Sammlung Montclair – Neuzugang (V)

Hallo

Einen sehr spannenden Neuzugang meiner Sammlung Montclair stelle ich in diesem Beitrag vor.

Mein Freund Peter Falz machte mich vor einiger Zeit auf einen Posten Bogenmaterial der Originalausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar aufmerksam. Er würde auf dieses Los bis zu einem bestimmten Betrag bieten. Ich sah mir die Losbeschreibung und die Bilder des Angebotes an. Ein Bogen der 12 Pfennig weckte mein Interesse. Ich bot Peter an, mich an seinem Gebot finanziell zu beteiligen, dafür würde ich diesen einen Bogen erhalten. Da dieser Bogen Peter nicht interessierte, willigte er in diesen Deal ein. Eine klassische Win-Win-Situation.

12 Pfennig Bogen A 07717 (WZ S = steigende Wellenlinien) vom 9. Januar 1947

Peter erhielt den Zuschlag. Leider war der Verkäufer beim Verpacken nicht ganz bei der Sache und unvorsichtig. Beim Zurechtschneiden des Verpackungsmaterials zerschnitt er auch gleich den abgebildeten 12 Pfennig-Bogen. „Messer, Gabel, Schere, Licht … ist für trottelige Verkäufer nicht!“, sage ich da nur. Die Schnittränder der Schere sind bei genauem Hinsehen am linken Bogenrand in der ersten Markenreihe gut zu erkennen; der untere Bogenrand ist bei dem Massaker glücklicherweise unversehrt geblieben. Der Verkäufer hat Peter und dieser mich über das Malheur informiert. Ich habe den Bogen dennoch genommen und in meine Sammlung eingebaut. Die Frage ist nun: Warum? Was ist an diesem Bogen so interessant, dass dieser trotz seiner massiven Beschädigung eine wichtige Bereicherung für meine Sammlung Montclair darstellt?

Dazu muss ich etwas ausholen. Der Druck von Bogennummern und Druckdatum wurde auf einer Buchdruck-Schnellpresse Typ Rex vorgenommen. Die Nummerierwerke für A- resp. B-Bogen zählten ab einem frei einstellbaren Wert rückwärts. Ergo: Hohe Bogennummern weisen i.d.R. auf einen frühen Drucktag, niedrige Bogennummern immer auf einen späten Drucktag hin. Bitte im Hinterkopf behalten. Wir unterscheiden gemäss Handbuch Feldmerkmale SAAR I (S. 50 ff) drei verschiedene Typen (1):

Typ I, 5-stellig ohne vorauslaufende Nullen, verwendet vom 27.-30. Dezember 1946, ausschliesslich 75 Pfennig-Wert.

Bogennummer A 416 Typ I
Bogennumer A 10455 Typ I

Typ IIa, 5-stellig mit vorauslaufenden Nullen, verwendet für alle Markenbogen ausser 75 Pfennig und 45 Pfennig

Bogennummer B 00091 Typ IIa

Typ IIb, 4-stellig mit vorauslaufenden Nullen, verwendet ausschliesslich am 13. Januar 1947 für die Bogen des 45 Pfennig-Werts

Bogennummer A 0092 Typ IIb

Die Bogennummern konnten somit auf dem Nummerierwerken schnell und individuell eingestellt werden. Das sollten wir für des Rätsels Lösung ebenfalls im Hinterkopf behalten. Bei dem vorgestellen Bogen haben wir es mit einer Bogennummer vom Typ IIa zu tun, also nichts besonderes.

Dieses schnelle und individuelle Ändern galt nicht für das Druckdatum. Die Druckdaten wurden für jeden neuen Tag, an welchem der Bogenranddruck vorgenommen wurde, neu gesetzt und zwar als gegossener Stempel, der in die Buchdruck-Schnellpresse Typ Rex eingesetzt wurde. Woher wissen wir das? Auch bei den Druckdaten unterscheiden wir verschiedene Typen (vgl. Handbuch S. 45ff). Wir konzentrieren in diesem Beitrag auf die beiden Typen IIIa und IIIb (2).

Typ IIIa, «Gedruckt am 16, Februar 1947», Antiquaschrift ohne Doppelpunkt nach «am» und
 mit Komma nach «16», ausschliesslich 8 Pfennig-Wert (A- wie B-Bogen)

Druckdatum Typ IIIa mit Komma

Typ IIIb, «Gedruckt am 16. Februar 1947» resp.
 «Gedruckt am 17. Februar 1947», Antiquaschrift ohne Doppelpunkt nach «am» und
 mit retuschiertem Komma nach «16» resp. «17», verwendet bei Bogen des 8 resp. 80 Pfennig-Werts.

Druckdatum 16. Februar 1947 Typ IIIb mit retuschiertem Komma
Druckdatum 17. Februar 1947 Typ IIIb mit retuschiertem Komma

Anhand dieses Vorfalls wissen wir, es war mit weniger Aufwand verbunden, einen Setzfehler zu retuschieren, als das gesamte Datum neu zu setzen.

An dieser Stelle weise ich auf ein weit verbreitetes Missverständnis hin. Die Druckdaten spiegeln bei den Ausgaben der Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar nicht das Datum der Herstellung des entsprechenden Markenbogens wider, sondern geben nur das Datum des Bogenranddrucks an. Das Datum des Bogenranddrucks stimmt in einigen Fällen mit dem Datum des Bogendrucks überein, jedoch nicht in allen Fällen. Was bedeutet das? Beispiel: Auf den bekannten Bogen und Bogenteilen des 45 Pfennig-Werts steht immer «Gedruckt am: 13. Januar 1947». Daraus können wir nicht schliessen, dass alle 5’500 Druckbogen des 45 Pfennig-Werts am Montag, 13. Januar 1947 hergestellt wurden. Es ist durchaus möglich, dass der Andruck bereits am Samstag, 11. Januar 1947 begann (der Sonntag war bei der Druckerei Franz Burda im Januar 1947 kein Drucktag). Es ist aber belegt, dass der gesamte Bogenranddruck am 13. Januar 1947 erfolgte.

Am letzten Tag des Bogenranddrucks wurden i.d.R. bei der letzten Sichtkontrolle und Registratur unbrauchbare Bogen ausgewechselt. Bei überzähligen Bogen, welche bereits einen Bogenranddruck aufwiesen und einen unbrauchbaren (extrem verschobene Perforation, gefaltetes Papier usw.) Bogen ersetzen sollten, wurde häufig die eigene Bogennummer überbalkt und die Bogennummer des zu ersetzenden Bogens maschinell oder handschriftlich hinzugefügt. Hier ein Beispiel mit maschinell korrigierter Bogennummer. Der Bogen A 06591 ersetzt den unbrauchbaren Bogen A 05195.

So, jetzt wird es spannend. Der eingangs gezeigte 12 Pfennig-Bogen hat die Bogennummer A 07717 (Typ IIa) und weist das Druckdatum 9. Januar 1947 auf.

Für den Bogenranddruck des 12 Pfennig-Werts sind nach derzeitigem Wisssensstand die nachstehenden Daten bekannt:

    • 30. Dezember 1946
    • 31. Dezember 1946
    • 2. Januar 1947
    • 3. Januar 1947
    • 4. Januar 1947
    • 7. Januar 1947
    • 8. Januar 1947
    • 9. Januar 1947

Der 1. Januar 1947 war ein Feiertag, der 5. Januar ein Sonntag und der 6. Januar wieder ein Feiertag. Anhand von Vergleichsbögen wissen wir, dass der Bogenranddruck für zuvor hergestellen Bogen, welche die Bogennummern um 07700 erhalten sollten, am 7. Januar 1947 erfolgte. Offenbar wurde der originale Bogen 07717 am 9. Januar 1947 bei der Endkontrolle und Registratur als unbrauchbar aussortiert. Dafür wurde ein überzähliger Druckbogen – für solche Fälle wurde eine Druckreserve gehalten und in einigen nachgewiesenen Fällen sogar zur Erweiterung der Auflage verwendet – ohne Bogenranddruck in die Buchdruck-Schnellpresse Typ Rex eingelegt und mit der notwendigen Bogennummer versehen. Das Datum 9. Januar 1947 konnte im Gegensatz zur Bogennummer nicht einfach so gewechselt werden und blieb. Im konkreten Fall wissen wir aufgrund der auf dem Bogen vorhanden/nicht vorhandenen Feldmerkmale sogar, dass dieser Bogen am oder nach dem 4. Januar 1947 gedruckt wurde (Unterscheidung in frühe und späte Druckperiode beim 12 Pfennig-Wert; vgl. Handbuch, S. 710ff resp. Deutsche Briefmarken-Revue 6/2022, S. 30ff).

Fazit: Dieser Schalterbogen A 07717 des 12 Pfennig-Werts ist besonders, da dieser die Verwendung überzähliger, nicht bereits mit einem Bogenranddruck versehener Bogen der Druckreserve für die Auswechslung von unbrauchbaren Bogen am letzten Tag des Bogenranddrucks belegt.

Bis dann

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(1) Handbuch Feldmerkmale SAAR I, Fehraltorf 2021 Bestellung

(2) ebenso beschrieben in Deutsche Briefmarken-Revue 4/2022, S. 29ff sowie insbesondere Deutsche Briefmarken-Revue 6/2023, S. 34f

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Basiswissen Philatelie (VIII) – Bogenrandsignaturen

Hallo

Heute wenden wir uns einem sehr interessanten Randgebiet der Philatelie zu: den Bogenrandsignaturen. Welche Aufdrucke und Angaben können wir auf den Rändern von Schalterbogen der ersten Briefmarkenausgabe für das Saarland finden?

Schauen wir uns einen Schalterbogen der 1. Offenburger Ausgabe einmal genau an.

Die Abbildung zeigt einen Schalterbogen des 75 Pfennig-Wertes bestehend aus zehn Reihen zu jeweils zehn Marken; insgesamt somit 100 Marken. Der Bogen ist im Bereich des Markenaufdrucks sowie am oberen Rand perforiert. Der Rest des Bogens, also der linke, der untere und der rechte Rand weisen keine Perforation auf.

Am oberen Rand des Schalterbogens sind über jeder der zehn Reihen Werte in der Farbe der Marken, im konkreten Fall Blau, aufgedruckt. Die Werte geben den Wert der in den Reihen vorhandenen Marken von links nach rechts addierend in Reichsmark – ohne Währungsangabe – wieder und werden als Reihenwertzähler bezeichnet. Die linke Reihe hat einen Wert von 7,50 RM, die zwei linken Reihen zusammen 15,00 RM usw. Der gesamte Bogen hat einen Wert von 75 RM. Die Postbeamten fingen mit der Trennung der Marken aus dem Schalterbogen in der Regel unten rechts an. Sie gaben also die Marken von unten nach oben und von rechts nach links aus. Am Abend konnte der Schalterbeamte bei der täglichen Bestandsaufnahme den Wert der verbleibenden Marken mit Hilfe des Reihenwertzählers rasch ermitteln. Beispiel: Es verbleiben sechs vollständige Reihen und drei Marken der siebten Reihe. Das ergibt 45 RM gemäss Reihenwertzähler der sechsten Reihe plus dreimal 75 Pfennig oder gesamt 47,25 RM. In Zeiten ohne Addiermaschine oder Taschenrechner ein nicht zu unterschätzendes Hilfsmittel.

Uns Briefmarkensammler helfen die Reihenwertzähler bei der Bestimmung des Bogenfeldes. Nehmen wir das Beispiel des 75 Pfennig-Wertes. Liegt und eine Marke mit anhängendem Reihenwertzähler 37,50 vor, wissen wir, dass es sich um eine Marke des Bogenfeldes 5 handelt.

Auch eine weitere Markierung auf dem abgebildeten Bogen half den Schalterbeamten bei der Bestandsaufnahme. Rechts oben finden wir die Zahl 59 in Handschrift notiert. Die Schalterbogen kamen in Stapeln zu den Poststellen und wurden häufig bei Erhalt von Hand durchnummeriert. Der unterste Bogen erhielt dabei die Nummer 1. Der Schalterbeamte wusste so jederzeit genau, wie viele vollständige Bogen eines Werts noch verblieben. Dies war sowohl für die rasche Bestandsaufnahme aber auch für die Steuerung von Nachbestellungen hilfreich. Diese Markierung wird auch handschriftlicher Bogenzähler genannt.

Wenden wir uns nun dem Unterrand des Schalterbogens zu.

    • Links unten die Bogennummer: der Buchstabe A, gefolgt von No der Zahl 416 und einem Stern resp. Rosette.
    • Rechts unten das Datum des Bogenranddrucks: „Gedruckt am: 28. Dezember 1946“

Bogennummer und Druckdatum wurden nach dem Druck der Markenbögen in einem weiteren Arbeitsschritt mit einer Schnellpresse Typ Rex im Buchdruckverfahren aufgedruckt. Der linke Teil des Druckbogens (zwei Schalterbögen) erhielt bei diesem Arbeitsschritt den Buchstaben A mit fortlaufender Nummerierung, der rechte Teil des Druckbogens den Buchstaben B mit derselben Nummerierung. Die Druckerei Franz Burda verwendete rückwärts zählende Nummerierwerke. Das heisst, die früher gedruckten Bögen weisen höhere Bogennummern auf als die später gedruckten.

Beim Druck von Bogennummern und Druckdatum auf den Druckbögen des 75 Pfennig-Werts – dieser Wert wurde als erster der 20 Werte der 1. Offenburger Ausgabe an den Tagen 27./28./30. Dezember 1946 hergestellt – war das Nummerierwerk so eingestellt, dass bei kleineren Nummern keine voranlaufenden Nullen gedruckt wurden. Hierdurch kommen sowohl fünf-, vier-, drei-, und wahrscheinlich sogar zwei- und einstellige Bogennummern vor. Von zwei- und einstelligen Bogennummern liegen mir keine Exemplare vor.

Nachfolgend eine Bogennummer im Detail:

45 Pfennig-Wert, 4-stellige Bogennummer

Es handelt sich um die Bogennummer eines 45 Pfennig-Bogens. Schön zu erkennen: Das Zählwerk war auf vierstellige Nummern voreingestellt. Im Gegensatz zum 75 Pfennig-Wert jedoch mit voranlaufenden Nullen. Die Bogennummern sind somit immer vierstellig, z.B. 0092.

Die Aussage des Saarhandbuches, Kap. 402 S. 6, dass „die alten, für den Druck der 75 Pf verwendeten Nummerierwerke … für den Druck der übrigen Werte durch neue, fünfstellige Nummerierwerke ersetzt [wurden]“, ist so nicht korrekt. Wie ich in einem späteren Beitrag darlegen werde, wurden die beiden Nummerierwerke der Schnellpresse Typ Rex gar nicht ausgetauscht. Bei den ersten gedruckten Werten, 75 Pfennig, 12 Pfennig und 45 Pfennig Bogenrandsignaturhat man jedoch mit den Einstellungen der Nummerierwerke gespielt

45 Pfennig-Wert, 4-stellige Bogennummer voranlaufende Nullen

Sämtliche anderen Werte der Saar I wurden von fünfstelligen Zählwerke mit voranlaufenden Nullen bedruckt (vgl. nachstehende Abbildung).

12 Pfennig-Wert, 5-stellige Bogennummer

Beim Datum des Bogenranddrucks unterscheiden wir gemäss Saarhandbuch drei Typen (I, II, III):

    • Typ I: Druck in Grotesk-Schrift. Nach am folgt ein Doppelpunkt. Typ I tritt bei allen Bögen vom 27. Dezember 1946 bis einschliesslich 8. Februar 1947 auf. Ausnahme: 6 Pfennig-Wert mit Druckdatum 5. Februar 1947 (vgl. Abbildung)
    • Typ II: Druck in Grotesk-Schrift. Vom 10. Februar bis zum letzten Drucktag am 21. Februar 1947 folgt dem „am“ kein Doppelpunkt.
    • Typ III: Druck in Antiqua-Schrift. An den Drucktagen 16./17. Februar 1947 wurde das Druckdatum einer Teilauflage des 8 Pfennig-Werts und der Gesamtauflage des 80-Pfennig-Werts in Antiqua gedruckt. Die ist erkennt man rasch an den Ligaturen der Buchstaben und Zahlen. Bei dem ebenfalls am 17. Februar 1947 gedruckten 40 Pfennig-Wert tritt Typ III nicht auf.
Druckdatum Typ I (mit Doppelpunkt) gedruckt in Grotesk-Schrift
Druckdatum Typ II (ohne Doppelpunkt) gedruckt in Grotesk-Schrift
Druckdatum Typ II (ohne Doppelpunkt, Ausnahme)
Druckdatum Typ III (ohne Doppelpunkt nach „am“) gedruckt in Antiqua-Schrift

Ihr habt sicherlich bemerkt, dass beim abgebildeten Druckdatum des 8 Pfennig-Werts zur Kennzeichnung der Ordnungszahl statt eines Punkts ein Komma gesetzt wurde. Dieser Fehler wurde nach etwa 2’000 bedruckten Bögen von Mitarbeitern der Druckerei Burda entdeckt und retuschiert. Die retuschierten Druckdaten des 8 Pfennig- sowie des 80 Pfennig-Werts weisen alle ein verstümmeltes Komma anstatt eines Ordnungspunktes auf.

Die drei Bogenrandsignaturen, die auf allen Schalterbögen der 1. Offenburger Ausgabe vorkommen, sind:

    • Reihenwertzähler auf dem Oberrand
    • Bogennummer auf dem Unterrand links
    • Druckdatum auf dem Unterrand rechts

Was findet ihr sonst noch auf den Bogenrändern?

    • Handschriftlicher Bogenzähler oben rechts (nicht immer)
    • Am Unterrand der Bögen oft Spuren, die die Greifer einer der beiden verwendeten Titan-Flachperforationsmaschinen hinterlassen hat.

Bis dann

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