeben. Am Nikolaustag 1947 erschien auch der Wert 50 Franc auf 1 M/SM mit dem Bildmotiv Saarschleife.
Die obere Marke entstammt aus den Restbeständen der Originalausgabe. Zu erkennen an dem gelblichen Papier und der Währungsbezeichnung M für (Reichs-) Mark. Die überdruckten Marken aus den Restbeständen der Originalausgabe werden auch als Urdrucke oder Altdrucke bezeichnet. Die untere Marke ist dagegen ein Überdruck der Neuausgabe, ersichtlich an dem fast weissen Papier und der Währungsbezeichnung SM für (Saar-) Mark.
Weitere Unterscheidungsmerkmale sind neben dem verwendeten Papier auch die unterschiedlichen Gummierungen sowie die verwendeten Farben. Zwar sind beide Marken in der Farbe Dunkelgrün gedruckt, doch mit unterschiedlichen Tönungen, die nicht allein auf das unterschiedliche Papier zurückzuführen sind.
Das Saarhandbuch notiert für die Marke der Originalausgabe als Farbe „dunkelgrün“ und hält für die Marke der Neuausgabe lakonisch fest: „keine Farbänderung“. Der MICHEL® Saar-Spezial 2017 gibt – seit mindestens 15 Jahren unverändert – für beide Marken als Farbe „schwärzlichgraugrün“ an. Darunter kann sich kein mir bekannter Mensch eine konkrete Farbe vorstellen, aber dazu gibt es ja den hauseigenen MICHEL® Farbenführer. Im Michel Deutschland Spezial Katalog von 1996 waren für die beiden Mark-Werte der 1. und 2. Offenburger Ausgabe wie auch für den 50F-Wert des Malstatt-Burbacher Drucks (MBD I/II) noch unterschiedliche Farben katalogisiert:
1 Mark Originalausgabe: „dkl’grün“
1 Mark Neuausgabe: „blaugrün“
50F MBD I auf Originalausgabe (MiNr. 238a): „dunkelgrün“
50F MBD II Neuausgabe (MiNr. 238b): „blaugrün“
Ich frage mich nur, wieso diese Änderung? Die Farben der Marken haben sich doch seit dem Druck im Jahr 1947 ja nicht geändert.
Die Verwendung der Saarschleife als Motiv für Briefmarken ging auch nach 1947 munter weiter. Die Post- und Telegraphenverwaltung des Saarlandes (Abkürzung P.T.T., wie in der Schweiz oder Frankreich) brachte am 1. April 1948 die erste Briefmarkenausgabe des Saarlandes Wiederaufbau des Saarlandes an die Schalter. Die Luftpostmarken zu 25, 50 und 200 Francs zeigen den Schatten eines Flugzeuges über der Saarschleife.
Das verwendete Motiv ist nicht einfach als Saarschleife zu erkennen. Wie bei dem 5 Pfennig-Wert von 1921 wurde ein anderer Blickwinkel gewählt, als der vom Aussichtspunkt Cloef auf den Scheitel der Flussschleife. Eine Postkarte aus der Zeit vor 1938 und eine meiner eigenen Aufnahmen hilft uns, den Standort des Betrachters zu bestimmen.
Der Betrachter steht links auf der Aussichtsplattform und schaut Richtung Merzig-Besseringen. Der Gestalter der Flugpostmarken, Albert Decaris, hat sich für seinen Entwurf deutlich mehr künstlerische Freiheit genommen, als Vytautas Kazimieras Jonynas für das Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach.
Nun wurde es für viele Jahre ruhig um das Briefmarkenmotiv Saarschleife. Erst 1970, zur Nationalen Briefmarkenausstellung SABRIA 70 vom 29. April bis 3. Mai in Saarbrücken, gab die Deutsche Bundespost – die Post- und Telegraphenverwaltung des Saarlandes existierte nicht mehr – ein Postwertzeichen zu 30 Pfennig heraus, welches im Bildmotiv den 1 Mark-Wert von 1947 zeigte (sogenannte Marke in der Marke).
Wieder sollten viele Jahre ins Land ziehen, die Deutsche Bundespost gab es längst nicht mehr, bis die Deutsche Post AG am 14. September 2000 im Rahmen der Briefmarkenserie Bilder aus Deutschland das Motiv Saarschleife bei Mettlach wiederentdeckte.
Na, ja! Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Nun schlug die Stunde einer Privatpost. Die Saarriva, ein privater Postdienstleister im Saarland, gab am 29. November 2005 im Rahmen ihrer 1. Briefmarken-Kollektion den Wert L mit dem Motiv Saarschleife heraus. Da kann ich nur gratulieren.
Die Deutsche Post AG liess sich nicht lumpen und gab am 2. Januar 2007 aus Anlass des 50. Jahrestages der Aufgabe der Souveränität des Saarlandes eine Sondermarke zu 55 Eurocent heraus (selbstklebende und nassklebende Variante), die als Teil einer Kollage auch die Saarschleife zeigt.
Das vorläufig letzte Kapitel der Saarschleife als Briefmarkenmotiv wurde 2016 von der Regierung des Saarlandes aufgeschlagen. Zum 1. Januar 2017 wurde in der Saarbrücker Staatskanzlei ein Briefmarkenset Individuell mit 10 Marken zu jeweils 70 Eurocent und mit limitierter Auflage ausgegeben. Neben vier vorgegebenen Motiven zur Geschichte des Saarlandes (als deutsches Bundesland) konnten die Saarländer im Oktober 2016 aus einer Reihe von Motiven ihre Favoriten bestimmen. Für mich wenig erstaunlich fand die Saarschleife grossen Zuspruch in der Bevölkerung und somit ihren Eingang in das Markenset.
Habe ich in meiner Aufstellung eine Marke oder ein Postwertzeichen nicht aufgeführt? Verfügt ihr über weitere oder exaktere Informationen? Oder sollte mir ein Fehler unterlaufen sein? Bitte kontaktiert. Ich danke euch im Voraus für eure Unterstützung.
(1) Die Gewohnheit, Briefmarkenausgaben der Saarregion nach ihrem Druckort zu benennen, geht auf den französischen Philatelisten und Autor L. Belini zurück. In seinem Werk Études sur les timbres-poste de la Sarre (1920-1935), erschienen von November 1935 bis Dezember 1938 in 21 Artikeln (en suite) im renommierten und heute noch erscheinenden Magazin L’Echo de la Timbrologie, bezeichnet er die erste Briefmarkenausgabe für das Territoire du Bassin de la Sarre als Première émission de Paris valeur en Mark et Pfennig und als Galerie des Tableaux.
Die Artikel findet ihr in den nachstehenden Ausgaben von L’Echo de la Timbrologie: