Saargebiet MiNr. 126 I PF II

Hallo

Wie die Zeit vergeht! Wir haben inzwischen Februar. Am 2. Februar war keltischer Frühlingsbeginn, auch wenn das Wetter – zumindest hier im hohen Norden –  noch gar nichts frühlingshaftes bietet.

Der Titel dieses Beitrags verrät es bereits. Ich freue mich, euch einen weiteren Gastbeitrag von Peter Falz zu den Feldmerkmalen der Luftpostausgaben des Saargebietes präsentieren zu können.

Gastbeitrag

Die Merkmale von MiNr. 126 I PF II sowie deren Retusche bei MiNr. 126 II resp. MiNr. 195

Der MICHEL® Saar-Spezial 2024 beschreibt MiNr. 126 I PF II:

Rahmen über Viereck links von ‹SAARGEBIET› gebrochen, Punkt zwischen den beiden ‹A› von ‹SAARGEBIET› (Feld 10)

Zu dieser Unternummer ist leider keine Abbildung im Katalog vorhanden. Die folgende Abbildung zeigt ein Exemplar vom Bogenfeld 10 mit beiden Auffälligkeiten.

Saargebiet MiNr. 126 I PF II, Feld 10
MiNr. 126 I PF II, die beiden im MICHEL®-Katalog beschriebenen Merkmale: links «Rahmen über Viereck links von ‹SAARGEBIET› gebrochen» und rechts «Punkt zwischen den beiden ‹A› von ‹SAARGEBIET›»

Das Bogenfeld 10 weist neben den beiden im Katalog aufgeführten Merkmalen vier weitere Abweichungen auf (in der folgenden Abbildung hellblau markiert). Zwei von diesen Abweichungen spielen bei den anschliessenden Betrachtungen eine wichtige Rolle.

MiNr. 126 I PF II, Feld 10, mit Hauptmerkmalen (grün) und Nebenmerkmalen (hellblau)

Die hellblau markierten Merkmale treten nicht bloss auf dem Bogenfeld 10 der MiNr. 126 I, sondern auch bei der Nachauflage von 1934, MiNr. 126 II, sowie der MiNr. 195 auf demselben Bogenfeld 10 auf.

Nachfolgend eine Abbildung eines Exemplars der MiNr. 195 Bogenfeld 10

MiNr. 195, Feld 10
MiNr. 195, Feld 10, Merkmale: Fleck am Hügel unterhalb des Rumpfes und Aussenrahmen rechts beschädigt

Die beiden hellblau umrahmten Abweichungen in der Vergrösserung:

MiNr. 126 I,  Feld 10 (Aussenrahmen rechts beschädigt)
MiNr. 195,  Feld 10 (Aussenrahmen rechts beschädigt)
MiNr. 126 I, Feld 10 (Fleck am Hügel unterhalb des Rumpfes)
MiNr. 195, Feld 10 (Fleck am Hügel unterhalb des Rumpfes)

Anhand der beiden Merkmale «Aussenrahmen rechts beschädigt» und «Fleck am Hügel unterhalb des Rumpfes» lässt sich bei MiNr. 126 II (Nachauflage von 1934) sowie MiNr. 195 (mit Aufdruck «Volksabstimmung 1935») das Bogenfeld 10 eindeutig bestimmen.

Bei beiden Ausgaben, sowohl MiNr. 126 II wie bei MiNr. 195 finden sich auf Bogenfeld 10 die bei MiNr. 126 I vorhandenen Merkmale nicht mehr. Der Grund liegt in einer Retusche, deren Spuren bei einem der beschriebenen Merkmalen «Rahmen über Viereck links von ‹SAARGEBIET› gebrochen» zumindest bei MiNr. 195, Bogenfeld 10 noch gut zu erkennen sind (vgl. folgende Abbildung)

MiNr. 195, Feld 10 «Rahmen über Viereck links von ‹SAARGEBIET› gebrochen» retuschiert, «Punkt zwischen den beiden ‹A› von ‹SAARGEBIET›» nicht zu erkennen

Ende Gastbeitrag

Bis dann

__________

Folgt mir auf Facebook und ihr seid immer auf dem Laufenden.

#saarphila #saarphilatelie

Saargebiet MiNr. 158 PF X

Hallo

Ich freue mich sehr, euch einen weiteren Gastbeitrag von Peter Falz präsentieren zu können. Es geht – wenig erstaunlich – um sein Spezialgebiet: die Feldmerkmale der Luftpostmarken des Saargebietes.

Gastbeitrag

Im aktuellen MICHEL® Saar-Spezial 2024 wird bei der zweiten Ausgabe von Flugpostmarken von 1932 neu das Feldmerkmal MiNr. 158 PF X aufgeführt. Die Beschreibung lautet:

«Rahmenlinie links beschädigt und Punkt zwischen Dreieck und ‹S› von ‹Saargebiet› (Feld 41)».

Die dazu gehörige Abbildung zeigt jedoch nur eines der beiden Teilmerkmale, nämlich die beschädigte Rahmenlinie. Ich bin der Meinung, dass die Abbildungen nicht detailliert genug sein können, dies vereinfacht die Bestimmung insbesondere bei gebrauchten Exemplaren.

MiNr. SG 158 PF X
MiNr. SG 158 PF X mit Hauptmerkmalen (grün) und Nebenmerkmalen (blau)

Hier die im Katalog aufgeführten Hauptmerkmale des PF X in starker Vergrösserung.

Ende Gastbeitrag

Bis dann

__________

Folgt mir auf Facebook und ihr seid immer auf dem Laufenden.

#saarphila #saarphilatelie

Saargebiet MiNr. 126 I PF III … oder doch nicht?

Hallo

Ich freue mich sehr, die Beiträge des Jahres 2024 mit einem Gastbeitrag von Peter Falz eröffnen zu können. Es geht – wenig erstaunlich – um sein Spezialgebiet: die Luftpostmarken des Saargebietes.

Gastbeitrag

Das Feldmerkmal MiNr. 126 I PF III tritt gemäss MICHEL® auf Bogenfeld 44 auf. Im aktuellen MICHEL® Saar-Spezial wird es mit «unteres Viereck im rechten Rahmen senkrecht gespalten (Feld 44)» beschrieben.

Untersuchen wir die folgenden zwei Abbildungen auf diese Beschreibung, so werden wir auf beiden Marken das beschrieben Feldmerkmal finden.

MiNr. 126 I, abgeschlagen 16. Juni 1934 in Saarbrücken 2
MiNr. 126 I, abgeschlagen Wellenstempel Saarbrücken 2 (das Merkmal wird vom Stempelabschlag berührt)

Doch nur eine der abgebildeten Marken – die obere – stammt tatsächlich vom Bogenfeld 44. Die untere Marke ist ein Exemplar des Bogenfelds 19. Hier die beiden Marken mit dem Merkmal «unter der Lupe».

MiNr. 126 I PF III Bogenfeld 44
MiNr. 126 I, Bogenfeld 19

Was bedeutet das? Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder ist die Beschreibung im MICHEL® unvollständig und müsste lauten «unteres Viereck im rechten Rahmen senkrecht gespalten (Felder 19 und 44)», oder – falls sich genügend Unterscheidungsmerkmale zwischen den beiden Bogenfeldern finden lassen – handelt es sich bei MiNr. 126 I Bogenfeld 19 um ein bislang nicht katalogisiertes Feldmerkmal.

Welche Unterschiede weisen die beiden Bogenfelder neben ihrem gemeinsamen Merkmal auf?

Die folgende Abbildung zeigt einen Ausschnitt der Marke vom Bogenfeld 19 mit den weniger offensichtlichen, dennoch gut zu erkennenden «sekundären» Feldmerkmalen. Sehr auffällig ist der helle Fleck in der vorderen oberen Flügelkante. Dieses Merkmal wäre allein schon eine eigene Unternummer im Katalog wert. Die obere Rahmenlinie unter ARGE von Saargebiet ist zweimal unterbrochen. Nicht ganz so auffällig, jedoch auch ohne Lupe gut zu erkennen.

MiNr. 126 I, Bogenfeld 19, weitere gut erkennbare Feldmerkmale

Zum Vergleich derselbe Markenausschnitt bei der Marke vom Bogenfeld 44. Hier sind die auf Bogenfeld 19 vorhandenen Merkmale nicht zu erkennen.

MiNr. 126 I, Bogenfeld 44

Fazit

Aktuell sind gemäss MICHEL® ausschliesslich Marken vom Bogenfeld 44 mit der Unternummer SG 126 I PF III katalogisiert. Da Bogenfeld 19 dasselbe Hauptmerkmal aufweist, besteht Verwechslungsgefahr und die Gefahr von Fehlprüfungen, von denen mir einige vorliegen.

Ich empfehle Sammlern, ihre Sammlung auf diese neuen Erkenntnisse hin zu untersuchen. Briefmarkenprüfern empfehle ich, bis zu einem Entscheid der MICHEL®-Redaktion ausschliesslich Marken vom Bogenfeld 44 als MiNr. SG 126 I PF III zu attestieren.

Ich werde der MICHEL®-Redaktion über die ArGe SAAR vorschlagen, das Feldmerkmal vom Bogenfeld 19 mit der Unternummer 126 I PF XII «unteres Viereck im rechten Rahmen senkrecht gespalten und heller Fleck an der oberen vorderen Flügelkante (Feld 19)» zu katalogisieren.

Ende Gastbeitrag

Ich bin gespannt, wie lange die MICHEL®-Redaktion benötigt, bis Peters Vorschlag umgesetzt wird. Sein letzter Vorschlag hinsichtlich MiNr. 126 I PF XI wurde ja sehr schnell in die Spezial-Kataloge übernommen.

__________

Folgt mir auf Facebook und ihr seid immer auf dem Laufenden.

#saarphila #saarphilatelie

Mitteilungsblatt der ArGe SAAR Nr. 62

Hallo

Im aktuellen Mitteilungsblatt der ArGe SAAR Nr. 62 vom Dezember 2023 könnt ihr auf Seite 44f den Beitrag von Peter Falz zur verschiedenen Feldmerkmalen der Flugpostmarke des Saargebietes 50 c von 1928 (MiNr. SG 126 I) lesen. Bemerkenswert ist, dass sein Vorschlag, das Feldmerkmal von Feld 17 als MiNr. SG 126 I PF XI in den MICHEL® aufzunehmen im aktuellen MICHEL® Saar-Spezial 2024 (vgl. dort S. 41) bereits umgesetzt wurde.

Mitteilungsblatt der ArGe SAAR, Nr. 62

Peters Beitrag im aktuellen Mitteilungsblatt der ArGe SAAR könnt ihr über nachstehenden Button als PDF aufrufen.

BEITRAG

 

Zu dem Thema Feldmerkmale der MiNr. SG 126 I vgl. auch Peters Gastbeitrag im SAARPHILA-BLOG vom 22. November 2022.

Bis dann

__________

Folgt mir auf Facebook und ihr seid immer auf dem Laufenden.

#saarphila #saarphilatelie

Anmerkungen zur MiNr. 126 I

Hallo

Dieser Beitrag ist ein Gastbeitrag von Peter Falz. Peter beschäftigt sich intensiv mit den Flugpostausgaben des Saargebiets und des Saarlandes. So nimmt es kaum Wunder, dass sich dieser Beitrag um eine dieser Flugpostausgaben, die SG MiNr. 126 I von 1928 handelt.

Gastbeitrag

SG MiNr. 126 I, Bogenfeld 17

Die Marken des Bogenfelds 17 weisen zwei auffällige Merkmale auf:

    • den Fanghaken am Rumpf des Flugzeuges
    • den Fleck links oben an der inneren Rahmenlinie
SG MiNr. 126 I Bogenfeld 17 mit Feldmerkmalen

Der Fanghaken allein wäre bereits eine Katalogisierung im MICHEL® DSK wert. Eine Aufnahme dieses Bogenfelds mit seinen Feldmerkmalen in den MICHEL® DSK habe ich über die ArGe SAAR angestossen.

Für Sammler ist wichtig, dass der Fleck links oben auf der inneren Rahmenlinie ein Ami Faux zu dem im MICHEL® DSK mit der Unternummer SG MiNr. 126 I IV Punkt auf innerer Rahmenlinie unter Viereck links von ‹SAARGEBIET› (Feld 42) aufgeführten Feldmerkmal ist. Vom Bogenfeld 42 liegt mir ein gebrauchte Exemplar vor, auf welchem das Feldmerkmal klar ersichtlich ist.

MiNr. 126 I IV, Bogenfeld 42 mit Feldmerkmal

Der Fleck befindet sich bei Bogenfeld 17 exakt an derselben Stelle der inneren Rahmenlinie wie bei Bogenfeld 42. Der Unterschied liegt in der Intensität des Farbauftrags. Ein weiterer Unterschied: Der Fanghaken fehlt auf Bogenfeld 42.

Es sind Fehlprüfungen bekannt. Ich empfehle Sammlern, ihre Sammlungen zu überprüfen.

Ende Gastbeitrag

__________

Folgt mir auf Facebook und ihr seid immer auf dem Laufenden.

#saarphila #saarphilatelie

Ich vermisse etwas …

Hallo

Die Medien sind voller Corona – also sozusagen infiziert. Bei diesem ganzen Trubel um die Pandemie finde ich es ja nachvollziehbar, dass selbst Offensichtliches in den Hintergrund gedrängt wird. Doch wundere ich mich schon. Diese Verdrängung scheint jedoch nicht ausschliesslich auf die Medien zuzutreffen, sondern auch auf die Briefmarkenausgaben in Deutschland.

Stichwort: Saarhundert. Das Saarland feiert dieses Jahr 100 Jahre seines Bestehens als territoriale Einheit. Geschaffen 1920 durch die Bestimmungen des Versailler Vertrages (1).

Das deutsche Finanzministerium verausgabt 2020 so einige Sondermarken und gedenkt wichtiger Ereignissen, beispielsweise:

    • 250ster Geburtstag Ludwig von Beethoven
    • 100ster Geburtstag Richard von Weizäcker
    • 75 Jahre Vereinte Nationen
    • 75 Jahre AM-Post Briefmarken
    • 50 Jahre Tatort

Jedoch scheint in Deutschland das 100 Jahr-Jubiläum des Saarlandes kein veritabler Anlass zum Gedenken oder zur Freude zu sein. Nicht einmal die Saarländische Landesregierung, die noch 2016/17 60 Jahre Bundesland Saarland mit einer Privatausgabe feierte, hat etwas dergleichen für 100 Jahre Saarland verausgabt. Liegt dies eventuell daran, dass das „Territoire du bassin de la Sarre“, das Saargebiet, durch den später von den Deutschen so verteufelten Versailler Vertrag das Licht der Welt erblickte?

Wie dem auch sei. Die Chance ist vertan. Gut, dass sich 2022 eine weitere Chance bietet, gleich mehrere Sondermarken mit Bezug zum Saarland zu verausgaben.

    • 75 Jahre Verfassung des Saarlandes (2)
    • 75 Jahre Briefmarkenausgabe mit Landesbezeichnung Saar (3)
    • 25ster Todestag des Briefmarkengestalters V. K. Jonynas (4)

Ich bin gespannt.

Bis dann

__________

Anmerkungen

(1) Versailler Vertrag vom 28. Juni 1919, Teil III, Abschnitt IV., Artikel 45-50 plus Anlage

(2) Verfassung des Saarlandes vom 15. Dezember 1947

(3) Die Briefmarken der Ausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar erschienen zwischen dem 20. Januar und dem 7. März 1947

(4) Vytautas Kazimieras Jonynas (1907-1997), hochgeehrter Künstler, der in Litauen, Frankreich, Deutschland und den USA wirkte, entwarf nicht bloss die erste Briefmarkenausgabe für das Saarland, sondern auch die Länderausgaben für Baden, Württemberg sowie Rheinland-Pfalz.

__________

Folgt mir auf Facebook und ihr seid immer auf dem Laufenden.

#saarphila #saarphilatelie

Basiswissen Philatelie (XIII) – Bildpostkartenserie des Saar-Hilfswerks

Hallo

Ich hatte in meinem Beitrag vom 11. November angekündigt, die im SAARPHILA-BLOG schon häufig erwähnte Bildpostkartenserie des Saar-Hilfswerks aus dem Jahr 1934 vorzustellen.

Fragt ihr euch soeben, was eine Bildpostkartenserie aus der Zeit des Dritten Reiches mit den Briefmarkenausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar zu tun hat?

Die Gedankengänge der verantwortlichen Personen, die Anordnungen und die Vorgänge, die nach dem Zweiten Weltkrieg zu eigenständigen Ausgaben von Briefmarken für das Saarland führten, werden verständlicher, sobald diese vor ihrem geschichtlichen und sozio-ökonomischen Hintergrund betrachtet werden. Zu diesem Hintergrund zähle ich u.a. das Ende des Ersten Weltkrieges, den Versailler Vertrag und seine Folgen für alle Vertragsparteien, die Weltwirtschaftskrise, die intensive Propaganda im Vorfeld der Saarabstimmung (Volksentscheid) vom 13. Januar 1935 sowie die Folgen dieses Entscheides für die Saarländer und das Saargebiet.

Es gibt auch philatelistische Gründe. Einerseits haben wir gesehen, dass eine der Postkarten dieser Bildpostkartenserie für den Gestalter der Bildmotive der Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar, Vytautas Kazimieras Jonynas, die Vorlage für das Bildmotiv des 1 Mark-Wertes Saarschleife bei Mettlach bildete (vgl. hier, hier und hier). Doch auch zwei weitere Motive aus der Bildpostkartenserie fanden Eingang in die Bildmotive der Saarbriefmarken, wenn auch erst in den Jahren 1950 resp. 1956. Der Vollständigkeit halber: Einige Motive finden sich auch auf Briefmarken der Volkshilfe-Ausgaben des Saargebietes.

__________

Ich möchte zu Beginn auf die so harmlos klingende Organisation Saar-Hilfswerk eingehen. Heute würden wir hinter einer solchen Bezeichnung wahrscheinlich eine karitative aber sicherlich gemeinnützige Institution vermuten. Weit gefehlt! Das Saar-Hilfswerk war eine im Jahr 1934 vom Saarbevollmächtigten (1) des Dritten Reiches gegründete, nach dem Führerprinzip aufgebaute, nationalsozialistische Organisation. Der alleinige Zweck dieser Organisation war das Sammeln resp. Eintreiben von Spenden für die intensive – auch kostenintensive – nationalsozialistische Propaganda im Vorfeld der Saarabstimmung vom 13. Januar 1935.

Das schlesische Namslauer Stadtblatt (2) vom Weihnachtstag 1934 bringt auf der Frontseite einen aufschlussreichen Dank des Saarbevollmächtigten des Reichskanzlers (Adolf Hitler) für Spenden aus Kreisen der Industrie. Selbstverständlich nicht, ohne prominent die Bankverbindung des Saar-Hilfswerks (3) zu nennen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Konsequenterweise war dem Saar-Hilfswerk nur eine kurze Existenz beschieden. Es wurde nach der „gewonnenen“ Saarabstimmung 1935 aufgelöst. Die Akten der Organisation befinden sich heute im Bundesarchiv in Berlin-Lichtenfelde.

So, nach den einleitenden Bemerkungen kommen wir zu den 12 Ansichtskarten der Bildpostkartenserie des Saar-Hilfswerks. Postkarten für politische Propaganda einzusetzen war 1934 beileibe keine neue Idee. Jedoch immer noch eine zündende Idee. Postkarten, insbesondere Ansichtkarten, waren nicht nur bei der deutschen Bevölkerung enorm beliebt. Es ist heute im Zeitalter von E-Mail, SMS, Whatsapp, Facebook etc. kaum vorstellbar, dass zwischen den Weltkriegen weltweit Jahr für Jahr schätzungsweise 15 Milliarden Post- und Ansichtskarten verschickt wurden. Das sind etwa 475 Karten pro Sekunde!

Der Bedarf an Postkarten war vorhanden. Die Nazis brauchten die Nachfrage nur befriedigen. Möglichst harmlos und subtil, ohne dass die eigentliche Stossrichtung offensichtlich wurde. Zu diesem Zweck wurde dem Saar-Hilfswerk das Saar-Bild-Archiv angegliedert. Das Saar-Bild-Archiv war eine nationalsozialistische Nachrichten- und Bildagentur zur Belieferung der deutschen und ausländischen Presse mit Materialien zur Saarfrage, in enger Verbindung mit dem Saarbevollmächtigten, dem Saarreferat des Reichs- und preussischen Ministerium des Innern sowie der Saarabteilung der NSDAP. Der Saarreferent Bayerns – den gab es tatsächlich, die Bayern sind da ja eigen – spielte in dem Konzert keine Rolle mehr. Es war in Berlin längst entschieden worden, dass die Einwohner und Gemeinden des Saargebiets nicht wieder an Preussen und Bayern zurückgegliedert würden, sondern als Reichsland „Saarland“ dem frisch ernannten Reichskommissar für das Saarland – trara – Josef Bürckel, dem ehemaligen Saarbevollmächtigten des Reichskanzlers zu Lehen gegeben würden. Pardon! Von diesem ordnungsgemäss verwaltet werden würden.

Das Saar-Bild-Archiv war eine ad hoc-Einrichtung, verfügte somit – trotz des Namens – nicht über ein eigenes Bild-Archiv. Daraus ergab sich anfangs 1934 eine intensive Korrespondenz mit verschiedenen Verlagen zur – selbstverständlich kostenlosen – Überlassung von Bildmaterial zwecks … Propaganda. Diese Korrespondenz macht einen Grossteil des Aktenvolumens im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde aus.

Die 12 Ansichtskarten waren in einem Streifband eingebunden.

Deutsch ist das Land, das Volk an der Saar – Eisern geschmiedet in Not und Gefahr

Die Aussenseite zeigt unter dem Titel Unser Saargebiet eine Kartenskizze des Saargebiets sowie prominent den Bergmann von der Saar. Der Preis von 30 Pfennig ist für 12 Ansichtskarten sehr moderat und entspricht kaufkraftbereinigt 2018 etwa Euro 1,35. Versucht einmal heute, für Euro 1,35 zwölf Ansichtskarten zu erwerben!

Um Vertriebskanäle musste sich das Saar-Hilfswerk keine Gedanken machen: von HJ (Hitlerjugend), BdM (Bund deutscher Mädels), Saarvereine, NSDAP-Ortsgruppen bis hin zu Schülern und Lehrern wurden alle eingespannt. Nachstehend ein Zitat aus der vom Schulrektor geführten Schulchronik der Schule I in Limburg (an der Lahn) vom 14. Dezember 1934:

„Um 10 ½ Uhr bringt die Post von dem Saarbeauftragten des Führers ein Paket Saarpostkarten (480 Stck) zum Verkauf an die Schüler u. durch die Schüler. Da die Saar-Abstimmung vor der Tür steht, werden sie schleunigst verkauft. An diesem Tage sammle ich Geld: 1) für Saarpostkarten, 2) für Weihnachtskerzen des VDA, 3) für Krippenspiel der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“, 4) wir nageln für das Winterhilfswerk (pro Nagel 5 Pf.), 5) für Sippschaftsbogen, die von den Kindern auszufüllen sind.“

Die genaue Reihenfolge, falls es eine festgelegte Reihenfolge überhaupt gab, in welcher sich die 12 Ansichtskarten im Streifband befanden, lässt sich – trotz jahrelanger Recherche – bis auf die erste Ansichtskarte – das Bildmotiv Bergmann von der Saar – nicht genau festlegen. Die Reihenfolge, in welcher ich die Ansichtskarten vorstelle, ist somit völlig zufällig.

Bergmann von der Saar

Das erste Bildmotiv ist der Bergmann von der Saar, eine Skulptur des saarländischen Bildhauers Fritz Koelle, die 1934 vor der Nationalgalerie in Berlin stand. Geschickt gewähltes Motiv: Bergmänner gab es an der Saar zuhauf, der Künstler stammte – obschon bei den Nazis nicht gerade beliebt – aus dem Saarland und die Skulptur stand in Berlin … der Reichshauptstadt!

_____

Saarschleife bei Mettlach

Das zweite – von mir gewählte – Motiv ist die Saarschleife bei Mettlach. Vorlage für das Bildmotiv des 1 Mark-Werts der 1. Offenburger Ausgabe.

_____

Burgruine Kirkel

Das dritte Motiv ist eine Ansicht der Burgruine Kirkel, einem aus dem 11. Jahrhundert stammenden Verteidigungsbau im Osten des Saarlands zwischen den Städten St. Ingbert, Homburg, Neunkirchen und Zweibrücken.

_____

Ottweiler: Markt und Wehrturm

Das vierte Motiv ist der Marktplatz und der Wehrturm von Ottweiler. Kommt Ihnen dieses Bildmotiv bekannt vor? Ja? Sie brauchen sich nicht wundern. Hier ist die Auflösung: Die saarländische Sondermarke zum 400. Stadtjubiläum im Jahr 1950.

_____

Das fünfte Motiv stammt aus Saarbrücken und zeig die Ludwigs– sowie die Jakobskirche.

Ludwigskirche, Jakobskirche

Wiederum eine geschickte Motivwahl. Eine repräsentative evangelische Barockkirche neben einer römisch-katholischen Kirche. Man wollte es sich ja mit niemandem verderben, obschon die Nazis grundsätzlich kirchenfeindlich eingestellt waren. Ihr Ziel war: statt Kreuz das Hakenkreuz.

_____

Das sechste Motiv ist eine – anfangs der 30er-Jahre noch eher seltene – Luftaufnahme der unter militärischen Aspekten angelegten Kasernenstadt Saarlouis. Auf der Propaganda-Ansichtskarte interessanterweise noch als Saarlouis bezeichnet, wurde die Stadt nach dem Anschluss des Saarlandes von den Nazis –  da zu frankophon klingend – zur ungeteilten Begeisterung der Einwohner am Jahrestag der Abstimmung am 13. Januar 1936 in Saarlautern umbenannt.

Sollte dieses Motiv vielleicht – sanft – die bevorstehende Militarisierung des gesamten Saargebiets andeuten?

_____

Das siebte Motiv visualisiert den für das Saargebiet so wichtigen Kohlenbergbau. Abgebildet ist das Rosseltal (heute der Stadtteil Klarenthal von Saarbrücken) im Süden des Saarlands mit der Grube Velsen.

Grube Velsen

Übrigens. Hatte ich erwähnt, dass dieser Beitrag sehr bildlastig sein würde? Nein? Nun wisst ihr es.

_____

Winterbergdenkmal Saarbrücken

Kein saarländisches Motiv ist propagandistisch, politisch und emotional so aufgeladen wie das 1874 aus Spenden errichtete Winterbergdenkmal. Erbaut in Erinnerung an den Sieg Preussens über Frankreich in dem von Reichskanzler Fürst Bismarck angezettelten Krieg von 1870/71, wurde es – Ironie der Geschichte – am 10. September 1939 von den Nazis gesprengt.

Warum, zum Teufel, haben die Deutschen, die ja eigentlich liebenswürdige Mitmenschen und Nachbarn sein können, in 150 Jahren fünf, für Europa desaströse Kriege angezettelt?

Müssen wir uns darauf einstellen, dass die Deutschen wieder zuschlagen? Oder wird Ministerin von der Leyen die komplette Kastrierung der deutschen Armee erfolgreich umsetzen können?

Item. Kommt euch dieses Bildmotiv ebenfalls bekannt vor? Auch dieses Mal braucht ihr euch nicht wundern. Das Motiv wurde 1956 für eine drei Werte umfassende Sondermarkenserie zur Finanzierung des Wiederaufbaus des gesprengten Denkmals verwendet.

_____

Das neunte Motiv war sicherlich so recht nach dem Geschmack der Nazis. Bekenntnissprüche auf Häusern in St. Wendel, die den deutschen Charakter der Gemeinde St. Wendel unterstrichen.

Domplatz St. Wendel

Die Sprüche:

„Ich bin geboren, deutsch zu fühlen. Bin ganz auf deutsches Denken eingestellt. Erst kommt mein Volk, dann all die andren vielen. Erst meine Heimat, dann die Welt.“

„Deutschland und wenn Dich das Elend umnachtet wir haben Dich lieb wie nie zuvor.“

Beim zweiten Spruch drängt sich die Frage auf, ob da Anfang der 30er-Jahre jemand hellseherische Fähigkeiten an den Tag gelegt hat?

_____

Das zehnte Motiv ist die Gemeinde Tholey mit der 1794 aufgehobenen und seit 1949 wieder bewohnten Benediktiner-Abtei. Die Siedlung Tholey geht auf keltische Wurzeln zurück und war bereits unter römischer Herrschaft besiedelt

Tholey mit ehemaliger Abtei

_____

Elftes Motiv der Serie ist der Wendelinus-Brunnen mit Blick auf die Basilika von St. Wendel.

Wendelinus-Brunnen

_____

Das zwölfte Motiv zeigt die Röchlingsche Eisenwerke in Völklingen bei Nacht. Eine eindrucksvolle Aufnahme, auch 85 Jahre nach ihrer Entstehung.

Röchling Eisenwerke in Völklingen bei Nacht

Bis dann

__________

Anmerkungen

(1) Durch Kabinettsbeschluss seit Mitte November 1933 der ehemalige Reichskanzler Franz von Papen, der als Katholik den katholischen Klerus für die Sache der Nazis einspannte, ab 28. Juli 1934 dann der stramme Nazi und Gauleiter des Saarlandes Josef Bürckel. Dem Saarbevollmächtigten unterstanden – Führerprinzip – die Saarreferenten Preussens, Bayerns und des Reichs, das Saar-Hilfswerk sowie der Saarpropaganda-Ausschuss

(2) Namslau ist heute eine Gemeinde in Polen und heisst Namyslów

(3) Neustadt an der Haardt ist eine Gemeinde im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz  heisst heute Neustadt an der Weinstrasse

__________

Folgt mir auf Facebook und ihr seid immer auf dem Laufenden.

#saarphila #saarphilatelie

Basiswissen Philatelie (XII) – Ein Beleg dokumentiert Geschichte

Hallo

1935 war für die Einwohner des Saarlands, dass damals noch Saargebiet hiess – in den Sprachen des Völkerbunds Territoire du bassin de la Sarre resp. Saar Basin – ein wichtiges, ein entscheidendes Jahr. Was zu Beginn des Jahres 1935 niemand wusste oder ahnte: Im Saargebiet wurde in diesem Jahr europäische Geschichte, wenn nicht Weltgeschichte geschrieben.

Blenden wir 15 Jahre zurück. Am 20. Januar 1920 trat der Versailler Vertrag in Kraft, mit welchem offiziell der Friedenszustand zwischen den Siegermächten der Entente und Deutschland nach dem – schon 1920 als solcher bezeichneten – Ersten Weltkrieg wiederhergestellt wurde.

Für mich ist es ein passendes Zusammentreffen, dass wir heute dem Inkrafttreten des Waffenstillstandes am Ende des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren gedenken. Am 11. November 1918 um 11:00 Uhr Pariser Zeit hatte das Abermillionen von Menschenleben fressende, über vier Jahre andauernde, fürchterliche Gemetzel – alternierend als Schlachthaus, Knochenmühle, Blutpumpe etc. bezeichnet – zumindest an der Westfront ein Ende.

Mit dem Inkrafttreten des Versailler Vertrages im Januar 1920 wurde die Region an der Saar erstmals räumlich zusammengefasst und als Saargebiet (1) für die kommenden 15 Jahre ein Mandatsgebiet des Völkerbundes. Nach Ablauf von 15 Jahren sollte mittels eines Volksentscheids bestimmt werden, ob das Saargebiet weiterhin ein Mandatsgebiet des Völkerbundes bleiben, ein Teil der Französischen Republik oder ein Teil des Deutschen Reiches werden sollte. Am 27. Januar 1920 löste die vom Völkerbund eingesetzte Regierungskommission die bisherige französische Militärverwaltung ab. Frankreich erhielt vom Völkerbund zur wirtschaftlichen Wiedergutmachung der von Deutschen in Frankreich hinterlassenen Zerstörungen ohne zeitliche Begrenzung das Eigentum an sämtlichen Steinkohlegruben im Saargebiet und das Recht auf alleinige Ausbeutung der Steinkohlevorkommen im Saarbecken.

    

Abb.: Flagge (links) und Wappen (rechts) des Saargebiets von 1920-1935

Schon gegen Ende des Jahres 1933 begann das Nazi-Regime in Deutschland eine intensive Propagandakampagne zur Vorbereitung der auf den 13. Januar 1935 festgesetzten Volksabstimmung. Ein dem Reichskanzler Adolf Hitler direkt unterstellter Saarbevollmächtigter (2) wurde ernannt, ein Saarpropaganda-Ausschuss (3) wurde konstituiert, die vielerorts im Dritten Reich bestehenden Saarvereine wurden gleichgeschaltet, die katholische Kirche und die gleichgeschaltete Presse eingespannt, die wenigen im Saargebiet bestehenden, noch unabhängigen Pressehäuser resp. deren kritische Redaktoren mundtot gemacht (4) und Schüler verteilten Bildpostkarten mit Ansichten aus dem Saarland (5). Die Nazis begannen, im Saargebiet auf den Reichsrundfunk voreingestellte Volksempfänger (Radiogeräte) zu verteilen, um die Saarländer zu erreichen. Die Regierungskommission hatte es dagegen all die Jahre versäumt, einen eigenen Rundfunk im Saargebiet aufzubauen. Der Bund der Saarvereine begann, sämtliche abstimmungsberechtigte Saarländer mit Wohnsitz im Reich resp. im Ausland zu erfassen (6). Über die Saarvereine resp. die Auslandsorganisation der NSDAP wurden diese Saarländer bearbeitet, für die „Heimkehr ins Reich“ zu stimmen.

Ein Beispiel für die intensive Werbung um die im Reich ansässigen Abstimmungsberechtigten. Die Frontseite des „Ramslauer Stadtblatts“ vom Weihnachtstag 1934 bringt gleich drei Artikel zur bevorstehenden Saarabstimmung. Ramslau liegt in Schlesien (heute Namyslów, Polen).

Die Deutsche Reichsbahn begann mir Planungen, sämtliche im Dritten Reich ansässigen, abstimmungsberechtigten (7) Saarländer für den Abstimmungssonntag mit Dutzenden Bussen und Sonderzügen ins oder zumindest örtlich nahe an das Saargebiet zu transportieren. Das Nazi-Regime resp. Nazi-Organisationen wie das Saar-Hilfswerk übernahm in sehr vielen Fällen die – für die von den Folgen der Weltwirtschaftskrise gebeutelten Menschen – nicht unerheblichen Reisekosten. Dieser gut geschmierten Propagandamaschine des Nazi-Regimes sowie dem erheblichen Einfluss der seit dem Reichskonkordat von 1933 staatstreuen katholischen Amtskirche (8) bei den mehrheitlich katholischen Saarländern hatten die Regierungskommission, die sehr ungeschickt agierenden Franzosen sowie die den Nationalsozialisten ablehnend gegenüberstehenden Kreise im Saargebiet nur wenig entgegenzusetzen.

Ungeschickt agierende Franzosen: Vignette zur Abstimmung auf Französisch schürte Ängste vor dem Verlust der eigenen Sprache und Kultur wie in Elsass-Lothringen

Am Abstimmungssonntag entschieden sich bei einer Wahlbeteiligung von fast unvorstellbaren 98% ganze 90% der abstimmungsberechtigten Saarländer für eine Eingliederung des Saargebiets ans Dritte Reich, der am 1. März 1935 vollzogen wurde. Das Nazi-Regime zahlte 900 Millionen Goldfranken – etwa eine ¾ Milliarde Reichsmark – an Frankreich, um die Eigentumsrechte an den saarländischen Steinkohlegruben zu erwerben.

Etwa 2 bis 3 Prozent der saarländischen Bevölkerung verliess nach diesem eindeutigen Abstimmungs-Ergebnis – zum Teil fluchtartig – das Land. Die meisten von Ihnen Warner vor dem menschenverachtenden Nationalsozialismus, wie der spätere Regierungschef des Saarlandes Johannes Hoffmann, sowie fast alle Menschen jüdischen Glaubens.

Die für das Saargebiet ausgegebenen, und auf französische Franc lautenden Briefmarken verloren am 28. Februar 1935 um Mitternacht ihre Gültigkeit. Ab dem 1. März 1935 besassen ausschliesslich die Briefmarken der Deutschen Reichspost Frankaturkraft.

Der nachfolgende Beleg ist daher so interessant, da er einerseits zwei Letztagsstempel von Mitternacht auf einer nicht portogerecht – es wären 30 Centimes zu verkleben gewesen – frankierten Postkarte mit einem Erstverwendungsstempel auf einer 3 (Reichs-) Pfennig-Sonderbriefmarke, der Deutschen Reichspost zum Anlass der Eingliederung des Saarlandes, vereint.

Dieser Beleg ist philatelistisch beeinflusst, was durch die Rückseite der Postkarte mit den Abbildungen sämtlicher, im Saargebiet im Vorfeld der Volksabstimmung ausgegebenen Saarbriefmarken betont wird. Obschon der Tenor der Postkarte klar Pro-Deutsch ist, lief der Beleg zu einem Empfänger in Frankreich, wo er am 2. März 1935 im Postamt Douai abgeschlagen wurde.

Philatelistisch inspirierte Postkarten wurden 1935 viele hergestellt. Hier ein simples Exemplar aus dem Hause Hermann. E. Sieger.

Schön zu sehen, wie auch auf dem nachfolgenden Beleg, der Sonderwerbestempel Saarbrücken vom Ersttag mit den ersten Noten des Saarlandlieds von Hanns Maria Lux.

Wie hätte sich die Geschichte entwickelt, wenn die Saarabstimmung von 1935 anders ausgegangen wäre? Wenn Adolf Hitler 1935 nicht einen aussenpolitischen Triumph hätte feiern können, der sein Prestige im In- und Ausland massiv steigerte? Hätte er im März 1935 die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht – auch für Saarländer – sowie die Existenz der heimlich aufgebauten Luftwaffe verkündet? Hätte er 1936 das entmilitarisierte Rheinland besetzt oder ab Juli offen den aufständischen, faschistischen General Francisco Franco im Spanischen Bürgerkrieg unterstützt? Wir wissen es nicht. Wir wissen nur, dass am 13. Januar 1935 in den Abstimmungslokalen des Saargebiets Geschichte geschrieben wurde.

Bis dann

__________

Anmerkungen

(1) Artikel 45-50 Versailler Vertrag

(2) Durch Kabinettsbeschluss seit Mitte November 1933 der ehemalige Reichskanzler Franz von Papen, der als Katholik den katholischen Klerus für die Sache der Nazis einspannte, ab 28. Juli 1934 dann der stramme Nazi und Gauleiter des Saarlandes Josef Bürckel. Dem Saarbevollmächtigten unterstanden – Führerprinzip – die Saarreferenten Preussens, Bayerns und des Reichs, das Saar-Hilfswerk sowie der Saarpropaganda-Ausschuss

(3) Der Saarpropaganda-Ausschuss konstituierte sich im Dezember 1933.

(4) Die meist kleinen Pressehäuser an der Saar wurden bereits seit Jahren mittels Krediten und Papierlieferungen vom Deutschen Reich alimentiert

(5) Zu der Bildpostkartenserie des Saar-Hilfswerks erscheint demnächst ein separater Beitrag im SAARPHILA-BLOG

(6) In der deutschen Presse wurden Aufrufe geschaltet, dass sich potentielle Abstimmungsberechtigte zwecks Registrierung bei der örtlichen Polizeidienststelle melden sollten. Im Rundfunk und in den Lichtspielhäusern sowie durch Anzeigen in überregionalen Zeitungen und kleinsten Lokalblättern wurden die im Reich lebenden Saarländer ermahnt, „ihre vaterländische Pflicht zu erfüllen“.

(7) Abstimmungsberechtigt waren nach Artikel 50 des Versailler Vertrags, Anlage §34, alle Saarländer, die am 28. Juni 1919 – dem Tag der Unterzeichnung des Vertrages – ihren Wohnsitz in einer Gemeinde des Saargebiets und am Abstimmungstag das 20. Lebensjahr vollendet hatten.

(8) Hirtenbrief der auf ausdrückliche Anordnung der Bischöfe von Trier und Mainz vor der Abstimmung in allen katholischen Kirchen des Saarlandes verlesen wurde: „Am Sonntag, dem 13. Januar 1935, wird im Saargebiet die Volksabstimmung stattfinden über die Frage, ob dieses deutsche Land und seine Bewohner in der durch den Versailler Gewaltfrieden aufgezwungenen Trennung vom Deutschen Reich verbleiben sollen. Als deutsche Katholiken sind wir verpflichtet, für die Grösse, die Wohlfahrt und den Frieden unseres Vaterlandes uns einzusetzen. Deshalb verordnen wir, dass am genannten Sonntag in allen Kirchen nach dem allgemeinen Gebet drei Vaterunser und Ave Maria gebetet werden, um einen für unser deutsches Volk segensreichen Ausgang der Saarabstimmung zu erflehen.“

__________

Folgt mir auf Facebook und ihr seid immer auf dem Laufenden.

#saarphila #saarphilatelie

Philatelistische Bibliothek (I) – Neuzugang F.S.A. 1960

Hallo

Ich konnte unlängst meine Sammlung an Saar-Spezial-Katalogen um ein weiteres Exemplar erweitern, welches ich euch hier vorstellen möchte.

Es handelt sich um ein Exemplar des Catalogue F.S.A. 1960 des Briefmarkenhauses Franco-Sarroise-Allmande im XV. Pariser Arrondissement. Das Briefmarkenhaus F.S.A. hatte sich seit der Gründung  1927 unter anderem auf die Briefmarkenausgaben des Saargebietes spezialisiert. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges kamen die Ausgaben der Französischen Besatzungszonen sowie des Saarlandes hinzu. Der Catalogue F.S.A. verwendet das Nummerierungssystem von Yvert & Tellier, das bedeutet, die Werte der 1. Offenburger Ausgabe führen die Nummern 196-215.

Interessant ist dieser Katalog unter anderem, da es sich um einen – wie in Frankreich, Grossbritannien, der Schweiz oder auch den USA üblich – Händler- oder Verkaufskatalog handelt. Was bedeutet das?

Die in Händler- oder Verkaufskatalogen aufgeführten Preisangaben sind keine Mondpreise, die das reale Marktgeschehen ignorieren und nur einem kleinen Klüngel von Profiteuren helfen, den Sammler abzuzocken, wie das beispielsweise bei den deutschen MICHEL®-Katalogen der Fall ist. Verkaufskataloge listen klar die Preise auf, zu welchen ein Kunde die entsprechenden Marken in der beschriebenen Qualität beim Katalogherausgeber, der gleichzeitig Händler ist, erwerben kann.

Unter dieser Prämisse, aber auch nur unter dieser, ergibt es Sinn, Kataloge jährlich oder sogar häufiger zu aktualisieren. Bei Mondpreiskatalogen kann der Sammler abgeschlossener Sammelgebiete, wie des Saargebiets, Sardiniens und selbstverständlich auch des Territoire de la Sarre, sein Exemplar bedenkenlos 10 Jahre oder länger verwenden. Eine Erneuerung desselben braucht nur ins Auge gefasst zu werden, sollten neue Erkenntnisse zum Sammelgebiet, neue Abarten, neue Forschungsergebnisse etc. im Katalog aufgenommen werden. Die von Katalogherstellern so häufig händeringend als Kaufargument beschworenen „Preisbewegungen“ kann der Sammler getrost ignorieren, resp. aus der Fachpresse in sein Katalog-Exemplar übertragen. Eine Verwendungsdauer von über 10 Jahren für einen Katalog ist nicht an den Haaren herbeigezogen. Im Hause Schwaneberger war für Saar-Sammler – bitte festhalten – 1 3   J a h r e  lang der MICHEL® Handbuch-Katalog Saar 2004 das Mass aller Dinge.

Dieser wurde erst 2017 durch den Michel Saar-Spezial 2017 abgelöst. Ich bin gespannt, wann beim Schwaneberger-Verlag die nächste Überarbeitung folgt.

Was kostete 1960 ein kompletter Satz der 1. Offenburger Ausgabe? In postfrischer Erhaltung 2,50 Nouveaux Francs (entsprach etwa SFr. 2,80 oder DM 2,25) und gestempelt 4,00 Nouveaux Francs. Der Katalog ist in dieser Hinsicht auch ein Zeitdokument. Frankreich hatte zum 1. Januar 1960 im Zuge einer Währungsabwertung die Einführung des neuen Französischen Francs zu 100 alten Französischen Francs (Ancient Francs) beschlossen.

Soviel zu dem Neuzugang in meiner Sammlung Montclair. Habt ihr hierzu Fragen?

KONTAKTFORMULAR

Bis dann

__________

Folgt mir auf Facebook und ihr seid immer auf dem Laufenden.

#saarphila #saarphilatelie

Die Saarschleife bei Mettlach (VII)

Hallo

Ich habe einen sehr interessanten Beleg ersteigert, den ich euch nicht vorenthalten möchte.

Dieser Bedarfsbeleg – ein grosser Briefumschlag – verbindet auf anschauliche Weise die gleichzeitige Verwendung des Motivs Saarschleife bei Mettlach für amtliche, postalische und touristische Zwecke.

Der Amtsbürgermeister in Mettlach=Saar schickt am Donnerstag, 14.08.1947, ein Einschreiben an Herrn G. A. Heydorn in Essen-Bredeney, wo dieses am Sonntag, 17.08.1947, ankam. Soweit ein ganz normaler Vorgang.

Das Einschreiben ist korrekt mit 108 Pfennig frankiert: 48 Pfennig für einen Fernbrief der zweiten Gewichtsstufe bis 250 Gramm (der Umschlag ist aussergewöhnlich gross: 19,3 x 12,3 cm) plus 60 Reichspfennig für die Einschreibegebühr. Von einem Amt habe ich – offen gesagt – auch nichts anderes als eine korrekte Frankatur erwartet.

Das Spezielle an diesem Beleg erschliesst sich dem Betrachter erst auf den zweiten Blick.

Schauen wir uns zuerst die Frankatur an. Verwendet wird eine 1 Mark-Marke und eine 8 Pfennig-Marke. Das Bildmotiv des 1 Mark-Werts ist die Saarschleife, unweit des Orts Mettlach saaraufwärts.

Der Bildaufdruck auf dem Umschlag zeigt ebenfalls die Saarschleife. Bei der Abbildung handelt es sich um dieselbe Aufnahme, welche – auf einer Ansichtskarte – dem Gestalter  Vytautas Kazimieras Jonynas als Vorlage für das Bildmotiv des 1 Mark-Bildmotivs diente (vgl. hier).

Bereits die Kombination von Werbeumschlag mit Briefmarke ist für einen Bedarfsbrief nicht gerade alltäglich.

Na und, denkt ihr sicherlich. Das Bürgermeisteramt möchte wohl den regionalen Fremdenverkehr fördern, hat Umschläge mit einer Abbildung des bekanntesten Ausflugsziels in der näheren Umgebung drucken lassen und verwendet – soweit möglich – auch Briefmarken mit demselben Motiv.

Damit habt ihr sicherlich Recht. Dennoch drängen sich bei genauer Überlegung zwei Fragen auf:

    • Der Beleg stammt vom August 1947. Weshalb verwendet das Bürgermeisteramt einen Umschlag, der die Saarschleife in dem Zustand nach 1928 und vor 1934 zeigt?
    • Weshalb wird auf dem Beleg die Bezeichnung Kreis Merzig verwendet? Diese Bezeichnung war 1947 nicht mehr zutreffend.

Ich möchte kurz auf den Begriff Kreis Merzig eingehen, so dass Sie über dasselbe Hintergrundwissen verfügen, wie ich. Der Kreis Merzig, zu welchem die Gemeinde Mettlach gehört, wurde 1816 von Preussen als Landkreis im Bezirk Trier der Rheinprovinz gebildet. Im Zuge der Umsetzung der Bestimmungen des Versailler Vertrages wurde das Saargebiet 1920 vom Deutschen Reich abgetrennt und für 15 Jahre als Mandatsgebiet unter die Verwaltung des Völkerbunds gestellt. Der Kreis Merzig wurde aufgeteilt. Der Stammkreis Merzig lag nun im Saargebiet; der Restkreis Merzig-Wadern verblieb bei Preussen. Diese Situation blieb auch nach der Eingliederung des Saargebiets ins Reichsgebiet ab 1. März 1935 unverändert. Erst die Behörden der französischen Besatzungszone vereinigten mit Wirkung vom 1. Oktober 1946 die beiden Teil-Kreise unter der noch heute gültigen Bezeichnung Landkreis Merzig-Wadern.

Die Antwort auf die beiden obigen Fragen ist recht einfach. 1947 herrschte nicht nur im Saarland allerorten Mangel an so ziemlich allem. So ist es wenig verwunderlich, dass auch das Bürgermeisteramt der Gemeinde Mettlach noch vorhandene Briefumschläge verwendete, auch wenn diese nicht mehr dem aktuellen Stand entsprachen.

Sollten ihr über weitere Angaben zur Entstehungsgeschichte dieses Umschlages haben, würde ich mich über eure Kontaktaufnahme sehr freuen. Ich habe auf Facebook einen entsprechenden Aufruf geschaltet.

Bis dann

#saarphila #saarphilatelie