Basiswissen Philatelie (VI) – Bestimmung des Zähnungsmasses

Hallo

Welches Zähnungsmass haben die Marken der Freimarkenserie Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar? Diese Frage kann mit Hilfe eines einschlägigen Briefmarkenkataloges rasch beantwortet werden. Das Zähnungsmass, auch als Zähnungszahl oder Zähnungsgrad bezeichnet, ist 14 x 14 (auch 14:14). In einigen Katalogen findet sich auch verkürzt K14, wobei das „K“ für Kammzähnung steht.

    • Doch was bedeutet dieses Zähnungsmass?
    • Wie messen wir es?
    • Wieso sollten wir Sammler uns damit beschäftigen?

Die ersten Briefmarken, die Mitte des 19. Jahrhunderts ausgegeben wurden, wiesen noch keine Perforation, keine heute für Briefmarken typischen „Zähne“ auf. Diese ersten Briefmarken wurden vom Postbeamten mit der Schere aus dem Schalterbogen geschnitten. In Geschäften und Unternehmen, die häufig ganze Bogen oder Bogenteile bei der Post kauften, war hierfür ein Mitarbeiter zuständig.

One Penny Black von 1840. Dieses Exemplar wurde mit einem ungewöhnlich gleichmässigen Rand aus dem Bogen geschnitten.

In Grossbritannien wurde schon wenige Jahre nach Ausgabe der ersten Briefmarken darüber nachgedacht, wie man die einzelnen Marken einfacher als mit der Schere aus dem Schalterbogen trennen könnte. Zuerst experimentierte man mit rotierenden Messerchen, die in gerader Linie und in regelmässigen Abständen zwischen den einzelnen Marken kleine Schnitte ins Papier stachen. Das Durchstechen (frz. la perçage, engl. rouletting) war eine Verbesserung führte aber häufig zu Rissen in den Marken, weshalb weiterhin zur Schere gegriffen wurde. Nur schnitt man nun entlang der Durchstiche.

Die zündende Idee war die regelmässige Entfernung von Papier durch geschärfte Lochstifte. Sie alle kennen wahrscheinlich die Revolver-Lochzange, mit deren unterschiedlich grossen Lochstiften ein zusätzliches Loch in den Gürtel gestanzt werden kann, wenn das Essen im Urlaub wieder einmal zu üppig ausfiel.

© Diktum GmbH

Mittels solcher Lochstifte, in gleichmässigen Abständen als Kamm auf eine Leiste oder als Kreuzkamm auf ein Gitter montiert – für die verschiedenen Varianten klicken Sie hier, wurden die Schalterbögen nach dem Druck zwischen den Markenbildern gelocht. Der Philatelist spricht von Perforation. Im Gegensatz zum Durchstich mittels Messer, wurde bei der Lochung – denken Sie ans Lochen von Papier vor dem Abheften im Ordner – Papiermaterial entfernt, was die Trennung der Marken – immer noch ein Zerreissen von Papier, nur weniger – aus dem Bogen sehr vereinfachte. Die Briefmarken waren zu ihren Zähnen gekommen.

One Penny Red von 1855 

Schnell fand man heraus, dass eine Lochung mit weitem Abstand zwischen den einzelnen Löchern zu unbefriedigenden Ergebnissen führte, da immer noch viel Papier zu zerreissen war. Ebenso wurde die Verwendung von Lochstiften mit grossem Durchmesser schnell aufgegeben. Kleine Löcher, dafür eng beieinander erbrachten die besten Resultate.

Die Kennzahl, die uns angibt, wie eng die einzelnen Perforationslöcher angebracht wurden, ist das Zähnungsmass. Es wird berechnet als die Anzahl Zähnungslöcher pro 2 Zentimeter. Konkretes Beispiel: Der 1 Mark-Wert der Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar mit dem Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach ist 22,5 Millimeter hoch und knapp 41 Millimeter breit. Wir zählen 17 auf 29 Zähnungslöcher. Auf 2 Zentimeter gerechnet, ergibt dies 14 x 14 (Breite x Länge). Auf den vorstehenden Absatz angewandt gilt bis zu einem gewissen Grad: je höher das Zähnungsmass ist, desto leichter lassen sich die Briefmarken voneinander trennen.

Das Zähnungsmass ist nicht in allen Fällen auf allen Seiten der Briefmarke gleich: Es kommt durchaus vor, dass die waagerechten Seiten mit 14 ¾ gezähnt sind und die senkrechten Seiten mit 14. Diese unsymmetrische Zähnung wird in der Literatur mit 14¾ x 14 (auch 14¾:14) wiedergegeben. Es gibt auch Briefmarkenausgaben, die im Verlauf der Gültigkeit ein- oder mehrmals nachgedruckt wurden und dabei eine unterschiedliche Perforation erhielten. Dies kann sich – je nach Seltenheit der einzelnen Zähnungsmasse – rasch im monetären Wert der Marke niederschlagen.

Nun können wir zwar das Zähnungsmass berechnen; die einen im Kopf, die anderen mit Taschenrechner. Wir müssen es aber nicht. Es gibt viel interessantes Zubehör, welches uns diese Rechenarbeit abnimmt und in einigen Fällen auch Zusatznutzen bietet. Und dies sogar für kleines Geld.

Dieses Zubehör ist der Zähnungsschlüssel (frz. odontomètre, engl. perforation gauge, perforation tester). Ein einfaches Gerät, welches uns Sammler über optische, optisch-mechanische oder sogar digitale Ansätze das Rechnen abnimmt. Klingt gut? Ist es auch.

Von oben nach unten: Die einfachen Zähnungsschlüssel von Leuchtturm und Lindner.

All diesen Zähnungsschlüsseln ist gemeinsam, dass wir zur Bestimmung des Zähnungsmasses unsere Briefmarke solange auf den ausschliesslich optisch wiedergegebenen Zähnungen auflegen müssen, bis wir eine genaue Übereinstimmung erhalten. Sie merken schon: diese Methode ist schnell und günstig, aber auch mit einer gewissen Unsicherheit behaftet.

WICHTIG: Für die Messung von Marken auf philatelistischen Belegen sind im Fachhandel transparente Varianten des Zähnungsschlüssels erhältlich.

Ein optisch-mechanisches Zubehör ist die Phila Combi-Box aus dem Haus Lindner.

Dieses Zubehör vereinigt den Zähnungsschlüssel mit einer Schale für die Wasserzeichensuche mittels chemisch reinem Benzin. Bei der Phila Combi-Box sind die Zähnungslöcher nicht nur aufgezeichnet, sondern als kleine Stifte ausgeführt. So findet ihr durch vorsichtiges Anlegen der Briefmarke rasch das korrekte Zähnungsmass. Wie das aussieht? Seht selbst.

Was wir benötigen: Phila Combi Box, Briefmarke, Pinzette
Die Marke – vorsichtig – mit der Pinzette den Zähnungsschlüssel entlangfahren, bis Stifte und Zähnung exakt zusammenpassen.
Zähnungsmass 14, was messe ich überhaupt … steht doch schon oben auf der Marke, oder?

Ich persönlich erachte die computergestützten Varianten des Zähnungsschlüssels für sehr praktisch, da sich das sehr genaue Ergebnis der Messung speichern und ausdrucken lässt. Alles, was es zur Zähnungsbestimmung braucht, ist ein Scan oder ein Foto unserer Briefmarke.

Für das weit verbreitete Betriebssystem Microsoft Windows gibt es den PERFOMaster 3000 aus dem Haus Buxsoft. Dieses arbeitet unter der steinzeitlichen Version Windows XP genauso wie unter Windows 7, aber genauso tadellos unter Windows 10.

Für Mac OS X sowie iOS gibt es die Applikation Stamp Analyser des Entwicklers Rakium Inc. aus den USA. Neben dem Zähnungsmass ermittelt diese Software auch noch den – in den USA sehr entscheidenden – „Grade“ (Zentrierung) der Briefmarke. Besitzer eines iPhones können mittels der integrierten Kamera die Aufnahme einer Briefmarke direkt in die Software einlesen und analysieren. Die App erkennt auch selbständig die Skalierung der Abbildung, kann damit in der Regel auch auf Angebote aus ebay, Delcampe & Co. angewendet werden. Für mich ein Muss für alle Philatelisten.

Schaut euch bitte die Ergebnisse der beiden softwarebasierten Lösungen genau an. Ihr werdet feststellen, dass das Zähnungsmass einer gewissen Bandbreite unterworfen ist. Ich habe für die Messungen unter beiden Systemen denselben Scan derselben Briefmarke verwendet. Die Variation resp. die kleinen Abweichungen des Ergebnisses sind völlig normal. Das Zähnungsmass bleibt 14×14.

Wofür benötigen wir nun diese Messzahl Zähnungsgrad? Zur Erkennung von seltenen Abarten und unerwünschten Fälschungen. Bei der Perforation und der Zähnung einer Briefmarke gibt es viele Ansätze, um aus einer häufigen, günstig zu erwerbenden Marke, eine seltene, gesuchte und damit teurere Marke zu „basteln“. Oft werden Briefmarken mit schlechter, beschädigter Zähnung nachgezähnt. Dies bedeutet, dass die Zähnung repariert wird und für Otto-Normalsammler wie eine unbehandelte Zähnung aussieht. Es gibt jedoch auch Fälle, wo skrupellose Fälscher durch Anbringung eines anderen Zähnungsgrades als des ursprünglich vorhandenen, selten vorkommende Mischzähnungen herstellen.

In all diesen Fällen helfen uns Zähnungsschlüssel. Ihr könnt euch sicherlich gut vorstellen, dass auf Briefmarkenbörsen oder -messen die rasche und unkomplizierte Bestimmung des Zähnungsgrades und der Dimensionen einer Briefmarke über die Kamerafunktion eines Smartphones viel Geld wert sein kann.

Bis dann

#saarphila #saarphilatelie