Die Corona-Pandemie schränkt die öffentlichen Aktivitäten von uns Briefmarken-Sammlern ein. Andererseits bescheren uns die allgemeinen Einschränkungen auch viel Zeit, welche wir sinnvoll für unsere Familien und unser schönes Hobby einsetzen können.
Worüber schreibe ich im heutigen Beitrag? Der Titel ist der Stichwortgeber: Probeabzüge.
Wenn wir uns an unseren Exemplare der 1. Offenburger Ausgabe erfreuen, wissen wir wahrscheinlich, wann diese ausgegeben wurden: zwischen dem 20. Januar und dem 7. März 1947. Einige von uns wissen sogar, wann und wo die Marken hergestellt wurden: zwischen dem 27. Dezember 1946 und dem 21. Februar 1947 in der Druckerei Franz Burda in Offenburg.
Den wenigsten von uns dürfte jedoch beim Anblick der Briefmarken bewusst sein, dass die Arbeiten an den Ausgaben Berufe und Ansichten aus dem Saarland bereits viel früher begonnen hatten.
Der Entscheid der französischen Militärbehörden in Saarbrücken und Baden-Baden neben den Briefmarken der Ausgabe Wappen und Dichter eine weitere Briefmarkenausgabe ausschliesslich für das Saarland auszugeben, dürfte im Sommer 1946 gefallen sein. Ich gehe davon aus, dass die territoriale Erweiterung des Saarlandes zu Lasten der französischen Besatzungszone mit Wirkung vom 20. Juli 1946 sowie die etwa einen Monat später, mit Verordnung vom 30. August 1946, erfolgte Gründung des Landes Rheinpfalz die Auslöser für die Arbeiten waren.
Zu den vorbereitenden Arbeiten gehörten neben dem Entwurf der Bildmotive durch den vielseitig begabten Künstler Vytautas Kazimieras Jonynas auch die Entscheide über die Zuordnung von Bildmotiven und Werten sowie die Zuordnung von Werten und Farben. Für all diese Entscheide wurden Druckproben benötigt.
Der gezeigte Probedruck in einer hellorangen Farbe ist sehr aufschlussreich, zeigt er uns doch von links nach rechts:
ein mit dem endgültigen Ergebnis weitgehend übereinstimmendes Bildmotiv Alter Turm
ein abweichendes Bildmotiv Bäuerinnen, dazu noch mit einem „falschen“ Wert
ein mit dem endgültigen Ergebnis weitgehend übereinstimmendes Bildmotiv Bergmann, mit „spitzem Anstrich der 1 der Wertangabe 12“
ein mit dem endgültigen Ergebnis weitgehend übereinstimmendes Bildmotiv Saarschleife, wenn auch noch ohne Entwerfernamen
ein mit dem endgültigen Ergebnis weitgehend übereinstimmendes Bildmotiv Denkmal Maréchal Ney
Die kleinformatigen Werte tragen links unten einen Hinweis, den ich auf der mir freundlicherweise zur Verfügung gestellten Kopie leider nicht entziffern kann. Aufgrund des Ausrufezeichens gehe ich davon aus, dass es ein Hinweis auf die noch nicht erfolgte Druckfreigabe ist.
Wenn wir unsere Briefmarken das nächste Mal betrachten, ist uns klar, dass die Arbeiten zu diesen kleinen Kunstwerken begannen lang bevor die Druckmaschine das erste mal angeworfen wurde.
Bis dann
Nachtrag vom 6. Januar 2021
Mein Sammlerkollege Dr. Ulrich Fingerhut hat mich freundlicherweise darauf hingewiesen, dass das unleserliche Wort „ungültig“ ist.
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Drei wichtige Nachträge zu vorhergehenden Beiträgen. Nachträge können vielfältige Ursachen haben. Nicht immer ist es Vergesslichkeit.
Im ersten Nachtrag wird eine gewonnene Erkenntnis vertieft und auf ein weiteres Gebiet ausgedehnt.
Der zweite Nachtrag beinhaltet die Korrektur einer von mir bislang aus Überzeugung vertretenen Ansicht im Licht neuer Erkenntnisse (so schnell kann es manchmal gehen).
Der dritte Teil ist etwas für die Augen.
Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole. Die Forschung rund um die Briefmarkenausgabe Berufe und Ansichten aus dem Saarland ist und bleibt spannend.
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Als Erstes möchte ich euch eine Bogennummer der Neuausgabe des 2 Pfennig-Werts vorstellen. Der Bogen wurden für den Malstatt-Burbacher Druck überdruckt.
Weshalb ist eine Bogennummer eines überdruckten Schalterbogens der Neuausgabe so interessant? Hier hatte ich die Bogennummern der 1. Offenburger Ausgabe ausführlich vorgestellt. Unter anderem stellte ich die Vermessungsergebnisse von über 500 Bogennummern dieser Ausgabe vor. Diese Vermessung habe ich nun auf Bögen der 2. Offenburger Ausgabe ausgedehnt. Hier ist meine Datenbasis zwar kleiner, als bei der Originalausgabe, jedoch komme ich bislang auf dasselbe Ergebnis:
Breite vom linken Rand von N bis Abschluss des Sterns = 25 mm
Zwischenraum zwischen o von No bis erste Ziffer = 1 mm
Zwischenraum zwischen o von No bis zweite Ziffer = 4 mm
Zwischenraum zwischen o von No bis dritte Ziffer = 7 mm
Zwischenraum zwischen letzter Ziffer und Stern = 3 mm
Höhe von N von No, Ziffern und Stern = 3 mm
Durchmesser des Sterns = 3 mm
Buchstabentypen bleiben über die Gesamtausgabe unverändert
Zifferntypen bleiben über die Gesamtausgabe unverändert
Schlussfolgerung: Es wurde für den Druck der Bogenrandsignaturen der 1. und der 2. Offenburger Ausgabe dieselbe Schnellpresse Typ Rex verwendet.
Eine weitere Erkenntnis können wir der abgebildeten Bogenecke entnehmen: Nicht nur wurde für die 2. Offenburger Ausgabe dieselbe Schnellpresse Typ Rex verwendet, um die Bogenrandsignaturen aufzubringen, sondern es wurde auch dieselbe TitanFlachperforiermaschine – oft sogar mit demselben Zähnungskamm – verwendet. Woher ich das nun wieder weiss? Die abgebildete Bogenecke stammt von einem A-Bogen und weist eine Perforationsanomalie auf, die ich bereits für die kleinformatigen Werte der 1. Offenburger Ausgabe vorgestellt hatte; hier jedoch nach rechts verschoben.
SP49 II e, 10 Pfennig Neuausgabe mit Überdruck 1 F (enger Abstand) Malstatt-Burbacher Druck (Typ II)
Hierzu einige weitere Abbildungen, die zeigen, dass zur Perforation der 2. Offenburger Ausgabe mehr als ein Zähnungskamm verwendet wurde:
SP54 II, 24 Pfennig Neuausgabe mit Aufdruck 6 F Malstatt-Burbacher Druck (Typ II) ohne PerforationsanomalieSP51 II, 15 Pfennig Neuausgabe mit Aufdruck 3 F Malstatt-Burbacher Druck (Typ II)mit Perforationsanomalie nach rechts
Nachfolgend einige Abbildungen von Schalterbögen mit derselben Perforationsanomalie wie bei der 1. Offenburger Ausgabe.
SP51 II, 15 Pfennig Neuausgabe mit Aufdruck 3 F Malstatt-Burbacher Druck (Typ II)mit Perforationsanomalie nach linksSP47 II, 2 Pfennig Neuausgabe mit Aufdruck 10 cent. Malstatt-Burbacher Druck (Typ II)mit Perforationsanomalie nach linksSP47 II, 2 Pfennig Neuausgabe mit Aufdruck 10 cent. Malstatt-Burbacher Druck (Typ II)mit Perforationsanomalie nach linksSP47 II, 2 Pfennig Neuausgabe mit Aufdruck 10 cent. Malstatt-Burbacher Druck (Typ II)mit Perforationsanomalie nach linksSP48 II, 3 Pfennig Neuausgabe mit Aufdruck 60 cent. Malstatt-Burbacher Druck (Typ II)mit Perforationsanomalie nach links
Diesen Abbildungen können wir entnehmen, dass zur Perforation der Druckbögen der 2. Offenburger Ausgabe im Herbst 1947 mindestens drei Zähnungskämme zum Einsatz kamen: einer ohne Anomalie zwischen der ersten und zweiten senkrechten Reihe, einer mit Anomalie nach rechts und der uns bereits von der Herstellung der 1. Offenburger Ausgabe bekannte Zähnungskamm mit der Anomalie nach links. An den beiden Bögen des 15 Pfennig-Werts sieht man, dass der Wechsel des Zähnungskammes, wenn nötig auch innerhalb eines Tages – konkret am 21. Oktober 1947 – vorgenommen wurde. Weshalb ging man bei der Herstellung der Marken der Neuausgabe anders vor als bei der Herstellung der Originalausgabe?
Der Wechsel der Zähnungskämme war wahrscheinlich eine Massnahme, um die im Gegensatz zur 1. Offenburger Ausgabe viel höheren Auflagen der Länderausgaben der Zone d’occupation française en Allemagne für Baden, Rheinland-Pfalz sowie Württemberg-Hohenzollern – mit deren Druck nach Abschluss der Arbeiten an der Originalausgabe für das Saarland begonnen worden war – zu bewältigen sowie raue Perforation so weit als möglich zu vermeiden. Was bringt mich zu dieser Aussage? Weshalb kann nicht, wie das Saarhandbuch in Kap. 402,7 d) schreibt, eine zweite Titan Flachperforiermaschine eingesetzt worden sein? Für die Herstellung der Marken der 1. Offengurger Ausgabe habe ich dieses Argument bereits hier widerlegt. Bei der Herstellung der 2. Offenburger Ausgabe spricht zusätzlich dagegen, dass Dr. Hans Flatters in seinem Standardbeitrag über den Briefmarkendruck der Länderausgaben der Zone d’occupation française en Allemagne bei der Druckerei Franz Burda im Handbuch der ArGe Französische Zone Kap. 3.0.3 ein zweite Maschine nicht erwähnt.
Eine letzte Erkenntnis entnehmen wir der oberen linken Marke des zu Beginn abgebildeten Bogenrands des 2 Pfennig-Werts. Bei dieser Marke ist der Druck der Wertangabe 10 sowie der Währungsangabe cent. sehr schwach ausgefallen. Nicht jedoch bei den anderen Marken. Der Überdruck der Schalterbögen sowohl der Originalausgabe (Urdruck, resp. Altdruck) als auch der Neuausgabe der Berufe und Ansichten aus dem Saarland erfolgte bei der Malstatt-Burbacher Handelsdruckerei in Saarbrücken auf einem betagten Heidelberger Automaten im Buchdruck (Typographie). Der Heidelberger Automat ist sehr gut geeignet, Flugblätter, Flugschriften und sonstige eher minderwertige Druckerzeugnisse herzustellen, jedoch nicht, um hochwertige Produkte wie Postwertzeichen zu veredeln. Aufdruckabweichungen bis hin zum partiellen Druckausfall sind daher bei den Marken des Malstatt-Burbacher Drucks über alle Werte sehr verbreitet.
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Ich habe in verschiedenen Beiträgen (vgl. hier, hier und hier) über die Herkunft von unperforierten und geschnittenen Marken der 1. Offenburger Ausgabe geschrieben:
Von allen Werten der 1. Offenburger Ausgabe sind ungezähnte Stücke und sogar Bogenteile bekannt. Diese Marken wurden nach derzeitigem Wissenstand nicht über die saarländischen Postschalter verkauft, sondern stammen aus Ausschuss resp. Makulatur bei der Druckerei Franz Burda. Der Ausschuss wurde zwar unter behördlicher Aufsicht vernichtet, doch scheint es bei der Überwachung Lücken gegeben zu haben.
Meine Aussage über die Herkunft geschnittener Marken der Ausgabe Berufe und Ansichten aus dem Saarland kann ich aufgrund meines heutigen Kenntnisstands in dieser Form und so absolut nicht mehr vertreten. Was hat mich dazu gebracht, meine Position radikal zu ändern?
Das vorstehend abgebildete Exemplar einer geschnittenen Marke hat meine bisherige Aussage – die wohlgemerkt ähnlich auch im Saarhandbuch Kap. 402,50 zu finden ist – zu Makulatur werden lassen.
Es handelt sich um ein Exemplar der Originalausgabe des 12 Pfennig-Werts vom Feld 12A(f) eines Bogens mit dem Wasserzeichen steigende Wellenlinien. Das f steht für früher Druck, d.h. die Drucktage 30./31. Dezember 1946 resp. 2./3. Januar 1947. Die Echtheit der Marke sowie die Echtheit des Aufdrucks wurden von meinen Sammlerfreunden vom LV Saar und der ArGe Saar bestätigt.
Die Existenz dieser echten, ungebrauchten Marke bedeutet für nun:
zumindest ein vollständiger, unperforierter Schalterbogen des 12 Pfennig-Werts entging den Argusaugen der Kontrolleure bei der Druckerei Franz Burda
dieser Schalterbogen landete nicht in der Makulatur
dieser Schalterbogen wurde nicht unter behördlicher Aufsicht vernichtet, wie es für Makulatur vorgesehen war
dieser Schalterbogen gelangte nicht über dubiose resp. kriminelle Wege in den Händen eines Briefmarkensammlers
dieser Schalterbogen muss zusammen mit den anderen Marken des 12 Pfennig-Werts sowie den zuvor gedruckten Marken des 75 Pfennig-Werts mit dem Transport vom 10. Januar 1947 ganz offiziell an die P.T.T. des Saarlands in Saarbrücken ausgeliefert worden sein.
Ob dieser unperforierte Schalterbogen der Originalausgabe von der P.T.T. des Saarlandes auch unbemerkt an ein saarländisches Postamt gelangte, ist nicht gesichert, jedoch unwahrscheinlich. Die fehlende Perforation des Bogens wäre einem Schalterbeamten spätestens bei der handschriftlichen, fortlaufenden Nummerierung der Schalterbögen aufgefallen. Sicher ist dagegen, dass dieser Schalterbogen entweder von der P.T.T des Saarlandes direkt oder nach deren Aufforderung durch eines der vielen Postämter zwecks Überdrucks an die Malstatt-Burbarcher Handelsdruckerei geliefert und dort für den Malstatt-Burbacher Druck überdruckt wurde.
Nun stellen sich drei Fragen: Wurde der inzwischen überdruckte unperforierte Schalterbogen, von dem das vorliegende Exemplar einer geschnittenen Marke stammt, bei der Kontrolle in der Malstatt-Burbacher Handelsdruckerei entdeckt und aussortiert? Auf welchem Weg, dubios oder über Postschalter, gelangte das vorliegende Exemplar in Sammlerhände? Wurden weitere Exemplare unperforierter Schalterbögen der Originalausgabe an die P.T.T. Saarbrücken ausgeliefert und in der Malstatt-Burbacher Handelsdruckerei überdruckt? Die Antworten zu diesen Fragen kennen wir nicht und es ist fraglich, ob wir sämtliche Antworten über 70 Jahre nach den Ereignissen noch in Erfahrung bringen werden. Aber spekulieren ist nicht verboten.
Die gummierte Markenrückseite dieses 12 Pfennig-Werts drängt mich geradezu, euch zwei Anmerkungen mit auf den Weg zu geben:
Der Überdruck der Schalterbögen der Original– sowie der Neuausgabe erfolgte in der Malstatt-Burbacher Handelsdruckerei im Buchdruck (Typographie). Der Buchdruck ist ein Hochdruckverfahren und verändert die Markenrückseiten mehr oder weniger deutlich durch reliefartige Durchprägung. Dieser Effekt wird besonders bei Streiflichtbeleuchtung gut erkennbar, gelegentlich ist er auch mit dem Finger zu fühlen. Auf der vorstehenden Abbildungen könnt ihr diesen Effekt gut erkennen.
Seit der Ausgabe des Michel Deutschland Junior-Kataloges 1996 und des Michel Deutschland-Spezial 1996 durch den Schwaneberger-Verlag gelten für die Preisnotierungen dieses – von Schleimschleckern auch schon mal als „Grundgesetz der deutschen Philatelie“ gelobhudelten Deutschland-Kataloges neue Regeln. Eine davon lautet: „Postfrische Erhaltung setzt vollkommen unberührte Gummierung voraus.“ Der bekannte Autor Wolfgang Maassen hat dies damals so kommentiert: „Selbstverständlich bedeutet postfrisch also absolut einwandfreie Gummierung, so dass Fingerabdrücke ebenso wie Büge den Wert mindern, von noch so kunstvollen Nachgummierungen und/oder Teilreparaturen ganz zu schweigen.“ Geschwiegen wurde und wird jedoch über die unselige Praxis der Briefmarkensignatur. Jede Briefmarke mit Signatur ist nach Michel und Maassern nicht mehr postfrisch, da für die Gummierung die Kriterien „vollkommen unberührt“ resp. „absolut einwandfrei“ nicht mehr zutreffen.
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So, zum Abschluss dieses Beitrags noch etwas leichte Kost. Wie wichtig der Bergmann und der Alte Turm in Mettlach für die Saarländer waren, lässt sich auch daran ermessen, wofür diese Motive verwendet wurden. Hier zwei schöne Zündholzetiketten.
Bis dann
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Danksagung: Ich bedanke mich herzlich bei den vielen Sammlern und den Auktionshäusern, die mir für diese Untersuchung freimütig Scans ihrer Briefmarkenbögen überlassen haben.
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Ich plane dieses Jahr im Saarphilatelie-Blog nebst Beiträgen für den Saar-Spezialisten auch grundlegende Kenntnisse für den Einsteiger zu vermitteln. Beginnen werde ich mit einer Beitragsserie zu den 20 resp. 13 Werten der Briefmarkenausgaben Berufe und Ansichten aus dem Saarland.
Im Anhang der Beiträge zu den einzelnen Werten befindet sich jeweils eine in drei Abschnitte gegliederte Übersicht mit wichtigen Hinweisen zur Fälschungserkennung. Nehmt euch die Zeit und lest die Hinweise einmal sorgfältig durch.
Ergänzungen zu dieser Übersicht nehme ich gerne auf, soweit diese die Sammelgebiete Saargebiet, Territoire de la Sarre (französische Annexion), Saarstaat sowie Bundesland Saarland bis 1959 betreffen. Kontaktiert mich in diesem Fall über Facebook. Diese Übersichten und Listen haben ja bloss dann Sinn und Wert, wenn sie aktuell, präsent und rasch aufrufbar sind.
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Nun zum eigentlichen Thema dieses Beitrags. Die Vorstellung des 2 Pfennig-Werts der Ausgaben Berufe und Ansichten aus dem Saarland.
Der kleinste Wert der Ausgabe ist gleichzeitig auch der Wert, welcher bei der 1. Offenburger Ausgabe als letztes gedruckt wurde. Mit dem Versand der fertigen Schalterbögen an die P.T.T. Saarbrücken am Samstag, dem 22. Februar 1947, war der am 27. Dezember 1946 bei der Druckerei Franz Burda in Offenburg begonnene Druck der Marken dieser Ausgabe nach knapp zwei Monaten abgeschlossen.
SP14, Originalausgabe – schön zu erkennen: ein Holzeinschluss bei der rechten Schulter des Bergmanns
Das Markenbild zeigt im Vordergrund einen knienden, die Spitzhacke schwingenden Hauer im Streb. Den Hintergrund bildet eine Saarlandschaft mit einigen an einem Fluss gelegenen, um eine Kirche gruppierten Häusern, von Feldern umgeben, auf welchen die frisch geernteten Getreidegarben zu Puppen aufgestellt in der Sonne trocknen.
Getreidepuppen im Westerwald (Bundesarchiv, B 145 Bild-F005922-0001)
Mit dem Bildmotiv hat Vytautas Kazimieras Jonynas, der Entwerfer sämtlicher Bildmotive der Berufe und Ansichten aus dem Saarland, gleich eine Vielzahl, der für die Saarländer wichtigen Symbole auf 18,5 x 22 Millimeter fixiert:
der wirtschaftlich und für das Selbstbewusstsein der Saarländer enorm bedeutsame Kohlenbergbau
der Bergmann als Repräsentant des Saarreviers
die Kirche als Symbol für die starke Verankerung der überwiegend katholisch geprägten Gläubigkeit im Saarland
die Landwirtschaft
die trotz der Schwerindustrie reizvolle Landschaft
der Fluss als Symbol für das wichtige Wasservorkommen zwischen Blies, Saar, Mosel etc.
die relative Kleinräumigkeit des Saarlandes
Abbildungen
Der 2 Pfennig-Wert gehört zu den Werten der Originalausgabe, von denen die P.T.T Saarbrücken im Sommer 1947 bei der Druckerei Franz Burda in Offenburg eine Neuauflage bestellte. Von dem 2 Pfennig-Wert existieren somit vier Varianten: Marken der Originalausgabe, Marken der Neuausgabe, Marken der Originalausgabe mit Überdruck für den Malstatt-Burbacher Druck (Urdruck/Altdruck) sowie Marken der Neuausgabe mit Überdruck für den Malstatt-Burbacher Druck.
SP34, Neuausgabe Herbst 1947 – schön zu erkennen: das fast weisse PapierSP47 I, Originalausgabe mit Aufdruck 10 cent. Malstatt-Burbacher Druck (Typ I)SP47 II, Neuausgabe mit Aufdruck 10 cent. Malstatt-Burbacher Druck (Typ II)
Für den Sammler ist die Unterscheidung von überdruckten Marken der Originalausgabe – dem sogenannten Urdruck – und überdruckten Marken der Neuausgabe nicht ohne Tücken. Achtet auf:
Die Farbe des Papiers. Für die Neuausgabe stand fast weisses Papier zur Verfügung. Weisses Papier werdet ihr bei der Originalausgabe nicht finden.
Die Grossbuchstaben des Schriftbands SAAR. Die Querstriche der beiden A von SAAR wurden tiefer gelegt.
Die Druckfarbe der Neuausgabe ist wesentlich dunkler als die der Originalausgabe. Ein dunkles, schwärzliches Grau gegenüber dem Mausgrau der Originalausgabe.
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Dokumentation eines Schalterbogens
Schalterbogen Originalausgabe, 20. Februar 1947, A 02836 (durchgehend 5-stellige Bogennummern)
Dokumentation Typ Druckdatum
Druckdatum Originalausgabe in Groteskschrift, Typ II
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Steckbrief des 2 Pfennig-Werts
Wert/Währung: 2 (Reichs-) Pfennig, ab 16. Juni 1947: 2 (Saar-) Pfennig
Bildmotiv: Hauer im Streb vor Saarlandschaft
Entwerfer: Vytautas Kazimieras Jonynas
Farben (Aufzählung):
RAL: 7005 Mausgrau
Stanley Gibbons Farbenführer: grey
End/Becker: Grau
Paul Staedel: gris
Saarhandbuch (SHB): Grau
Michel: Dunkel- bis Schwarzgrau
Scott: gray
Stanley Gibbons: grey
Yvert & Tellier: gris
Papier: dickes, raues, gräulichweisses bis gelbbräunliches Papier mit häufigen Holzeinschlüssen; farbige, feine Stofffäden nicht unüblich
Druckverfahren: Rastertiefdruck auf Rotations-Tiefdruckmaschine Palatia O
Masse: ca.22 x 26 Millimeter / ca. 18.5 x 22.5 Millimeter (Markenbild mit Schriftband)
Perforation: Kammzähnung durch Titan Flachperforiermaschine
Zähnungsmass: 14:14 mit minimen Schwankungen
Bogenrandsignaturen:
durchgehend 5-stellige Bogennummern
Druckdatum ausgeführt in Groteskschrift, Typ II
Druckdatum/-daten: 20./21. Februar 1947
Auflage: 2’040’000 Stück, von denen innerhalb der Gültigkeit rd. 2’030’000 Stück am Schalter verkauft wurden
Erstausgabetag: 7. März 1947
Verkauf bis: 19. November 1947
Gültigkeit: 7. März 1947 bis 27. November 1947
Hauptwert/Ergänzungswert: Ergänzungswert
Katalognummern (Aufzählung):
End/Becker: 206
Paul Staedel: 1
F.S.A.: 196
Michel: 206
Saarphilatelie: 14
ANK: 206
Scott: 155
Stanley Gibbons: 203
Yvert & Tellier: 196
Neuausgabe im Herbst 1947: ja (vgl. Abbildung)
Druckdatum/-daten der Neuausgabe: 7./8./10. November 1947
Auflagehöhe der Neuausgabe: 3’060’000 Stück
Überdruck der Originalausgabe (Urdruck, MBD I): ja; 9’300 Stück von denen 400 Stück am 24. März 1948 vernichtet wurden (vgl. Abbildung)
Wert/Währung des Malstatt-Burbacher Drucks:10 cent.
Erstausgabetag des 10 cent.-Werts des Malstatt-Burbacher-Drucks: 27. November 1947
Eine kurze Erklärung zu der Verwendung der Begriffe Originalausgabe (1. Offenburger Ausgabe) und Neuausgabe (2. Offenburger Ausgabe). Die Originalausgabe wurde vom 27. Dezember 1946 bis zum 21. Februar 1947 bei der Druckerei Franz Burda gedruckt. Die Druckerei erhielt im Spätsommer/Herbst 1947 den Auftrag zu einer Neuauflage von 13 der 20 Werte, um die Briefmarkenbestände aufzufüllen. Der höchste Wert zu einer Mark sollte dabei auf die seit dem 16. Juni 1947 gültige neue Währung Saarmark umgestellt werden. Die Negative, Diapositive und Druckzylinder der Originalausgabe waren bei der Druckerei Franz Burda jedoch nicht mehr vorhanden oder nicht mehr benutzbar. Es mussten also von Jonynas‘ Originalvorlagen – diese waren noch vorhanden – neue Abzüge erstellt werden. Kleinere Beanstandungen wurden an den Originalvorlagen vorgängig retuschiert, wie beispielsweise im Bereich zwischen den Beinen des rechten Stahlwerkers bei den Werten zu 15, 16, 20 sowie 24 Pfennig. Da die Herstellung der 13 nachbestellten Werte von geänderten Originalen erfolgte, sprechen wir von einer Neuausgabe und nicht von einer Neuauflage. Der Malstatt-Burbacher Druck ist wiederum eine Überdruckausgabe beider Ausgaben. Die Originalausgabe mit Überdruck bezeichnen wir als MBD Typ I und die Neuausgabe mit Überdruck als MBD Typ II.
Bis dann
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#saarphilatelie
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Wichtige Hinweise für den Saarsammler
Erster Abschnitt: Falschstempel resp. gängige Stempel, welche nicht geprüft werden (alphabetisch nach Ort):
Altheim (Saar) / KSDBG
Aschbach über Lebach (Saar) / DKS
Beckingen * (Saar) a KSDB
Beckingen (Saar) – Heimatfest – / WST
Berus (Kr. Saarlouis) / KSDBG
Besseringen (Saar) / KSDBG
Bierbach (Saar) / KSDB
Blickweiler (Saar) / KSDB
Blieskastel / K
Bous * (Saar) * / KSDB
Bous (Saar) – 1000 Jahr Feier – / OWST
Brebach (Saar) b / DKS
Bübingen (Kr. Saarbrücken) a
Eppelborn (Saar) / KSDB
Eschringen * (Saar) * / KSDB
Haustadt über Merzig (Saar) / DKS
Homburg (Saar) 1 g / DKS
Illingen (Bez. Trier) i
Illingen (Saar) – 1100 Jahre Illingen – /OWST
Mettlach (Saar) b
Neunkirchen * (Saar) 1 b / KSDB
Ottweiler (Saar) b / DKS
Ottweiler (Saar) – 400 Jahre Stadt – / WST
Saarbrücken * (BHF) k / KSDB
Saarbrücken 1 d / KSDB
Saarbrücken 1 f / KSDB
Saarbrücken 1 g / KSDB
Saarbrücken 2 – Der französische Aussenminister … – / SoSt
Saarbrücken 2 – Der Bundespräsident … – / SoSt
Saarbrücken 2 – Saarland-Bundesland … – / SoSt
Saarbrücken 2 c
Saarbrücken 2 e / DKS
Saarbrücken 2 * (BHF) k / KSDB
Saarbrücken 2 1 / DKS
Saarbrücken 2 ac / DKS
Saarbrücken 3 * (St. Johann) / KSDBG
Saarbrücken 3 a / DKS
Saarbrücken 5 * (Burbach) / KSDBG
Saarhölzbach * (Saar) * / KSDBG
Saarlouis 1 c / DKS
(18) Saarlouis 1 h / DKS
Saarwellingen a / DKS
St. Ingbert (Saar) d / KSDB
St. Wendel ** a / KSDBG
St. Wendel – Missionshaus – / WST
Sulzbach * (Saar) c / KSDB
Völklingen (Saar), insb. Völklingen (Saar) a / KSDB
Wehrden * (Saar) * / KSDB
Wiebelskirchen (Bz. Trier) / KOSeg
Wiebelskirchen (Saar) / a DKS
Wustweiler (Saar) / DKS
Abkürzungen:
DKS = Doppelkreis-Steg-Stempel
K = Kreisstempel
KOSeg = Kreis-Obersegment-Stempel
KSDB = Kreis-Steg-Doppelbogen-Stempel
KSDGB = Kreis-Steg Doppelbogen-Gitterstempel
OWST = Ortswerbestempel
SoSt = Sonderstempel
WST = Werbestempel
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Zweiter Abschnitt: Gefälschte/gestohlene Prüfzeichen von Briefmarken-Prüfern des BPP (alphabetisch):
A. Burger BPP
Bechtold BPP
Bothe BPP
Dr. Lantelme BPP
Dr. Petersein BPP
Eliades BPP
Flemming BPP
Georg Bühler
Gotw. Zenker BPP
Grobe
Hefer BPP
Heintze BPP
Helbig BPP
Herbst BPP
Hey BPP
Hollmann BPP
INFLA Berlin (+)
INFLA Berlin (B)
INFLA Berlin (H)
INFLA Berlin (W)
INFLA Berlin (Echt im Block geprüft)
Jäschke-L BPP
Keiler BPP
Kimmel BPP
Kesselstatt BPP
Lemberger BPP
Mahr BPP
Modry BPP
M. Sommer BPP
Peschl BPP
Pfenninger
Pickenpack BPP
Salomon BPP
Schlegel BPP
Ströh BPP
Sturm BPP
Thoma BPP
W. Engel BPP
Wiegand BPP
Zierer BPP
Zirath
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Dritter Abschnitt: Diverse gefälschte/gestohlene Typ-, Farb- und Wasserzeichen-Stempel:
a
b
c
d
e
f
x
y
z
X
Y
Z
I
II
II
V
X
Tipp: Falls ihr euch mit den Marken eures Sammelgebietes nicht genauestens auskennt: Vertraut bei Käufen, für welche ihr mehr als 4 Euro bezahlen müsstet, K E I N E RSignatur, sondern ausschliesslich aktuellsten, d. h. innerhalb der letzten fünf Jahre ausgestellten, Fotoattesten von einer der diversen Prüfvereine. Ansonsten „Finger weg“!
Ein Sammlerkollege aus der sehr empfehlenswerten Facebook-Gruppe WhatsBriefmarken.de hat mich gebeten, eine Definition für den Begriff Feldmerkmal zu erarbeiten.
Feldmerkmale und ihre Erscheinungsformen habe ich in Bezug auf die Werte der 1. Offenburger Ausgabe an dieser Stelle bereits in einigen Beiträgen behandelt (bspw. hier), weshalb ich dieser Bitte gerne Folge leiste.
Briefmarken, die im Bogendruck (Druckplatte, Formzylinder mit oder ohne Gummituchzylinder) hergestellt wurden oder werden, können am Bildmotiv und/oder auf dem Markenrand Abweichungen vom vorgesehenen Druckbild, sogenannte Feldmerkmale, aufweisen.
Beispiel für im Bogendruck hergestellt Briefmarken
Diese Abweichung haben ihre Ursache in:
Druckvorstufe
Druckvorgang
Beschädigung des Druckmaterials bei Unterhalt, Pflege, Reinigung etc.
Abnützung des Druckmaterials
Die Abweichungen können sporadisch oder regelmässig auftreten und betreffen dabei entweder die Gesamtauflage oder nur einen Teil der Auflage.
Zu den sporadisch auftretenden Abweichungen gehören beispielsweise Druckzufälligkeiten wie der Butzendruck (vgl. Erklärung am Schluss des Beitrags). Für den Philatelisten von besonderem Interesse sind die regelmässig auftretenden Abweichungen, auch Feldmerkmale oder – beim seltenen Plattendruckverfahren – auch Plattenfehler genannt, die auf allen oder einem grösseren Teil der hergestellten Druckbogen ein bestimmtes Bogenfeld und damit eine bestimmte Briefmarke aus dem Druckbogen kennzeichnen. (1)
Die Abbildungen zeigen 12 Pfennig-Werte (SP19FS) der 1. Offenburger Ausgabe. Links ohne Feldmerkmal und recht das Feldmerkmal Endstrich der 2 der Wertangabe 12 fehlt vom Feld 60AB (hier vom B-Bogen).
In einigen Sammelgebieten werden bestimmte regelmässig und im grösseren Stil auftretende Abweichungen vom Druckbild auch als Typen bezeichnet. Ein bekanntes Beispiel stammt aus den – ebenfalls von Vytautas Kazimieras Jonynas gestalteten und bei der Druckerei Franz Burda im Rotations-Rastertiefdruckverfahren hergestellten – Länderausgaben der Zone d’occupation française en Allemagne: Rheinland-Pfalz, 15 Pfennig, Bildmotiv Karl Marx.
Die linke Abbildung zeigt Type I, K von Karl ohne Serife. Die rechte Abbildung Type II, K von Karl mit Serife.
Feldmerkmale können fehlende Bestandteile des Markenbildes (vgl. Abbildung der 12 Pfennig-Werte) oder – häufiger – hinzugekommene Bestandteile, wie beispielsweise Striche, Flecken oder Linien sein. Die Karl Marx-Marke links weist zum Beispiel je einen kleinen Farbfleck auf der linken Wange und auf dem Haar links auf, welche auf der Marke rechts fehlen.
Wir können verschiedene Erscheinungsformen von Feldmerkmalen unterscheiden. Unter anderem:
Reihenmerkmale, die sämtliche Marken einer bestimmten senkrechten oder waagerechten Bogenreihe kennzeichnen
Wiederkehrende Feldmerkmale, die bei einem anderen Wert mit demselben Bildmotiv auf einem anderen Bogenfeld auftreten
Feldmerkmale in Teilauflage, die nachweislich nur während einer bestimmten Zeitspanne gedruckt wurden; diese Feldmerkmale wurden entweder innerhalb der Druckperiode durch eine Retusche entfernt oder sind durch eine Retusche resp. eine Beschädigung des Druckmaterials während des Drucks entstanden
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Definition Feldmerkmal
Der Begriff Feldmerkmal bezeichnet bei Briefmarken eine Abweichung des Markenbildes vom gewollten Zustand. Das Feldmerkmal tritt entweder über die gesamte Auflage oder einen Teil derselben auf demselben Bogenfeld eines Wertes auf. Wir unterscheiden bei den Ausgaben Berufe und Ansichten aus dem Saarland:
Primäre Feldmerkmale: Diese entstehen während der Negativ- oder Diapositivphase der Herstellung – somit lange vor der Druckphase – und kommen in gleicher Ausprägung auf beiden Schalterbögen (A- und B-Bogen) vor. Bei primären Feldmerkmalen existieren an dem betroffenen Bogenfeld keine einwandfreien Marken. Kann es auch nicht geben, da die Abweichung schon von Beginn des Druckprozesses an vorhanden ist. Häufig sind primäre Feldmerkmale gleichzeitig auch wiederkehrende Feldmerkmale. Primäre Feldmerkmale können in der Druckphase während einer Wartung durch Retusche entfernt werden und treten in diesem Fall bloss auf einem Teil der Auflage auf; die Retusche hinterlässt jedoch sichtbare Spuren (selten).
Sekundäre Feldmerkmale: Diese entstehen bei der Erstellung der Druckform/des Druckzylinders bei der Übertragung des Pigmentpapier oder später durch unsachgemässes Aufbringen des Asphaltlackes zur Abdeckung von Konturen und Stössen. Sekundäre Feldmerkmale kommen nur auf einem der beiden Schalterbögen (A- oder B-Bogen) vor. Sekundäre Feldmerkmale können in der Druckphase während einer Wartung durch Retusche entfernt werden und treten in diesem Fall bloss auf einem Teil der Auflage auf (selten).
Tertiäre Feldmerkmale: Diese entstehen in der Regel durch Beschädigungen des Druckzylinders während des Druckvorgangs, beispielsweise beim Einbau des Druckzylinders/der Druckform oder deren Reinigung (in ganz wenigen Fällen könnte eine Retusche Ursache neu auftauchender, tertiärer Feldmerkmale sein). Auch eine Verschmutzung durch Fremdkörper kann Abweichungen auf dem Markenbild hervorrufen, die jedoch nur auf wenigen Bogen vorkommen (Druckzufälligkeit).
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Definition Butzendruck
Der Begriff Butzendruck. Ein Butzen entsteht beim Druck durch die Anlagerung von kleinen Staub-, oder Schmutzpartikeln auf dem druckenden Element (Druckplatte, Druckzylinder oder beim Offset Gummituch). Butzen verhindern die vollständige Einfärbung und beeinträchtigen das Aussehen des Drucks durch kleine Stellen, an denen Farbe fehlt bzw. ungleichmässig verteilt ist. Ursache der Butzen sind Staubflusen, getrocknete Druckfarbe oder winzig Papierstücke (vgl. auch hier).
Bis dann
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Anmerkung
(1) Mit meiner Überzeugung, dass es technisch korrekter und sinnvoller ist, bei individuellen Abweichungen von Briefmarken einzelner Bogenfelder nicht von Plattenfehlern, sondern von Feldmerkmalen zu sprechen, stehe ich keineswegs allein. Hans Zerbel, langjähriger Leiter der Abteilung Postwert- und Steuerzeichen bei der Bundesdruckerei als auch Torsten Berndt, Redaktionsleiter der DBZ, sind dieser Meinung (vgl. DBZ 13/2011).
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Ich widme diesen Beitrag Werner, meinem Schwiegervater, der heute seinen 80. Geburtstag feiert. Lieber Werner, ich wünsche Dir zu den bereits gesammelten 80 Jahren viele weitere mehr in bester Gesundheit und Gesellschaft.
In diesem Beitrag werde ich euch zwei Reihenmerkmale vorstellen. Dem Begriff Reihenmerkmal sind wir in dem Beitrag zur sicheren Bestimmung von Marken des Bogenfeldes 41AB des 12 Pfennig-Werts bereits begegnet.
Das erste Reihenmerkmal ist Anstrich der 1 der Wertangabe 12 stumpf und kommt auf allen Marken der 2. und 7. senkrechten Bogenreihe (A- und B-Bögen) des 12 Pfennig-Werts der 1. Offenburger Ausgabe vor, also auf den Bogenfeldern 2, 12, 22 usw. bis 92 und 7, 17, 27 usw. bis 97.
SP49S 17A und 18A
Der Unterschied bei den beiden Anstrichen ist gut zu erkennen.
Étude, S. 21, 61 2e et 7e rangée verticale: „1 ayant la tige de la pointe ecourtée“
Saarhandbuch, Kap. 402, S. 20 Vorbemerkung zum 12 Pfennig-Wert: „In der zweiten und siebten senkrechten Reihe ist der Anstrich der 1 stumpf“
Michel Saar-Spezial 2017, keine Erwähnung
Das zweite Reihenmerkmal tritt beim 75 Pfennig-Wert auf. Bei einigen Marken stärker, bei anderen schwächer ausgeprägt. „Kurbel“ Farbstrich an der Hauswand links
SP30 6A und 7A
Die Kurbel – ich mag den Begriff – an der Wand des linken Gebäudes ist das kennzeichnende Feldmerkmal der 7. senkrechten Bogenreihe der 75 Pfennig-Bögen (A- wie auch B-Bögen), kommt also auf den Feldern 7, 17, 27 usw. bis 97 vor. Liegt eine 75 Pfennig-Marke mit diesem Feldmerkmal vor uns, wissen wir, dass es sich um eine dieser Marken handeln muss. Ein Reihenmerkmal hilft uns also bei der Feldbestimmung von Marken und ist für alle Sammler von Feldmerkmalen ein nicht zu unterschätzendes Hilfsmittel.
Étude, S. 31, Sur toute la 7e rangée verticale: „Hampe à la maison à gauche“
Saarhandbuch, Kap. 402, S. 41 Vorbemerkung zum 75 Pfennig-Wert: „Alle Marken der siebten senkrechten Reihe weisen einen gebogenen Strich am Hause links auf (Abb. 74)“
Michel Saar-Spezial 2017, keine Erwähnung
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Was ist die Ursache dieser – wiederkehrenden – Merkmale, die eine oder zwei senkrechte Bogenreihen kennzeichnen?
Was auffällt: es liegen beim 12 Pfennig-Wert fünf senkrechte Bogenreihen zwischen den Reihenmerkmalen. Wir wissen, dass wiederkehrende Feldmerkmale – bei Reihenmerkmalen handelt es sich um wiederkehrende Merkmale – im Rotations-Rastertiefdruckverfahren ihre Ursache in der Negativ- resp. Diapositivphase der Druckvorstufe haben. En detail:
die Vorlage für das Bildmotiv wird fotografiert
es werden Negative hergestellt
fünf Negative werden zu einem Streifen zusammengesetzt
sorgfältige Negativretusche am 5er-Streifen
Kontrolle der Druckreife anhand von Papierabzügen der retuschierten Negative
die 5er-Streifen (Negative) werden so oft als Diapositiv kopiert, wie für die Herstellung eines Schalterbogens notwendig ist; für die kleinformatigen Werte 2-75 Pfennig 20 mal und für die grossformatigen Werte zu 84 Pfennig und 1 Mark 10 mal
die 10 resp. 20 5er-Streifen (Diapositiv) werden regelmässig auf einer Diapositivscheibe arrangiert; bei den Werten zu 2-75 Pfennig kommen die 5er-Streifen in zwei Kolonnen untereinander zu liegen
Jetzt ist klar. Weist ein 5er-Streifen ein Feldmerkmal auf dem 2. Diapositiv auf, kommt dieses bei strenger Verwendung des obigen System immer in der 2. und 7. senkrechten Bogenreihe vor. Bleibt die Frage: Weshalb erscheint die Kurbel des 75 Pfennig-Werts dann nicht auch auf den Feldern der 2. senkrechten Bogenreihe?
Der 75 Pfennig-Wert war der erste Wert der Briefmarkenausgabe Berufe und Ansichten aus dem Saarland, der gedruckt wurde. Dazu war es die erste Briefmarkenherstellung für den Entwerfer Vytautas Kazimieras Jonynas – wenn auch nicht seine letzte – und der erste Briefmarkendruck für die Belegschaft der Druckerei Burda. Ich gehe davon aus, dass beim 75 Pfennig-Wert einmalig mit einem 10er-Streifen gearbeitet wurde. Erst später ist man zu 5er-Streifen übergegangen, welche für die grossformatigen Marken zu 84 Pfennig und 1 Mark ohnehin sinnvoller waren.
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Definition Reihenmerkmal
Von einem Reihenmerkmal sprechen wir, wenn ein bestimmtes, ursprünglich für das Bildmotiv nicht vorgesehenes Charakteristikum über sämtliche Marken einer oder sogar zweier senkrechter resp. waagerechter Bogenreihen nachzuweisen ist.
… und willkommen zum zweiten Beitrag über die nur auf einem Teil der Gesamtauflage auftretenden Feldmerkmale beim 12 Pfennig-Wert der 1. Offenburger Ausgabe. Solltet ihr den ersten Beitrag verpasst haben, hier klicken.
Zu Beginn dieser Folge etwas für das Auge. Die nachfolgenden Abbildungen zeigen die sieben aus meiner Sicht auffälligsten Feldmerkmale, welche nicht auf sämtlichen Schalterbögen des 12 Pfennig-Werts auftreten. Die Abbildungen werde ich jeweils kurz kommentieren.
Zweimal Feld 1B, also das erste Feld oben links eines B-Bogens, des linken Teils eines Druckbogens. Die rechte Abbildung weist einen dunklen Farbfleck am Streb links vom Bergmann auf (vgl. rote Markierung), die auf der linken Abbildung fehlt. Beschrieben hat dieses Feldmerkmal ausschliesslich Paul Staedel in seiner Étude (S. 21, 6 m: Tache de couleur au rocher à gauche). Er gibt zu diesem Merkmal an, dass der dunkle Fleck auf den Bogen mit den Druckdaten 7./8./9. Januar 1947 auftritt.
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Obige Abbildungen zeigen jeweils das Feld 6A von zwei unterschiedlichen Schalterbögen. Linke Abbildung mit dem Feldmerkmal heller Fleck mit Hof links am Querstrich des ersten A von SAAR, rechte Abbildung ohne dieses Merkmal, dafür mit einem dunklen Farbfleck unten an der rechten Seite des Schriftbands SAAR. Das linke Feldmerkmal wird in der Étude erwähnt (S. 21, 6 j: Gros point blanc dans le 1re A). Paul Staedel gibt in diesem Fall an, dass das Merkmal auf Bogen mit den Druckdaten 30./31. Dezember 1946 sowie 2./3. Januar 1947 auftritt. Der Michel listet das linke Feldmerkmal in seinem Saar-Katalog unter 211XY V weisser Punkt links am Querstrich des ersten A in SAAR (Feld 6). Die Michel-Redaktion gibt im Gegensatz zur Étude keinen Hinweis darauf, dass dieses Feldmerkmal nur auf Bogen eines Teils der Gesamtauflage auftritt. Das rechte Feldmerkmal findet nirgendwo Erwähnung.
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Gleich viermal Feld 22. Obere Reihe vom A-Bogen, untere Reihe vom B-Bogen. Das auf allen vier Marken auftretende Feldmerkmal sind die dunklen Farbflecken ober- und unterhalb der Faust des Bergmanns (jeweils mit zwei waagerechten roten Pfeilen markiert). Auf den rechten Marken ist jeweils noch ein Fleck auf dem Hosenbund des Bergmanns zu erkennen. In der oberen Reihe schwach, in der unteren Reihe stark ausgeprägt.
In der Étude wird das generell vorkommende Feldmerkmal mit 6 d und der dunkle Fleck auf dem Hosenbund (Abb. untere Reihe rechts) mit 6 e aufgeführt. Für 6 e gibt Paul Staedel an, dass das Feldmerkmal auf Bogen des Druckdatums 7./8. Januar 1947 zu finden sei.
Das Saarhandbuch führt im Kap. 402, S. 21 das generelle Feldmerkmal unter 22AB Farbflecke oberhalb und unterhalb der Hand und den dunklen Fleck auf dem Hosenbund unter 22B Koppelschloss (Gürtelschnalle) stark sichtbar (Teilauflage). Das nur schwach auftretende Koppelschloss (Abb. obere Reihe rechts) figuriert unter 22A Nur schwach sichtbar (Teilauflage)
Der Catalogue F.S.A. (sowohl 3e wie auch 4e Edition) führt das generell vorkommende Feldmerkmal unter 201 f: grosse Tache près du poignet.
Der Michel führt in seinen Saar-Katalogen das Feldmerkmal als 211XY II Farbflecke über und unter der Faust und Fleck im Gürtel (Gürtelschnalle) (Feld 22).
Die Angabe „Feld 22“ in Michel Briefmarken-Katalogen ist die etwas verwirrende Kurzform von Feld 22AB, und bedeutet wie die ausgeschriebene Variante, dass das beschriebene Feldmerkmal sowohl auf A- wie auch auf B-Bogen auftritt. Der Sammler findet im Michel jedoch nirgends einen Hinweis, dass zwar die Farbflecke oberhalb und unterhalb der Hand des Bergmanns auf sämtliche Schalterbogen vorkommen, nicht jedoch die Gürtelschnalle.
Was macht ihr nun, falls euch eine Marke mit dem Feldmerkmal dunkle Farbflecken ober- und unterhalb der Faust des Bergmanns, jedoch ohne Gürtelschnalle wie jeweils links abgebildet in die Finger fällt? Das Feldmerkmal des Feldes 22AB sind die Farbflecken, nicht die Gürtelschnalle. Ich weiss von mehreren Prüfern, dass sie Marken auch entsprechend prüfen und attestieren. Ein solches Vorgehen entspricht auch eher den Kategorisierungen des Feldmerkmals von Étude, SHB sowie F.S.A..
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Die vorstehenden Abbildungen zeigen jeweils eine Marke vom Feld 41A. Links mit unversehrtem Schriftband SAAR, rechts weist das Schriftband an der linken unteren Ecke Einkerbungen auf. Einzige Erwähnung des Feldmerkmals findet sich in der Étude unter 6 k: Cadre du bas mutilé à gauche.
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Zwei Marken vom Feld 77B. Die zwei hellen Flecken auf der Strebwand rechts vom Bergmann sind dem SHB und der Michel-Redaktion nicht entgangen. Keine Erwähnung dagegen in der Étude und im Catalogue F.S.A.
SHB: 77AB Weisse Punkte rechts neben dem Bergmann in der Höhle (Teilauflage)
Michel: 211XY VIII weisser Fleck rechts in der Höhle (Feld 77)
Sowohl SHB wie auch Michel weisen den Sammler jedoch nicht darauf hin, dass dieses Feldmerkmal nur bei einem Teil der Gesamtauflage auftritt.
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Nochmals ein heller Fleck. Nur an zwei unterschiedlichen Stellen des Markenbildes. Dennoch zeigen die beiden Abbildungen Marken vom Feld 94B; jedoch von unterschiedlichen Schalterbogen. Das linke Feldmerkmal nenne ichvorläufig 94B1 und das rechte 94B2. Feld 94B1 wird erwähnt:
Étude: 6 o Point blanc entre A et A
SHB: 94B Weisser Punkt zwischen den beiden A (Teilauflage)
Catalogue F.S.A. und der Michel führen Feld 94B1 nicht auf. Feld 94B2, der weisse Fleck auf der Strebwand rechts vom Bergmann (Abb. rechts) findet gar keine Erwähnung.
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Zwei Marken vom Feld 96 B. Dieses Feldmerkmal wird von Étude, SHB, Catalogue F.S.A. und Michel geführt und bis auf Catalogue F.S.A. von allen korrekt als nur in Teilauflage vorkommend erkannt.
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Findet ihr euch noch zurecht? Wisst ihr noch, welcher Autor resp. welche Redaktion, welches Feldmerkmal korrekt klassifiziert hat und wer nicht? Ich bin überzeugt, diese kleine Übersicht ist hilfreich.
Diese Übersicht über die sieben auffälligsten Feldmerkmale des 12 Pfennig-Werts, welche nur auf einem Teil der gedruckten Schalterbögen vorkommen, soll euch drei Einsichten vermitteln:
wie klein die Unterschiede zwischen den einzelnen Marken resp. die Feldmerkmale sind, mit welchen wir uns hier beschäftigen;
wie inkoherent bei den Autoren/Redaktionen in grossen Teilen mit dem Thema Feldmerkmale in Teilauflage umgegangen wurde;
wie dem Sammler zwar Merkmale präsentiert, aber die entsprechenden Erklärungen hierzu schuldig geblieben werden.
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Der letzte Punkt bringt uns zu unserem nächsten Thema. Was könnte die Ursache für Feldmerkmale sein, die nur auf einem Teil der produzierten Schalterbögen erscheinen?
Eine Gemeinsamkeit der im vorhergehenden Abschnitt vorgestellten Feldmerkmale springt ins Auge. Sie treten nur auf einem Bogenteil – entweder A oder B – auf. Weshalb ist dieser Umstand wichtig? Wenn ein Feldmerkmal sowohl auf dem A- wie auch auf dem B-Bogen auftritt, wissen wir, dass die Ursache in der Diapositivphase des Rastertiefdrucks zu suchen ist (vgl. hier). Dies ist bei all den Feldmerkmalen, die nur bei einem Teil der Auflage auftreten nicht der Fall.
In einem vorhergehenden Beitrag hatte ich bereits mögliche Ursachen für Feldmerkmale bei der 1. Offenburger Ausgabe aufgelistet:
Abweichungen bei den Negativen der verwendeten Aufnahmen, Negativphase (selten)
Abweichungen in der Diapositivphase (beide Teile des Druckbogens betroffen)
Abweichungen bei der Übertragung des Pigmentpapiers auf den Druckzylinder (resp. korrekt Formzylinder)
Abweichungen beim Ätzvorgang des Formzylinders (z.B. unzureichend oder zu viel aufgebrachter Asphaltlack)
Abweichungen beim Druckvorgang (z.B. Staub, Dreck, Beschädigung des Formzylinders oder des Rakelmessers)
Bis auf den letzten Punkt kommen alle Ursachen als Erklärung für Feldmerkmale auf einem Teil der Auflage aus den nachstehenden Gründen nicht in Frage:
Negativphase, da das entsprechende Merkmal häufiger erscheinen müsste
Diapositivphase, da das Feldmerkmal dann auf beiden Schalterbogen auftreten müsste
Übertrag Pigmentpapier, das Feldmerkmal müsste über die gesamte Auflage erscheinen
Abweichung Ätzvorgang, das Feldmerkmal müsste über die gesamte Auflage erscheinen
Als einzige mögliche Ursache für die Teilauflage bleibt die Druckphase. Damit wären wir bei der grossen Frage: Was ist wann während des Drucks geschehen?
ErklärungsansatzI: Frage ich Briefmarkenprüfer oder andere Saarsammler nach der Ursache der Teilauflage, erhalte ich unisono die im Brustton der Überzeugung vorgebrachte Antwort: „Es wurden für den Druck des 12 Pfennig-Werts zwei unterschiedliche Druckplatten angefertig.“
Diese verblüffend simple Erklärung würde – so sie denn korrekt wäre – das Erscheinen von Feldmerkmalen auf nur einem Teil der Auflage sehr elegant erklären. Zuerst wurde eine erste Platte verwendet und diese nach einer gewissen Anzahl Drucktage – weshalb auch immer – durch eine zweite Platte ersetzt. Die erste Platte war unterschiedlich gestaltet und wies andere Feldmerkmale auf, als die zweite. Ist doch alles ganz logisch oder?
Denkt bitte über den vorgebrachten Erklärungsansatz genau nach – ohne lange dabei zu verweilen, dass bei der Herstellung sämtlicher Werte der 1. Offenburger Ausgabe gar keine Druckplatten, sondern Formzylinder zum Einsatz kamen – und betrachtet dabei das durchgehend auftauchende Merkmal von Feld 22AB. Na? Fällt der Groschen? Nein?
Das SHB listet zwar ganz erstaunliche 18 Feldmerkmale in Teilauflage (vgl. Folge I); was jedoch im Umkehrschluss bedeutet, dass 182 Markenfelder (ein Druckbogen 12 Pfennig-Wert = 200 Markenfelder) über die gesamte Auflage hinweg plusminus gleich bleiben. Es existieren mehr unveränderte Feldmerkmale über die gesamte Auflage und über alle sieben Drucktage hinweg, als Feldmerkmale, die ausschliesslich auf einigen wenigen Schalterbogen auftreten. Falls tatsächlich zwei Formzylinder (beim Rotations-Rastertiefdruck kommen selbstredend keine Druckplatten zum Einsatz) für den 12 Pfennig-Wert hergestellt worden wären, fändet ihr es nicht sehr erstaunlich, wenn diese sich nur auf ganz wenigen Markenfeldern unterscheiden würden? In der kommenden Folge schildere ich, wie die Formzylinder für die Werte der 1. Offenburger Ausgabe hergestellt wurden. Spätestens dann werdet ihr über die unglaubliche Naivität des hier kolportierten Erklärungsansatzes lächeln.
Erklärungsansatz II: Hierbei handelt es sich um eine Variation des ersten Erklärungsansatzes. Es wurden zwei Druckmaschinen eingesetzt. Dieser Ansatz wirft sogar noch mehr Fragen auf, als der erste. Unter anderem die Frage, weshalb – wenn es denn tatsächlich eine zweite Rotations-RastertiefdruckmaschinePalatia O gegeben hätte – diese a) nicht im Parallelbetrieb lief und b) nicht beim Druck sämtlicher folgender Werte zum Einsatz kam (der 12 Pfennig-Wert war ja erst der zweite Wert der 1. Offenburger Ausgabe nach dem 75 Pfennig-Wert, der bei Burda gedruckt wurde). Auch das Saarhandbuch schreibt unmissverständlich, dass „der Druck auf einer einzigen Bogentiefdruckmaschine Palatia O erfolgte“.
Im Verlauf der Druckphase kam es im Januar 1947 zu einem Ereignis, welches einige wenige Markenfelder veränderte, ohne die anderen Markenfelder zu berühren. Was war dies für ein Ereignis?
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In der nächsten Folge:
Der Faktor Maschine
Technische Details zur Rotations-RastertiefdruckmaschinePalatia O
Schilderung der Arbeitsschritte bei der Briefmarkenherstellung im Rastertiefdruckverfahren
Der Faktor Mensch
Die Erfahrungen der Mitarbeiter der Druckerei Franz Burda
Die Erfahrung des Gestalters Vytautas Kazimieras Jonynas mit der Briefmarkenherstellung im Rastertiefdruckverfahren
Den nachstehenden Beitrag hatte ich in leicht abgewandelter Form bereits im ersten Quartal 2018 auf einer anderen – nun stillgelegten – Plattform von Saarphilatelie.com veröffentlicht. Durch die Neuveröffentlichung auf dem Saarphilatelie-Blog bleiben die enthaltenen Informationen für euch erhalten.
Der blaue 75 Pfennig-Wert der 1. Offenburger Ausgabe zeigt den Alten Turm in Mettlach, welcher auch das Logo von Saarphilatelie.comziert. Kurz zum Bildmotiv: Der Alte Turm ist der älteste erhaltene Steinbau des Saarlandes und eines seiner Wahrzeichen. Der Bau wurde Ende des 10. Jahrhunderts als Oktogon nach dem Vorbild des Aachener Doms als Grabkapelle für den Heiligen Liutwinuserrichtet. Das Wendeltreppenhaus (der dünne Turm rechts vom Hauptgebäude) kam Mitte des 13. Jahrhunderts hinzu. Am linken Bildrand ist der Rand eines Gebäudes zu erkennen. Hierbei handelt es sich um einen Teil des ehemaligen Benediktiner-Abtei, seit 1809 Hauptsitz der Steingut- und Keramikfabrik Villeroy & Boch. Vgl. auch die moderne Aufnahme aus ähnlicher Perspektive. Wie gross der Baum vor dem Gebäude inzwischen geworden ist!
Die Marken des 75 Pfennig-Wertes wurden – wie die gesamte 1. Offenburger Ausgabe – bei der Druckerei Franz Burda in Offenburg auf einer Palatia O Rotations-Rastertiefdruckmaschine aus dem Hause Schnellpressenfabrik Albert & Cie. oHG, Frankenthal, hergestellt. Der Druck begann nach den Weihnachtsfeiertagen am Freitag, 27. Dezember 1946 und war am Montag, 30. Dezember 1946 beendet, wobei unseres Wissens nach die Druckmaschine am Sonntag stillstand (was damals nicht selbstverständlich war).
Die Marke kam, obschon die Herstellung bereits Ende 1946 abgeschlossen war, erst am 20. Januar 1947 zusammen mit dem 12 Pfennig-Wert an die saarländischen Postschalter. Benötigt wurde der 75 Pfennig-Wert für die Frankierung von Auslandsbriefen der ersten Gewichtsstufe (bis 20 Gramm, Ausland inkl. Frankreich).
Gedruckt wurde auf recht dünnem, grauweissem Papier mit dem Wasserzeichen Wellenlinien. Das Wasserzeichen finden wir auf den Marken in zwei Orientierungen: als steigende Wellenlinien „S“ und – seltener – als fallende Wellenlinien „F“. (1)
Stichwort Wasserzeichen
Wir bestimmen die Wasserzeichen von Briefmarken, indem wir die Marke bei aufrechtem Markenbild auf einer dunklen Unterlage umdrehen und uns die Rückseite, resp. „Gummiseite“ anschauen. Die folgenden Abbildungen zeigen Bild- und Rückseite einer postfrische 75 Pfennig-Marke aus einem B-Bogen mit rechtem Seitenrand und Wasserzeichen steigende Wellenlinien S.
Die nächsten zwei Abbildungen zeigen die seltenere Variante mit dem Wasserzeichen fallende Wellenlinien F, ebenfalls aus einem B-Bogen.
Erkennt ihr, wie dünn das für den Druck verwendete Papier ist? Das Wasserzeichen ist sogar problemlos auf der Vorderseite des Seitenrandes zu erkennen. Nicht nur dort. Schaut euch die grosse Abbildung des 75 Pfennig-Wertes zu Beginn dieses Beitrags einmal genau an. Die Marke scheint an einigen Stellen verschmutzt zu sein, was sie jedoch nicht ist. In den Bereichen des Wasserzeichens ist das Papier einfach so dünn, dass der schwarze Hintergrund durchscheint und hierdurch die leichten schwarzgrauen Verfärbungen des Markenbildes und des Markenrandes verursacht.
Alle Werte der 1. Offenburger Ausgabe, die auf Wasserzeichenpapier gedruckt wurden, der 12 Pfennig-Wert (SP19FS), der 45 Pfennig-Wert (SP27S) sowie der 75 Pfennig-Wert (SP30FS) weisen diese transparenten Bereiche auf.
Nachfolgend eine schöne Abbildung eines vollständigen Schalterbogens des 75 Pfennig-Wertes, gedruckt am 28. Dezember 1946.
Wasserzeichen: sowohl mit fallenden (F) wie auch mit steigenden (S) Wellenlinien verausgabt
Zähnung: K14 (= 14 Zahnlöcher auf 2 Zentimeter bei Kammzähnung)
Bekannte Druckdaten: 27./28./30. Dezember 1946
Erstausgabedatum: 20. Januar 1947
Gültigkeit: 19. November 1947 (während der Woche vom 20.-27. November waren noch Mischfrankaturen zugelassen; Quelle: Saarhandbuch)
Auflage: 2’140’000 Stück, von denen innerhalb der Gültigkeit etwa 2’080’000 Stück am Schalter verkauft wurden
Besonderes: der einzige Wert, der komplett im Jahr 1946 hergestellt wurde
* Die Marke rollt sich beim Anhauchen quer zur Bildachse
Bis dann
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Anmerkung
(1) In den deutschsprachigen Michel-Katalogen wird das Wasserzeichen steigende Wellenlinien mit dem Buchstaben Y und das Wasserzeichen fallende Wellenlinien mit dem Buchstaben X gekennzeichnet.
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Wer von euch meinem Weblog aufmerksam folgt, hat wahrscheinlich bemerkt, dass ich im Zusammenhang mit Abweichungen vom gewünschten Druckbild bei den Werten der Freimarkenserie Berufe und Ansichten aus dem Saarland von 1947 von Feldmerkmalen schreibe, jedoch den Begriff Plattenfehler vermeide.
Ich möchte kurz erläutern, weshalb ich den Begriff Feldmerkmal vorziehe.
In der philatelistischen Literatur werden bei Abweichungen einer Briefmarke vom gewollten Zustand häufig die nachstehenden Ausdrücke verwenden:
Abart
Abweichung
Druckmängel
Druckzufälligkeit
Feldmerkmal
Plattenfehler
Der Begriff Abart, nach Dudeneine Varietät, wird in der Philatelie gerne als Oberbegriff für sämtliche Abweichungen einer Briefmarke vom gewünschten oder vorgesehenen Ergebnis verwendet. Beispielsweise gibt es eine Publikation mit dem Titel Michel Abartenführer.
Tritt eine Abart bei einer Ausgabe häufiger auf, wie beispielsweise bei Abweichungen:
der Wasserzeichenorientierung
der verwendeten Papiersorte
der verwendeten Farbe
wird diese Abart in Briefmarken-Katalogen häufig als Type definiert.
Der Oberbegriff Abart ist in seiner Verwendung vage. Diese begriffliche Unschärfe trifft auch auf den Ausdruck Abweichung zu. Bei einer Abart oder einer Abweichung ist für uns Sammler das präzise Wissen darum, wie die Norm – also die gewollte Erscheinung einer bestimmten Briefmarke – beschaffen sein muss und auszusehen hat, unerlässlich.
Zurück zum Begriff Plattenfehler. Die Michel-Redaktion des Schwaneberger-Verlags lässt in seinen Publikationen nichts unversucht, den deutschsprachigen Sammlern ihre eigenen Begrifflichkeiten aufzuzwingen, selbst wenn diese unpräzis oder schlichtweg falsch sind. Der Begriff Plattenfehler hat ja durchaus seine Berechtigung; bei Briefmarken, die mit einer Druckplatte im Plattendruckverfahren hergestellt wurden. Briefmarken, die mittels eines Formzylinders im Rotationsdruck hergestellt wurden, können mangels Druckplatte keine Plattenfehler aufweisen, auch wenn uns die Michel-Redaktion dies weismachen will. (1)
Wie wir wissen wurden sämtliche Werte der Ausgaben Berufe und Ansichten aus dem Saarland bei der Druckerei Franz Burda in Offenburg im Rastertiefdruckverfahren mittels Formzylindern gedruckt. Hier ist die Verwendung des Begriffes Plattenfehler für Abweichungen des Markenbildes nicht nur irreführend, sondern schlichtweg falsch. Der rein technische Hintergrund ist jedoch nicht allein verantwortlich für den von mir bevorzugten Begriff Feldmerkmal. Ganz anders als Platten-„fehler“ zielt Feldmerkmal positiv auf die spezifischen Eigenschaften des Markenbildes eines Bogenfeldes ab ohne wertend zu sein.
Definition Feldmerkmal
Der Begriff Feldmerkmal bezeichnet bei Briefmarken eine Abweichung des Markenbildes vom gewollten Zustand. Das Feldmerkmal tritt entweder über die gesamte Auflage oder einen Teil derselben auf demselben Bogenfeld eines Wertes auf. Wir unterscheiden bei den Ausgaben Berufe und Ansichten aus dem Saarland:
Primäre Feldmerkmale: Diese entstehen während der Diapositivphase der Herstellung – somit lange vor der Druckphase – und kommen in gleicher Ausprägung auf beiden Schalterbogen (A- und B-Bogen) vor. Bei primären Feldmerkmalen existieren an dem betroffenen Bogenfeld keine einwandfreien Marken. Kann es auch nicht geben, da die Abweichung schon von Beginn des Druckprozesses an vorhanden ist. Häufig sind primäre Feldmerkmale gleichzeitig auch wiederkehrende Feldmerkmale. Primäre Feldmerkmale können in der Druckphase während einer Wartung durch Retusche entfernt werden und treten in diesem Fall bloss auf einem Teil der Auflage auf; die Retusche hinterlässt jedoch sichtbare Spuren (selten).
Sekundäre Feldmerkmale: Diese entstehen bei der Erstellung der Druckform/des Druckzylinders bei der Übertragung des Pigmentpapier oder später durch unsachgemässes Aufbringen des Asphaltlackes zur Abdeckung von Konturen und Stössen. Sekundäre Feldmerkmale kommen nur auf einem der beiden Schalterbogen (A- oder B-Bogen) vor. Sekundäre Feldmerkmale können in der Druckphase während einer Wartung durch Retusche entfernt werden und treten in diesem Fall bloss auf einem Teil der Auflage auf (selten).
Tertiäre Feldmerkmale: Diese entstehen in der Regel durch Beschädigungen des Druckzylinders während des Druckvorgangs, beispielsweise beim Einbau des Druckzylinders/der Druckform oder deren Reinigung (in ganz wenigen Fällen könnte eine Retusche Ursache neu auftauchender, tertiärer Feldmerkmale sein). Auch eine Verschmutzung durch Fremdkörper kann Abweichungen auf dem Markenbild hervorrufen, die jedoch nur auf wenigen Bogen vorkommen (Druckzufälligkeit).
Bis dann
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Anmerkung
(1) Mit meiner Überzeugung, dass es technisch korrekter und sinnvoller ist, bei individuellen Abweichungen von Briefmarken einzelner Bogenfelder nicht von Plattenfehlern, sondern von Feldmerkmalen zu sprechen, stehe ich keineswegs allein. Hans Zerbel, langjähriger Leiter der Abteilung Postwert- und Steuerzeichen bei der Bundesdruckerei als auch Torsten Berndt, Redaktionsleiter der DBZ, sind dieser Meinung (vgl. DBZ 13/2011).
Ich hoffe, das Thema Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach ist für euch noch nicht zu einem roten Tuch geworden. Ich gebe zu, ich schreibe viel über die schöne Saarschleife. Ich habe nachgezählt: Dies ist seit dem 3. Januar 2018 der fünfte Beitrag zu diesem Thema. Was kann ich euch heute noch Neues, Interessantes bieten?
Am letzten Wochenende rief mich ein Sammlerfreund aus Deutschland an. Er hätte meine Beiträge zum Bildmotiv Saarschleife gelesen. Ich freute mich schon, doch dann kam das ABER. Was er nicht begreife. Woher ich wisse, dass Vytautas Kazimieras Jonynas nicht persönlich an die Saarschleife gereist sei und eine Aufnahme für seinen Entwurf gemacht habe? Wieso wäre ich mir so sicher, dass er die Ansichtskarte aus der Bildpostkartenserie des Saar-Hilfswerks als (eine) Vorlage verwendet hätte?
Ich gebe zu, ich benötigte einige Zeit, um meinem Sammlerfreund den zwingenden Schluss zu erläutern. Erschwerend kam hinzu, dass ich die notwendigen Abbildungen nicht zur Hand und mein Sammlerfreund diese nicht vor Augen hatte. Am Schluss des Gespräches – zum Glück für meinen Geldbeutel gibt es heute grenzüberschreitende Flat-Tarife – versprach ich ihm, die Abbildungen in einem weiteren Beitrag zu Die Saarschleife bei Mettlach (I) nachzuliefern. Und genau dieses Versprechen löse ich heute ein.
Ich möchte vorausschicken, dass es nicht darum geht, ob oder ob nicht Vytautas Kazimieras Jonynas im Spätsommer resp. Herbst 1946 an die Saarschleife gereist. Das wissen wir nicht und dies dürfte nur über eine Recherche des Nachlasses im litauischen Nationalmuseum möglich sein. Wir wissen nur, dass er nicht auf die Cloef reisen musste, um seine Vorlage für das Bildmotiv des 1 Mark-Werts zu erhalten. Für uns Saarbriefmarkensammler ist wichti zu wissen, woher Jonynas seine „Inspiration“ erhielt. Kurz: Welche Vorlage verwendete Vytautas Kazimieras Jonynas in der zweiten Hälfte des Jahres 1946 für das Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach?
Welche Indizien für meine These, Vytautas Kaszimieras Jonynas habe bei dem Entwurf des Bildmotivs Saarschleife eine weitverbreitete Ansichtskarte als Vorlage verwendet, habe ich in meinen Beiträgen bislang zusammengetragen?
Die verblüffende Ähnlichkeit zwischen zwei Ansichtskarten und dem Bildmotiv des 1 Mark-Werts der 1. und 2. Offenburger Ausgabe
Die fotorealistische Qualität des Bildmotivs
Die Beschwernisse und die Exklusivität des Reisens etwas mehr als ein Jahr nach Kriegsende in Europa
Welche Indizien kann ich hinzufügen?
Die Ansichtskarte aus der Bildpostkartenserie des Saar-Hilfswerks und das Bildmotiv des 1 Mark-Werts der beiden Ausgaben lassen sich am Computer mittels Adobe Photoshop recht simpel und ohne ins Gewicht fallende Abweichungen überblenden
Der Entstehungszeitraum des für die Bildpostkarte genutzten Fotos kann auf die Zeit vor 1934 fixiert werden, da die Bildpostkartensets des Saar-Hilfsvereins (12 Karten mit 12 Motiven) nachweislich schon 1934 durch Schüler verkauft wurden.
Die für eine Reise notwendige Zeit. Jonynas führte im Herbst 1946, als er – durch die Vermittlung seines guten Bekannten Général Raymond Schmittlein – von Raymond Croze, den Direktor der P.T.T. der Zone d’occupation française en Allemagne, den Auftrag für die Erstellung von Entwürfen für die Briefmarkenausgabe Berufe und Ansichten aus dem Saarland erhielt, in Freiburg an der Wonnhaldestrasse 1 die neu eröffnete École des Arts et Métiers de Fribourg. Die französischen Behörden hatten im Frühsommer 1946 den Entschluss gefasst, für die einzelnen „Länder“ ihrer Besatzungszone jeweils separate Briefmarkenausgaben zu erstellen. Die Ausgaben des Saarlandes waren sehr dringend, da man diese Region am 16. Februar 1946 der Zuständigkeit des Alliierten Kontrollrates entzogen hatte und plante, gegen Ende des gleichen Jahres eine Zollgrenze zum besetzten Deutschland zu errichten. Auch die Pläne zur Annexion des Rheinlandes hatten die Franzosen zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgegeben. Die Verwendung identischer Briefmarken (Ausgabe Wappen und Dichter der Französischen Zone) passte da nicht ins Konzept. Wollte die Druckerei Franz Burda in Offenburg die ambitiösen Vorgaben der P.T.T. (postes, télégraphes et téléphones; Post- Telephon- und Telegraphenbetriebe) einhalten, benötigte sie Jonynas Entwürfe rasch, denn der Weg vom ersten Andruck bis zur endgültigen Freigabe der Bildmotive durch die zuständigen Personen/Behörden war zeitintensiv.
Das letzte Indiz ist schlussendlich der schlagende Beweis. Die forstwirtschaftliche Nutzung der Landzunge direkt an der Saarschleife. Konkret die Umtriebszeit der Anpflanzung. Was versteht man unter der Umtriebszeit? Bäume werden angepflanzt, wachsen heran und werden Zwecks wirtschaftlicher Nutzung des Rohstoffes bei Erreichen der Hiebszeit gefällt. Dann beginnt der Kreislauf erneut. Wie ihr euch vorstellen könnt, wandelt sich das Aussehen einer forstwirtschaftlich genutzten Zone über die Zeit. Der Nachweis dieses Wandels anhand von zeitgenössischen Aufnahmen zeigt, dass die von der Saar umflossene Landzunge 1946 nicht so ausgesehen haben kann, wie auf dem ebenfalls 1946 von Jonynas entworfenen Bildmotiv.
Was hat es für die Identifikation des letztendlich schlagenden Indizes gebraucht?
Möglichst viele Aufnahmen, die anhand unterschiedlicher Anhaltspunkte zumindest grob chronologisch geordnet werden können.
Grundlegendes Kenntnisse der Geschichtswissenschaft.
Forstwirtschaftliches Fachwissen: hier habe ich mich durch Mitglieder der örtlichen Waldkorporation fachlich beraten lassen.
Sie sehen schon, Philatelisten sind flexibel und suchen sich ihre Informationen auch in nicht unbedingt alltäglichen Bereichen.
Der von der Saar umflossene Hügelrücken war und ist heute noch überwiegend von Laubbäumen bewachsen. Im Gegensatz hierzu war die Landzunge lange Jahre mit Nadelbäumen bepflanzt, die sich aufgrund der kürzeren Umtriebszeit gut für die Nutzholzgewinnung eignen. Die standortbedingt schwankende Umtriebszeit von Nadelbäumen von 50-100 Jahren erscheint im Vergleich zu unserer Lebenszeit zwar lang, ist aber kein Vergleich zu der von Buchen oder Eichen (120-160 resp. 180-300 Jahre). Ein Sprichwort sagt: „Willst Du, dass Deine Enkel fluchen? Setze Buchen, Buchen, Buchen!“ Die nachfolgende Ansichtskarte verdeutlicht gut die Verteilung von Laub- und Nadelbäumen an der Saarschleife, da die Laubbäume zum Zeitpunkt der Aufnahme noch nicht ausgetrieben hatten.
Für die chronologische Einordnung der nachfolgenden Abbildungen von tatsächlich postalisch beförderten Ansichtskarten der Saarschleife sind vier Faktoren zu berücksichtigen:
Anhand des Poststempels und in einigen Fällen angebrachten handschriftlichen Datierungen kann eindeutig festgestellt werden, wann die Ansichtskarten verwendet wurden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Aufnahmen aus dem Jahr der Verwendung stammen, sondern ausschliesslich, dass das Bild, welches für die Herstellung der Ansichtskarte verwendet wurde, VOR diesem Zeitpunkt aufgenommen worden sein musste. Wie viele Monate oder Jahre vorher? Das entzieht sich unserer Kenntnis.
Wer von euch schon einmal an einem beliebten Ausflugsort vor den Souvenirläden die grosse Anzahl an Ansichtskarten in den weisslackierten Drehständern durchgesehen hat, weiss, dass nicht alle angebotenen Karten aktuell sind. Einige Exemplare sind von Alter und Sonne so ausgeblichen, dass die ursprünglich wohl farbige Abbildung nun einer in Sepia gehaltenen Aufnahme ähnelt. Warum sollte der oder die Inhaber(in) die Karten auch fortrühren? Sie sind ja bezahlt. Dies ist heute so und war früher wohl kaum anders.
Auf den Vorderseiten von Ansichtskarten ist häufig der Herausgeber oder eine kurze Beschreibung des rückseitigen Bildes aufgeführt. Die Lage der Saarschleife auf dem Gemeindegebiet von Orscholz ermöglicht uns eine weitere chronologische Einordnung.
1816: Orscholz (auch Orschholz) wird eine eigenständige Bürgermeisterei im preussischen Kreis Saarburg im Regierungsbezirk Trier.
Wird auf der Ansichtskarte Kreis Saarburg angegeben, wurde die Ansichtskarte vor 1938, der Umbenennung in Landkreis Saarburg herausgegeben.
Wird auf der Ansichtskarte Landkreis Saarburg angegeben, wurde die Ansichtskarte vor 1946, der Zuweisung von Orscholz zum neu gebildeten Landkreis Merzig-Wadern herausgegeben.
Bäume wachsen zwar nicht in den Himmel, werden im Verlauf der Zeit aber auch nicht kürzer, solange man sie nicht schneidet, resp. fällt. Das haben Sie mit unseren Haaren gemeinsam. Ein geübtes Auge kann anhand des Baumwuchses bei bekannter Wuchsgeschwindigkeit den Zeitraum zwischen zwei Aufnahmen abschätzen.
Die erste Ansichtskarte – die ich euch präsentieren werde – wurde am 25.01.1912 am Bahnhof von Saarbrücken abgestempelt (bei den nachfolgenden Abbildungen verzichte ich darauf, die Vorderseiten der Ansichtskarten abzubilden).
Wir können sehen, dass die Forstflächen auf der linken und rechten Seite der Landzunge frisch angepflanzt wurden. Links im Bild sind drei streifenförmige Anpflanzungen zu erkennen. Auf dem hintersten, nördlichsten Streifen (die Streifen werden auch als Keile bezeichnet) ist der Bewuchs höher als auf dem mittleren und dieser wieder höher als auf dem vordersten Streifen. Der Forstbesitzer hat damals die Anpflanzung für einen Saumschlag erstellt. Säume (Saum = Randbereich eines Waldes) mit Breiten von 30 bis 50 Meter werden (in Deutschland) in Abständen von fünf bis zehn Jahren von Nord nach Süd hintereinander angelegt und nach Erreichen der Hiebsreife im selben zeitlichen Abstand von Nord nach Süd abgeholzt (Absäumung). Diesem Vorgehen haftet etwas Schematisches an, das optisch stark in Erscheinung tritt. Der Saumschlag vermeidet Kahlschlag auf der gesamten Anbaufläche und bietet die Möglichkeit zur natürlichen Verjüngung des Baumbestandes bei gleichzeitigem Schutz der bestehenden Flächen vor Sturmschäden. Darüber hinaus ergeben sich auch wirtschaftliche Vorteile, auf die ich an dieser Stelle nicht eingehen werde.
Die folgende Ansichtskarte stammt aus der Zeit vor 1934 und ist die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von Vytautas Kazimieras Jonynas verwendete Vorlage.
Zu dieser Ansichtskarte liegen die nachstehenden Informationen vor:
Diese Ansichtskarte war ein Motiv in einem Set von 12 Bildpostkarten mit Bildmotiven aus dem Saarland, die 1934 im Vorfeld des Plebiszits über den völkerrechtlichen Status des Saargebietes am 13. Januar 1935, überall im Deutschen Reich zu Gunsten des Saar-Hilfswerks (einer NS-Propagandaorganisation) auf Anweisung des Saarbeauftragten der Regierung Hitler von Schülern zu 30 Reichspfennig das Set verkauft wurden. Dies erklärt die weite Verbreitung der Ansichtskarten. Der Vertrieb über Schulklassen ist bei uns in der Schweiz immer noch üblich. Jedes Jahr gehen Schüler von Tür zu Tür, „putzen Klinken“ und verkaufen zum 1. August – unserem Nationalfeiertag – „1.-August-Abzeichen“ zu Gunsten der Stiftung Pro Patria und im Herbst „Schoggitaler“ zu Gunsten des Schweizer Heimatschutzes.
Das für die Gestaltung der Ansichtskarte verwendete Foto wurde etwa 1929/1930 aufgenommen.
Gut ersichtlich, wie die auf der ersten Ansichtskarte noch sehr kleinwüchsigen Bestände inzwischen gewachsen sind. Auf der linken Bildseite ist die Abstufung der Wuchshöhe der Saumanpflanzung gut zu erkennen.
Die nächsten Aufnahmen stammen alle aus der Zeit nach Ende des Weltkrieges.
Die freie Fläche in der Mitte der Landzunge wurde mit Setzlingen bepflanzt (evtl. auch natürlicher Bewuchs). Zur Saar hin wurden für den Windschutz Laubbäume gepflanzt.
Diese Luftaufnahme entstand im Juli 1954.
Diese Aufnahme muss einige Jahre nach der Luftaufnahme entstanden sein. Der Uferbewuchs an beiden Seiten der Saar hat zugenommen. Die Bäume entlang des Saarufers sind geschätzt über 20 Jahre alt.
Hier wollen wir einhalten. Wäre Vytautas Kazimieras Jonynas1946 an die Saarschleife gereist, um sich ein Bild von diesem Naturjuwel zu machen … der Entwurf zum 1 Mark-Wert wäre anders ausgefallen. Vergleichen Sie:
Es fehlen im Bildmotiv die Büsche an beiden Saarufern und die frische Bepflanzung in der Mitte der Landzunge. Die Wuchshöhe der Nadelbäume ist generell niedriger und auf der rechten Seite ist der „Schirmschlag“ mit der Aufrauhung des Kronendachs nicht ersichtlich.
Hier nun eine weitere Aufnahme vor 1960, zuerst schwarzweiss, dann in Farbe:
Die Ähnlichkeit mit dem von Jonynas entworfenen Bildmotiv ist immer noch gegeben. Jedoch treten die Unterschiede schon sehr deutlich zu Tage.
Die nächste Ansichtskarte stammt aus der Zeit vor 1964. Das Wachstum schreitet voran. Achtet insbesondere auf den Uferbewuchs.
Zu guter Letzt noch eine Aufnahme aus der Gegenwart. Diese stammt von mir und wurde im Mai 2014 erstellt. Klar erkennbar: Die intensive forstwirtschaftliche Nutzung ist einer extensiven, eher dem Tourismus geschuldeten Mischnutzung gewichen. Die Büsche am Saarufer mussten an vielen Stellen weichen, um Wanderern wie Velofahrern die Sicht auf den Fluss und den gegenüberliegenden Hang mit der Cloef und den imposanten Geröllschneisen zu ermöglichen.
Für die folgende Gegenüberstellung habe ich das Bildmotiv Saarschleife plusminus auf die Grösse der Vorlage gebracht und weise bei Letzterer mittels weisser Pfeile auf einige Übereinstimmungen hin. Sie dürfen gerne suchen. Sie werden weitere Übereinstimmungen finden.
Sobald ich von der Saarriva die Jubiläumsmarke erhalten habe, werde ich euch diese hier vorstellen.
Am ersten Weihnachtstag hatte ich angekündigt, im Saarphilatelie-Blog eine Serie von Beiträgen zu den Bildmotiven der Briefmarkenausgaben Berufe und Ansichten aus dem Saarland zu publizieren.
Trara! Das neue Jahr 2018 ist da und beginnt mit dem Motiv des 1 Mark-Werts: der Saarschleife bei Mettlach. Falls ihr euch fragt, weshalb ich gerade mit dem höchsten Wert der Ausgabe beginne: Offen gesagt war es ein Bauchentscheid, der sich als Glücksgriff erwiesen hat. Werde ich doch an diesem Bildmotiv viele faszinierende Aspekte rund die Ausgaben Berufe und Ansichten aus dem Saarland aufzeigen können:
Unterschiede zwischen der 1. und 2. Offenburger Ausgabe (auch als 1. und 2. Burda-Serie bezeichnet)
Malstatt-Burbacher Druck Typ I: der Überdruck der Marken der Originalausgabe in Frankenwährung, sogenannter Urdruck
Malstatt-Burbacher Druck Typ II: der Überdruck der Marken der Neuausgabe in Frankenwährung
Verwendung des Motivs Saarschleife auf Briefmarken und Ganzsachen vor und nach 1947
Farben der Briefmarken
Jede Medaille hat bekanntlich zwei Seiten. Die Kehrseite ist, dass seit der Ankündigung vom 25. Dezember 2017 kein Tag vergangen ist, an dem ich mich nicht mindestens 4 Stunden mit der Gestaltung dieses Beitrags auseinandergesetzt habe. Was beklage ich mich … ich habe es ja nicht anders gewollt.
Was ist die Saarschleife? Als Flussschleife wird gemäss Wikipedia eine starke Biegung eines Flusslaufs bezeichnet und auch gleich die Saarschleife (frz. la boucle de la Sarre) als Beispiel genannt.
Die vorstehende Aufnahme der Saarschleife verdeutlicht, auf welch engem Raum die Saar von Südosten (rechts, Merzig) kommend eine etwa drei Kilometer lange, teilweise nur wenige hundert Meter breite, dicht bewaldete Landzunge umfliesst, an der Spitze derselben eine Kehre macht, um dann Richtung Südosten (links, Mettlach) weiter zu fliessen.
Die grosse Saarschleife liegt im Nordwesten des Saarlandes, etwa drei Kilometer westlich von Mettlach. Sie beginnt beim Merziger Ortsteil Besseringen und endet nach ca. 10 Flusskilometern bei Mettlach. Zum Vergleich: die Strecke von Besseringen nach Mettlach auf der Strasse ist etwa 2,5 km lang. Neben der grossen Saarschleife gibt es noch die kleine Saarschleife bei Hamm, einem Ortsteil von Taben-Rodt in Rheinland-Pfalz.
Den schönsten Blick auf das Naturschauspiel Saarschleife geniesst ihr im Mettlacher Ortsteil Orscholz von der Cloef (auch Cloev oder Kloef, frz. la clœf), einem Aussichtspunkt gut 150 Meter oberhalb der Flussbiegung, wo ich vor einigen Jahren auch das vorstehende Foto aufnahm. Zur Herkunft dieser „seltsamen“ Ortsbezeichnung existieren verschiedene Theorien. Ich bevorzuge die simple: Kloef oder Kleef = niederdeutsch für Klippe, erhöhter Vorsprung.
Der einzige Ort direkt an der Saarschleife ist Dreisbach (auf dem Foto hinten rechts), seit der Gemeindeneuordung 1974 wie Orscholz ein Ortsteil von Mettlach. Die Gebäude am rechten Bildrand gehören zum Fährhaus und zum Haus Becker, unweit des Fleckens, wo sich früher die Alte Mühle am Steinbach befand. Doch davon später mehr. Auf dem von der Saar umflossenen Hügelzug erkennt ihr gerade noch die Ruine der Burg Montclair aus dem Hochmittelalter.
Das Naturjuwel Saarschleife ist für das Saarland von grosser, gar nicht zu überschätzender Bedeutung: als Wahrzeichen, als Touristenmagnet, Ziel für Sonntagsausflügler oder Politiker jeglicher Couleur, als Postkartenmotiv und – last but not least – als Motiv für Postwertzeichen.
Trommelwirbel. Hier ist Sie. Das Postwertzeichen des 1 Mark-Wertes der Briefmarkenausgaben Berufe und Ansichten aus dem Saarland, ausgegeben von der französischen Postverwaltung für das Saarland.
1 Mark-Wert der 1. Offenburger Ausgabe (SP33)
Schon ein oberflächlicher Vergleich mit dem eingangs gezeigten Foto macht klar: der Gestalter der Briefmarke hat seine Skizze oder Aufnahme entweder in etwa am dem Platz erstellt, wo ich vor einigen Jahren fotografierte oder eine entsprechende Vorlage verwendet. Und: Das Bildmotiv hat – abgesehen von der durchgehend dunkelgrünen Farbe – beinahe fotorealistische Qualität.
Nicht, dass ich etwas gegen die Farbe Grün hätte. Im Gegenteil. Ich bin der Meinung, dass für das Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach keine bessere Farbe hätte gewählt werden können, steht die Farbe Grün doch für die Natur. Stellt euch dieses Bildmotiv bitte in den Farben Blau, Braun, Gelb, Grau oder Rot vor!
Mit der Gestaltung der sechs Motive der Briefmarkenausgaben Berufe. und Ansichten aus dem Saarland beauftragten die französischen Behörden 1946, also kurz nach Kriegsende, den in Freiburg im Breisgau lebenden und lehrenden litauischen Künstler und Offizier der französischen Ehrenlegion Vytautas Kazimieras Jonynas. Ich bin überzeugt, dass Jonynas nach Erhalt des Auftrages 1946 nicht an die Saarschleife gereist ist, um eine Vorlage für seinen Entwurf zu erstellen. Etwas mehr als ein Jahr nach Kriegsende in Europa war Reisen insbesondere innerhalb der Trümmerlandschaft des nicht mehr existenten Deutschen Reichs erstens ein Privileg weniger respektive für die ungezählten displaced persons eine Qual vieler und zweitens auf eine Art und Weise beschwerlich, wie wir es uns heute kaum noch vorzustellen vermögen. Darüber hinaus bestand, wie ich zeigen werde, für Jonynas eine viel weniger aufwendige Möglichkeit, an eine Vorlage für sein Bildmotiv zu gelangen.
An dieser Stelle muss ich zeitlich ein wenig ausholen, beschränke mich jedoch auf die philatelistisch relevanten Details und lasse die Politik mehrheitlich aussen vor. Auf die politischen Hintergründe resp. Winkelzüge ‚en detail‘ einzugehen würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen und wird Aufgabe des historischen Teils von Saarphilatelie.com sein.
Das nationalsozialistische Grossdeutsche Reich wurde kurz nach Kriegsende 1945 zerschlagen und jede der vier Alliierten Mächte in Europa bekam jeweils einen Besatzungsbereich in den beiden Reichsteilen Deutschland und in Österreich zugesprochen. Die Städte Berlin und Wien wurden je in vier Sektoren aufgeteilt, die ebenfalls je einer alliierten Macht zugesprochen wurden. Das ehemalige Reichsland Saarland wurde im Zuge dieser Aufteilung Frankreich zugesprochen und das nicht zu ersten Mal.
Nach dem Ersten Weltkrieg hatte der Völkerbund – ein Vorläufer der UNO – das wirtschaftlich bedeutsame preussische und bayerische Gebiet an der Saar als Territoire du bassin de la Sarre ab dem 14. Januar 1920 für 15 Jahre als Mandatsgebiet verwaltet. Grundlage hierfür waren die Bestimmungen des Versailler Vertrages. Viele Rechte wie beispielsweise die Rechte an den Kohlenvorkommen des Saargebietes wurden ohne zeitliche Begrenzung Frankreich als Wiedergutmachung für die im Krieg durch das Deutsche Kaiserreich auf französischem Boden unwiderruflich zerstörten Werte zugesprochen – man denke nur an die heute noch wegen Blindgängern gesperrten Gebiete um Verdun, in Flandern oder an der Somme. Nach Ablauf der 15-jährigen Mandatszeit sollte durch einen völkerrechtlich bindenden Volksentscheid bestimmt werden, ob die Menschen in diesem Gebiet lieber in der Französischen oder in der Weimarer Republik leben wollten.
Um den wirtschaftlich bedeutsamen Postverkehr aufrecht zu erhalten, wurden durch die Behörden im Territoire du Bassin de la Sarre, wie das Mandatsgebiet auf Französisch bezeichnet wurde, erst vorhandene Postwertzeichen der Reichspost (Germania-Ausgabe) und des Königreichs Bayern (Ausgabe König Ludwig III) im Buchdruck mit Sarre, resp. Saargebiet überdruckt. Ein Jahr danach, ab dem 19. Februar 1921, erschienen dann eigene Postwertzeichen für das Saargebiet, denominiert in Reichsmark und -pfennig und entworfen vom französischen Künstler Alfred Montader. Bereits bei dieser allerersten eigenständigen Briefmarkenausgabe für die Saarregion (als 1. Pariser Ausgabe, 1. Vaugirard-Ausgabe oder nach Saarhandbuch 1. Bilderserie genannt) war die Saarschleife als Briefmarkenmotiv prominent vertreten. (1)
Das Motiv der Marken mit grünlichem resp. türkisfarben Rahmen zu jeweils 30 (Reichs-) Pfennig können wir unschwer als die von der Sonne beschienene Saarschleife, Blick von der Cloef, bestimmen. Der Standpunkt des Betrachters unterscheidet sich nicht wesentlich von dem bei der Version von 1947. Es fällt jedoch auf, dass im Vergleich im Bildvordergrund mehr Laubwerk abgebildet ist. Bei der ersten Marke zu fünf (Reichs-) Pfennig gelingt uns die Identifikation nicht so einfach. Wir erkennen einen Fluss mit einer Bebauung am linken Ufer vor einem Hügelzug. Abgebildet ist gemäss Briefmarkenkatalog die Alte Mühle an der Einmündung des Steinbachs in die Saar kurz vor der Flussbiegung. Der Standort des Betrachters ist auf der rechten Flussseite mit Blickrichtung Nordwest. Nach einer Ortsbegehung bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei dem abgebildeten Gebäude nicht um die Alte Mühle am Steinbach, die im 20. Jahrhundert schon lange nicht mehr stand, sondern eher um das Haus Becker handelt.
Die Saarschleife bei Mettlach findet wir als Bildmotiv auch auf den Ganzsachen des Territoire du bassin de la Sarre. Ganzsachen sind von einer Postverwaltung ausgegebene Postkarten, Umschläge etc. mit aufgedrucktem Wertzeicheneindruck oder Wertstempel. Die Saarschleife war das Motiv des Wertzeicheneindrucks für die einfache Postkarte und die Postkarte mit angehängtem Antwortteil, deren Beförderungstarif im Orts- und Fernverkehr zwischen Mai 1920 und April 1921 30 Pfennig betrug.
Postkarte (Ganzsache)Postkarte (Ganzsache) Frageteil mit anhängendem Antwortteil
Die Postkarte mit Frage- und Antwortteil war – salopp ausgedrückt – das E-Mail oder das Whatsapp unserer Gross- und Urgrosseltern. Beispielsweise konnte man einem Geschäftspartner eine Nachricht auf einer Postkarte mit angehängtem Antwortteil schicken. Der Empfänger las die Nachricht und verwendete den angehängten, frankierten und, wenn der Absender daran gedacht hatte, sogar adressierten Antwortteil, um dem Absender zu antworten.
In vielen Städten wurde die Post mindestens dreimal täglich zugestellt, aber nur die wenigsten Haushalte verfügten über einen Fernsprecheranschluss. Doch mittels der vergleichsweise preiswerten Postkarten war es dennoch möglich, sich am gleichen Tag abends zum Tanz zu verabreden. Nachfolgend die Abbildung des Antwortteils.
Postkarte (Ganzsache) Antwortteil mit anhängendem Frageteil
Die immer rascher fortschreitende Abwertung der schwindsüchtigen Reichsmark gab der anfänglich stark von französischen Interessen geleiteten Regierungskommission des Saargebiets ein wirksames Mittel zur engeren Anbindung des Mandatsgebietes an Frankreich an die Hand. Ab Ende April 1921 – also lange vor dem Höhepunkt der deutschen Inflationszeit im November 1923 – wurde die Währung im Saargebiet schrittweise auf den Französischen Franken umgestellt. Ab dem 30. April 1921 kamen einige, nicht alle, Marken der 1. Vaugirard-Ausgabe mit farbigem Währungsaufdruck in Francs an die Postschalter. Der Aufdruck im Buchdruck-Verfahren wurde ebenfalls von der Druckerei Vaugirard in Paris vorgenommen, weshalb wir auch von der 2. Vaugirard-Ausgabe oder 2. Pariser Ausgabe sprechen. Von den drei vorstehend gezeigten Marken wurde nur der 30 Pfennig-Wert mit türkisfarbenem Rahmen blau überdruckt als 10 Centimes weitergeführt.
Die Ganzsachen wurden ebenfalls überdruckt. Im Gegensatz zu der vorstehend abgebildeten Briefmarke ist bei der nachstehenden Postkarte der Aufdruck nach oben verrutscht und der Wert in Pfennig somit nicht durchbalkt.
Postkarte (Ganzsache) mit Aufdruck in Frankenwährung
Mit der Verwendung der Saarschleife als Motiv für Briefmarken oder Ganzsachen war ab 1922 für längere Zeit, um genau zu sein bis 1947, Schluss. Doch ein weiteres Massenkommunikationsmittel hielt die Saarschleife im Bewusstsein nicht nur der Einwohner des Territoire du bassin de la Sarre, sondern der Menschen weltweit: die Ansichtskarte.
Wir können uns heute im Zeitalter von E-Mail, SMS, Whatsapp, Facebook etc. kaum vorstellen, dass zwischen den Weltkriegen weltweit Jahr für Jahr schätzungsweise 15 Milliarden Post- und Ansichtskarten verschickt wurden. Das ergibt rechnerisch 475 Karten pro Sekunde! Die Saarschleife als Postkartenmotiv war nun nicht mehr auf der Vorderseite der Postkarten zu finden, sondern auf der Rückseite der Ansichtskarten.
Nach meinen Recherchen waren drei sehr ähnliche Versionen der Saarschleifen-Ansichtskarte weit verbreitet:
Verlag Ferd. Hegner Buchhandlung, Saarburg, Kreis Trier, nach einer Aufnahme von M. Wentz; wurde ab Anfang der 30 Jahre vertrieben
Verlag G. Vockenburg, Dudweiler, ebenfalls ab Anfang der 30 Jahre und nachweislich auch noch Anfang der 50er-Jahre im Umlauf
Ansichtskartenserie des Saar-Hilfswerk nach einer Aufnahme des Saar-Bild-Archivs
Uns interessieren hier insbesondere die beiden letzteren Versionen:
G. Vockenburg, DudweilerSaar-Bild-Archiv
Beide Aufnahmen unterscheiden sich nur in Nuancen und sind ganz offensichtlich von der Cloef aus aufgenommen worden. Nachstehend nochmals das Bildmotiv des 1 Mark-Wertes der Originalausgabe in angeglichener Grösse:
1 Mark-Wert der 1. Offenburger Ausgabe (SP33)
Die Ähnlichkeiten zwischen den Postkartenmotiven und dem Bildmotiv sind verblüffend. Beachtet insbesondere die zwei Büsche unten am Saarufer und bei der Aufnahme des Saar-Bild-Archivs die beiden leicht hochstehenden, sich vor dem Hintergrund der Saar abhebenden Bäume an der rechten Seite des von der Saar umflossenen Hügelzuges, wie auch den Schattenwurf auf der Saar links im Bild.
Ich bin überzeugt, die Verantwortlichen der französischen Militärregierung in Baden-Baden waren sich 1946 bei der Vergabe des Gestaltungsauftrages an Vytautas Kazimieras Jonynas der eigenen philatelistischen Vorgeschichte, aber auch der Bedeutung der Saarschleife für die Saarländer bewusst. Das Motiv war politisch gewollt. Als Vorlage für seine Arbeit verwendete Jonynas unzweifelhaft eine Ansichtskarte der Variante Saar-Bild-Archiv oder einen auf dieser Aufnahme basierenden Abzug. Vielleicht auch beides. Dies erklärt die fotorealistische Darstellung des Bildmotivs. Sie sehen, für Jonynas bestand keine Notwendigkeit, sich auf den weiten und damals beschwerlichen Weg an die Cloef zu machen.
Die fotorealistische Darstellung finden wir bei einem weiteren Motiv der Originalausgabe Berufe und Ansichten aus dem Saarland. Die Werte zu 60, 75 und 80 Pfennig zeigen den Alten Turm von Mettlach, der auch das Logo des Saarphilatelie-Blogs und von Saarphilatelie.com ist.
Der 1 Mark-Wert der Originalausgabe wurde zwischen dem 28. und 30. Januar 1947 bei der 1946 eventuell (die Quellen sind hier uneindeutig) noch unter französischer Sequester-Verwaltung stehenden Druckerei Franz Burda in Offenburg in einer vergleichsweise niedrigen Auflage von 2 Millionen Stück (entspricht 20’000 Druckbögen à 2 Schalterbögen zu je 50 Stück) gedruckt und kam am 17. Februar 1947 an die Postschalter. Im Sommer 1947 fassten die Verantwortlichen der P.T.T. für das Saarland in Saarbrücken den Beschluss, 13 Werte der Originalausgabe zur Auffüllung der Bestände nachdrucken zu lassen. Die nachgedruckten Marken sollten dabei auch die inzwischen vollzogenen Währungsumstellung von Reichsmark auf Saarmark widerspiegeln.
Gleichzeitig bereiteten die französischen Behörden in Frankreich und im Saarland eine weitere Währungsreform vor, was die Verantwortlichen bei der P.T.T. jedoch nicht wussten. Ein Ziel dieser Währungsreform war sicherlich, die Versorgungssituation an der Saar zu verbessern: Wer verkauft schon Waren gegen eine schwindsüchtige Währung? Und wer arbeitet schon gern, wenn die Bezahlung in einer schwindsüchtigen Währung erfolgt, mit der man keine Waren kaufen kann und Schmalhans Küchenmeister bleibt? Zweifellos erfolgte die Währungsreform jedoch auch, um die seitens Frankreich offen betriebene Anbindung des Saarlandes an den französischen Wirtschafts- und Währungsraum zu beschleunigen. Das Thema Währungsreform 1947 ist – auch nach 70 Jahren – im Saarland ein heikles Thema. Obschon niemand leugnen wird, dass sich die Ernährungs- und Versorgungslage der Saarländer nach der Währungsreform von 1947 tatsächlich drastisch verbesserte. Diese Verbesserung der Lebensumstände wurde in den anderen Besatzungszonen genauestens beobachtet und war wohl auch mit ein Grund für die ein Jahr später erfolgte Währungsreform von 1948 in den Westzonen. Die Saarländer fanden sich plötzlich in einer paradoxen Lage wieder. Einerseits froh, dass es spürbar „aufwärts“ ging, waren sie jedoch massiven Anfeindungen der Deutschen in den Besatzungszonen ausgesetzt. Währungsgewinnler war da noch die harmloseste Beleidigung.
Die französischen Behörden liessen sich bei der Währungsreform 1947 weitgehend von ihren positiven Erfahrungen im Saargebiet 1921 leiten, wobei die Umstellung diesmal zweistufig erfolgte. Die französischen Behörden ersetzten nicht einfach die Reichsmark durch den Saarfranken, und koppelten diesen an den Französischen Franc. Zu Recht befürchteten Sie eine Schwemme von Reichsmark aus den anderen Besatzungszonen. Daher bestimmten Sie in einem ersten Schritt den Gesamtbestand an Reichsmark im Saarland. Hierzu wurde die Saarmark (SM), unterteilt in 100 Saarpfennig (Pf.), eingeführt. Es fand am 16. Juni 1947 ein Zwangsumtausch 1:1 statt, der jedoch nur der im Saarland registrierten Bevölkerung offenstand. Vorausschauend war schon zwei Wochen zuvor der Postverkehr zwischen den Besatzungszonen und dem Territoire de la Sarre unterbunden worden (Postsperre); über diesen Kanal konnten keine Reichsmarkbestände von aussen eingeführt werden. Darüber hinaus wurden die ohnehin strengen Zollkontrollen an der Grenze zu den Besatzungszonen nochmals verstärkt.
Die Währungsumstellung auf Saarmark fand ihren Weg auch auf die Briefmarken. Ein Wert der Ausgaben Berufe und Ansichten aus dem Saarland wurde umgestaltet. Als die Druckerei Franz Burda in Offenburg im Oktober den Auftrag für den Nachdruck von 13 der ursprünglich 20 Werte der Originalausgabe erhielt, wurde beim 1 Mark-Wert als Währungsbezeichnung statt eines M ein SM als Kürzel für Saarmark verwendet.
1 Saarmark-Wert der 2. Offenburger Ausgabe (Neuausgabe SP46)
Die Druckerei hatte – wohl aus Materialknappheit – die Druckzylinder der Originalausgabe nicht eingelagert, sondern für andere Druckaufträge – wahrscheinlich für die Länderausgaben der Zone d’occupation française en Allemagne – wiederverwendet. Für den Auftrag aus Saarbrücken mussten nun erst neue Druckzylinder erstellt werden. Dabei wurden die Originalvorlagen aber auch die Farben je nach Wert mehr oder weniger stark verändert und so wurde aus der geplanten 2. Auflage eine 2. Ausgabe, mit hellerem Papier und hellerer Gummierung, die 2. Offenburger Ausgabe.
Die 2. Offenburger Ausgabe der Berufe und Ansichten aus dem Saarland hat nichts, aber auch gar nichts mit der leicht irreführenden Bezeichnung Saar II zu tun, die ihr insbesondere in deutschsprachigen Briefmarken-Katalogen finden könnt. Das war nicht immer so. Bis 1997 wurden die Werte der 1. Offenburger Ausgabe in deutschsprachigen Katalogen wie dem Michel-Katalog mit römisch I und die Werte der 2. Offenburger Ausgabe bei gleicher Katalognummer zur Unterscheidung mit römisch II gekennzeichnet. Beipiel:
1. Offenburger Ausgabe 2 Pfennig-Wert: Mi. 206Z I
2. Offenburger Ausgabe 2 Pfennig-Wert: Mi. 206Z II
Seit etwa 1998 findet ihr in deutschsprachigen Katalogen die Werte der 2. Offenbacher Ausgabe nicht mehr als Typ unter den Hauptnummern, sondern unter den Katalognummern Saar II – korrekte Bezeichnung ist Malstatt-Burbacher Druck – mit dem Zusatz fA für fehlender Aufdruck gelistet. Für mich eine sehr fragwürdige Änderung.
Was genau ist der Malstatt-Burbacher Druck? Hier bin ich euch eine Erklärung schuldig.
Am 13. Oktober 1947 begann die Druckerei Burda mit dem Druck der 2. Offenburger Ausgabe in hoher Stückzahl (zwischen 2 und 6 Millionen Stück pro Wert). Bereits am 24. Oktober 1947 wurden die ersten drei Werte und am 12. November 1947 weitere drei Werte an die Postdirektion Saarbrücken ausgeliefert. Zur allgemeinen Ausgabe über die Postschalter sind jedoch nur zwei dieser sechs Werte gelangt. Weshalb? Eine politische Volte, die auch unser Beitragsthema, das Bildmotiv Saarschleife, nicht unberührt liess.
Mittwoch, 20. November 1947. Tag X im Territoire de la Sarre. Die Saarmark, die – wir erinnern uns – am 16. Juni 1947 als alleiniges gesetzliche Zahlungsmittel im Saarland eingeführt worden war – wird durch den Saarfranken ersetzt. Der Umtausch erfolgt im Verhältnis 20:1 (20 Franken entsprechen 1 Saarmark). Der Wechselkurs des Saarfranken zum Französischen Franc ist 1:1. Eine Übergangsfrist für gemeldete Guthaben und Werte in Saarmark bis zum 15. Januar 1948 wird gewährt. Der Französische Franc wird faktisch offizielle Währung im Saarland. Fakt ist aber auch: Die Versorgungslage verbesserte sich so schnell, dass sich viele Einwohner des Saarlandes fragten, wo die vielen Waren über die letzten 2 ½ Jahre gehortet worden waren.
Des einen Freude, des anderen Frust. Was sollte nun mit den schon gedruckten und den weiteren bei Burda bereits in Auftrag gegebenen Briefmarken geschehen? Die benötigten Druckzylinder waren weitgehend geätzt, alles war bereit. Neue Marken in Frankenwährung zu gestalten, dazu fehlte die Zeit. Eine von den französischen Behörden bereits 1921 damaligen Völkerbund-Mandatsgebiet erfolgreich erprobte Technik bot die naheliegende Lösung: ein Überdruck der bestehenden Marken mittels Buchdruck. Die Malstatt-Burbacher Handelsdruckerei wurde beauftragt, die benötigten Werte aus den Restbeständen der Originalausgabe sowie den Marken der Neuausgabe zu überdrucken. Die streng geheimen und unter hohem zeitlichen Druck ausgeführten Arbeiten wurden von saarländischen und französischen Postbeamten über- sowie der Polizei bewacht. Der Malstatt-Burbacher Druck war geboren. Auf den Stichtag 20. November 1947 wurden die wichtigsten Wertstufen vorbereitet:
2 Franc auf 12 Pfennig (Drucksache bis 20 g)
3 Franc auf 15 Pfennig (Mischsendungen bis 30 g, illustrierte Postkarten)
6 Franc auf 24 Pfennig (Briefe bis 20 g, Drucksachen bis 100 g, alle Postkarten inkl. Ausland)
Durch Kombination dieser drei Werte konnten weitere Portotarife abgedeckt werden. Die restlichen Werte wurden am 27. November 1947 resp. am 6. Dezember 1947 ausgegeben. Am Nikolaustag 1947 erschien auch der Wert 50 Franc auf 1 M/SM mit dem Bildmotiv Saarschleife.
Malstatt-Burbacher Druck auf Originalausgabe (Typ I, SP59 I)Malstatt-Burbacher Druck auf Neuausgabe (Typ II, SP59 II)
Die obere Marke entstammt aus den Restbeständen der Originalausgabe. Zu erkennen an dem gelblichen Papier und der Währungsbezeichnung M für (Reichs-) Mark. Die überdruckten Marken aus den Restbeständen der Originalausgabe werden auch als Urdrucke oder Altdrucke bezeichnet. Die untere Marke ist dagegen ein Überdruck der Neuausgabe, ersichtlich an dem fast weissen Papier und der Währungsbezeichnung SM für (Saar-) Mark.
Weitere Unterscheidungsmerkmale sind neben dem verwendeten Papier auch die unterschiedlichen Gummierungen sowie die verwendeten Farben. Zwar sind beide Marken in der Farbe Dunkelgrün gedruckt, doch mit unterschiedlichen Tönungen, die nicht allein auf das unterschiedliche Papier zurückzuführen sind.
Das Saarhandbuch notiert für die Marke der Originalausgabe als Farbe „dunkelgrün“ und hält für die Marke der Neuausgabe lakonisch fest: „keine Farbänderung“. Der Michel Saar-Spezial 2017 gibt – seit mindestens 15 Jahren unverändert – für beide Marken als Farbe „schwärzlichgraugrün“ an. Darunter kann sich kein mir bekannter Mensch eine konkrete Farbe vorstellen, aber dazu gibt es ja den hauseigenen Michel Farbenführer. Im Michel Deutschland Spezial Katalog von 1996 waren für die beiden Mark-Werte der 1. und 2. Offenburger Ausgabe wie auch für den 50F-Wert des Malstatt-Burbacher Drucks (MBD) noch unterschiedliche Farben katalogisiert:
1 Mark Originalausgabe: „dkl’grün“
1 Mark Neuausgabe: „blaugrün“
50F MBD I auf Originalausgabe (Mi. 238a): „dunkelgrün“
50F MBD II Neuausgabe (Mi. 238b): „blaugrün“
Ich frage mich nur, wieso diese Änderung? Die Farben der Marken haben sich doch seit dem Druck im Jahr 1947 ja nicht geändert.
Die Verwendung der Saarschleife als Motiv für Briefmarken ging auch nach 1947 munter weiter. Die Post- und Telegraphenverwaltung des Saarlandes (Abkürzung P.T.T., wie in der Schweiz oder Frankreich) brachte am 1. April 1948 die erste Briefmarkenausgabe des Saarlandes Wiederaufbau des Saarlandes an die Schalter. Die Luftpostmarken zu 25, 50 und 200 Francs zeigen den Schatten eines Flugzeuges über der Saarschleife.
Das verwendete Motiv ist nicht einfach als Saarschleife zu erkennen. Wie bei dem 5 Pfennig-Wert von 1921 wurde ein anderer Blickwinkel gewählt, als der vom Aussichtspunkt Cloef auf den Scheitel der Flussschleife. Eine Postkarte aus der Zeit vor 1938 und eine meiner eigenen Aufnahmen hilft uns, den Standort des Betrachters zu bestimmen.
Der Betrachter steht links auf der Aussichtsplattform und schaut Richtung Merzig-Besseringen. Der Gestalter der Flugpostmarken, Albert Decaris, hat sich für seinen Entwurf deutlich mehr künstlerische Freiheit genommen, als Vytautas Kazimieras Jonynas für das Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach.
Nun wurde es für viele Jahre ruhig um das Briefmarkenmotiv Saarschleife. Erst 1970, zur Nationalen Briefmarkenausstellung SABRIA 70 vom 29. April bis 3. Mai in Saarbrücken, gab die Deutsche Bundespost – die Post- und Telegraphenverwaltung des Saarlandes existierte nicht mehr – ein Postwertzeichen zu 30 Pfennig heraus, welches im Bildmotiv den 1 Mark-Wert von 1947 zeigte (sogenannte Marke in der Marke).
Wieder sollten viele Jahre ins Land ziehen, die Deutsche Bundespost gab es längst nicht mehr, bis die Deutsche Post AG am 14. September 2000 im Rahmen der Briefmarkenserie Bilder aus Deutschland das Motiv Saarschleife bei Mettlach wiederentdeckte.
Na, ja! Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Nun schlug die Stunde einer Privatpost. Die Saarriva, ein privater Postdienstleister im Saarland, gab am 29. November 2005 im Rahmen ihrer 1. Briefmarken-Kollektion den Wert L mit dem Motiv Saarschleife heraus. Da kann ich nur gratulieren.
Die Deutsche Post AG liess sich nicht lumpen und gab am 2. Januar 2007 aus Anlass des 50. Jahrestages der Aufgabe der Souveränität des Saarlandes eine Sondermarke zu 55 Eurocent heraus (selbstklebende und nassklebende Variante), die als Teil einer Kollage auch die Saarschleife zeigt.
nassklebende Varianteselbstklebende Variante
Das vorläufig letzte Kapitel der Saarschleife als Briefmarkenmotiv wurde 2016 von der Regierung des Saarlandes aufgeschlagen. Zum 1. Januar 2017 wurde in der Saarbrücker Staatskanzlei ein Briefmarkenset Individuell mit 10 Marken zu jeweils 70 Eurocent und mit limitierter Auflage ausgegeben. Neben vier vorgegebenen Motiven zur Geschichte des Saarlandes (als deutsches Bundesland) konnten die Saarländer im Oktober 2016 aus einer Reihe von Motiven ihre Favoriten bestimmen. Für mich wenig erstaunlich fand die Saarschleife grossen Zuspruch in der Bevölkerung und somit ihren Eingang in das Markenset.
Habe ich in meiner Aufstellung eine Marke oder ein Postwertzeichen nicht aufgeführt? Verfügt ihr über weitere oder exaktere Informationen? Oder sollte mir ein Fehler unterlaufen sein? Bitte kontaktiert mich via E-Mail. Ich danke euch im Voraus für eure Unterstützung.
Bis dann
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Anmerkung
(1) Die Gewohnheit, Briefmarkenausgaben der Saarregion nach ihrem Druckort zu benennen, geht auf den französischen Philatelisten und Autor L. Belini zurück. In seinem Werk Études sur les timbres-poste de la Sarre (1920-1935), erschienen von November 1935 bis Dezember 1938 in 21 Artikeln (en suite) im renommierten und heute noch erscheinenden Magazin L’Echo de la Timbrologie, bezeichnet er die erste Briefmarkenausgabe für das Territoire du Bassin de la Sarre als Première émission de Paris valeur en Mark et Pfennig und als Galerie des Tableaux.
Die Artikel findet ihr in den nachstehenden Ausgaben von L’Echo de la Timbrologie: