In diesem Beitrag möchte ich die kaum zu gering einzuschätzende Bedeutung der Saarschleife einmal aus nicht-philatelistischer Sicht darstellen.
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Erinnert ihr euch noch an Telefonkarten? Telefonkarten waren eine Bezahlmöglichkeit für Telefongespräche von öffentlichen Fernsprechern, umgangssprachlich auch Telefonzellen genannt.
Es war ja auch wirklich unbequem, immer Münz mit sich herumzutragen, nur um im Falle eines Falles von unterwegs telefonieren zu können. War es doch einmal notwendig zu telefonieren … ja dann …
Erst durfte man Schlange stehen, da ein mit ausreichend Münz bewaffneter Teenager ein Dauergespräch führte. Hatte man dann in der vom selben Teenager vollgequalmten Zelle – ein wirklich treffender Begriff – endlich die Münz in den Schlitz geworfen, die Wählscheibe betätigt und den Hörer ans Ohr gehalten … nahm niemand ab. Die gewünschte Person, obschon mit einem modernen Telefonanschluss in der Wohnung gesegnet, war wohl nicht zu Hause! Oder in der Badewanne, oder im Garten, vielleicht sogar beim Einkaufen. Wer weiss!
Die Einführung von Telefonkarten sollte dann alles verbessern – versprach uns die Werbung. Die alten, vollgequalmten Telefonzellen wurden durch Telefonsäulen im modernen Design des Minimalismus ersetzt, die Münz nicht mehr akzeptierten. Die Luftqualität war nicht unbedingt besser – Stichwort Autoabgase – und man stand bei Regen … richtig … im Regen. Die Säule schützte zwar den Telefonapparat vor den meisten Unbilden des Wetters, aber nicht den Benutzer.
Die Problematik der Erreichbarkeit der gewünschten Person wurde entgegen aller Werbeversprechen durch die Einführung von Telefonkarten jedenfalls nicht geändert. Dafür hatte man nun ein ganz neues Problem: Wenn sich die Telefonkarte während des äusserst wichtigen Ferngespräches in rasantem Tempo leerte, nützten einem Münz im Portemonnaie nicht mehr. Man benötigte schnellstens eine neue Telefonkarte. Hatte man Glück und ein Kiosk war in der Nähe und war überdies geöffnet … stand man danach wieder vor der Telefonsäule und wartete, bis der oben bereits erwähnte Teenager, ausreichend mit Telefonkarten bewaffnet, sein Dauergespräch beendete. Ja, ja … so schön war sie, die gute alte Zeit.
Hier die Telefonkarte für Mettlacher, Orscholzer sowie eingefleischte Saarlandfans … nur echt mit der Saarschleife.
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Die Saarschleife bei Mettlach ist bekanntlich ein beliebtes Tourismusziel. Das haben die Saarländer schon sehr früh erkannt und mit dem Motiv Saarschleife um zahlungskräftige Urlauber geworben. Andere Institutionen brauchten dann nur noch auf den Zug aufspringen. Für die Autofahrer …
… die Biker
… die Velofahrer …
… die Wanderer …
… überall prangt eine mehr oder minder gelungene Abbildung der Saarschleife auf dem Cover. Auch die aktuelle Ausgabe des renommierten Merian kommt nicht um dieses Bildmotiv herum.
Die Rückseite dieser Merian-Ausgabe nutzt Saarland Tourismus zu einem kleinen, gepflegten Seitenhieb auf Hamburg. Selbstverständlich – ihr habt es sicherlich geahnt – mit dem Motiv Saarschleife.
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Schon die Kleinen lernen im Saarland schnell die Bedeutung der Saarschleife kennen. Als spannendes Kinderbuch …
… oder in der Schule …
… Lernen geht offenbar schneller, wenn zumindest das Cover des Lehrbuchs Schönheit und Weite verspricht.
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Kennt ihr 0 Euro-Scheine? Eine Erfindung findiger französischer Tourismusexperten. Wertlose Geldscheine für gutes Geld verkaufen. Ist das nicht genial? Die Idee könnte glatt von Mario Draghi stammen, nur macht der es ja anders herum.
Item. Wertlose 0 Euro-Scheine könnt ihr unter anderem im Saarland erwerben. Entsprechende Sammelalben und Kataloge erhaltet ihr dagegen beim Briefmarkenfachhändler eurer Wahl. Das ist kein Witz.
Welches Motiv zeigt der derzeit einzige saarländische 0 Euro-Geldschein? Wie könnte es anders sein … die Saarschleife.
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Ihr sucht noch einen Kalender für das Jahr 2019? Greift zu. Egal, ob für den Tisch in einer Sprache, die wohl niemand versteht …
… oder für die Wand.
Hängt ihr euch statt eines vergänglichen Kalenders lieber einen Teller an die Wand? Dann werdet ihr bei Villeroy & Boch fündig, nur nicht in deren Outlet in Mettlach. Hier ein schönes Exemplar eines Wandtellers … wie könnte es auch anders sein … mit dem Motiv Saarschleife.
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Apropos Villeroy & Boch. Wir verdanken es der Standhaftigkeit der Familie von Boch, dass das Naturjuwel Saarschleife mehr oder weniger so aussieht, wie noch vor zwei Generationen. Wäre es nach Adolf Hitler und seinem Statthalter im Saarland Josef Bürckel gegangen, hätten die Saarländer aus lauter Dankbarkeit für den Ausgang des Plebiszits von 1935 nicht nur das Gautheater in Saarbrücken „geschenkt“ bekommen, sondern noch eine Nazi-Ordensburg dazu. Diese hätte die Burg Montclair auf der Landzunge innerhalb der Saarschleife ersetzt.
Bis dann
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Folgt mir auf Facebook und Twitter (beide @SaarPhilatelist) und ihr seid immer auf dem Laufenden.
Das Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach, Blick von der Cloef, erweist sich als ein sehr ergiebiges Thema. Dies ist – ich habe nachgezählt – mein neunter Beitrag auf dem Saarphilatelie-Blog. Als ich zu Beginn dieses Jahres den ersten Beitrag zu diesem Bildmotiv der 1. Offenburger Ausgabe der Briefmarkenserie Berufe und Ansichten aus dem Saarland schrieb, konnte ich mir nicht vorstellen, dass ich im November noch über dieses Thema schreiben würde. Manchmal glaube ich, eine leichte „déformation professionelle“ zu haben. Oder sehe ich heute einfach mehr Dinge, die ich früher „übersehen“ habe?
Für alle diejenigen unter euch, die meinem Saarphilatelie-Blog erst seit Kurzem folgen, hier die Links zu den vorhergehenden Beiträgen:
Worum geht es in diesem Beitrag? Wir wissen inzwischen, dass Vytautas Kazimieras Jonynas – der Gestalter der Bildmotive der Berufe und Ansichten aus dem Saarland – seine Version der Saarschleife nach einer fotografischen Vorlage aus den späten 1920er-, sehr frühen 1930er-Jahren gestaltete. Sehr wahrscheinlich verwendete Jonynas eine Ansichtskarte aus dem Propagandamaterial des – Ironie der Geschichte – nationalsozialistischen Saar-Bild-Archivs als Vorlage für seinen fast schon fotorealistisch zu nennendes Bildmotiv.
In der dritten Ergänzung habe ich detailliert beschrieben und u.a. auch forsttechnisch belegt, dass das Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach auf den Marken der 1. und der 2. Offenburger Ausgabe (vgl. Abbildungen) die Landzunge in der Mitte der Saarschleife so zeigen, wie diese um 1930 herum ausgesehen haben muss. Falls Jonynas im Herbst 1946 an die Saarschleife gereist wäre, hätte sich ihm die Saarschleife so dargestellt:
nachkolorierte Aufnahme nach Ende des Zweiten Weltkriegs
Die Ähnlichkeit zu dem Bildmotiv des 1 Mark-Werts der beiden Ausgaben Berufe und Ansichten aus dem Saarland ist sicherlich gegeben, aber der Bewuchs der Landzunge unterscheidet sich. Büsche und Bäume wachsen halt in 15-20 Jahren, wenn man sie denn lässt.
Anhand von weiteren, ebenfalls neu hinzugekommenen Stücken aus meiner Sammlung möchte ich zeigen, dass die uns von der Briefmarke so vertraute Darstellung der Saarschleife im ganzen deutschen Reich weit verbreitet war.
Verlag G. Vockenburg, Dudweiler, nach einer Aufnahme von Max Wentz, Saarbrücken
Vor allem im Saarland konnte man eine Ansichtskarte des Verlags G. Vockenburg in Dudweiler kaufen.
Zur gleichen Zeit zirkulierte in der preussischen Rheinprovinz, zu welcher Orscholz und damit die Cloef – von welcher alle Aufnahmen gemacht wurden – gehörte, eine Ansichtkarte des Verlags Ferd. Hegner Buchhandlung, Saarburg, Kreis Trier.
Das nationalsozialistische Saar-Hilfswerk unter Hitlers Saarbeauftragten Franz von Papen (1879-1969) resp. später Josef Bürckel (1895-1944) liess als Teil des Propagandafeldzuges vor der Saar-Abstimmung vom 13. Januar 1935 im ganzen Reich von Schülern eine Ansichtskartenserie mit Motiven aus dem Saarland verkaufen. Darunter auch eine Ansichtskarte mit der Saarschleife bei Mettlach nach einer Aufnahme des Saar-Bild-Archivs.
Dieser Beleg, gelaufen von Villmar an der Lahn über Giessen nach Nordrach im Schwarzwald, zeigt exemplarisch, dass die vom Saar-Hilfswerk im deutschen Reich gestreuten Ansichtskarten auch tatsächlich verwendet wurden.
Hier noch eine gut erhaltene Vignette aus der Zeit der Saar-Abstimmung von 1935.
Eine sehr überraschende Verwendung des Motivs Saarschleife bei Mettlach fand ich durch Zufall und konnte zwei Exemplare für meine Sammlung erwerben.
Es handelt sich um zwei Zigarettenbildchen in Fotoqualität der Monopol GmbH in Dresden. Diese Bilder sind je 6 cm x 4,6 cm gross auf stabilem rückseitig bedrucktem Fotopapier. Für die damals nicht nur im Deutschen Reich sehr beliebten Sammel-Bilder konnte der geneigte Raucher für sich resp. für seine Kinder sogar ein Sammelalbum bestellen. Das machte das Rauchen zwar nicht gesünder dafür jedoch lehrreich.
Diese Zigarettenbildchen können wir ebenfalls datieren. Wie? Anhand der Gesellschaftsbezeichnung GmbH. Bernhard Lippmann Hurwitz gründete 1875 in Eydtkuhnen/Ostpr. die Monopol Zigaretten- und Tabakfabrik oHG. 1895 erfolgte der Domizilwechsel in die Blasewitzer Strasse 70 in Dresden. Die Monopol Zigarettenfabrik oHG wurde Hoflieferant seiner Majestät des Königs von Sachsen. Nach dem Tod des Firmengründers im Jahr 1921 übernahmen Benno Hurwitz und Dr. Emil Hurwitz die Firma. 1928 wurde die oHG in eine KG und später wieder in eine oHG umgewandelt. 1934 erfolgt die Enteignung durch die Nazis. Das Unternehmen firmiert nun als Monopol GmbH. Die Zigarettenbildchen stammen also aus der Zeit nach 1934, was auch den expliziten Hinweis auf die „deutsche Saar“ im Text erklärt.
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In der sechsten Ergänzung zu Motive (I) – Saarschleife konnte ich ein gelaufenes Exemplar der Bildpostkarte Mi. BRD P129 g 8/114, einer Ganzsache, vorstellen. Inzwischen konnte ich ein ungelaufenes Exemplar meiner Sammlung hinzufügen.
Bis dann
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In einem vorhergehenden Beitrag habe ich über Bildpostkarten mit dem Motiv Saarschleife bei Mettlach geschrieben. Ich freue mich, euch hier eine der beiden Karten, im Michel Ganzsachen- und Bildpostkartenkatalog als Mi. BRD P129 g 8/114 geführt, vorstellen zu können:
Bemerkenswert ist neben der exzellenten Erhaltung des Belegs dessen saubere und lesbare Abstempelung. Abgeschlagen wurde ein Werbestempel mit Bezug zur Saarschleife.
Ich habe einen sehr interessanten Beleg ersteigert, den ich euch nicht vorenthalten möchte.
Dieser Bedarfsbeleg – ein grosser Briefumschlag – verbindet auf anschauliche Weise die gleichzeitige Verwendung des Motivs Saarschleife bei Mettlach für amtliche, postalische und touristische Zwecke.
Der Amtsbürgermeister in Mettlach=Saar schickt am Donnerstag, 14.08.1947, ein Einschreiben an Herrn G. A. Heydorn in Essen-Bredeney, wo dieses am Sonntag, 17.08.1947, ankam. Soweit ein ganz normaler Vorgang.
Das Einschreiben ist korrekt mit 108 Pfennig frankiert: 48 Pfennig für einen Fernbrief der zweiten Gewichtsstufe bis 250 Gramm (der Umschlag ist aussergewöhnlich gross: 19,3 x 12,3 cm) plus 60 Reichspfennig für die Einschreibegebühr. Von einem Amt habe ich – offen gesagt – auch nichts anderes als eine korrekte Frankatur erwartet.
Das Spezielle an diesem Beleg erschliesst sich dem Betrachter erst auf den zweiten Blick.
Schauen wir uns zuerst die Frankatur an. Verwendet wird eine 1 Mark-Marke und eine 8 Pfennig-Marke. Das Bildmotiv des 1 Mark-Werts ist die Saarschleife, unweit des Orts Mettlach saaraufwärts.
Der Bildaufdruck auf dem Umschlag zeigt ebenfalls die Saarschleife. Bei der Abbildung handelt es sich um dieselbe Aufnahme, welche – auf einer Ansichtskarte – dem Gestalter Vytautas Kazimieras Jonynas als Vorlage für das Bildmotiv des 1 Mark-Bildmotivs diente (vgl. hier).
Bereits die Kombination von Werbeumschlag mit Briefmarke ist für einen Bedarfsbrief nicht gerade alltäglich.
Na und, denkt ihr sicherlich. Das Bürgermeisteramt möchte wohl den regionalen Fremdenverkehr fördern, hat Umschläge mit einer Abbildung des bekanntesten Ausflugsziels in der näheren Umgebung drucken lassen und verwendet – soweit möglich – auch Briefmarken mit demselben Motiv.
Damit habt ihr sicherlich Recht. Dennoch drängen sich bei genauer Überlegung zwei Fragen auf:
Der Beleg stammt vom August 1947. Weshalb verwendet das Bürgermeisteramt einen Umschlag, der die Saarschleife in dem Zustand nach 1928 und vor 1934 zeigt?
Weshalb wird auf dem Beleg die Bezeichnung Kreis Merzig verwendet? Diese Bezeichnung war 1947 nicht mehr zutreffend.
Ich möchte kurz auf den Begriff Kreis Merzig eingehen, so dass Sie über dasselbe Hintergrundwissen verfügen, wie ich. Der Kreis Merzig, zu welchem die Gemeinde Mettlach gehört, wurde 1816 von Preussen als Landkreis im Bezirk Trier der Rheinprovinz gebildet. Im Zuge der Umsetzung der Bestimmungen des Versailler Vertrages wurde das Saargebiet 1920 vom Deutschen Reich abgetrennt und für 15 Jahre als Mandatsgebiet unter die Verwaltung des Völkerbunds gestellt. Der Kreis Merzig wurde aufgeteilt. Der Stammkreis Merzig lag nun im Saargebiet; der Restkreis Merzig-Wadern verblieb bei Preussen. Diese Situation blieb auch nach der Eingliederung des Saargebiets ins Reichsgebiet ab 1. März 1935 unverändert. Erst die Behörden der französischen Besatzungszone vereinigten mit Wirkung vom 1. Oktober 1946 die beiden Teil-Kreise unter der noch heute gültigen Bezeichnung Landkreis Merzig-Wadern.
Die Antwort auf die beiden obigen Fragen ist recht einfach. 1947 herrschte nicht nur im Saarland allerorten Mangel an so ziemlich allem. So ist es wenig verwunderlich, dass auch das Bürgermeisteramt der Gemeinde Mettlach noch vorhandene Briefumschläge verwendete, auch wenn diese nicht mehr dem aktuellen Stand entsprachen.
Sollten ihr über weitere Angaben zur Entstehungsgeschichte dieses Umschlages haben, würde ich mich über eure Kontaktaufnahme sehr freuen. Ich habe auf Facebook einen entsprechenden Aufruf geschaltet.
Im letzten Beitrag hatte ich angekündigt, dass ich euch an dieser Stelle die Briefmarkenausgabe zum Jubiläum des 15-jährigen Bestehens von Saarriva, eines privaten Postdienstleisters im Saarland, vorstellen würde.
Wertstufe: M, entspricht Euro 0,99
Erstausgabetag: 1. Juni 2016
Gültigkeit: n/a
Auflage: limitiert auf 2’000 Stück
Zähnungsmass: 13 ½ x 13 ½
Gummierung: selbstklebende Briefmarke
Grösse: 50 x 40 mm; 105 x 76 mm (mit Rand)
Bildmotiv: Grosse Saarschleife bei Mettlach
Aufnahme: Wolfgang Staudt, Saarbrücken
Genau besehen handelt es sich nicht um eine Briefmarke, sondern um einen Briefmarkenblock (frz. feuillet, engl. souvenir-sheet). Ein Briefmarkenblock, auch als Blockausgabe oder einfach als Block bezeichnet, besteht aus einer oder mehreren zusammenhängenden Briefmarken, mit einem häufig verzierten und beschrifteten Rand, der in vielen Fällen das Bildmotiv der Briefmarke weiterführt.
In einem vorhergehenden Beitrag hatte ich eine Abbildung der ersten Saarriva-Briefmarkenausgabe mit Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach gezeigt. Nachstehend der Steckbrief dieser Marke:
Wertstufe: L, entspricht Euro 1,30
Erstausgabetag: 29. November 2005
Gültigkeit: n/a
Auflage: n/a
Zähnungsmass: 14 x 14
Gummierung: selbstklebende Briefmarke
Grösse: 45 x 33 mm
Bildmotiv: Grosse Saarschleife bei Mettlach
Aufnahme: Foto- und Werbeagentur Wolfgang Thiry, St. Wendel
An dieser Stelle möchte ich dem freundlichen und hilfsbereiten Kundenservice von Saarriva meinen Dank aussprechen.
Ich hoffe, das Thema Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach ist für euch noch nicht zu einem roten Tuch geworden. Ich gebe zu, ich schreibe viel über die schöne Saarschleife. Ich habe nachgezählt: Dies ist seit dem 3. Januar 2018 der fünfte Beitrag zu diesem Thema. Was kann ich euch heute noch Neues, Interessantes bieten?
Am letzten Wochenende rief mich ein Sammlerfreund aus Deutschland an. Er hätte meine Beiträge zum Bildmotiv Saarschleife gelesen. Ich freute mich schon, doch dann kam das ABER. Was er nicht begreife. Woher ich wisse, dass Vytautas Kazimieras Jonynas nicht persönlich an die Saarschleife gereist sei und eine Aufnahme für seinen Entwurf gemacht habe? Wieso wäre ich mir so sicher, dass er die Ansichtskarte aus der Bildpostkartenserie des Saar-Hilfswerks als (eine) Vorlage verwendet hätte?
Ich gebe zu, ich benötigte einige Zeit, um meinem Sammlerfreund den zwingenden Schluss zu erläutern. Erschwerend kam hinzu, dass ich die notwendigen Abbildungen nicht zur Hand und mein Sammlerfreund diese nicht vor Augen hatte. Am Schluss des Gespräches – zum Glück für meinen Geldbeutel gibt es heute grenzüberschreitende Flat-Tarife – versprach ich ihm, die Abbildungen in einem weiteren Beitrag zu Die Saarschleife bei Mettlach (I) nachzuliefern. Und genau dieses Versprechen löse ich heute ein.
Ich möchte vorausschicken, dass es nicht darum geht, ob oder ob nicht Vytautas Kazimieras Jonynas im Spätsommer resp. Herbst 1946 an die Saarschleife gereist. Das wissen wir nicht und dies dürfte nur über eine Recherche des Nachlasses im litauischen Nationalmuseum möglich sein. Wir wissen nur, dass er nicht auf die Cloef reisen musste, um seine Vorlage für das Bildmotiv des 1 Mark-Werts zu erhalten. Für uns Saarbriefmarkensammler ist wichti zu wissen, woher Jonynas seine „Inspiration“ erhielt. Kurz: Welche Vorlage verwendete Vytautas Kazimieras Jonynas in der zweiten Hälfte des Jahres 1946 für das Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach?
Welche Indizien für meine These, Vytautas Kaszimieras Jonynas habe bei dem Entwurf des Bildmotivs Saarschleife eine weitverbreitete Ansichtskarte als Vorlage verwendet, habe ich in meinen Beiträgen bislang zusammengetragen?
Die verblüffende Ähnlichkeit zwischen zwei Ansichtskarten und dem Bildmotiv des 1 Mark-Werts der 1. und 2. Offenburger Ausgabe
Die fotorealistische Qualität des Bildmotivs
Die Beschwernisse und die Exklusivität des Reisens etwas mehr als ein Jahr nach Kriegsende in Europa
Welche Indizien kann ich hinzufügen?
Die Ansichtskarte aus der Bildpostkartenserie des Saar-Hilfswerks und das Bildmotiv des 1 Mark-Werts der beiden Ausgaben lassen sich am Computer mittels Adobe Photoshop recht simpel und ohne ins Gewicht fallende Abweichungen überblenden
Der Entstehungszeitraum des für die Bildpostkarte genutzten Fotos kann auf die Zeit vor 1934 fixiert werden, da die Bildpostkartensets des Saar-Hilfsvereins (12 Karten mit 12 Motiven) nachweislich schon 1934 durch Schüler verkauft wurden.
Die für eine Reise notwendige Zeit. Jonynas führte im Herbst 1946, als er – durch die Vermittlung seines guten Bekannten Général Raymond Schmittlein – von Raymond Croze, den Direktor der P.T.T. der Zone d’occupation française en Allemagne, den Auftrag für die Erstellung von Entwürfen für die Briefmarkenausgabe Berufe und Ansichten aus dem Saarland erhielt, in Freiburg an der Wonnhaldestrasse 1 die neu eröffnete École des Arts et Métiers de Fribourg. Die französischen Behörden hatten im Frühsommer 1946 den Entschluss gefasst, für die einzelnen „Länder“ ihrer Besatzungszone jeweils separate Briefmarkenausgaben zu erstellen. Die Ausgaben des Saarlandes waren sehr dringend, da man diese Region am 16. Februar 1946 der Zuständigkeit des Alliierten Kontrollrates entzogen hatte und plante, gegen Ende des gleichen Jahres eine Zollgrenze zum besetzten Deutschland zu errichten. Auch die Pläne zur Annexion des Rheinlandes hatten die Franzosen zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgegeben. Die Verwendung identischer Briefmarken (Ausgabe Wappen und Dichter der Französischen Zone) passte da nicht ins Konzept. Wollte die Druckerei Franz Burda in Offenburg die ambitiösen Vorgaben der P.T.T. (postes, télégraphes et téléphones; Post- Telephon- und Telegraphenbetriebe) einhalten, benötigte sie Jonynas Entwürfe rasch, denn der Weg vom ersten Andruck bis zur endgültigen Freigabe der Bildmotive durch die zuständigen Personen/Behörden war zeitintensiv.
Das letzte Indiz ist schlussendlich der schlagende Beweis. Die forstwirtschaftliche Nutzung der Landzunge direkt an der Saarschleife. Konkret die Umtriebszeit der Anpflanzung. Was versteht man unter der Umtriebszeit? Bäume werden angepflanzt, wachsen heran und werden Zwecks wirtschaftlicher Nutzung des Rohstoffes bei Erreichen der Hiebszeit gefällt. Dann beginnt der Kreislauf erneut. Wie ihr euch vorstellen könnt, wandelt sich das Aussehen einer forstwirtschaftlich genutzten Zone über die Zeit. Der Nachweis dieses Wandels anhand von zeitgenössischen Aufnahmen zeigt, dass die von der Saar umflossene Landzunge 1946 nicht so ausgesehen haben kann, wie auf dem ebenfalls 1946 von Jonynas entworfenen Bildmotiv.
Was hat es für die Identifikation des letztendlich schlagenden Indizes gebraucht?
Möglichst viele Aufnahmen, die anhand unterschiedlicher Anhaltspunkte zumindest grob chronologisch geordnet werden können.
Grundlegendes Kenntnisse der Geschichtswissenschaft.
Forstwirtschaftliches Fachwissen: hier habe ich mich durch Mitglieder der örtlichen Waldkorporation fachlich beraten lassen.
Sie sehen schon, Philatelisten sind flexibel und suchen sich ihre Informationen auch in nicht unbedingt alltäglichen Bereichen.
Der von der Saar umflossene Hügelrücken war und ist heute noch überwiegend von Laubbäumen bewachsen. Im Gegensatz hierzu war die Landzunge lange Jahre mit Nadelbäumen bepflanzt, die sich aufgrund der kürzeren Umtriebszeit gut für die Nutzholzgewinnung eignen. Die standortbedingt schwankende Umtriebszeit von Nadelbäumen von 50-100 Jahren erscheint im Vergleich zu unserer Lebenszeit zwar lang, ist aber kein Vergleich zu der von Buchen oder Eichen (120-160 resp. 180-300 Jahre). Ein Sprichwort sagt: „Willst Du, dass Deine Enkel fluchen? Setze Buchen, Buchen, Buchen!“ Die nachfolgende Ansichtskarte verdeutlicht gut die Verteilung von Laub- und Nadelbäumen an der Saarschleife, da die Laubbäume zum Zeitpunkt der Aufnahme noch nicht ausgetrieben hatten.
