Hallo
In der Ausgabe 1/2023 der Deutschen Briefmarken-Revue sind gleich zwei Artikel aus meiner Feder, sprich Tastatur, erschienen.
Ab Seite 21 beschreibe ich ausführlich die bislang in der Fachwelt nicht bekannten Ministerblocks der 2. Offenburger Ausgabe (vgl. auch die SAARPHILA-BLOG-Beiträge hier und hier). Die in meiner Sammlung befindlichen fünf Ministerblocks sind jedoch keine Einzelstücke, denn mit Unterstützung des Auktionshauses Christoph Gärtner konnte ich für jeden der vier Werte weitere fünf Exemplare nachweisen.
Zur Auffrischung:
Die 2. Offenburger Ausgabe ist manchem Leser wahrscheinlich nur im Zusammenhang mit der Malstatt-Burbacher Überdruckausgabe (MBD I/II, auch SAAR II) als preisgünstiges Pendant zum «Urdruck» bekannt, In den MICHEL®-Katalogen als Typ II oder Neudruck bezeichnet. Daher an dieser Stelle ein kurzer Überblick dieser interessanten Marken, welche in den MICHEL®-Katalogen seit 1997 leider ein unverdientes Nischendasein fristen.
In den ersten neun Wochen des Jahres 1947 wurden die Marken der Freimarkenserie Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar (BuS I, auch SAAR I) ausgegeben. Allen Beteiligten war bereits während der Planungsphase im Oktober/November 1946 bewusst, diese Freimarkenserie würde bloss eine Übergangsausgabe sein. Die Politik der französischen Regierung arbeitete seit November 1946 auf eine Wirtschaftsunion mit einem autonomen Saarland hin. Die erste reguläre Regierung der IV. Republik plante «die Einführung eines entsprechenden Statuts, das die Autonomie der Saar anerkennt, ihre Persönlichkeit, ihre eigene Verfassung. Das Statut wird eine unabhängige Regierung unter der Kontrolle eines französischen Hohen Kommissars vorsehen, dessen Vollmachten noch zu präzisieren sind. Die französische Regierung übernimmt die auswärtige Vertretung. Ebenso gelten bestimmte französische Gesetze ipso facto. Dazu wird das Statut den untersagten Bereich benennen oder genauer gesagt den Bereich, der der französischen Autorität vorbehalten bleibt.» (1)
Die vorgesehene Wirtschaftsunion setzte die Einbeziehung des Saarlandes in das Zollgebiet Frankreichs voraus, was bekanntlich am 22. Dezember 1946 umgesetzt wurde. Eine weitere Voraussetzung war die Einführung des französischen Franc als gesetzliches Zahlungsmittel im Saarland. Dieser Währungswechsel benötigte jedoch nebst zeitintensiven Vorarbeiten auch die Zustimmung der französischen Nationalversammlung. Kein einfaches Unterfangen bei den damaligen innenpolitischen Gegensätzen.
Die von der P.T.T. innert Jahresfrist erwartete Einführung des Franc würde eine neue Freimarkenserie in Frankenwährung nach sich ziehen, die — so die Planung — man rechtzeitig in Auftrag geben würde. Die Auflagen der einzelnen Werte der 1. Offenburger Ausgabe waren daher so bemessen, dass ab Ende Januar der absehbare Markenbedarf für etwa 10 Monate gedeckt wäre. Es zeigte sich bald, die Verantwortlichen hatten bei ihren Berechnungen zwei menschliche Faktoren unterschätzt: die Sammelleidenschaft sowie das Horten von Briefmarken als vermeintlich sichere Wertanlage in unsicheren Zeiten einer schwindsüchtigen Reichsmark.
Die P.T.T. Saarbrücken registrierte im Spätsommer 1947 bei einigen Werten der 1. Offenburger Ausgabe einen raschen Rückgang ihrer Bestände. Hinsichtlich des Zeitpunkts des Währungswechsels hielt man sich in Paris jedoch weiterhin bedeckt, obschon bereits am 16. Juni 1947 zur Feststellung der im Saarland vorhandenen Bestände an Reichsmark ein Zwangsumtausch in ‹Saarmark› stattgefunden hatte. Die Verantwortlichen der P.T.T. Saarbrücken hätten wahrscheinlich liebend gern eine neue Freimarkenserie in Frankenwährung in Auftrag gegeben. Stattdessen waren sie gezwungen, im September 1947 bei der Druckerei Franz Burda in Offenburg eine Neuauflage der Freimarkenserie Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar in Auftrag zu geben.
In Offenburg war man überrascht. Hier war man ebenfalls davon ausgegangen, dass die Freimarkenserie Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar bloss eine Übergangsausgabe bis zur Bestellung von Briefmarken in Frankenwährung sei. Sämtliche Materialien wie die kupfernen Ballardhäute, die Diapositive usw. waren entweder für die Länderausgaben der Französischen Zone verwendet oder vernichtet worden. Allein die Vorlagen und Originalnegative der 1. Offenburger Ausgabe (BuS I) waren noch vorhanden. Auf Basis dieser Originalnegative wurde nun zwischen Mitte Oktober und Ende November 1947 die 13 Werte umfassende 2. Offenburger Ausgabe (BuS II) gedruckt und ausgeliefert.
Die Werte mit dem Bildmotiv «Stahlwerker» waren die ersten Werte, welche gedruckt und ausgeliefert wurden. An die saarländischen Postschalter gelangten jedoch vor dem Währungswechsel nur die drei Werte zu 15 Pf., 16 Pf. und 24 Pf. (2), welche am 24. Oktober 1947 nach Saarbrücken versandt worden waren. Der ebenfalls im Oktober 1947 fertiggestellte 20 Pf.-Wert kam dagegen nicht ohne Überdruck in Frankenwährung zur Ausgabe. Weshalb nicht? Die P.T.T. Saarbrücken wurde höchstwahrscheinlich erst Ende Oktober in die kurz bevorstehende Währungsumstellung eingeweiht. Daraufhin stoppten die Verantwortlichen den Briefmarkendruck bei Burda. Bei der Lagebeurteilung kristallisierte sich schnell heraus, es blieb bis zum Währungswechsel nicht genug Zeit, Briefmarken in Frankenwährung herzustellen. Was tun Postverwaltungen auf der gesamten Welt in einer solchen Situation? Sie überdrucken trotz aller damit verbundenen Nachteile die vorhandenen Markenbestände, um Zeit zu gewinnen. Der Druck bei Burda wurde wieder aufgenommen. Soviel zur Entstehungsgeschichte der 2. Offenburger Ausgabe.
Ab Seite 36f könnt ihr den 13. Teil der von mir verfassten, 20-teiligen Beitragsserie über die Feldmerkmale der SAAR I lesen. Dieser Beitrag behandelt die Feldmerkmale des 40 Pfennig-Werts. Darüber hinaus befasst er sich mit Druckabklatschen.
Bis dann
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Anmerkungen
(1) Loth, Wilfried; Die unvollendete Annexion, Frankreich und die Saar 1943 bis 1947; VfZ 70 (2022) H.3
(2) Die entsprechende Anmerkung in den MICHEL®-Katalogen zählt hier den 12 Pfennig-Wert auf, was falsch ist. Der 12 Pfennig-Wert der 2. Offenburger Ausgabe wurde als letzter der 13 Werte am 22./24. November 1947, also nach dem Währungswechsel gedruckt. Richtig ist, dass der 12 Pf./2F-Wert (MBD I, ausschliesslich «Urdruck») zu den drei Marken gehörte, welche neben 15 Pf./3F und 24 Pf./6F am Tag des Währungswechsels an den saarländischen Postschaltern verfügbar waren.
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