MICHEL® 231 I/II AF III – Rätsel gelöst

Hallo

Immer dieser Michel

heisst es in Astrid Lindgrens Romanen rund um Michel aus Lönneberga. Ich kann mich bloss anschliessen: Immer dieser MICHEL®.

Wie ihr wisst, behebe ich einen der grössten Missstände des MICHEL® Saar-Spezial resp. MICHEL® DSK, nämlich die fehlenden Abbildungen, indem ich für die Ausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar  die Abbildungen auf SAARPHILA zur Verfügung stelle.

Fehler und Ungereimtheiten in den MICHEL®-Katalogen – und davon gibt es leider eine ganze Menge – stelle ich in meinen Kommentaren richtig; wo nötig ebenfalls mit den entsprechenden Illustrationen.

Bei den Aufdruckabweichungen der MiNr. 231 I/II hat es die MICHEL®-Redaktion jedoch bunt getrieben. Gleich drei von vier Abweichungen (AF II, AF III, AF IV) weisen Fehler auf.

Ich untersuchte bei MBD II sämtliche kreisrunde Flecken, welche an, in oder auf der 4 sowie an oder auf einem der drei schwarzen Balken des Aufdrucks zu untersuchen und deren Auftreten zu analysieren. Ich stützte mich bei dieser Untersuchung auf

    • mein Korrespondentennetz
    • Bogenmaterial, welches mir Ralf-Martin Müller grosszügig zur Verfügung stellte
    • das Bogenmaterial der Sammlung Montclair
    • die im Saarhandbuch, Kap. 403 (4. Lieferung von März 1961) festgehaltenen Aufdruckabweichungen
    • Paul Staedels Étude von 1955

Die kreisrunden Flecken treten auf mehreren, zählt man die schwachen Abdrücke hinzu, sogar auf vielen Bogenfeldern auf. Bogenfelder, auf welchen wir diese Flecken häufig finden, sind:

    • 18, 19, 26, 28, 30, 35, 39, 42, 44, 48, 60, 64, 84 (jeweils A- und B-Bogen)

Fazit: Die Aufdruckabweichungen kreisrunde Flecken treten  i m m e r  in Teilauflage auf. Das Ergebnis meiner Untersuchung bestätigt die entsprechenden Angaben des Saarhandbuchs. Das Saarhandbuch führt bloss ein einzige Aufdruckabweichung über die Gesamtauflage der 16 Pf. / 4 F auf: Feld 56AB (MiNr. 231 I/II AF I). Dies kann ich ebenfalls bestätigen (vgl. folgende Abbildung).

16 Pf./4 F, Feld 56AB, Aufdruckabweichung oberer Querstrich des F mit Unterbruch

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MiNr. 231 I/II AF II

Die Aufdruckabweichung der Felder 26/35 soll gemäss MICHEL® so aussehen:

Aufdruckabweichung Felder 26/35 gem. MICHEL®; findet sich jedoch in gleicher Ausprägung auch auf Feld 30

Die beiden folgenden Abbildungen belegen, dass die Aufdruckabweichung bloss in Teilauflage auftritt.

Felder 6, 16, 26 aus MBD II-Bogen B 15211; Feld 26 ohne 231 II AF II
Felder 5, 15, 25, 35 aus MBD II-Bogen B 03067; Feld 35 ohne 231 II AF II
16 Pf./4 F Feld 30AB

Der Eintrag zu MiNr. 231 I/II AF II im MICHEL® ist falsch und sollte um die Angabe Teilauflage sowie um Feld 30AB ergänzt werden.

MiNr. 231 I/II AF IV

Die Aufdruckabweichung des Feldes 39 hat nach meiner Untersuchung zwei Ausprägungen, falls es überhaupt auftritt:

16 PF./4 F Feld 39AB
16 PF./4 F Feld 39AB

Der Eintrag zu MiNr. 231 I/II AF IV muss um die Angabe Teilauflage ergänzt werden.

MiNr. 231 I/II AF III

In den MICHEL®-Katalogen lautet die Beschreibung dieser Aufdruckabweichung:

2 Farbpunkte im senkr. Strich der 4 (Feld 20, Teilaufl.)

Die entsprechende Abbildung im aktuellen MICHEL® Saar-Spezial 2024 sieht etwa so aus:

231 AF III

Weder in Paul Staedels Étude noch im Saarhandbuch existiert ein Eintrag zu Bogenfeld 20AB. Die Aufdruckabweichung fand sich nach langer Suche auf Bogenfeld 19AB! Selbstverständlich, wie alle Abweichungen kreisrunder Flecken in Teilauflage, was das Auffinden ebenfalls nicht vereinfachte.

16 Pf./4 F, Feld 19AB, Teilauflage

Der Eintrag zu MiNr. 231 I/II AF III ist falsch. Korrekt lautet dieser:

2 Farbpunkte im senkr. Strich der 4 (Feld 19, Teilaufl.)

Diese Fehler wurden mindestens seit dem MICHEL® DSK 1991 copy/paste von einem Katalog zum nächsten weitergereicht. Der MICHEL® Saar-Spezial und damit auch der MICHEL® DSK sind für die Ausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar – nur dies kann ich beurteilen – unbrauchbar! Mein digitales Exemplar wimmelt inzwischen von roten Fehlereinträgen! Falsche Abbildungen, falsche Einträge, Halbwahrheiten, Unverständliches, Unsinn.

Quelle: Schwaneberger-Verlag

Nie lagen Anspruch und Realität weiter auseinander.

Ich frage mich, ob bei der MICHEL®-Redaktion des Schwaneberger-Verlages überhaupt jemand Interesse hat, die Sammler mit korrekten Informationen zu ihren Sammelgebieten zu versorgen. Ist da mal jemand, der sagt:

Es hagelt seit über fünf Jahren berechtigte Kritik. Jetzt schauen wir uns das Ganze einmal genau an und bereinigen zusammen mit Fachleuten den in 40 Jahren Nichtstun angesammelten Schlamassel.

Ich befürchte, die Redaktion ruht sich auf unverdienten Lorbeeren aus und merkt nicht, dass es Dornen sind. Ein kurzer Blick ins Saarhandbuch, eine Nachfrage bei einem der Fachprüfer hätten gereicht, die Fehler rund um die Aufdruckabweichungen der MiNr. 231 I/II zu vermeiden.

Den Abschnitt zu den Feldmerkmalen/Aufdruckabweichungen 16 Pf./4 F nach MICHEL® auf SAARPHILA habe ich angepasst.

FELDMERLMALE

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#saarphila #saarphilatelie

Sammlung Montclair – Neuzugang (III)

Hallo

Ihr merkt schon … es muss Schlechtwetter in Nordfriesland sein. Der SaarPhilatelist hat Zeit zu schreiben. Stimmt! Leider habe ich aufgrund der dichten Wolkendecke auch nichts von den sonst in ganz Europa sichtbaren Polarlichtern sehen können. Schade.

Zurück zur Philatelie. Ein Handstempel auf dem abgebildeten Beleg verrät bereits, worum es sich bei diesem Neuzugang zur Sammlung Montclair handelt: einen Ersttagsbrief. Doch der Stempel verrät nicht alles; der Beleg hat bei genauerer Betrachtung noch viel mehr zu bieten.

Ersttagsbeleg MeF 2F auf 12 Pfennig vom 20. November 1947
die Umschlagklappe ist offen, ein Hinweis, dass der Beleg nicht befördert wurde

Meiner Ansicht nach handelt es sich nicht um einen Ersttagsbrief, sondern um einen Erstagsbeleg, denn weder ist die Frankatur portogerecht, noch ist der Brief befördert worden. Weshalb habe ich diesen Beleg dennoch ersteigert und meiner Sammlung hinzugefügt?

Der Beleg fand meine Aufmerksamkeit, da mir der Adressat Lieutenant Gérig bekannt ist. Nicht, dass ich Oberleutnant Gérig je kennengelernt hätte, sondern weil sich in meiner Sammlung bereits ein an ihn gerichteten Beleg befindet. Diesen Beleg stellte ich im August 2019 im SAARPHILA-BLOG und in einem Artikel in der Deutschen Briefmarken-Revue 03/2023 vor. Mehr dazu im Verlauf dieses Beitrags.

Sicher, ein exzellent erhaltener Ersttagsbeleg sauber (18) Saarlouis 1 e gestempelt und frankiert MeF mit Unterrand ist immer nett. Da wird niemand meckern. Es handelt sich um sogenannte Urdruck-Marken, also Marken der Originalausgabe mit Wasserzeichen steigende Wellenlinien (S), deren Wertangabe in der Malstatt-Burbacher Handelsdruckerei mit 2F überdruckt wurden. Das muss so sein, auch wenn der MICHEL® DSK den Unsinn verbreitet, die 12 Pfennig der Neuausgabe (BuS II, im MICHEL-Kauderwelsch 229 II fA) wären vor der Währungsumstellung vom 19. November 1947 bereits verausgabt worden und kämen auch ohne Überdruck 2F vor. Die ArGe Saar wie auch ich haben die MICHEL®-Redaktion mehrfach darauf hingewiesen, dass die 12 Pfennig-Marken der Neuausgabe erst am 22./24. November 1947 bei der Druckerei Franz Burda in Offenburg gedruckt, dann nach Saarbrücken transportiert und erst danach bei der Malstatt-Burbacher Handelsdruckerei überdruckt wurden, bevor die Marken schlussendlich am 6. Dezember 1947 an die saarländischen Postschalter gelangten. Trotz aller Beweise zieht die MICHEL®-Redaktion diesen, wie auch viele andere Fehler seit Jahrzehnten nicht zurück, sondern verbreitet diesen Blödsinn mittels Copy/Paste ungeniert weiter. Soviel zur angeblichen Bibel der Philatelie.

Nein, für meine Kaufentscheidung war ausschlaggebend, dass beide Marken ein auffälliges Feldmerkmal aufweisen.

Ausschnitt aus Bogen B 29155 (WZ F, fallende Wellenlinien) vom 3. Januar 1947

Die beiden Feldmerkmale waren in der Losbeschreibung nicht aufgeführt. Das ist wenig verwunderlich, denn der MICHEL® DSK – ich werde nicht weiter darauf eingehen, dass diese überteuerte Publikation für das Sammelgebiet Saar nicht brauchbar ist – führt selbst auffälligste Feldmerkmale nicht auf. Bei den beiden Marken handelt es sich um Marken der Felder 93B sowie 94B und zwar der frühen Druckperiode (30./31. Dezember 1946 und 2./3. Januar 1947) des 12 Pfennig-Werts. Das Feldmerkmal vom Feld 94B ist sowohl in Paul Staedels Étude, im Saarhandbuch wie auch in meinem 2021 erschienenen Handbuch Feldmerkmale SAAR I (hier der Link zum Bestellformular) aufgeführt. In der Deutschen Briefmarken-Revue (6/2022) habe ich in einem Beitrag die Feldmerkmale des 12 Pfennig-Werts vorgestellt. Dort ist das Feldmerkmal vom Feld 94B ebenfalls abgebildet.

Das Feldmerkmal 93B (früher Druck bis 3. Januar 1947) war mir bislang entgangen. Mir ist keine Publikation bekannt, welche dieses Feldmerkmal aufführt. Es handelt sich somit um eine Erstpublikation im SAARPHILA-BLOG. Das Feldmerkmal konnte ich bislang auf 10 Bogen und bei 15 Einzelexemplaren nachweisen. Nachfragen bei meinen Korrespondenten sind noch pendent.

Wie erwähnt ist der Beleg unterfrankiert (für einen Brief der 1. Gewichtsstufe bis 20 Gramm hätten 6 Franc verklebt werden müssen) und unverschlossen. Beides Indizien dafür, dass der Beleg nicht befördert wurde. Es sollte ausschliesslich ein besonders schöner Ersttagsbeleg kreiert werden.

Der Empfänger ist Lieutenant Gérig | Magasin Gén d’Habillement | 128, Avenue Félix-Faure | Lyon. Ich gehe davon aus, dass Oberleutnant Gérig ein versierter Philatelist war, der entweder einen Korrespondenten mit der Erstellung der Belege beauftragt hatte oder – wahrscheinlicher – für eine gewisse Zeit als Versorgungsoffizier in Saarlouis stationiert war. Mir liegen Belege mit demselben Gummi-Adressstempel aus dem Zeitraum von November 1947 bis April 1948 vor. Alle abgeschlagen im Raum Saarlouis. Wie ich bereits im August 2019 schrieb, verfüge ich zu Lieutenant Gérig über keine weiteren Informationen. Die Kleiderkammer Lyon dagegen, seine Dienststelle, existiert heute noch an derselben Adresse, dem Fort du Montluc.

Fazit: Ich stufe Lieutenant Gérig genauso ein, wie bspw. Walter Prell. Beides versierte Philatelisten, welche die Gunst der Stunde – in beiden Fällen die unmittelbare Nachkriegszeit -, ihre finanziellen Mittel und im Falle des Besatzungsoffiziers Gérig auch ihren Einfluss nutzten, um ihre Sammlungen mit besonderen Belegen zu bestücken. Diese Belege sind ganz klar philatelistisch beeinflusst, sind selten Bedarfsbelege, sind in einigen Fällen nie befördert worden, doch: Was wären wir heute ohne diese Belege?

Bis dann

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P.S. vom 7. November 2023

Aufgrund des Hinweises eines guten Sammlerkollegen füge ich meinem Beitrag zwei Scans des Feldmerkmals 93B(f) dunkler Farbfleck auf dem Schriftband SAAR links des S mit hohen Bogennummern vom ersten Drucktag des 12 Pfennig-Wertes hinzu.

Ausschnitt aus Bogen B 57901 (WZ S, steigende Wellenlinien) vom 30. Dezember 1946 mit Feldmerkmal 93B(f)
Ausschnitt aus Bogen B 53976 (WZ F, fallende Wellenlinien) vom 30. Dezember 1946 mit Feldmerkmal 93B(f)

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Philatelistische Bibliothek (III) – Neuzugang End/Becker 1950

Hallo

Ich konnte im September auf einer Auktion meine Sammlung an Saar-Spezial-Katalogen um ein weiteres Werk erweitern. Es handelt sich um ein Exemplar der 1. Auflage aus dem Jahr 1950 des von den beiden Saarländern Karl End und Willibald Becker unter Mitarbeit von Louis Lutz (FR) und Josef Schwarz erarbeiteten SAAR-Briefmarken-Spezial-KATALOG.

Was unterscheidet diesen – ausserordentlich gut erhaltenen – Katalog von all den anderen in meiner Sammlung?

Erst einmal sein Alter. Die 1. Auflage des Katalogs von End/Becker ist 68 Jahre alt und wurde zu einer Zeit herausgegeben, als die Ausgabe der ersten Briefmarken für das Saargebiet gerade einmal 30 Jahre und – für mich viel interessanter – die Ausgabe der ersten Briefmarken für das Saarland bloss 3 Jahre zurücklag. Die Autoren waren im Vergleich zu uns zeitlich sehr nahe an der Materie.

Ferner legen die Autoren den Schwerpunkt des Kataloges auf die „neuen, seit 1945 erschienenen Saarmarken“ und bei diesen wiederum auf die „Abarten, Fehldrucke etc.“. 57 von den gesamthaft 150 Seiten beschäftigen sich allein mit der Entstehung, der Herstellung und den einzelnen Werten der 1. und 2. Offenburger Ausgabe (BuS I/II) sowie deren Aufdrucken. Das kenne ich sonst nur von Paul Staedels Étude (60 Seiten).

Schlussendlich faszinierten mich noch zwei Dinge:

    • Die sich sehr an der Chronologie der Markenentstehung orientierende Gliederung der einzelnen Ausgaben und ihrer Überdrucke.
    • Die vielen Feldmerkmale, welche in anderen Katalogen nur teilweise aufgeführt sind.

Sollten sich aus dem Studium des SAAR-Briefmarken-Spezial-KATALOGES von End/Becker interessante Aspekte für den heutigen Saar-Sammler ergeben – und ich bin überzeugt, dass es davon einige geben wird, werde ich die Erkenntnisse im SAARPHILA-BLOG publizieren.

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Die Übersicht über die unterschiedlichen Katalognummern der 20 Werte der 1. Offenburger Ausgabe in den bekanntesten Katalogen habe ich nachstehend mit der Angabe zu End/Becker ergänzt:

    • End/Becker: SAAR-Briefmarken-Spezial-KATALOG 1950, 206-225
    • Paul Staedel: Étude 1955, numéros 1-20
    • Yvert & Tellier: Colonies française, Sarre, numéros 196-215
    • Saarhandbuch (SHB): Kap. 402. verwendet keine Nummerierung
    • Catalogue F.S.A.: numéros 196-215
    • Stanley Gibbons: Germany, Saar, III. French Occupation Nos. 203-222
    • Scott: Saar, French Administration, nos. 155-171 sowie nos. 172-174 für die Werte zu 12, 45, 75 Pfennig (Achtung: die 20 Werte sind hierdurch nicht durchgehend aufsteigend nummeriert)
    • MICHEL®: Deutschland, Saarland (1947), MiNr. 206-225
    • Austria Netto Katalog (ANK): Deutschland, Saarland, 206-225
    • Philotax Saar-Spezial: SG206-SG225
    • Leuchtturm DNK: Deutschland, Saarland, 206-225
    • Philex: Deutschland, Saarland, 206-225

Bis dann

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Wiederkehrende Feldmerkmale (V) – Farbstriche beim Bildmotiv „Stahlarbeiter am Hochofen“

FOLGE 4

Hallo

In diesem Beitrag, dem fünften der kleinen Serie über wiederkehrende Feldmerkmale bei der Originalausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar, stelle ich euch weitere Merkmale vor.

Bei den Werten mit dem Bildmotiv Stahlwerker am Hochofen beim Abstich (15, 16, 20 und 24 Pfennig) tritt ein dunkler Farbstrich als Feldmerkmal über alle Werte an einer ähnlichen Stelle des Bildmotivs auf, ohne jedoch in jedem Fall ein wiederkehrendes Feldmerkmal zu sein. Ein sehr interessanter Zufall, den ich euch hier näherbringen werde.

Wer von euch im MICHEL® Saar-Spezial 2017 die Seiten 88/89 mit den Plattenfehlern (sic!) der 1. Offenburger Ausgabe (BuS I) genau studiert, stellt fest, dass für die vier Werte mit dem Bildmotiv Stahlwerker am Hochofen beim Abstich jeweils unter römisch I in typisch verschwurbeltem MICHEL-Sprech ein Feldmerkmal mit gerissenen, zerbrochenen oder gebrochenen Fenstern katalogisiert ist.

Denkt einmal über die von der MICHEL®-Redaktion seit Jahren verwendeten Adjektive nach. Ich kenne gerissene Schnüre, Fäden oder Leinen. Auch von gerissenen Tieren liest man in der Zeitung, da, wo Wolf und Bär noch daheim sein dürfen. Aber gerissene Fenster? Gebrochene Fenster? Zerbrochene Fenster? Zerbrochene oder gesprungene Fensterscheiben, die gibt es. Über sprachlichen Unzulänglichkeiten kann ich schmunzeln. Doch im Fall von irreführenden Abbildungen hört bei mir der Humor auf. MICHEL®-Kataloge zeigen ganze drei (!) Abbildungen für 22 katalogisierte Feldmerkmale des Bildmotivs Stahlwerker. Zwei dieser drei Abbildungen sind irreführend. Da ist zum einen die interessante Farbe der Abbildung für MiNr. 213 I, die ich als Dunkelgrün oder vielleicht auch Schwarzgrün definieren würde. Blättert im Katalog ruhig eine Seite zurück. Ihr werdet bei der 1. Offenburger Ausgabe einen Wert mit dem Bildmotiv Stahlwerker in dieser Farbe nicht finden. Die Werte zu 15, 16, 20 und 24 Pfennig wurden in den Farben Braun, Blau, Rot und Orangebraun gedruckt. Eine Variante in Grün kommt bei diesem Bildmotiv nicht vor. Genauso wenig wie Schwarz bei der Abbildung für MiNr. 213 III, oder sollte der Michel-Redaktion bis dato immer noch nicht gelungen sein, eine farbige Abbildung dieses Feldmerkmals aufzutreiben?

Zurück zu den Feldmerkmalen bei verschiedenen Werten an ähnlicher Stelle des Bildmotivs. Hier erst einmal die farblich korrekten Abbildungen aller vier Feldmerkmale:

  

15 Pfennig Feld 63AB (links A, rechts B)

  

16 Pfennig Feld 36AB (links A, rechts B)

  

20 Pfennig Feld 43AB (links A, rechts B)

  

24 Pfennig Feld 6AB (links A, rechts B)

Bei diesen Marken erkennen wir eine Abweichung vom vorgesehenen Ergebnis durch kräftige Farbstriche im Bereich der Fensterfront im Hintergrund des Bildmotivs. Schaut beim 16 Pfennig- und beim 24 Pfennig-Wert genau hin. Richtig: hier haben wir ein wiederkehrendes Feldmerkmal vor uns – das fünfte wiederkehrende Feldmerkmal, welches ich euch im SAARPHILA-BLOG vorstelle. Nachfolgend die Buttons zu den ersten vier Beiträge über wiederkehrende Feldmerkmale der Originalausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar.

FOLGE 1FOLGE 2FOLGE 3FOLGE 4

Wiederkehrende Feldmerkmale entstanden durch Diapositivmontage bei der Herstellung des Diapositivbogens für einen neuen Wert. In diesem Fall wurden die Diapositivstreifen des 24 Pfennig-Werts, der zeitlich früher gedruckt wurde (vgl. Steckbriefe am Schluss des Beitrags), für den Diapositivbogen des 16 Pfennig-Werts verwendet, wodurch das Feldmerkmal „mitwanderte“, wenn auch auf ein anderes Bogenfeld (Feld 6 auf Feld 36) jedoch derselben – nämlich der 6. senkrechten – Bogenreihe.

Die vier Feldmerkmale treten jeweils auf beiden Schalterbögen, A und B, auf. Somit wissen wir, dass die Ursachen dieser primären Feldmerkmale in der Druckvorstufe des Rotations-Rastertiefdruckverfahrens zu suchen sind. Wieso gerade diese Region des Bildmotivs so anfällig für nicht gerade kleine Abweichungen ist, ist mir bislang noch nicht klar – scio me nihil scire. Kennt ihr die Ursache? Dann nehmt bitte auf Kontakt mit mir auf.

Werden diese Feldmerkmale auch in anderen Katalogen aufgeführt? Ich liste nachstehend die Einträge für den Staedel (Étude des timbres-poste et obliterations de la Sarre 1945-1955), das SHB (Saarhandbuch von 1958), den F.S.A. (Catalogue F.S.A. Specialisé de timbres de la Sarre 1960 und 1964) sowie den Michel (Michel Saar-Spezial 2017) auf.

15 Pfennig

    • Staedel: 7c „Fenêtre complèment fendue sur toute la largeur“
    • SHB: 63 AB „Sprung in den linken Fenstern“
    • F.S.A.: 202d „2 vitres cassées à gauche“
    • MICHEL®: MiNr. 212Z I „zwei Fenster links gerissen (Feld 63)“

16 Pfennig

    • Staedel: 8b „Trois vitres et mur fendus“
    • SHB: 36 AB „Fenster links gebrochen“
    • F.S.A.: 203d „vitres fendus“
    • MICHEL®: MiNr. 213Z I „Fenster über Arbeiter zerbrochen (Feld 36)“

20 Pfennig

    • Staedel: 9b „Mur et fenêtre a droite fendus“
    • SHB: 43 AB „Fensterscheiben rechts gesprungen“
    • F.S.A.: 204c „trait diagonal dans l’angle droit“
    • MICHEL®: MiNr. 214Z I „Fenster rechts gebrochen (Feld 43)“

24 Pfennig

    • Staedel: 10a „Trois vitres et mur brisés“
    • SHB: 6 AB „Fensterscheibe gesprungen und Mauersprung“
    • F.S.A.: 205c „barre horizontale sur le mur“
    • MICHEL®: MiNr. 215Z I „linkes Fenster zerbrochen, Strich in der Mauer daneben (Feld 6)“

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Wie immer, wenn in Katalogen die Beschreibungen nicht klar und präzis und die Abbildungen dann auch noch nichtsagend oder irreführend sind, schlägt die Stunde der Amis Faux, der falschen Freunde.

Amis Faux sind Marken mit Feldmerkmalen, auf welche die verschwurbelten und unpräzisen Beschreibungen in den Katalogen hervorragend zutreffen, die jedoch nicht die Marke mit dem katalogisierten und damit preislich höher eingestuften Feldmerkmal sind. Nicht nur der Sammler, sondern auch der Verkäufer ist diesen Amis Faux aufgrund der unverständlichen Fixierung der deutschen Philatelie auf die Kataloge aus dem Schwaneberger-Verlag fast hilflos ausgeliefert.

Nochmals zum Mitschreiben. Drei Abbildungen – davon zwei irreführende – für 22 katalogisierte Plattenfehler (sic!) allein bei einem von sechs Bildmotiven! 14 Abbildungen für 109 Feldmerkmale bedeutet, bei 95 Feldmerkmalen müssen sich Sammler wie Verkäufer auf unpräzise und vage Beschreibungen verlassen, die seit Jahrzehnten nicht angepasst wurden und im besten Fall in die Irre führen, im schlechtesten Fall schlicht falsch sind?

Nachfolgend einige dieser Amis Faux, von denen ich aus Erfahrung weiss, dass sie häufig – ohne bösen Willen – von unwissenden Verkäufern auf ebay oder Delcampe als die in MICHEL®-Katalogen aufgeführten „Plattenfehler“ angeboten werden.

 

15 Pfennig Feld 4AB (links A, rechts B)

 

16 Pfennig Feld 99 AB (links A, rechts B)

 

14 Pfennig Feld 54AB (links A, rechts B)

Dies sind nicht die einzigen bekannten Amis Faux. Ich habe euch aus der Auswahl bloss die nach meiner Beobachtung häufigsten herausgesucht. Ich empfehle euch, keinen MICHEL® Briefmarken-Katalog zu kaufen. Erstens sind bei diesem – ausser ihr greift zu dem MICHEL® Saar-Spezial zu Euro 49,00 – die verschiedenen Zeiträume und Sammelgebiete auf zwei Bände à Euro 88,00 also stolze Euro 176,00 aufgeteilt. Die Sammelgebiete mit Saarbezug sind:

    • Saargebiet 1920-1935
    • ZOF, Zone d’occupation française en Allemagne, Ausgaben der französischen Besatzungsbehörde für das Saarland 1945-1946
    • Territoire de la Sarre, von Frankreich annektiert, Ausgaben französischer Behörden für das Saarland 1946-1947
    • Saarland, eigene Ausgaben des autonomen Saarlandes 1948-1956
    • sowie nach Ende der eigenständigen Briefmarkenausgaben die Ausgaben der Deutschen Bundespost für das Saarland in Frankenwährung 1957-1959

Zweitens ist die Bebilderung, insbesondere der Unternummern mangelhaft. Drittens sind die Angaben fehlerbehaftet, wie ihr als regelmässige Leser des SAARPHILA-BLOGS ohnehin wisst. Ich empfehle euch, den zugegebenermassen etwas sperrigen Philotax Saar-Saarland Spezial 1920-1959 zu Euro 100,00 anzuschaffen (es gibt diesen auch als digitales Programm, da ist der Katalog nicht mehr so sperrig). Dieser Katalog ist fast durchgehend mit aussagekräftigen, farbigen Abbildungen versehen und somit m.E. um einiges sammlerfreundlicher als das Pendant aus dem Schwaneberger-Verlag.

Fazit: Beim 16 Pfennig-Wert, Feld 99AB, und dem 24 Pfennig-Wert, Feld 54AB, handelt es sich um ein wiederkehrendes Feldmerkmal. Das sechste, welches ich euch im SAARPHILA-BLOG vorstelle (Erstpublikation).

FOLGE 6

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Steckbrief des 15 Pfennig-Werts
    • Wert: 15 Pfennig
    • Motiv: Stahlwerker am Hochofen beim Abstich
    • Farbe: dunkelbraun
    • Papier: dickes, gelblichgraues Papier; rau und häufig mit unter der Lupe erkennbaren, längeren Stofffäden
    • Gummierung: gräulichbraunes Gummi arabicum, quergeriffelt
    • Wasserzeichen: ohne
    • Zähnung: K14 (= 14 Zahnlöcher auf 2 Zentimeter bei Kammzähnung)
    • Bekannte Druckdaten: 7. Februar 1947
    • Erstausgabedatum: 17. Februar 1947
    • Gültigkeit: 19. November 1947 (während der Woche vom 20.-27. November waren noch Mischfrankaturen zugelassen; Quelle: Saarhandbuch)
    • Auflage: 1’520’000 Stück, von denen innerhalb der Gültigkeit rd. 1’510’000 Stück am Schalter verkauft wurden. Ein Grossteil des Restbestandes wurde für den Malstatt-Burbacher Druck (MBD) mit der Wertangabe 3 F überdruckt.
    • Vorgestelltes Feldmerkmal: Feld 63AB, „Dunkler, nach unten gebogener Farbstrich über die linke Fensterfront“

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Steckbrief des 16 Pfennig-Werts
    • Wert: 16 Pfennig
    • Motiv: Stahlwerker am Hochofen beim Abstich
    • Farbe: violettblau
    • Papier: dickes, gelblichgraues Papier; rau und häufig mit unter der Lupe erkennbaren, längeren Stofffäden
    • Gummierung: gräulichbraunes Gummi arabicum, quergeriffelt
    • Wasserzeichen: ohne
    • Zähnung: K14 (= 14 Zahnlöcher auf 2 Zentimeter bei Kammzähnung)
    • Bekannte Druckdaten: 1./3./4. Februar 1947
    • Erstausgabedatum: 17. Februar 1947
    • Gültigkeit: 19. November 1947 (während der Woche vom 20.-27. November waren noch Mischfrankaturen zugelassen; Quelle: Saarhandbuch)
    • Auflage: 3’020’000 Stück, von denen innerhalb der Gültigkeit etwa 2’995’000 Stück am Schalter verkauft wurden.
    • Ein Grossteil der Restauflage wurde für den Malstatt-Burbacher Druck (MBD) mit der Wertangabe 4 F überdruckt.
    • Feldmerkmal: Feld 36AB, „Dunkler, nach oben gebogener Farbstrich über die linke Fensterfront, im weiteren Verlauf waagerecht über die Mauer reichend“

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Steckbrief des 20 Pfennig-Werts
    • Wert: 20 Pfennig
    • Motiv: Stahlwerker am Hochofen beim Abstich
    • Farbe: orientrot
    • Papier: dickes, gelblichgraues Papier; rau und häufig mit unter der Lupe erkennbaren, längeren Stofffäden
    • Gummierung: gräulichbraunes Gummi arabicum, quergeriffelt
    • Wasserzeichen: ohne
    • Zähnung: K14 (= 14 Zahnlöcher auf 2 Zentimeter bei Kammzähnung)
    • Bekannte Druckdaten: 11. und 12. Februar 1947
    • Erstausgabedatum: 7. März 1947
    • Gültigkeit: 19. November 1947 (während der Woche vom 20.-27. November waren noch Mischfrankaturen zugelassen; Quelle: Saarhandbuch)
    • Auflage: 3’020’000 Stück, von denen innerhalb der Gültigkeit rd. 3’010’000 Stück am Schalter verkauft wurden. Ein Grossteil der Restauflage wurde für den Malstatt-Burbacher Druck (MBD) mit der Wertangabe 5 F überdruckt.
    • Vorgestelltes Feldmerkmal: Feld 43AB, „Dunkler, nach oben gebogener Farbstrich über die Mauer im Hintergrund und die rechte Fensterfront“

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Steckbrief des 24 Pfennig-Werts
    • Wert: 24 Pfennig
    • Motiv: Stahlwerker am Hochofen beim Abstich
    • Farbe: orangebraun
    • Papier: dickes, gelblichgraues Papier; rau und häufig mit unter der Lupe erkennbaren, längeren Stofffäden
    • Gummierung: gräulichbraunes Gummi arabicum, quergeriffelt
    • Wasserzeichen: ohne
    • Zähnung: K14 (= 14 Zahnlöcher auf 2 Zentimeter bei Kammzähnung)
    • Bekannte Druckdaten: 14-18. Januar und 20.-24. Januar 1947
    • Erstausgabedatum: 4. Februar 1947
    • Gültigkeit: 19. November 1947 (während der Woche vom 20.-27. November waren noch Mischfrankaturen zugelassen; Quelle: Saarhandbuch)
    • Auflage:15’060’000 Stück, von denen innerhalb der Gültigkeit etwa 10’575’000 Stück am Schalter verkauft wurden. Ein Grossteil der Restauflage wurde für den Malstatt-Burbacher Druck (MBD)mit der Wertangabe 6 F überdruckt.
    • Feldmerkmal: Feld 6AB, „Dunkler, nach oben gebogener Farbstrich über die linke Fensterfront, im weiteren Verlauf waagerecht über die Mauer reichend“

Stahlwerker am Hochofen beim Abstich ist das einzige Bildmotiv der Ausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar von dem sämtliche Werte für den Mastatt-Burbacher Druck (MBD I/II) herangezogen und mit Werten in Frankenwährung überdruckt wurden. Ich deute dies als Anzeichen für die hohe Bedeutung, welche die französische Administration des Saarlandes der Schwerindustrie beimass.

Bis dann

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Reihenmerkmale (I) – Stumpfe 1 und Kurbel

Hallo

Ich widme diesen Beitrag Werner, meinem Schwiegervater, der heute seinen 80. Geburtstag feiert. Lieber Werner, ich wünsche Dir zu den bereits gesammelten 80 Jahren viele weitere mehr in bester Gesundheit und Gesellschaft.

In diesem Beitrag werde ich euch zwei Reihenmerkmale vorstellen. Dem Begriff Reihenmerkmal sind wir in dem Beitrag zur sicheren Bestimmung von Marken des Bogenfeldes 41AB des 12 Pfennig-Werts bereits begegnet.

Das erste Reihenmerkmal ist Anstrich der 1 der Wertangabe 12 stumpf und kommt auf allen Marken der 2. und 7. senkrechten Bogenreihe (A- und B-Bögen) des 12 Pfennig-Werts der 1. Offenburger Ausgabe vor, also auf den Bogenfeldern 2, 12, 22 usw. bis 92 und 7, 17, 27 usw. bis 97.

12 Pfennig, Felder 17A und 18A

Der Unterschied bei den beiden Anstrichen ist gut zu erkennen.

    • Étude, S. 21, 61 2e et 7e rangée verticale: „1 ayant la tige de la pointe ecourtée“
    • Saarhandbuch, Kap. 402, S. 20 Vorbemerkung zum 12 Pfennig-Wert: „In der zweiten und siebten senkrechten Reihe ist der Anstrich der 1 stumpf“
    • MICHEL® Saar-Spezial 2017, keine Erwähnung

Das zweite Reihenmerkmal tritt beim 75 Pfennig-Wert auf. Bei einigen Marken stärker, bei anderen schwächer ausgeprägt. „Kurbel“ Farbstrich an der Hauswand links

75 Pfennig, Felder 6A und 7A

Die Kurbel – ich mag den Begriff – an der Wand des linken Gebäudes ist das kennzeichnende Feldmerkmal der 7. senkrechten Bogenreihe der 75 Pfennig-Bögen (A- wie auch B-Bögen), kommt also auf den Feldern 7, 17, 27 usw. bis 97 vor. Liegt eine 75 Pfennig-Marke mit diesem Feldmerkmal vor uns, wissen wir, dass es sich um eine dieser Marken handeln muss. Ein Reihenmerkmal hilft uns also bei der Feldbestimmung von Marken und ist für alle Sammler von Feldmerkmalen ein nicht zu unterschätzendes Hilfsmittel.

    • Étude, S. 31, Sur toute la 7e rangée verticale: „Hampe à la maison à gauche“
    • Saarhandbuch, Kap. 402, S. 41 Vorbemerkung zum 75 Pfennig-Wert: „Alle Marken der siebten senkrechten Reihe weisen einen gebogenen Strich am Hause links auf (Abb. 74)“
    • MICHEL® Saar-Spezial 2017, keine Erwähnung

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Was ist die Ursache dieser – wiederkehrenden – Merkmale, die eine oder zwei senkrechte Bogenreihen kennzeichnen?

Was auffällt: es liegen beim 12 Pfennig-Wert fünf senkrechte Bogenreihen zwischen den Reihenmerkmalen. Wir wissen, dass wiederkehrende Feldmerkmale – bei Reihenmerkmalen handelt es sich um wiederkehrende Merkmale – im Rotations-Rastertiefdruckverfahren ihre Ursache in der Negativ- resp. Diapositivphase der Druckvorstufe haben. En detail:

    • die Vorlage für das Bildmotiv wird fotografiert
    • es werden Negative hergestellt
    • fünf Negative werden zu einem Streifen zusammengesetzt
    • sorgfältige Negativretusche am 5er-Streifen
    • Kontrolle der Druckreife anhand von Papierabzügen der retuschierten Negative
    • die 5er-Streifen (Negative) werden so oft als Diapositiv kopiert, wie für die Herstellung eines Schalterbogens notwendig ist; für die kleinformatigen Werte 2-75 Pfennig 20 mal und für die grossformatigen Werte zu 84 Pfennig und 1 Mark 10 mal
    • die 10 resp. 20 5er-Streifen (Diapositiv) werden regelmässig auf einer Diapositivscheibe arrangiert; bei den Werten zu 2-75 Pfennig kommen die 5er-Streifen in zwei Kolonnen untereinander zu liegen

Jetzt ist klar. Weist ein 5er-Streifen ein Feldmerkmal auf dem 2. Diapositiv auf, kommt dieses bei strenger Verwendung des obigen System immer in der 2. und 7. senkrechten Bogenreihe vor. Bleibt die Frage: Weshalb erscheint die Kurbel des 75 Pfennig-Werts dann nicht auch auf den Feldern der 2. senkrechten Bogenreihe?

Der 75 Pfennig-Wert war der erste Wert der Briefmarkenausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar, der gedruckt wurde. Dazu war es die erste Briefmarkenherstellung für den Entwerfer Vytautas Kazimieras Jonynas – wenn auch nicht seine letzte – und der erste Briefmarkendruck für die Belegschaft der Druckerei Burda. Ich gehe davon aus, dass beim 75 Pfennig-Wert einmalig mit einem 10er-Streifen gearbeitet wurde. Erst später ist man zu 5er-Streifen übergegangen, welche für die grossformatigen Marken zu 84 Pfennig und 1 Mark ohnehin sinnvoller waren.

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Definition Reihenmerkmal

Von einem Reihenmerkmal sprechen wir, wenn ein bestimmtes, ursprünglich für das Bildmotiv nicht vorgesehenes Charakteristikum über sämtliche Marken einer oder sogar zweier senkrechter resp. waagerechter Bogenreihen nachzuweisen ist.

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Steckbrief des 12 Pfennig-Werts
    • Wert: 12 (Reichs-)Pfennig
    • Motiv: Bergmann im Streb vor Saarlandschaft
    • Farbe: dunkelolivgrün
    • Papier: dünnes, glattes, grauweisses Wasserzeichenpapier
    • Gummierung: gräulichbraunes Gummi arabicum, quergeriffelt
    • Wasserzeichen: sowohl mit fallenden (F) wie auch mit steigenden (S) Wellenlinien verausgabt
    • Zähnung: K14 (= 14 Zahnlöcher auf 2 Zentimeter bei Kammzähnung)
    • Bekannte Druckdaten: 30./31. Dezember 1946, 2.-4. sowie 6.-9. Januar 1947
    • Erstausgabedatum: 20. Januar 1947
    • Gültigkeit: 19. November 1947 (während der Woche vom 20.-27. November waren noch Mischfrankaturen zugelassen; Quelle: Saarhandbuch)
    • Auflage: 12’020’000 Stück, von denen innerhalb der Gültigkeit etwa 8’250’000 Stück am Schalter verkauft wurden
    • Besonderes: etwa 3’600’000 Marken wurden für den Malstatt-Burbacher Druck (MBD) mit der Wertangabe 2 F überdruckt
    • Vorgestelltes Reihenmerkmal: „Anstrich der 1 der Wertangabe 12 stumpf“, 2. und 7. Reihe

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Steckbrief des 75 Pfennig-Werts
    • Wert: 75 (Reichs-)Pfennig
    • Motiv: Alter Turm in Mettlach
    • Farbe: dunkelblau
    • Papier: dünnes, glattes, grauweisses Wasserzeichenpapier
    • Gummierung: gräulichbraunes Gummi arabicum, quergeriffelt
    • Wasserzeichen: sowohl mit fallenden (F) wie auch mit steigenden (S) Wellenlinien verausgabt
    • Zähnung: K14 (= 14 Zahnlöcher auf 2 Zentimeter bei Kammzähnung)
    • Bekannte Druckdaten: 27./28./30. Dezember 1946
    • Erstausgabedatum: 20. Januar 1947
    • Gültigkeit: 19. November 1947 (während der Woche vom 20.-27. November waren noch Mischfrankaturen zugelassen; Quelle: Saarhandbuch)
    • Auflage: 2’140’000 Stück, von denen innerhalb der Gültigkeit etwa 2’080’000 Stück am Schalter verkauft wurden
    • Besonderes: der einzige Wert, der komplett im Jahr 1946 hergestellt wurde
    • Vorgestelltes Reihenmerkmal: „Kurbel an der Hauswand links“ 7. Reihe

Bis dann

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Basiswissen Philatelie (IX) – Kataloge und Katalognummern

Hallo

In diesem Blog habe ich euch bereits einige Briefmarken-Kataloge vorgestellt. Diese Kataloge haben oft ganz unterschiedliche Katalognummernsysteme und weisen meist eine unterschiedliche Zuordnung eines Sammelgebietes auf.

Beispiele:

Ein Karibikstaat ist in einem deutschen Katalog vielleicht im Band Übersee zu finden, während derselbe Staat in Frankreich unter ehemalige Kolonien/Herrschaftsgebiete fällt.

In der Schweiz teilt der Zumstein-Katalog Briefmarken nach Ausgabezweck ein: es existiert ein Kapitel für die Flugpostmarken, eines für die Ausgaben der Vereinten Nationen, andere Kapitel listen die Pro Patria-Marken oder die beliebten Pro Juventute-Marken. Innerhalb der einzelnen Kapitel sind die Marken chronologisch nach Emissionsdatum sortiert und nummeriert.

In Frankreich werden Flugpostmarken (poste aérienne), Steuermarken (timbres taxe) und gewisse Kriegsausgaben gerne in separaten Kapiteln behandelt und entsprechend nummeriert.

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Für die 20 Werte der 1. Offenburger Ausgabe nachfolgend eine Übersicht über die Katalognummern in den bekanntesten Katalogen:

    • Paul Staedel: Étude 1955, numéros 1-20
    • Yvert & Tellier: Colonies française, Sarre, numéros Yv 196-Yv 215
    • Saarhandbuch: verwendet keine Nummerierung
    • Catalogue F.S.A.: numéros 196-215
    • Stanley Gibbons: Germany, Saar, III. French Occupation Nos. SG 203-SG 222
    • Scott: Saar, French Administration, nos. Sc 155-Sc 171 sowie nos. Sc 172-Sc 174 für die Werte zu 12, 45, 75 Pfennig (Achtung: die 20 Werte sind nicht durchgehend aufsteigend nummeriert)
    • MICHEL®: Deutschland, Saarland (1947), MiNr. 206-MiNr. 225
    • Austria Netto Katalog (ANK): 206-225
    • Philotax Saar-Spezial: SG0206-SG0225
    • Leuchtturm DNK: Deutschland, Saarland, 206-225
    • Philex: Deutschland, Saarland, 206-225

Bis dann

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Forschung – Rätselhafte Feldmerkmale beim 12 Pfennig-Wert (IV)

Hallo

… und willkommen zum vierten Beitrag über die nur auf einem Teil der Gesamtauflage auftretenden Feldmerkmale beim 12 Pfennig-Wert der 1. Offenburger Ausgabe. Habt ihr die ersten drei Folgen verpasst? Klickt hier.

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In diesem Beitrag werden wir die in Folge III vorgestellten sieben Feldmerkmale innerhalb der Druckperiode des 12 Pfennig-Werts (30. Dezember 1946 – 8. Januar 1947) zeitlich einordnen. Für diese Aufgabe benötigen wir eine hinreichende Menge von vollständigen Schalterbogen resp. Teilen derselben, bei welchen nebst des entsprechenden Feldmerkmals das Druckdatum (vgl. Bogenrandsignaturen) klar erkennbar ist.

Die erste Bestimmung nehmen wir für das Feldmerkmal 1B vor.

Diese Feldmerkmal ist auf den B-Schalterbogen der Drucktage 30./31. Dezember 1946 sowie 2./3. Januar 1947 nicht zu finden. Es erscheint hingegen auf den Bögen mit den Druckdaten 4.-9. Januar 1947.

Die vorstehende Abbildung zeigt eine Marke vom Feld 6A. Das markierte Feldmerkmal kommt auf Bogen mit den Druckdaten 30./31. Dezember 1946 sowie 2./3. Januar 1947 vor. Auf Bogen nachfolgender Drucktage findet es sich nicht.

Nachfolgend zwei Abbildungen von Feld 22AB. Das eigentliche Feldmerkmal von Feld 22 AB, die Farbflecken ober- und unterhalb der Hände des Bergmanns tritt über die Gesamtauflage auf. Daher konzentrieren wir uns auf das Feldmerkmal Gürtelschnalle resp. Koppelschloss am Hosenbund des Bergmanns.

Feld 22A
Feld 22B

Die Gürtelschnalle kommt auf den Markenbogen mit den Druckdaten 4.-9. Januar 1947 vor. Auf früher hergestellten Bogen findet es sich jedoch nicht.

Feld 41A

Die vorstehende Abbildung zeigt eine Marke vom Feld 41A. Das markierte Feldmerkmal kommt auf den Bogen mit den Druckdaten 4.-9. Januar 1947 vor. Zuvor tritt es auf den Schalterbogen nicht auf.

Nun zu Feld 77B , mit dem auffälligen Merkmal von zwei hellen Flecken auf der Strebwand rechts vom Bergmann.

Feld 77B

Dieses Feldmerkmal kommt ebenfalls erst auf Bogen der Drucktage 4.-9. Januar 1947 vor und ist auf den zuvor hergestellten Bogen nicht zu finden.

Genau gleich verhält es sich mit den nachstehenden Abbildungen von Feld 94B, heller Fleck auf der Strebwand, und 96B Farbfleck in der Rundung der „2“.

Feld 94B
Feld 96B

Das Merkmal von Feld 94B, heller Fleck auf dem Schriftband zwischen den beiden A von SAAR, (vgl. nachstehende Abbildung) kommt hingegen ausschliesslich auf den Bogen mit den Druckdaten 30./31. Dezember 1946 sowie 2./3. Januar 1947.

Feld 94B

Diese sieben Beispiele lassen sich nun gut nach ihrem Auftreten in den Druckperioden „früh“, 31. Dezember bis 3. Januar, und „spät“, 4.-9. Januar, ordnen:

Früh

    • 6A
    • 94B1

Spät

    • 1B
    • 22AB
    • 41A
    • 77B
    • 94B2
    • 96B

Bevor wir uns möglichen Schlussfolgerungen zuwenden, möchte ich neben meiner persönlichen Auswahl an Feldmerkmalen auch diejenigen von Paul Staedels Étude, dem Saarhandbuch und dem Michel analysieren. Passen diese ebenfalls in das obige, recht simple Schema früh/spät?

Paul Staedel führt in den Étude acht Feldmerkmale auf, die nicht auf allen Schalterbogen zu finden sind:

    • Feld 1B (s.o. spät)
    • Feld 6AB (der dunkle Farbfleck in der Punze des R ist ein Reihenmerkmal der 6. Reihe und tritt über die gesamte Auflage auf; mal stärker, mal schwächer, dabei unter anderem auch abhängig von der Druckstärke und Druckfarbe, keine Teilauflage)
    • Feld 6A (s.o. früh)
    • Feld 22AB (s.o. spät)
    • Feld 24B (heller Fleck im zweiten A von SAAR, früh)
    • Feld 41A (s.o. spät)
    • Feld 71A (der dunkle Farbfleck in der Punze des R von SAAR ist ein Reihenmerkmal der 1. Reihe und tritt über die gesamte Auflage auf; mal stärker, mal schwächer, dabei unter anderem auch abhängig von der Druckstärke und Druckfarbe, keine Teilauflage)
    • Feld 96B (s.o. spät)

Das Saarhandbuch gibt bei beeindruckenden 18 Feldmerkmalen an, das diese nur über einen Teil der Auflage aufträten.

    • Feld 10A (zwei Farbflecken an der Strebwand; kommt auf allen Bogen vor, keine Teilauflage)
    • Feld 22AB (s.o. spät)
    • Feld 26A (Farbfleck rechts neben der Kirchturmspitze; tritt auch auf den frühen Bogen auf, nur schwächer ausgeprägt, keine Teilauflage)
    • Feld 32AB (Farbfleck links neben der Kirchturmspitze, tritt auch auf den frühen Bogen auf, nur schwächer ausgeprägt, keine Teilauflage)
    • Feld 37AB (Farbfleck auf der Strebwand links vom Bergmann, spät)
    • Feld 44A (Farbpunkt im Bogen der 2 der Wertangabe 12, spät)
    • Feld 48A (heller Strich verbindet 1 und 2 der Wertangabe 12, spät)
    • Feld 53A (Farbflecken an Ellbogen und auf Hemd, früh)
    • Feld 55A (Farbfleck an einer Getreidepuppe beim vordersten Haus rechts von der Kirche, spät)
    • Feld 61B (heller Fleck am ersten A von SAAR, früh)
    • Feld 77AB (A-Bogen ist ein Fehler, ansonsten s.o. spät)
    • Feld 79A (geschwungener Strich über den rechten Teil des Markenbildes und den rechten Markenrand, spät)
    • Feld 94B (s.o. spät)
    • Feld 96B (s.o. spät)

Der MICHEL listet ausschliesslich Feld 96B, die bereits in der Étude und im SHB abgehandelt wurden.

Schlussfolgerung

Die obigen Fakten lassen nur eine Schlussfolgerung zu. Nach Druckende am Freitag, 3. Januar 1947, und vor Druckbeginn am Samstag, 4. Januar 1947, ist in der Druckerei Burda bei der Herstellung des 12 Pfennig-Werts der 1. Offenburger Ausgabe etwas geschehen. Was genau geschah, wissen wir nicht. Dazu liegen uns auch nach vier Folgen dieser Beitragsserie noch nicht ausreichend Indizien vor. Doch wir wissen bereits, dass:

    • einige Feldmerkmale nach diesem Ereignis nicht mehr vorkommen
    • einige Feldmerkmale erst ab diesem Zeitpunkt auftreten
    • der überwiegende Teil der Feldmerkmale unverändert blieb

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Kann uns die Analyse meiner Druckdatenbank bei der Suche nach der Ursache der Feldmerkmale in Teilauflage unterstützen?

Die Druckdatenbank beinhaltet sämtliche Schalterbogen der 1. Offenburger Ausgabe mit Bogennummer und Druckdatum, die ich besitze oder die mir in den vielen Jahren als Original resp. als Scan vorgelegen haben. Dazu zählen auch die Schalterbogen des Malstatt-Burbacher Drucks Typ I (Urdruck), also derjenigen Werte der 1. Offenburger Ausgabe, deren Schalterbogen für  die Überdruckausgabe im November 1947 verwendet worden waren. Dazu gehören die Werte zu 2, 3, 10, 12, 15, 16, 20, 24, 30, 50, 60 und 84 Pfennig sowie der 1 Mark-Wert.

Ich habe die Daten der Druckdatenbank bereits verwendet, als ich in der Folge III die Druckleistung der Palatia O beurteilt habe. Es war die Daten der Druckdatenbank, die mir ermöglichten, die Anzahl der am 30. Dezember 1946 gedruckten Bogen zu beziffern. Des weiteren kann ich aufgrund der Daten sagen, dass am Donnerstag, 9. Januar 1947, keine Druckbogen hergestellt wurden, sondern nur die Anbringung der Bogenrandsignaturen auf bereits gedruckten Druckbogen erfolgte.

In diesem Zusammenhang ein Aufruf an alle Saar-Sammler. Unterstützen Sie mich durch aussagekräftige Bilder. Sie fördern hiermit ohne grossen Aufwand die Forschung zu den Briefmarkenausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar und ermöglichen weitere Beiträge wie diesen.

Solltet ihr komplette Schalterbogen oder Bogenteile mit Bogennummer und Druckdatum in eurer Sammlung haben, sendet mir doch bitte einen guten Scan mit mindestens 300 dpi Auflösung.

Vielen Dank für eure Unterstützung.

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In der nächsten Folge:

    • Übersicht der Feldmerkmale aller 200 Felder eines Druckbogens des 12 Pfennig-Werts über die gesamte Druckperiode.
    • Schlussfolgerungen aus dem vorliegenden Material

Bis dann

Hier geht’s zum fünften Beitrag.

fünfter Teil

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Forschung – Rätselhafte Feldmerkmale beim 12 Pfennig-Wert (II)

Hallo

… und willkommen zum zweiten Beitrag über die nur auf einem Teil der Gesamtauflage auftretenden Feldmerkmale beim 12 Pfennig-Wert der 1. Offenburger Ausgabe. Solltet ihr den ersten Beitrag verpasst haben, hier klicken.

Zu Beginn dieser Folge etwas für das Auge. Die nachfolgenden Abbildungen zeigen die sieben aus meiner Sicht auffälligsten Feldmerkmale, welche nicht auf sämtlichen Schalterbögen des 12 Pfennig-Werts auftreten. Die Abbildungen werde ich jeweils kurz kommentieren.

 

Zweimal Feld 1B, also das erste Feld oben links eines B-Bogens, des linken Teils eines Druckbogens. Die rechte Abbildung weist einen dunklen Farbfleck am Streb links vom Bergmann auf (vgl. rote Markierung), die auf der linken Abbildung fehlt. Beschrieben hat dieses Feldmerkmal ausschliesslich Paul Staedel in seiner Étude (S. 21, 6 m: Tache de couleur au rocher à gauche). Er gibt zu diesem Merkmal an, dass der dunkle Fleck auf den Bogen mit den Druckdaten 7./8./9. Januar 1947 auftritt.

_____

 

Obige Abbildungen zeigen jeweils das Feld 6A von zwei unterschiedlichen Schalterbögen. Linke Abbildung mit dem Feldmerkmal heller Fleck mit Hof links am Querstrich des ersten A von SAAR, rechte Abbildung ohne dieses Merkmal, dafür mit einem dunklen Farbfleck unten an der rechten Seite des Schriftbands SAAR. Das linke Feldmerkmal wird in der Étude erwähnt (S. 21, 6 j: Gros point blanc dans le 1re A). Paul Staedel gibt in diesem Fall an, dass das Merkmal auf Bogen mit den Druckdaten 30./31. Dezember 1946 sowie 2./3. Januar 1947 auftritt. Der Michel listet das linke Feldmerkmal in seinem Saar-Katalog unter MiNr. 211XY V weisser Punkt links am Querstrich des ersten A in SAAR (Feld 6). Die Michel-Redaktion gibt im Gegensatz zur Étude keinen Hinweis darauf, dass dieses Feldmerkmal nur auf Bogen eines Teils der Gesamtauflage auftritt. Das rechte Feldmerkmal findet nirgendwo Erwähnung.

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Gleich viermal Feld 22. Obere Reihe vom A-Bogen, untere Reihe vom B-Bogen. Das auf allen vier Marken auftretende Feldmerkmal sind die dunklen Farbflecken ober- und unterhalb der Faust des Bergmanns (jeweils mit zwei waagerechten roten Pfeilen markiert). Auf den rechten Marken ist jeweils noch ein Fleck auf dem Hosenbund des Bergmanns zu erkennen. In der oberen Reihe schwach, in der unteren Reihe stark ausgeprägt.

    • In der Étude wird das generell vorkommende Feldmerkmal mit 6 d und der dunkle Fleck auf dem Hosenbund (Abb. untere Reihe rechts) mit 6 e aufgeführt. Für 6 e gibt Paul Staedel an, dass das Feldmerkmal auf Bogen des Druckdatums 7./8. Januar 1947 zu finden sei.
    • Das Saarhandbuch führt im Kap. 402, S. 21 das generelle Feldmerkmal unter 22AB Farbflecke oberhalb und unterhalb der Hand und den dunklen Fleck auf dem Hosenbund unter 22B Koppelschloss (Gürtelschnalle) stark sichtbar (Teilauflage). Das nur schwach auftretende Koppelschloss (Abb. obere Reihe rechts) figuriert unter 22A Nur schwach sichtbar (Teilauflage)
    • Der Catalogue F.S.A. (sowohl 3e wie auch 4e Edition) führt das generell vorkommende Feldmerkmal unter 201 f: grosse Tache près du poignet.
    • Der MICHEL® führt in seinen Saar-Katalogen das Feldmerkmal als 211XY II Farbflecke über und unter der Faust und Fleck im Gürtel (Gürtelschnalle) (Feld 22).

Die Angabe „Feld 22“ in MICHEL® Briefmarken-Katalogen ist die etwas verwirrende Kurzform von Feld 22AB, und bedeutet wie die ausgeschriebene Variante, dass das beschriebene Feldmerkmal sowohl auf A- wie auch auf B-Bogen auftritt. Der Sammler findet im Michel jedoch nirgends einen Hinweis, dass zwar die Farbflecke oberhalb und unterhalb der Hand des Bergmanns auf sämtliche Schalterbogen vorkommen, nicht jedoch die Gürtelschnalle.

Was macht ihr nun, falls euch eine Marke mit dem Feldmerkmal dunkle Farbflecken ober- und unterhalb der Faust des Bergmanns, jedoch ohne Gürtelschnalle wie jeweils links abgebildet in die Finger fällt? Das Feldmerkmal des Feldes 22AB sind die Farbflecken, nicht die Gürtelschnalle. Ich weiss von mehreren Prüfern, dass sie Marken auch entsprechend prüfen und attestieren. Ein solches Vorgehen entspricht auch eher den Kategorisierungen des Feldmerkmals von Étude, SHB sowie F.S.A..

_____

 

Die vorstehenden Abbildungen zeigen jeweils eine Marke vom Feld 41A. Links mit unversehrtem Schriftband SAAR, rechts weist das Schriftband an der linken unteren Ecke Einkerbungen auf. Einzige Erwähnung des Feldmerkmals findet sich in der Étude unter 6 k: Cadre du bas mutilé à gauche.

_____

 

Zwei Marken vom Feld 77B. Die zwei hellen Flecken auf der Strebwand rechts vom Bergmann sind dem SHB und der Michel-Redaktion nicht entgangen. Keine Erwähnung dagegen in der Étude und im Catalogue F.S.A.

    • SHB: 77AB Weisse Punkte rechts neben dem Bergmann in der Höhle (Teilauflage)
    • MICHEL®: 211XY VIII weisser Fleck rechts in der Höhle (Feld 77)

Sowohl SHB wie auch MICHEL® weisen den Sammler jedoch nicht darauf hin, dass dieses Feldmerkmal nur bei einem Teil der Gesamtauflage auftritt.

_____

 

Nochmals ein heller Fleck. Nur an zwei unterschiedlichen Stellen des Markenbildes. Dennoch zeigen die beiden Abbildungen Marken vom Feld 94B; jedoch von unterschiedlichen Schalterbogen. Das linke Feldmerkmal nenne ichvorläufig 94B1 und das rechte 94B2. Feld 94B1 wird erwähnt:

    • Étude6 o Point blanc entre A et A
    • SHB: 94B Weisser Punkt zwischen den beiden A (Teilauflage)

Catalogue F.S.A. und der MICHEL führen Feld 94B1 nicht auf. Feld 94B2, der weisse Fleck auf der Strebwand rechts vom Bergmann (Abb. rechts) findet gar keine Erwähnung.

_____

 

Zwei Marken vom Feld 96 B. Dieses Feldmerkmal wird von Étude, SHB, Catalogue F.S.A. und Michel geführt und bis auf Catalogue F.S.A. von allen korrekt als nur in Teilauflage vorkommend erkannt.

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Findet ihr euch noch zurecht? Wisst ihr noch, welcher Autor resp. welche Redaktion, welches Feldmerkmal korrekt klassifiziert hat und wer nicht? Ich bin überzeugt, diese kleine Übersicht ist hilfreich.

Diese Übersicht über die sieben auffälligsten Feldmerkmale des 12 Pfennig-Werts, welche nur auf einem Teil der gedruckten Schalterbögen vorkommen, soll euch drei Einsichten vermitteln:

    • wie klein die Unterschiede zwischen den einzelnen Marken resp. die Feldmerkmale sind, mit welchen wir uns hier beschäftigen;
    • wie inkoherent bei den Autoren/Redaktionen in grossen Teilen mit dem Thema Feldmerkmale in Teilauflage umgegangen wurde;
    • wie dem Sammler zwar Merkmale präsentiert, aber die entsprechenden Erklärungen hierzu schuldig geblieben werden.

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Der letzte Punkt bringt uns zu unserem nächsten Thema. Was könnte die Ursache für Feldmerkmale sein, die nur auf einem Teil der produzierten Schalterbögen erscheinen?

Eine Gemeinsamkeit der im vorhergehenden Abschnitt vorgestellten Feldmerkmale springt ins Auge. Sie treten nur auf einem Bogenteil – entweder A oder B – auf. Weshalb ist dieser Umstand wichtig? Wenn ein Feldmerkmal sowohl auf dem A- wie auch auf dem B-Bogen auftritt, wissen wir, dass die Ursache in der Diapositivphase des Rastertiefdrucks zu suchen ist (vgl. hier). Dies ist bei all den Feldmerkmalen, die nur bei einem Teil der Auflage auftreten nicht der Fall.

In einem vorhergehenden Beitrag hatte ich bereits mögliche Ursachen für Feldmerkmale bei der 1. Offenburger Ausgabe aufgelistet:

    • Abweichungen bei den Negativen der verwendeten Aufnahmen, Negativphase (selten)
    • Abweichungen in der Diapositivphase (beide Teile des Druckbogens betroffen)
    • Abweichungen bei der Übertragung des Pigmentpapiers auf den Druckzylinder (resp. korrekt Formzylinder)
    • Abweichungen beim Ätzvorgang des Formzylinders (z.B. unzureichend oder zu viel aufgebrachter Asphaltlack)
    • Abweichungen beim Druckvorgang (z.B. Staub, Dreck, Beschädigung des Formzylinders oder des Rakelmessers)

Bis auf den letzten Punkt kommen alle Ursachen als Erklärung für Feldmerkmale auf einem Teil der Auflage aus den nachstehenden Gründen nicht in Frage:

    • Negativphase, da das entsprechende Merkmal häufiger erscheinen müsste
    • Diapositivphase, da das Feldmerkmal dann auf beiden Schalterbogen auftreten müsste
    • Übertrag Pigmentpapier, das Feldmerkmal müsste über die gesamte Auflage erscheinen
    • Abweichung Ätzvorgang, das Feldmerkmal müsste über die gesamte Auflage erscheinen

Als einzige mögliche Ursache für die Teilauflage bleibt die Druckphase. Damit wären wir bei der grossen Frage: Was ist wann während des Drucks geschehen?

Erklärungsansatz I: Frage ich Briefmarkenprüfer oder andere Saarsammler nach der Ursache der Teilauflage, erhalte ich unisono die im Brustton der Überzeugung vorgebrachte Antwort: „Es wurden für den Druck des 12 Pfennig-Werts zwei unterschiedliche Druckplatten angefertig.“

Diese verblüffend simple Erklärung würde – so sie denn korrekt wäre – das Erscheinen von Feldmerkmalen auf nur einem Teil der Auflage sehr elegant erklären. Zuerst wurde eine erste Platte verwendet und diese nach einer gewissen Anzahl Drucktage – weshalb auch immer – durch eine zweite Platte ersetzt. Die erste Platte war unterschiedlich gestaltet und wies andere Feldmerkmale auf, als die zweite. Ist doch alles ganz logisch oder?

Denkt bitte über den vorgebrachten Erklärungsansatz genau nach – ohne lange dabei zu verweilen, dass bei der Herstellung sämtlicher Werte der 1. Offenburger Ausgabe gar keine Druckplatten, sondern Formzylinder zum Einsatz kamen – und betrachtet dabei das durchgehend auftauchende Merkmal von Feld 22AB. Na? Fällt der Groschen? Nein?

Das SHB listet zwar ganz erstaunliche 18 Feldmerkmale in Teilauflage (vgl. Folge I); was jedoch im Umkehrschluss bedeutet, dass 182 Markenfelder (ein Druckbogen 12 Pfennig-Wert = 200 Markenfelder) über die gesamte Auflage hinweg plusminus gleich bleiben. Es existieren mehr unveränderte Feldmerkmale über die gesamte Auflage und über alle sieben Drucktage hinweg, als Feldmerkmale, die ausschliesslich auf einigen wenigen Schalterbogen auftreten. Falls tatsächlich zwei Formzylinder (beim Rotations-Rastertiefdruck kommen selbstredend keine Druckplatten zum Einsatz) für den 12 Pfennig-Wert hergestellt worden wären, fändet ihr es nicht sehr erstaunlich, wenn diese sich nur auf ganz wenigen Markenfeldern unterscheiden würden? In der kommenden Folge schildere ich, wie die Formzylinder für die Werte der 1. Offenburger Ausgabe hergestellt wurden. Spätestens dann werdet ihr über die unglaubliche Naivität des hier kolportierten Erklärungsansatzes lächeln.

Erklärungsansatz II: Hierbei handelt es sich um eine Variation des ersten Erklärungsansatzes. Es wurden zwei Druckmaschinen eingesetzt. Dieser Ansatz wirft sogar noch mehr Fragen auf, als der erste. Unter anderem die Frage, weshalb – wenn es denn tatsächlich eine zweite Rotations-Rastertiefdruckmaschine Palatia O gegeben hätte – diese a) nicht im Parallelbetrieb lief und b) nicht beim Druck sämtlicher folgender Werte zum Einsatz kam (der 12 Pfennig-Wert war ja erst der zweite Wert der 1. Offenburger Ausgabe nach dem 75 Pfennig-Wert, der bei Burda gedruckt wurde). Auch das Saarhandbuch schreibt unmissverständlich, dass „der Druck auf einer einzigen Bogentiefdruckmaschine Palatia O erfolgte“.

Im Verlauf der Druckphase kam es im Januar 1947 zu einem Ereignis, welches einige wenige Markenfelder veränderte, ohne die anderen Markenfelder zu berühren. Was war dies für ein Ereignis?

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In der nächsten Folge:

    • Der Faktor Maschine
      • Technische Details zur Rotations-Rastertiefdruckmaschine Palatia O
      • Schilderung der Arbeitsschritte bei der Briefmarkenherstellung im Rastertiefdruckverfahren
    • Der Faktor Mensch
      • Die Erfahrungen der Mitarbeiter der Druckerei Franz Burda
      • Die Erfahrung des Gestalters Vytautas Kazimieras Jonynas mit der Briefmarkenherstellung im Rastertiefdruckverfahren
    • Der Faktor Zeit
      • Der Druckzeitraum/die Drucktage
      • Gesamtauflage und Druckkapazitäten

Bleibt dran.

Bis dann

Hier geht’s zum dritten Beitrag.

Dritter Teil

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Forschung – Rätselhafte Feldmerkmale beim 12 Pfennig-Wert (I)

Hallo

In diesem Beitrag hatte ich angekündigt, dass – bald 72 Jahre nach dem Druck der 1. Offenburger Ausgabe (BuS I) – eine der grossen Forschungsfragen beantwortet sei.

Worum geht es? Als Sammler der 1. Offenburger Ausgabe stellt ihr bei der Durchsicht des umfangreichen Verkaufsangebots wie auch eurer eigenen Sammlung mit der Zeit fest, dass offensichtlich einige Feldmerkmale seltener auftauchen, als andere. Dieses Phänomen ist durchaus keine Einbildung und zwei Erklärungen hierfür sind ziemlich offensichtlich:

    • Ein Feldmerkmal kommt nur auf dem A- resp. dem B-Bogen eines bestimmten Wertes vor und ist damit nur halb so häufig zu finden wie ein Feldmerkmal, welche auf beiden Teilen eines Druckbogens erscheint.
    • Es macht einen Unterschied, ob ein Feldmerkmal beispielsweise beim 25 Pfennig-Wert mit einer Auflage von 1 Mio. Marken auftritt, beim 12 Pfennig-Wert mit einer Auflage von 12 Mio. Marken oder beim 24 Pfennig-Wert mit 15 Mio.

Soweit, so klar. Nun wird es komplexer. Beim 12 Pfennig-Wert, mit dem wir uns in dieser Beitragsreihe beschäftigen werden, finden sich Feldmerkmale, die nicht nur aus vorstehenden Gründen selten sind, sondern weil diese Feldmerkmale nur auf den Druck- resp. Schalterbogen bestimmter Druckdaten erscheinen. Wir erinnern uns: Auf Schalterbogen französischer Provenienz wurde auf dem Bogenrand das Druckdatum des jeweiligen Bogens aufgedruckt. Der Druck des 12 Pfennig-Wertes erfolgte verteilt über sieben Drucktage. Da macht es für die Seltenheit – und damit auch für den Wert – eines bestimmten Feldmerkmals durchaus einen Unterschied, ob dieses ausschliesslich auf den Druckbogen eines Drucktages auftritt oder auf sämtlichen Druckbogen aller Drucktage.

Bislang wurde meines Wissens nach keine befriedigende Erklärung publiziert, weshalb beim 12 Pfennig-Wert auffällige Feldmerkmale wie beispielsweise die der Felder 1B, 6A, 77B, 94B oder 96B nicht über die gesamte Druckperiode resp. des Feldes 22AB nicht in derselben Ausprägung nachweisbar sind. In Katalogen und Handbüchern findet sich bei diesen Feldmerkmalen – falls dieser Umstand überhaupt Erwähnung findet – der Hinweis Teilauflage, ohne jedoch detailliert darauf einzugehen, in welchem Teil der Gesamtauflage denn nun diese Feldmerkmale zu finden seien. Für Sammler und Spezialisten ist dies ein äusserst unbefriedigender Zustand.

In diesem und fünf folgenden Beiträgen werde ich mit euch Schritt für Schritt die Lösung des Rätsels erarbeiten. Wir werden hierzu noch tiefer als in den vorhergehenden Beiträgen zu den wiederkehrenden Feldmerkmalen in die komplexen Abläufe des Rastertiefdrucks wie auch des gesamten Herstellungsprozesses eintauchen. Dabei erfahren wir viel über die – aus heutiger Sicht – turbulenten Bedingungen, die während des Drucks des 12 Pfennig-Werts über den Jahreswechsel 1946/47 herrschten. Die Vorarbeit bildet eine detaillierte Untersuchung von sehr vielen A- und B-Bögen des 12 Pfennig-Werts aller bekannten Druckdaten.

Diese Beitragsserie widme ich meinem langjährigen Gönner Hans-Jürgen Steffen, ohne dessen grosszügige Unterstützung diese Forschungsarbeit nicht hätte realisiert werden können.

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Folge II (dieser Beitrag)

    • Übersicht über die Beitragsserie
    • Beschreibung der Ausgangslage und der sich hieraus ergebenden Fragestellungen
    • Überblick über den augenblicklichen Stand der Forschung

Folge III

    • Beschreibung und Illustration der auffälligsten Feldmerkmale
    • Welche Ursachen kommen für diese Feldmerkmale in Frage?
    • Vorstellung des gängigen Erklärungsansatzes

Folge IV

    • Der Faktor Maschine
      • Technische Details zur Rotations-Rastertiefdruckmaschine Palatia O
      • Schilderung der Arbeitsschritte bei der Briefmarkenherstellung im Rastertiefdruckverfahren
    • Der Faktor Mensch
      • Die Erfahrungen der Mitarbeiter der Druckerei Burda
      • Die Erfahrung des Gestalters Vytautas Kazimieras Jonynas mit der Briefmarkenherstellung im Rastertiefdruckverfahren
    • Der Faktor Zeit
      • Der Druckzeitraum/die Drucktage
      • Gesamtauflage und Druckkapazitäten

Folge V

    • Zuordnung einzelner Feldmerkmale zu Druckdaten resp. Bogennummern (vgl. Bogenrandsignaturen)
    • Welche Schlüsse lassen sich aus der Druckdatenbank der Sammlung Montclair ziehen?

Folge VI

    • Übersicht der Feldmerkmale aller 200 Felder eines Druckbogens des 12 Pfennig-Werts über die gesamte Druckperiode.
    • Schlussfolgerungen aus dem vorliegenden Material

Folge VII

    • Zusammenfassung der einzelnen Teilaspekte und Präsentation des Forschungsergebnisses

Die Publikation der Beiträge erfolgt im Abstand von 4 Tagen, während meiner Ferien in Frankreich.

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Die Übersicht über die Beitragsserie ist hiermit abgehakt. Nun wenden wir uns der Beschreibung der Ausgangslage und den sich hieraus ergebenden Fragestellungen zu.

Schon dem Altmeister der Forschung zu den französischen Ausgaben für das annektierte Saarland, Paul Staedel (1) war bei den Forschungen zu seiner wegweisenden Studie Étude des timbres-poste et oblitérations de la Sarre 1945-1955 aufgefallen, dass nicht alle von ihm beschriebenen Feldmerkmale auch durchgehend auf allen Schalterbogen zu finden waren.

Er begann diese Feldmerkmale ganz grob nach deren Erscheinen auf den – wie wir seit dem Beitrag über Bogenrandsignaturen der 1. Offenburger Ausgabe wissen – durchgehend mit ihrem Druckdatum versehenen Schalterbögen zu bestimmen.

Insgesamt führt Paul Staedel in den Étude acht Feldmerkmale auf, die nicht auf allen Schalterbogen zu finden sind:

    • Feld 1B
    • Feld 6AB
    • Feld 6A
    • Feld 22AB
    • Feld 24B
    • Feld 41A
    • Feld 71A
    • Feld 96B

Alle, bis auf Feld 24B, grenzt er durch Angabe von Druckdaten enger ein. Ein Beispiel aus den Étude, Seite 21:

6j [entspricht 12 Pfennig, Feld 6A]: Gros point blanc dans le premier A (sur les planches du 30-31/12/46 et 2-3/1/47)

Wir wissen wir nicht, wie Staedels Datenbasis beschaffen war und über welche Informationen er 1955. als er die Étude schrieb, verfügte. Was jedoch beim Studium der Étude auffällt: Das Druckdatum 4/1/47, also der Samstag, 4. Januar 1947, kommt im Zusammenhang mit dem 12 Pfennig-Wert der nicht vor. Merkt euch dieses Datum. Wir werden im weiteren Verlauf dieser Beitragsserie sehen, dass dieser erste Samstag des Jahres 1947 für unsere Forschungen noch eine wichtige Rolle spielen wird.

Nach Paul Staedels Étude erschien ab 1958 das Handbuch der Postwertzeichen des Saargebietes und des Saarlandes mit allen philatelistischen Nebengebieten, kurz Saarhandbuch (SHB) genannt.

Herausgeber des Saarhandbuches war der Landesverband der Briefmarkensammler des Saarlandes e.V., Saarbrücken. Mit den ersten drei Lieferungen des SHB zwischen Mai 1958 und März 1960 wurde auf 50 reich bebilderten Seiten das für uns interessante Kapitel 402 über die Briefmarkenausgabe 1. Offenburger Ausgabe publiziert.

Das SHB listet für den 12 Pfennig-Wert im Kapitel 402, S. 21-23, die nachstehenden Feldmerkmale mit dem Hinweis auf Teilauflage:

    • Feld 10A
    • Feld 22AB
    • Feld 26A
    • Feld 32AB
    • Feld 37AB
    • Feld 44A
    • Feld 48A
    • Feld 53A
    • Feld 55A
    • Feld 61B
    • Feld 77AB
    • Feld 79A
    • Feld 94B
    • Feld 96B

Wir lassen diese durchaus beeindruckende Auflistung von 18 Feldmerkmalen von theoretisch möglichen 200 für den Moment unkommentiert stehen. Wir werden im Verlauf der Beitragsserie sehen, wo das SHB richtig und wo es falsch lag.

Der Catalogue F.S.A. 1960 spécialisé des Timbres de la Sarre 3e Edition gibt bei den 6 gelisteten Feldmerkmalen für den 12 Pfennig-Wert (201 d-i) keinerlei Hinweise auf Feldmerkmale, welche nur in einem Teil der Gesamtauflage vorkommen. Die 4e Edition des Catalogue F.S.A. von 1964 listet zwar ein Feldmerkmal mehr (201 j), aber ebenfalls keine Teilauflagen.

Kleines Detail am Rande: Das Kürzel F.S.A. steht für Franco-Sarroise-Allemande, also französisch-saarländisch-deutsch. Das saarländisch gesondert aufgeführt wird, hat nichts mit dem manchmal unverständlichen Dialekt zwischen Blies, Saar und Mosel zu tun, sondern ist der Tatsache geschuldet, dass die Saarländer nicht nur eine eigene Verfassung, sondern von 1948 bis zum Anschluss an die BRD 1957 auch ihre eigene Staatsbürgerschaft besassen. Sie waren Sarrois.

Welche Informationen können wir hinsichtlich Feldmerkmalen, welche nur in einem Teil der Auflage vorkommen, den MICHEL® Briefmarken-Katalogen aus dem Schwaneberger-Verlag entnehmen?

Der MICHEL® listet in seiner 2017er-Ausgabe für das Feld 96B: dicker Punkt in „2“ der Wertangabe „12“ (Feld 96, Bg. B, Teilaufl.). Dieser Eintrag findet sich gleichlautend in den Saar-Katalogen von 2002, 2003 und 2004.

Die frappanten Unterschiede zwischen den einzelnen Autoren/Redaktionen sind erstaunlich, finden Sie nicht auch?

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So! Wie ist der Stand der Forschung heute?

    • Paul Staedel mit seiner Unterscheidung der unterschiedlichen Druckdaten ist vorläufig das Mass aller Dinge.
    • Das Saarhandbuch erwähnt mehr Feldmerkmale mit dem Vermerk Teilauflage als Staedel, gibt jedoch keinerlei Hinweise auf die Druckdaten. Wie aktuell ist die Arbeit des SHB aus heutiger Sicht?
    • Der Catalogue F.S.A erwähnt das Thema „Teilauflage“ nicht.
    • Der MICHEL® listet seit 2002 ein einziges Feldmerkmal mit dem Hinweis auf Teilauflage.

Was allen Autoren/Redaktionen gemeinsam ist: Sie bleiben ihren Lesern eine Erklärung für die nur in Teilauflage auftretenden Feldmerkmale schuldig. Hinweise, auf welchen Bögen der Sammler nach den Feldmerkmalen suchen soll, bietet ausschliesslich die Étude von Staedel und diese könnt ihr nur noch antiquarisch erwerben.

Bis dann

Hier geht’s zum zweiten Beitrag.

Zweiter Teil

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Anmerkung

(1) Paul Staedel war ein hoch dekorierten Widerstandskämpfer des FFI, eingefleischter Europäer, Briefmarkenhändler und ausgewiesener Saar-Spezialist aus Illkirch-Graffenstaden, Departement Bas-Rhin

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Wiederkehrende Feldmerkmale (III) – Der „Wasserspeier“

FOLGE 2

Hallo

In diesem Beitrag, dem dritten der kleinen Serie über wiederkehrende Feldmerkmale bei der Originalausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar, stelle ich euch ein Merkmal mit dem treffenden Spitznamen Wasserspeier vor. Dieses Feldmerkmal, ein dunkler, breiter Farbstrich oben am Gebäude am linken Bildrand, findet sich auf den Bogenfeldern 70 AB beim 60 Pfennig-Wert und auf den Bogenfeldern 12 AB beim 80 Pfennig-Wert. Das Bildmotiv ist der Alte Turm in Mettlach, der ansonsten noch beim 75 Pfennig-Wert verwendet wurde und auch das Logo von SAARPHILA ziert.

   

Die beiden Feldmerkmale sind in der Étude, im Saarhandbuch und im Michel Saar-Spezial gelistet.

    • Étude, S. 30, 16e 70e: „Drapeau à la maison“ resp. S. 31, 18a 12e „Drapeau à la maison“
    • Saarhandbuch, Kap. 402, S. 40 unter 70 AB: „Wasserspeier am Hause links“ resp. Kap. 402, S. 42 und 12 AB: „Wasserspeier am Hause“
    • MICHEL® Saar-Spezial 2017, S. 89, 221Z I: „Wasserspeier an Haus ganz links (Feld 70)“ resp. 223Z III: „Wasserspeier an Haus ganz links (Feld 12)“

Einige Anmerkungen zum Bildmotiv Alter Turm in Mettlach. Der Alte Turm ist nicht, wie oft zu lesen, der hohe schmale Turm an der rechten Seite des abgebildeten Gebäudes. Dies ist nur ein später hinzugefügter Wendeltreppenturm. Der Alte Turm ist das imposante Gebäude mit den Strebepfeilern. Erbaut im 10. Jahrhundert als Grabkapelle für den Heiligen Luitwinus.

 

Auf dem obigen Bild, welches den komplett restaurierten Alten Turm vor wenigen Jahren zeigt, ist das Gebäude – aus einer ähnlichen Perspektive wie auf den Bildmotiven der Ausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar – zu erkennen. Links im Bild ist das Mauerwerk eines Seitenflügels der ehemaligen Benediktiner-Abtei Mettlach zu erkennen, seit 1809 bis heute Sitz der bekannten Steingut- und Keramikfabrik Villeroy & Boch.

Luftaufnahme der ehemaligen Benediktiner-Abtei, der Produktionsanlagen von Villeroy & Boch sowie des „Alten Turms“ (rechts im Park) auf einer Ansichtskarte. Im Vordergrund fliesst die Saar

Hier geht es direkt zum nächsten Beitrag über wiederkehrende Feldmerkmale der Originalausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar.

FOLGE 4

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Steckbrief des 60 Pfennig-Werts
    • Wert: 60 Pfennig
    • Motiv: Alter Turm in Mettlach
    • Farbe: dunkelblauviolett
    • Papier: dickes, gelblichgraues Papier; rau und häufig mit unter der Lupe erkennbaren, längeren Stofffäden
    • Gummierung: gräulichbraunes Gummi arabicum
    • Wasserzeichen: ohne
    • Zähnung: K14 (= 14 Zahnlöcher auf 2 Zentimeter bei Kammzähnung)
    • Bekannte Druckdaten: 14. Februar 1947
    • Erstausgabedatum: 7. März 1947
    • Gültigkeit: 19. November 1947 (während der Woche vom 20.-27. November waren noch Mischfrankaturen zugelassen; Quelle: Saarhandbuch)
    • Auflage: 1’020’000 Stück, von denen innerhalb der Gültigkeit rd. 1’012’00 Stück am Schalter verkauft wurden. Ein Grossteil des Restbestandes wurde für den Malstatt-Burbacher Druck (MBD) mit der Wertangabe 14 F überdruckt
    • Vorgestelltes Feldmerkmal: Feld 70AB, „Dunkler, breiter Farbstrich oben am Gebäude am linken Bildrand“

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Steckbrief des 80 Pfennig-Werts
    • Wert: 80 Pfennig
    • Motiv: Alter Turm in Mettlach
    • Farbe: orange
    • Papier: dickes, gelblichgraues Papier; rau und häufig mit unter der Lupe erkennbaren, längeren Stofffäden
    • Gummierung: gräulichbraunes Gummi arabicum
    • Wasserzeichen: ohne
    • Zähnung: K14 (= 14 Zahnlöcher auf 2 Zentimeter bei Kammzähnung)
    • Bekannte Druckdaten: 17. Februar 1947
    • Erstausgabedatum: 7. März 1947
    • Gültigkeit: 19. November 1947 (während der Woche vom 20.-27. November waren noch Mischfrankaturen zugelassen; Quelle: Saarhandbuch)
    • Auflage: 1’520’000 Stück, von denen innerhalb der Gültigkeit rd. 1’515’000 Stück am Schalter verkauft wurden.
    • Vorgestelltes Feldmerkmal: Feld 12AB, „Dunkler, breiter Farbstrich oben am Gebäude am linken Bildrand“

Bis dann

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