Für die chronologische Einordnung der nachfolgenden Abbildungen von tatsächlich postalisch beförderten Ansichtskarten der Saarschleife sind vier Faktoren zu berücksichtigen:
Anhand des Poststempels und in einigen Fällen angebrachten handschriftlichen Datierungen kann eindeutig festgestellt werden, wann die Ansichtskarten verwendet wurden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Aufnahmen aus dem Jahr der Verwendung stammen, sondern ausschliesslich, dass das Bild, welches für die Herstellung der Ansichtskarte verwendet wurde, VOR diesem Zeitpunkt aufgenommen worden sein musste. Wie viele Monate oder Jahre vorher? Das entzieht sich unserer Kenntnis.
Wer von euch schon einmal an einem beliebten Ausflugsort vor den Souvenirläden die grosse Anzahl an Ansichtskarten in den weisslackierten Drehständern durchgesehen hat, weiss, dass nicht alle angebotenen Karten aktuell sind. Einige Exemplare sind von Alter und Sonne so ausgeblichen, dass die ursprünglich wohl farbige Abbildung nun einer in Sepia gehaltenen Aufnahme ähnelt. Warum sollte der oder die Inhaber(in) die Karten auch fortrühren? Sie sind ja bezahlt. Dies ist heute so und war früher wohl kaum anders.
Auf den Vorderseiten von Ansichtskarten ist häufig der Herausgeber oder eine kurze Beschreibung des rückseitigen Bildes aufgeführt. Die Lage der Saarschleife auf dem Gemeindegebiet von Orscholz ermöglicht uns eine weitere chronologische Einordnung.
1816: Orscholz (auch Orschholz) wird eine eigenständige Bürgermeisterei im preussischen Kreis Saarburg im Regierungsbezirk Trier.
Wird auf der Ansichtskarte Kreis Saarburg angegeben, wurde die Ansichtskarte vor 1938, der Umbenennung in Landkreis Saarburg herausgegeben.
Wird auf der Ansichtskarte Landkreis Saarburg angegeben, wurde die Ansichtskarte vor 1946, der Zuweisung von Orscholz zum neu gebildeten Landkreis Merzig-Wadern herausgegeben.
Bäume wachsen zwar nicht in den Himmel, werden im Verlauf der Zeit aber auch nicht kürzer, solange man sie nicht schneidet, resp. fällt. Das haben Sie mit unseren Haaren gemeinsam. Ein geübtes Auge kann anhand des Baumwuchses bei bekannter Wuchsgeschwindigkeit den Zeitraum zwischen zwei Aufnahmen abschätzen.
Die erste Ansichtskarte – die ich euch präsentieren werde – wurde am 25.01.1912 am Bahnhof von Saarbrücken abgestempelt (bei den nachfolgenden Abbildungen verzichte ich darauf, die Vorderseiten der Ansichtskarten abzubilden).
Wir können sehen, dass die Forstflächen auf der linken und rechten Seite der Landzunge frisch angepflanzt wurden. Links im Bild sind drei streifenförmige Anpflanzungen zu erkennen. Auf dem hintersten, nördlichsten Streifen (die Streifen werden auch als Keile bezeichnet) ist der Bewuchs höher als auf dem mittleren und dieser wieder höher als auf dem vordersten Streifen. Der Forstbesitzer hat damals die Anpflanzung für einen Saumschlag erstellt. Säume (Saum = Randbereich eines Waldes) mit Breiten von 30 bis 50 Meter werden (in Deutschland) in Abständen von fünf bis zehn Jahren von Nord nach Süd hintereinander angelegt und nach Erreichen der Hiebsreife im selben zeitlichen Abstand von Nord nach Süd abgeholzt (Absäumung). Diesem Vorgehen haftet etwas Schematisches an, das optisch stark in Erscheinung tritt. Der Saumschlag vermeidet Kahlschlag auf der gesamten Anbaufläche und bietet die Möglichkeit zur natürlichen Verjüngung des Baumbestandes bei gleichzeitigem Schutz der bestehenden Flächen vor Sturmschäden. Darüber hinaus ergeben sich auch wirtschaftliche Vorteile, auf die ich an dieser Stelle nicht eingehen werde.
Die folgende Ansichtskarte stammt aus der Zeit vor 1934 und ist die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von Vytautas Kazimieras Jonynas verwendete Vorlage.
Zu dieser Ansichtskarte liegen die nachstehenden Informationen vor:
Diese Ansichtskarte war ein Motiv in einem Set von 12 Bildpostkarten mit Bildmotiven aus dem Saarland, die 1934 im Vorfeld des Plebiszits über den völkerrechtlichen Status des Saargebietes am 13. Januar 1935, überall im Deutschen Reich zu Gunsten des Saar-Hilfswerks (einer NS-Propagandaorganisation) auf Anweisung des Saarbeauftragten der Regierung Hitler von Schülern zu 30 Reichspfennig das Set verkauft wurden. Dies erklärt die weite Verbreitung der Ansichtskarten. Der Vertrieb über Schulklassen ist bei uns in der Schweiz immer noch üblich. Jedes Jahr gehen Schüler von Tür zu Tür, „putzen Klinken“ und verkaufen zum 1. August – unserem Nationalfeiertag – „1.-August-Abzeichen“ zu Gunsten der Stiftung Pro Patria und im Herbst „Schoggitaler“ zu Gunsten des Schweizer Heimatschutzes.
Das für die Gestaltung der Ansichtskarte verwendete Foto wurde etwa 1929/1930 aufgenommen.
Gut ersichtlich, wie die auf der ersten Ansichtskarte noch sehr kleinwüchsigen Bestände inzwischen gewachsen sind. Auf der linken Bildseite ist die Abstufung der Wuchshöhe der Saumanpflanzung gut zu erkennen.
Die nächsten Aufnahmen stammen alle aus der Zeit nach Ende des Weltkrieges.
Die freie Fläche in der Mitte der Landzunge wurde mit Setzlingen bepflanzt (evtl. auch natürlicher Bewuchs). Zur Saar hin wurden für den Windschutz Laubbäume gepflanzt.
Diese Luftaufnahme entstand im Juli 1954.
Diese Aufnahme muss einige Jahre nach der Luftaufnahme entstanden sein. Der Uferbewuchs an beiden Seiten der Saar hat zugenommen. Die Bäume entlang des Saarufers sind geschätzt über 20 Jahre alt.
Hier wollen wir einhalten. Wäre Vytautas Kazimieras Jonynas1946 an die Saarschleife gereist, um sich ein Bild von diesem Naturjuwel zu machen … der Entwurf zum 1 Mark-Wert wäre anders ausgefallen. Vergleichen Sie:
Es fehlen im Bildmotiv die Büsche an beiden Saarufern und die frische Bepflanzung in der Mitte der Landzunge. Die Wuchshöhe der Nadelbäume ist generell niedriger und auf der rechten Seite ist der „Schirmschlag“ mit der Aufrauhung des Kronendachs nicht ersichtlich.
Hier nun eine weitere Aufnahme vor 1960, zuerst schwarzweiss, dann in Farbe:
Die Ähnlichkeit mit dem von Jonynas entworfenen Bildmotiv ist immer noch gegeben. Jedoch treten die Unterschiede schon sehr deutlich zu Tage.
Die nächste Ansichtskarte stammt aus der Zeit vor 1964. Das Wachstum schreitet voran. Achtet insbesondere auf den Uferbewuchs.
Zu guter Letzt noch eine Aufnahme aus der Gegenwart. Diese stammt von mir und wurde im Mai 2014 erstellt. Klar erkennbar: Die intensive forstwirtschaftliche Nutzung ist einer extensiven, eher dem Tourismus geschuldeten Mischnutzung gewichen. Die Büsche am Saarufer mussten an vielen Stellen weichen, um Wanderern wie Velofahrern die Sicht auf den Fluss und den gegenüberliegenden Hang mit der Cloef und den imposanten Geröllschneisen zu ermöglichen.
Für die folgende Gegenüberstellung habe ich das Bildmotiv Saarschleife plusminus auf die Grösse der Vorlage gebracht und weise bei Letzterer mittels weisser Pfeile auf einige Übereinstimmungen hin. Sie dürfen gerne suchen. Sie werden weitere Übereinstimmungen finden.
Sobald ich von der Saarriva die Jubiläumsmarke erhalten habe, werde ich euch diese hier vorstellen.
Ich bin nochmals fündig geworden. Saarriva, der private Postanbieter für das Saarland hat aus Anlass seine 15jährigen Bestehens am 1. Juni 2016 eine Jubiläumsbriefmarke „15 Jahre Saarriva“ mit limitierter Auflage ausgegeben. Diese Sondermarke hat die Saarschleife bei Mettlach als Bildmotiv.
Dank des kundenfreundlichen Service von Saarriva konnte ich – obschon ich als Schweizer kaum zum Kundenkreis gezählt werden kann – die Jubiläumsbriefmarke heute bestellen. Ich freue mich schon darauf, euch die Marke in einem der kommenden Beiträge vorstellen zu dürfen.
Im letzten Beitrag zum Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach hatte ich geschrieben, dass es wohl auch Bildpostkarten mit dem Motiv Saarschleife geben müsse.
Ich konnte diese Aussage inzwischen verifizieren. Gemäss Michel Bildpostkarten- und Motivganzsachen-Katalog Deutschland 1997, zeigen zwei Bildpostkarten die Saarschleife bei Mettlach.
Ganzsache Deutsches Reich, P 254 oWSt 108 (S. 39 des Katalogs)
Ganzsache BRD P 129 g 8/114 mit dem Werteindruck „Schloss Neuschwanstein“ (S. 118 des Katalogs)
Ich würde euch gerne Abbildungen präsentieren, doch liegen mir – noch – keine Exemplare dieser Ganzsachen vor.
In meinem Beitrag zum Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach schrieb ich, dass die 1921 ausgegebenen Ganzsachen des Saargebietes im gleichen Jahr mit Währungsangaben in Französischen Francs überdruckt wurden. Selbstverständlich wurden auch diejenigen Postkarten, die aus einen Frage- und Antwortteil bestehen, überdruckt.
Im Rahmen meiner Recherchen für Saarphilatelie.com konnte ich in der vergangenen Woche ein gut erhaltenes Exemplar dieser überdruckten Ganzsache für meine Sammlung erwerben und möchte euch dieses nicht vorenthalten.
Der Frageteil, Aussenseite (mit der Antwortkarte ausgeklappt)Die Antwortkarte, Innenseite (mit anhängendem Frageteil)
Ihr könnt gut erkennen, dass der innere (hellere) Teil der Karte weniger vergilbt ist, als der äussere (dunklere) Teil.
Ich bin weiteren postamtlichen Verwendungen des Bildmotivs Saarschleife auf der Spur. Mir wurde gesagt, dass es Bildpostkarten – also von Postanstalten verausgabte Postkarten, deren kleines Bildmotiv sich auf der Vorderseite befindet – mit dem Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach geben soll. Bei meinen Recherchen habe ich noch keine gefunden. Sollte einer von euch Informationen zu solchen Bildpostkarten haben, würde ich mich freuen, wenn ihr mich via E-Mail informiert. Vielen Dank.
Am ersten Weihnachtstag hatte ich angekündigt, im Saarphilatelie-Blog eine Serie von Beiträgen zu den Bildmotiven der Briefmarkenausgaben Berufe und Ansichten aus dem Saarland zu publizieren.
Trara! Das neue Jahr 2018 ist da und beginnt mit dem Motiv des 1 Mark-Werts: der Saarschleife bei Mettlach. Falls ihr euch fragt, weshalb ich gerade mit dem höchsten Wert der Ausgabe beginne: Offen gesagt war es ein Bauchentscheid, der sich als Glücksgriff erwiesen hat. Werde ich doch an diesem Bildmotiv viele faszinierende Aspekte rund die Ausgaben Berufe und Ansichten aus dem Saarland aufzeigen können:
Unterschiede zwischen der 1. und 2. Offenburger Ausgabe (auch als 1. und 2. Burda-Serie bezeichnet)
Malstatt-Burbacher Druck Typ I: der Überdruck der Marken der Originalausgabe in Frankenwährung, sogenannter Urdruck
Malstatt-Burbacher Druck Typ II: der Überdruck der Marken der Neuausgabe in Frankenwährung
Verwendung des Motivs Saarschleife auf Briefmarken und Ganzsachen vor und nach 1947
Farben der Briefmarken
Jede Medaille hat bekanntlich zwei Seiten. Die Kehrseite ist, dass seit der Ankündigung vom 25. Dezember 2017 kein Tag vergangen ist, an dem ich mich nicht mindestens 4 Stunden mit der Gestaltung dieses Beitrags auseinandergesetzt habe. Was beklage ich mich … ich habe es ja nicht anders gewollt.
Was ist die Saarschleife? Als Flussschleife wird gemäss Wikipedia eine starke Biegung eines Flusslaufs bezeichnet und auch gleich die Saarschleife (frz. la boucle de la Sarre) als Beispiel genannt.
Die vorstehende Aufnahme der Saarschleife verdeutlicht, auf welch engem Raum die Saar von Südosten (rechts, Merzig) kommend eine etwa drei Kilometer lange, teilweise nur wenige hundert Meter breite, dicht bewaldete Landzunge umfliesst, an der Spitze derselben eine Kehre macht, um dann Richtung Südosten (links, Mettlach) weiter zu fliessen.
Die grosse Saarschleife liegt im Nordwesten des Saarlandes, etwa drei Kilometer westlich von Mettlach. Sie beginnt beim Merziger Ortsteil Besseringen und endet nach ca. 10 Flusskilometern bei Mettlach. Zum Vergleich: die Strecke von Besseringen nach Mettlach auf der Strasse ist etwa 2,5 km lang. Neben der grossen Saarschleife gibt es noch die kleine Saarschleife bei Hamm, einem Ortsteil von Taben-Rodt in Rheinland-Pfalz.
Den schönsten Blick auf das Naturschauspiel Saarschleife geniesst ihr im Mettlacher Ortsteil Orscholz von der Cloef (auch Cloev oder Kloef, frz. la clœf), einem Aussichtspunkt gut 150 Meter oberhalb der Flussbiegung, wo ich vor einigen Jahren auch das vorstehende Foto aufnahm. Zur Herkunft dieser „seltsamen“ Ortsbezeichnung existieren verschiedene Theorien. Ich bevorzuge die simple: Kloef oder Kleef = niederdeutsch für Klippe, erhöhter Vorsprung.
Der einzige Ort direkt an der Saarschleife ist Dreisbach (auf dem Foto hinten rechts), seit der Gemeindeneuordung 1974 wie Orscholz ein Ortsteil von Mettlach. Die Gebäude am rechten Bildrand gehören zum Fährhaus und zum Haus Becker, unweit des Fleckens, wo sich früher die Alte Mühle am Steinbach befand. Doch davon später mehr. Auf dem von der Saar umflossenen Hügelzug erkennt ihr gerade noch die Ruine der Burg Montclair aus dem Hochmittelalter.
Das Naturjuwel Saarschleife ist für das Saarland von grosser, gar nicht zu überschätzender Bedeutung: als Wahrzeichen, als Touristenmagnet, Ziel für Sonntagsausflügler oder Politiker jeglicher Couleur, als Postkartenmotiv und – last but not least – als Motiv für Postwertzeichen.
Trommelwirbel. Hier ist Sie. Das Postwertzeichen des 1 Mark-Wertes der Briefmarkenausgaben Berufe und Ansichten aus dem Saarland, ausgegeben von der französischen Postverwaltung für das Saarland.
1 Mark-Wert der 1. Offenburger Ausgabe (SP33)
Schon ein oberflächlicher Vergleich mit dem eingangs gezeigten Foto macht klar: der Gestalter der Briefmarke hat seine Skizze oder Aufnahme entweder in etwa am dem Platz erstellt, wo ich vor einigen Jahren fotografierte oder eine entsprechende Vorlage verwendet. Und: Das Bildmotiv hat – abgesehen von der durchgehend dunkelgrünen Farbe – beinahe fotorealistische Qualität.
Nicht, dass ich etwas gegen die Farbe Grün hätte. Im Gegenteil. Ich bin der Meinung, dass für das Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach keine bessere Farbe hätte gewählt werden können, steht die Farbe Grün doch für die Natur. Stellt euch dieses Bildmotiv bitte in den Farben Blau, Braun, Gelb, Grau oder Rot vor!
Mit der Gestaltung der sechs Motive der Briefmarkenausgaben Berufe. und Ansichten aus dem Saarland beauftragten die französischen Behörden 1946, also kurz nach Kriegsende, den in Freiburg im Breisgau lebenden und lehrenden litauischen Künstler und Offizier der französischen Ehrenlegion Vytautas Kazimieras Jonynas. Ich bin überzeugt, dass Jonynas nach Erhalt des Auftrages 1946 nicht an die Saarschleife gereist ist, um eine Vorlage für seinen Entwurf zu erstellen. Etwas mehr als ein Jahr nach Kriegsende in Europa war Reisen insbesondere innerhalb der Trümmerlandschaft des nicht mehr existenten Deutschen Reichs erstens ein Privileg weniger respektive für die ungezählten displaced persons eine Qual vieler und zweitens auf eine Art und Weise beschwerlich, wie wir es uns heute kaum noch vorzustellen vermögen. Darüber hinaus bestand, wie ich zeigen werde, für Jonynas eine viel weniger aufwendige Möglichkeit, an eine Vorlage für sein Bildmotiv zu gelangen.
An dieser Stelle muss ich zeitlich ein wenig ausholen, beschränke mich jedoch auf die philatelistisch relevanten Details und lasse die Politik mehrheitlich aussen vor. Auf die politischen Hintergründe resp. Winkelzüge ‚en detail‘ einzugehen würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen und wird Aufgabe des historischen Teils von Saarphilatelie.com sein.
Das nationalsozialistische Grossdeutsche Reich wurde kurz nach Kriegsende 1945 zerschlagen und jede der vier Alliierten Mächte in Europa bekam jeweils einen Besatzungsbereich in den beiden Reichsteilen Deutschland und in Österreich zugesprochen. Die Städte Berlin und Wien wurden je in vier Sektoren aufgeteilt, die ebenfalls je einer alliierten Macht zugesprochen wurden. Das ehemalige Reichsland Saarland wurde im Zuge dieser Aufteilung Frankreich zugesprochen und das nicht zu ersten Mal.
Nach dem Ersten Weltkrieg hatte der Völkerbund – ein Vorläufer der UNO – das wirtschaftlich bedeutsame preussische und bayerische Gebiet an der Saar als Territoire du bassin de la Sarre ab dem 14. Januar 1920 für 15 Jahre als Mandatsgebiet verwaltet. Grundlage hierfür waren die Bestimmungen des Versailler Vertrages. Viele Rechte wie beispielsweise die Rechte an den Kohlenvorkommen des Saargebietes wurden ohne zeitliche Begrenzung Frankreich als Wiedergutmachung für die im Krieg durch das Deutsche Kaiserreich auf französischem Boden unwiderruflich zerstörten Werte zugesprochen – man denke nur an die heute noch wegen Blindgängern gesperrten Gebiete um Verdun, in Flandern oder an der Somme. Nach Ablauf der 15-jährigen Mandatszeit sollte durch einen völkerrechtlich bindenden Volksentscheid bestimmt werden, ob die Menschen in diesem Gebiet lieber in der Französischen oder in der Weimarer Republik leben wollten.
Um den wirtschaftlich bedeutsamen Postverkehr aufrecht zu erhalten, wurden durch die Behörden im Territoire du Bassin de la Sarre, wie das Mandatsgebiet auf Französisch bezeichnet wurde, erst vorhandene Postwertzeichen der Reichspost (Germania-Ausgabe) und des Königreichs Bayern (Ausgabe König Ludwig III) im Buchdruck mit Sarre, resp. Saargebiet überdruckt. Ein Jahr danach, ab dem 19. Februar 1921, erschienen dann eigene Postwertzeichen für das Saargebiet, denominiert in Reichsmark und -pfennig und entworfen vom französischen Künstler Alfred Montader. Bereits bei dieser allerersten eigenständigen Briefmarkenausgabe für die Saarregion (als 1. Pariser Ausgabe, 1. Vaugirard-Ausgabe oder nach Saarhandbuch 1. Bilderserie genannt) war die Saarschleife als Briefmarkenmotiv prominent vertreten. (1)
Das Motiv der Marken mit grünlichem resp. türkisfarben Rahmen zu jeweils 30 (Reichs-) Pfennig können wir unschwer als die von der Sonne beschienene Saarschleife, Blick von der Cloef, bestimmen. Der Standpunkt des Betrachters unterscheidet sich nicht wesentlich von dem bei der Version von 1947. Es fällt jedoch auf, dass im Vergleich im Bildvordergrund mehr Laubwerk abgebildet ist. Bei der ersten Marke zu fünf (Reichs-) Pfennig gelingt uns die Identifikation nicht so einfach. Wir erkennen einen Fluss mit einer Bebauung am linken Ufer vor einem Hügelzug. Abgebildet ist gemäss Briefmarkenkatalog die Alte Mühle an der Einmündung des Steinbachs in die Saar kurz vor der Flussbiegung. Der Standort des Betrachters ist auf der rechten Flussseite mit Blickrichtung Nordwest. Nach einer Ortsbegehung bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei dem abgebildeten Gebäude nicht um die Alte Mühle am Steinbach, die im 20. Jahrhundert schon lange nicht mehr stand, sondern eher um das Haus Becker handelt.
Die Saarschleife bei Mettlach findet wir als Bildmotiv auch auf den Ganzsachen des Territoire du bassin de la Sarre. Ganzsachen sind von einer Postverwaltung ausgegebene Postkarten, Umschläge etc. mit aufgedrucktem Wertzeicheneindruck oder Wertstempel. Die Saarschleife war das Motiv des Wertzeicheneindrucks für die einfache Postkarte und die Postkarte mit angehängtem Antwortteil, deren Beförderungstarif im Orts- und Fernverkehr zwischen Mai 1920 und April 1921 30 Pfennig betrug.
Postkarte (Ganzsache)Postkarte (Ganzsache) Frageteil mit anhängendem Antwortteil
Die Postkarte mit Frage- und Antwortteil war – salopp ausgedrückt – das E-Mail oder das Whatsapp unserer Gross- und Urgrosseltern. Beispielsweise konnte man einem Geschäftspartner eine Nachricht auf einer Postkarte mit angehängtem Antwortteil schicken. Der Empfänger las die Nachricht und verwendete den angehängten, frankierten und, wenn der Absender daran gedacht hatte, sogar adressierten Antwortteil, um dem Absender zu antworten.
In vielen Städten wurde die Post mindestens dreimal täglich zugestellt, aber nur die wenigsten Haushalte verfügten über einen Fernsprecheranschluss. Doch mittels der vergleichsweise preiswerten Postkarten war es dennoch möglich, sich am gleichen Tag abends zum Tanz zu verabreden. Nachfolgend die Abbildung des Antwortteils.
Postkarte (Ganzsache) Antwortteil mit anhängendem Frageteil
Die immer rascher fortschreitende Abwertung der schwindsüchtigen Reichsmark gab der anfänglich stark von französischen Interessen geleiteten Regierungskommission des Saargebiets ein wirksames Mittel zur engeren Anbindung des Mandatsgebietes an Frankreich an die Hand. Ab Ende April 1921 – also lange vor dem Höhepunkt der deutschen Inflationszeit im November 1923 – wurde die Währung im Saargebiet schrittweise auf den Französischen Franken umgestellt. Ab dem 30. April 1921 kamen einige, nicht alle, Marken der 1. Vaugirard-Ausgabe mit farbigem Währungsaufdruck in Francs an die Postschalter. Der Aufdruck im Buchdruck-Verfahren wurde ebenfalls von der Druckerei Vaugirard in Paris vorgenommen, weshalb wir auch von der 2. Vaugirard-Ausgabe oder 2. Pariser Ausgabe sprechen. Von den drei vorstehend gezeigten Marken wurde nur der 30 Pfennig-Wert mit türkisfarbenem Rahmen blau überdruckt als 10 Centimes weitergeführt.
Die Ganzsachen wurden ebenfalls überdruckt. Im Gegensatz zu der vorstehend abgebildeten Briefmarke ist bei der nachstehenden Postkarte der Aufdruck nach oben verrutscht und der Wert in Pfennig somit nicht durchbalkt.
Postkarte (Ganzsache) mit Aufdruck in Frankenwährung
Mit der Verwendung der Saarschleife als Motiv für Briefmarken oder Ganzsachen war ab 1922 für längere Zeit, um genau zu sein bis 1947, Schluss. Doch ein weiteres Massenkommunikationsmittel hielt die Saarschleife im Bewusstsein nicht nur der Einwohner des Territoire du bassin de la Sarre, sondern der Menschen weltweit: die Ansichtskarte.
Wir können uns heute im Zeitalter von E-Mail, SMS, Whatsapp, Facebook etc. kaum vorstellen, dass zwischen den Weltkriegen weltweit Jahr für Jahr schätzungsweise 15 Milliarden Post- und Ansichtskarten verschickt wurden. Das ergibt rechnerisch 475 Karten pro Sekunde! Die Saarschleife als Postkartenmotiv war nun nicht mehr auf der Vorderseite der Postkarten zu finden, sondern auf der Rückseite der Ansichtskarten.
Nach meinen Recherchen waren drei sehr ähnliche Versionen der Saarschleifen-Ansichtskarte weit verbreitet:
Verlag Ferd. Hegner Buchhandlung, Saarburg, Kreis Trier, nach einer Aufnahme von M. Wentz; wurde ab Anfang der 30 Jahre vertrieben
Verlag G. Vockenburg, Dudweiler, ebenfalls ab Anfang der 30 Jahre und nachweislich auch noch Anfang der 50er-Jahre im Umlauf
Ansichtskartenserie des Saar-Hilfswerk nach einer Aufnahme des Saar-Bild-Archivs
Uns interessieren hier insbesondere die beiden letzteren Versionen:
G. Vockenburg, DudweilerSaar-Bild-Archiv
Beide Aufnahmen unterscheiden sich nur in Nuancen und sind ganz offensichtlich von der Cloef aus aufgenommen worden. Nachstehend nochmals das Bildmotiv des 1 Mark-Wertes der Originalausgabe in angeglichener Grösse:
1 Mark-Wert der 1. Offenburger Ausgabe (SP33)
Die Ähnlichkeiten zwischen den Postkartenmotiven und dem Bildmotiv sind verblüffend. Beachtet insbesondere die zwei Büsche unten am Saarufer und bei der Aufnahme des Saar-Bild-Archivs die beiden leicht hochstehenden, sich vor dem Hintergrund der Saar abhebenden Bäume an der rechten Seite des von der Saar umflossenen Hügelzuges, wie auch den Schattenwurf auf der Saar links im Bild.
Ich bin überzeugt, die Verantwortlichen der französischen Militärregierung in Baden-Baden waren sich 1946 bei der Vergabe des Gestaltungsauftrages an Vytautas Kazimieras Jonynas der eigenen philatelistischen Vorgeschichte, aber auch der Bedeutung der Saarschleife für die Saarländer bewusst. Das Motiv war politisch gewollt. Als Vorlage für seine Arbeit verwendete Jonynas unzweifelhaft eine Ansichtskarte der Variante Saar-Bild-Archiv oder einen auf dieser Aufnahme basierenden Abzug. Vielleicht auch beides. Dies erklärt die fotorealistische Darstellung des Bildmotivs. Sie sehen, für Jonynas bestand keine Notwendigkeit, sich auf den weiten und damals beschwerlichen Weg an die Cloef zu machen.
Die fotorealistische Darstellung finden wir bei einem weiteren Motiv der Originalausgabe Berufe und Ansichten aus dem Saarland. Die Werte zu 60, 75 und 80 Pfennig zeigen den Alten Turm von Mettlach, der auch das Logo des Saarphilatelie-Blogs und von Saarphilatelie.com ist.
Der 1 Mark-Wert der Originalausgabe wurde zwischen dem 28. und 30. Januar 1947 bei der 1946 eventuell (die Quellen sind hier uneindeutig) noch unter französischer Sequester-Verwaltung stehenden Druckerei Franz Burda in Offenburg in einer vergleichsweise niedrigen Auflage von 2 Millionen Stück (entspricht 20’000 Druckbögen à 2 Schalterbögen zu je 50 Stück) gedruckt und kam am 17. Februar 1947 an die Postschalter. Im Sommer 1947 fassten die Verantwortlichen der P.T.T. für das Saarland in Saarbrücken den Beschluss, 13 Werte der Originalausgabe zur Auffüllung der Bestände nachdrucken zu lassen. Die nachgedruckten Marken sollten dabei auch die inzwischen vollzogenen Währungsumstellung von Reichsmark auf Saarmark widerspiegeln.
Gleichzeitig bereiteten die französischen Behörden in Frankreich und im Saarland eine weitere Währungsreform vor, was die Verantwortlichen bei der P.T.T. jedoch nicht wussten. Ein Ziel dieser Währungsreform war sicherlich, die Versorgungssituation an der Saar zu verbessern: Wer verkauft schon Waren gegen eine schwindsüchtige Währung? Und wer arbeitet schon gern, wenn die Bezahlung in einer schwindsüchtigen Währung erfolgt, mit der man keine Waren kaufen kann und Schmalhans Küchenmeister bleibt? Zweifellos erfolgte die Währungsreform jedoch auch, um die seitens Frankreich offen betriebene Anbindung des Saarlandes an den französischen Wirtschafts- und Währungsraum zu beschleunigen. Das Thema Währungsreform 1947 ist – auch nach 70 Jahren – im Saarland ein heikles Thema. Obschon niemand leugnen wird, dass sich die Ernährungs- und Versorgungslage der Saarländer nach der Währungsreform von 1947 tatsächlich drastisch verbesserte. Diese Verbesserung der Lebensumstände wurde in den anderen Besatzungszonen genauestens beobachtet und war wohl auch mit ein Grund für die ein Jahr später erfolgte Währungsreform von 1948 in den Westzonen. Die Saarländer fanden sich plötzlich in einer paradoxen Lage wieder. Einerseits froh, dass es spürbar „aufwärts“ ging, waren sie jedoch massiven Anfeindungen der Deutschen in den Besatzungszonen ausgesetzt. Währungsgewinnler war da noch die harmloseste Beleidigung.
Die französischen Behörden liessen sich bei der Währungsreform 1947 weitgehend von ihren positiven Erfahrungen im Saargebiet 1921 leiten, wobei die Umstellung diesmal zweistufig erfolgte. Die französischen Behörden ersetzten nicht einfach die Reichsmark durch den Saarfranken, und koppelten diesen an den Französischen Franc. Zu Recht befürchteten Sie eine Schwemme von Reichsmark aus den anderen Besatzungszonen. Daher bestimmten Sie in einem ersten Schritt den Gesamtbestand an Reichsmark im Saarland. Hierzu wurde die Saarmark (SM), unterteilt in 100 Saarpfennig (Pf.), eingeführt. Es fand am 16. Juni 1947 ein Zwangsumtausch 1:1 statt, der jedoch nur der im Saarland registrierten Bevölkerung offenstand. Vorausschauend war schon zwei Wochen zuvor der Postverkehr zwischen den Besatzungszonen und dem Territoire de la Sarre unterbunden worden (Postsperre); über diesen Kanal konnten keine Reichsmarkbestände von aussen eingeführt werden. Darüber hinaus wurden die ohnehin strengen Zollkontrollen an der Grenze zu den Besatzungszonen nochmals verstärkt.
Die Währungsumstellung auf Saarmark fand ihren Weg auch auf die Briefmarken. Ein Wert der Ausgaben Berufe und Ansichten aus dem Saarland wurde umgestaltet. Als die Druckerei Franz Burda in Offenburg im Oktober den Auftrag für den Nachdruck von 13 der ursprünglich 20 Werte der Originalausgabe erhielt, wurde beim 1 Mark-Wert als Währungsbezeichnung statt eines M ein SM als Kürzel für Saarmark verwendet.
1 Saarmark-Wert der 2. Offenburger Ausgabe (Neuausgabe SP46)
Die Druckerei hatte – wohl aus Materialknappheit – die Druckzylinder der Originalausgabe nicht eingelagert, sondern für andere Druckaufträge – wahrscheinlich für die Länderausgaben der Zone d’occupation française en Allemagne – wiederverwendet. Für den Auftrag aus Saarbrücken mussten nun erst neue Druckzylinder erstellt werden. Dabei wurden die Originalvorlagen aber auch die Farben je nach Wert mehr oder weniger stark verändert und so wurde aus der geplanten 2. Auflage eine 2. Ausgabe, mit hellerem Papier und hellerer Gummierung, die 2. Offenburger Ausgabe.
Die 2. Offenburger Ausgabe der Berufe und Ansichten aus dem Saarland hat nichts, aber auch gar nichts mit der leicht irreführenden Bezeichnung Saar II zu tun, die ihr insbesondere in deutschsprachigen Briefmarken-Katalogen finden könnt. Das war nicht immer so. Bis 1997 wurden die Werte der 1. Offenburger Ausgabe in deutschsprachigen Katalogen wie dem Michel-Katalog mit römisch I und die Werte der 2. Offenburger Ausgabe bei gleicher Katalognummer zur Unterscheidung mit römisch II gekennzeichnet. Beipiel:
1. Offenburger Ausgabe 2 Pfennig-Wert: Mi. 206Z I
2. Offenburger Ausgabe 2 Pfennig-Wert: Mi. 206Z II
Seit etwa 1998 findet ihr in deutschsprachigen Katalogen die Werte der 2. Offenbacher Ausgabe nicht mehr als Typ unter den Hauptnummern, sondern unter den Katalognummern Saar II – korrekte Bezeichnung ist Malstatt-Burbacher Druck – mit dem Zusatz fA für fehlender Aufdruck gelistet. Für mich eine sehr fragwürdige Änderung.
Was genau ist der Malstatt-Burbacher Druck? Hier bin ich euch eine Erklärung schuldig.
Am 13. Oktober 1947 begann die Druckerei Burda mit dem Druck der 2. Offenburger Ausgabe in hoher Stückzahl (zwischen 2 und 6 Millionen Stück pro Wert). Bereits am 24. Oktober 1947 wurden die ersten drei Werte und am 12. November 1947 weitere drei Werte an die Postdirektion Saarbrücken ausgeliefert. Zur allgemeinen Ausgabe über die Postschalter sind jedoch nur zwei dieser sechs Werte gelangt. Weshalb? Eine politische Volte, die auch unser Beitragsthema, das Bildmotiv Saarschleife, nicht unberührt liess.
Mittwoch, 20. November 1947. Tag X im Territoire de la Sarre. Die Saarmark, die – wir erinnern uns – am 16. Juni 1947 als alleiniges gesetzliche Zahlungsmittel im Saarland eingeführt worden war – wird durch den Saarfranken ersetzt. Der Umtausch erfolgt im Verhältnis 20:1 (20 Franken entsprechen 1 Saarmark). Der Wechselkurs des Saarfranken zum Französischen Franc ist 1:1. Eine Übergangsfrist für gemeldete Guthaben und Werte in Saarmark bis zum 15. Januar 1948 wird gewährt. Der Französische Franc wird faktisch offizielle Währung im Saarland. Fakt ist aber auch: Die Versorgungslage verbesserte sich so schnell, dass sich viele Einwohner des Saarlandes fragten, wo die vielen Waren über die letzten 2 ½ Jahre gehortet worden waren.
Des einen Freude, des anderen Frust. Was sollte nun mit den schon gedruckten und den weiteren bei Burda bereits in Auftrag gegebenen Briefmarken geschehen? Die benötigten Druckzylinder waren weitgehend geätzt, alles war bereit. Neue Marken in Frankenwährung zu gestalten, dazu fehlte die Zeit. Eine von den französischen Behörden bereits 1921 damaligen Völkerbund-Mandatsgebiet erfolgreich erprobte Technik bot die naheliegende Lösung: ein Überdruck der bestehenden Marken mittels Buchdruck. Die Malstatt-Burbacher Handelsdruckerei wurde beauftragt, die benötigten Werte aus den Restbeständen der Originalausgabe sowie den Marken der Neuausgabe zu überdrucken. Die streng geheimen und unter hohem zeitlichen Druck ausgeführten Arbeiten wurden von saarländischen und französischen Postbeamten über- sowie der Polizei bewacht. Der Malstatt-Burbacher Druck war geboren. Auf den Stichtag 20. November 1947 wurden die wichtigsten Wertstufen vorbereitet:
2 Franc auf 12 Pfennig (Drucksache bis 20 g)
3 Franc auf 15 Pfennig (Mischsendungen bis 30 g, illustrierte Postkarten)
6 Franc auf 24 Pfennig (Briefe bis 20 g, Drucksachen bis 100 g, alle Postkarten inkl. Ausland)
Durch Kombination dieser drei Werte konnten weitere Portotarife abgedeckt werden. Die restlichen Werte wurden am 27. November 1947 resp. am 6. Dezember 1947 ausgegeben. Am Nikolaustag 1947 erschien auch der Wert 50 Franc auf 1 M/SM mit dem Bildmotiv Saarschleife.
Malstatt-Burbacher Druck auf Originalausgabe (Typ I, SP59 I)Malstatt-Burbacher Druck auf Neuausgabe (Typ II, SP59 II)
Die obere Marke entstammt aus den Restbeständen der Originalausgabe. Zu erkennen an dem gelblichen Papier und der Währungsbezeichnung M für (Reichs-) Mark. Die überdruckten Marken aus den Restbeständen der Originalausgabe werden auch als Urdrucke oder Altdrucke bezeichnet. Die untere Marke ist dagegen ein Überdruck der Neuausgabe, ersichtlich an dem fast weissen Papier und der Währungsbezeichnung SM für (Saar-) Mark.
Weitere Unterscheidungsmerkmale sind neben dem verwendeten Papier auch die unterschiedlichen Gummierungen sowie die verwendeten Farben. Zwar sind beide Marken in der Farbe Dunkelgrün gedruckt, doch mit unterschiedlichen Tönungen, die nicht allein auf das unterschiedliche Papier zurückzuführen sind.
Das Saarhandbuch notiert für die Marke der Originalausgabe als Farbe „dunkelgrün“ und hält für die Marke der Neuausgabe lakonisch fest: „keine Farbänderung“. Der Michel Saar-Spezial 2017 gibt – seit mindestens 15 Jahren unverändert – für beide Marken als Farbe „schwärzlichgraugrün“ an. Darunter kann sich kein mir bekannter Mensch eine konkrete Farbe vorstellen, aber dazu gibt es ja den hauseigenen Michel Farbenführer. Im Michel Deutschland Spezial Katalog von 1996 waren für die beiden Mark-Werte der 1. und 2. Offenburger Ausgabe wie auch für den 50F-Wert des Malstatt-Burbacher Drucks (MBD) noch unterschiedliche Farben katalogisiert:
1 Mark Originalausgabe: „dkl’grün“
1 Mark Neuausgabe: „blaugrün“
50F MBD I auf Originalausgabe (Mi. 238a): „dunkelgrün“
50F MBD II Neuausgabe (Mi. 238b): „blaugrün“
Ich frage mich nur, wieso diese Änderung? Die Farben der Marken haben sich doch seit dem Druck im Jahr 1947 ja nicht geändert.
Die Verwendung der Saarschleife als Motiv für Briefmarken ging auch nach 1947 munter weiter. Die Post- und Telegraphenverwaltung des Saarlandes (Abkürzung P.T.T., wie in der Schweiz oder Frankreich) brachte am 1. April 1948 die erste Briefmarkenausgabe des Saarlandes Wiederaufbau des Saarlandes an die Schalter. Die Luftpostmarken zu 25, 50 und 200 Francs zeigen den Schatten eines Flugzeuges über der Saarschleife.
Das verwendete Motiv ist nicht einfach als Saarschleife zu erkennen. Wie bei dem 5 Pfennig-Wert von 1921 wurde ein anderer Blickwinkel gewählt, als der vom Aussichtspunkt Cloef auf den Scheitel der Flussschleife. Eine Postkarte aus der Zeit vor 1938 und eine meiner eigenen Aufnahmen hilft uns, den Standort des Betrachters zu bestimmen.
Der Betrachter steht links auf der Aussichtsplattform und schaut Richtung Merzig-Besseringen. Der Gestalter der Flugpostmarken, Albert Decaris, hat sich für seinen Entwurf deutlich mehr künstlerische Freiheit genommen, als Vytautas Kazimieras Jonynas für das Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach.
Nun wurde es für viele Jahre ruhig um das Briefmarkenmotiv Saarschleife. Erst 1970, zur Nationalen Briefmarkenausstellung SABRIA 70 vom 29. April bis 3. Mai in Saarbrücken, gab die Deutsche Bundespost – die Post- und Telegraphenverwaltung des Saarlandes existierte nicht mehr – ein Postwertzeichen zu 30 Pfennig heraus, welches im Bildmotiv den 1 Mark-Wert von 1947 zeigte (sogenannte Marke in der Marke).
Wieder sollten viele Jahre ins Land ziehen, die Deutsche Bundespost gab es längst nicht mehr, bis die Deutsche Post AG am 14. September 2000 im Rahmen der Briefmarkenserie Bilder aus Deutschland das Motiv Saarschleife bei Mettlach wiederentdeckte.
Na, ja! Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Nun schlug die Stunde einer Privatpost. Die Saarriva, ein privater Postdienstleister im Saarland, gab am 29. November 2005 im Rahmen ihrer 1. Briefmarken-Kollektion den Wert L mit dem Motiv Saarschleife heraus. Da kann ich nur gratulieren.
Die Deutsche Post AG liess sich nicht lumpen und gab am 2. Januar 2007 aus Anlass des 50. Jahrestages der Aufgabe der Souveränität des Saarlandes eine Sondermarke zu 55 Eurocent heraus (selbstklebende und nassklebende Variante), die als Teil einer Kollage auch die Saarschleife zeigt.
nassklebende Varianteselbstklebende Variante
Das vorläufig letzte Kapitel der Saarschleife als Briefmarkenmotiv wurde 2016 von der Regierung des Saarlandes aufgeschlagen. Zum 1. Januar 2017 wurde in der Saarbrücker Staatskanzlei ein Briefmarkenset Individuell mit 10 Marken zu jeweils 70 Eurocent und mit limitierter Auflage ausgegeben. Neben vier vorgegebenen Motiven zur Geschichte des Saarlandes (als deutsches Bundesland) konnten die Saarländer im Oktober 2016 aus einer Reihe von Motiven ihre Favoriten bestimmen. Für mich wenig erstaunlich fand die Saarschleife grossen Zuspruch in der Bevölkerung und somit ihren Eingang in das Markenset.
Habe ich in meiner Aufstellung eine Marke oder ein Postwertzeichen nicht aufgeführt? Verfügt ihr über weitere oder exaktere Informationen? Oder sollte mir ein Fehler unterlaufen sein? Bitte kontaktiert mich via E-Mail. Ich danke euch im Voraus für eure Unterstützung.
Bis dann
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Anmerkung
(1) Die Gewohnheit, Briefmarkenausgaben der Saarregion nach ihrem Druckort zu benennen, geht auf den französischen Philatelisten und Autor L. Belini zurück. In seinem Werk Études sur les timbres-poste de la Sarre (1920-1935), erschienen von November 1935 bis Dezember 1938 in 21 Artikeln (en suite) im renommierten und heute noch erscheinenden Magazin L’Echo de la Timbrologie, bezeichnet er die erste Briefmarkenausgabe für das Territoire du Bassin de la Sarre als Première émission de Paris valeur en Mark et Pfennig und als Galerie des Tableaux.
Die Artikel findet ihr in den nachstehenden Ausgaben von L’Echo de la Timbrologie: