SAARPHILA – Jahresrückblick 2018

Hallo

Schon wieder ist ein Jahr vorüber. Mich beschleicht manchmal das Gefühl, je älter man wird, desto schneller scheinen die Jahre an einem vorüberzuziehen. Geht es euch genauso? Obschon, es ist seltsam: einige Tage, manchmal sogar Wochen, scheinen endlos zu sein. Und der nächste Tag ist vorbei, bevor man seinen ersten Kaffee ausgetrunken hat.

Wie dem auch sei. Ich nehme mir im letzten Beitrag für dieses Jahr die Musse, zurückzublicken. Ihren Blick auf den einen oder anderen Beitrag zu lenken, der mir am Herzen liegt. Ein weiteres Ziel dieses Rückblicks soll sein, neuen Lesern des SAARPHILA-BLOGs einen geordneten Überblick zu verschaffen, über welche Themen der Saarphilatelie ich in den zurückliegenden zwölf Monaten geschrieben habe.

Einen Ausblick auf meine geplanten Beiträge des kommenden Jahres unterlasse ich, getreu dem Motto: „Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt!“

Euch wünsche ich an dieser Stelle ruhige und besinnliche Festtage, einen guten Rutsch und viel Gesundheit im Jahr 2019.

Genug der Vorrede. Hier ist der Rückblick 2018.

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Die Beitragsserie, welche mir in den vergangenen zwölf Monaten am meisten am Herz lag, für welche ich über Jahre hinweg recherchierte und dann in wenigen Wochen – zumeist unter den Palmen am Strand von Narbonne sitzend – publizierte, war der bahnbrechende Artikel über die rätselhaften Feldmerkmale beim 12 Pfennig-Wert, die nicht über die gesamte Auflage hinweg auftreten. In dieser siebenteiligen Beitragsserie habe ich auch eine Vielzahl an Informationen zur Entstehung der 1. Offenburger Ausgabe in den Jahren 1946/47 einfliessen lassen. Eines dieser rätselhaften Feldmerkmale ist interessanterweise ein wiederkehrendes Feldmerkmal.

Sie können die Beitragsserie nachlesen:

Ein weiteres Thema der Saarphilatelie, welches mich über das gesamte vergangene Jahr immer wieder beschäftigte, und von welchem ich überzeugt bin, dass es mich auch im kommenden Jahr 2019 weiterhin beschäftigen wird, ist das Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach (Grand boucle de la Sarre). Dieses Bildmotiv wurde in der relativ kurzen Zeitspanne der Saarphilatelie bis in die aktuelle Gegenwart immer wieder postalisch verwendet.

    • Briefmarkenausgaben und Ganzsachen des Saargebiets
    • Ganzsachen des Deutschen Reiches nach 1935
    • Briefmarkenausgaben während der französischen Annexion des Saarlandes
    • Briefmarkenausgaben des autonomen Saarlandes
    • Briefmarkenausgaben der Bundesrepublik Deutschland
    • Briefmarkenausgaben der Privatpost Saarriva

Der Saar-Sammler findet in diesem Bildmotiv nicht nur eine seltene und historisch bedeutsame Konsistenz; eine wichtige Erkenntnis aus dieser Beitragsserie ist der von mir geleistete Nachweis, dass Vytautas Kazimieras Jonynas, der litauische Entwerfer der Bildmotive für die Ausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar, für den Entwurf nicht persönlich an der Saarschleife weilte, sondern – Ironie der Geschichte – eine zu Propagandazwecken der Nazis erstellte Ansichtskarte aus dem Jahr 1934 als Vorlage verwendete. Diese Ansichtskarte ist Teil einer ganzen Serie von Bildpostkarten mit Sujets aus dem Saarland. Zu dieser von Josef Bürckel, dem Saarbeauftragten des Reichskanzlers Adolf  Hitler, initiierten Bildpostkartenserie des Saar-Hilfswerks, einer der vielen verdeckten Organisationen der NSDAP, habe ich noch einen separaten Beitrag geschrieben.

Die spannenden Beiträge über die Grosse Saarschleife bei Mettlach können Sie hier nachlesen:

Des Weiteren habe ich mich im vergangenen Jahr mit den wiederkehrenden Feldmerkmalen beschäftigt. Wiederkehrende Feldmerkmale sind Abweichungen vom gewünschten Druckbild, welche regelmässig nicht nur auf den Bögen eines Wertes, sondern auch auf Bögen anderer Werte der 1. Offenburger Ausgabe – meist mit demselben Bildmotiv – auftreten.

Ich habe bislang sieben Beiträge zu wiederkehrenden Feldmerkmalen , welche bei den Werten der 1. Offenburger Ausgabe auftreten geschrieben und ich gehe davon aus, dass diese Zahl nicht abschliessend ist. Der zweite Beitrag enthielt zugleich noch eine Erstpublikation eines – wirklich nicht unauffälligen – Feldmerkmals. Darüber hinaus werden Ihnen die Beiträge helfen, die korrekten Feldmerkmale von den häufigen Amis Faux zu unterscheiden. Amis Faux, dieser von mir kreierte und im April 2016 während eines Vortrages vor der ArGe SAAR erstmals verwendete Begriff, umfasst Feldmerkmale, die aufgrund mangelhafter Beschreibung und fehlender Abbildungen in den gängigen Standard- und Spezialkatalogen aus dem Hause Michel schnell mit gelisteten und höherpreisigen Marken verwechselt werden können.

Die für den Saar-Sammler wichtigen und für die Durchdringung des Sammelgebietes nicht zu unterschätzenden Themen Briefmarken-Kataloge und Katalognummern habe ich ebenfalls in einigen Beiträgen behandelt:

Als versierte Leser des Saarphilatelie-Blogs wisst ihr sicher, dass ihr die aktuellsten und klarsten Informationen zu Feldmerkmalen bei den Briefmarkenausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar hier auf dem Saarphilatelie-Blog erhaltet. Ein Beispiel:

Den entsprechenden Artikel findet ihr hier.

Ich werde euch auch im kommenden Jahr zuverlässig über neu entdeckte Feldmerkmale informieren. Da können verkrustete und von Grossanbietern beherrschte – von wegen Neutralität – Strukturen wie beim Schwaneberger-Verlag mit seinen Michel-Produkten weder hinsichtlich Aktualität noch in Bezug auf die Ausführlichkeit der Beschreibung resp. Illustration mithalten.

Ich habe am Beginn dieses Beitrages geschrieben, dass ich einen Ausblick auf meine geplanten Beiträge des kommenden Jahres unterlassen werde.  Daran halte ich mich. Eines versichere ich euch jedoch: weiterhin Aktualität, Qualität und Informationen aus erster Hand. Bleibt dran!

Bis dann

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#saarphila #saarphilatelie

Die Saarschleife bei Mettlach (IX)

Hallo

Das Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach, Blick von der Cloef, erweist sich als ein sehr ergiebiges Thema. Dies ist – ich habe nachgezählt – mein neunter Beitrag auf dem Saarphilatelie-Blog. Als ich zu Beginn dieses Jahres den ersten Beitrag zu diesem Bildmotiv der 1. Offenburger Ausgabe (BuS I) der Briefmarkenserie Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar schrieb, konnte ich mir nicht vorstellen, dass ich im November noch über dieses Thema schreiben würde. Manchmal glaube ich, eine leichte „déformation professionelle“ zu haben. Oder sehe ich heute einfach mehr Dinge, die ich früher „übersehen“ habe?

Für alle diejenigen unter euch, die meinem SAARPHILA-BLOG erst seit Kurzem folgen, hier die Links zu den vorhergehenden Beiträgen:

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Worum geht es in diesem Beitrag? Wir wissen inzwischen, dass Vytautas Kazimieras Jonynas – der Gestalter der Bildmotive der Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar – seine Version der Saarschleife nach einer fotografischen Vorlage aus den späten 1920er-, sehr frühen 1930er-Jahren gestaltete. Sehr wahrscheinlich verwendete Jonynas eine Ansichtskarte aus dem Propagandamaterial des – Ironie der Geschichte – nationalsozialistischen Saar-Bild-Archivs als Vorlage für seinen fast schon fotorealistisch zu nennendes Bildmotiv.

1 Mark, Originalausgabe (BuS I)
1 (Saar-)Mark, Neuausgabe (BuS II)

In der dritten Ergänzung habe ich detailliert beschrieben und u.a. auch forsttechnisch belegt, dass das Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach auf den Marken der 1. und der 2. Offenburger Ausgabe (BuS I/II, vgl. Abbildungen) die Landzunge in der Mitte der Saarschleife so zeigen, wie diese um 1930 herum ausgesehen haben muss. Falls Jonynas im Herbst 1946 an die Saarschleife gereist wäre, hätte sich ihm die Saarschleife so dargestellt:

nachkolorierte Aufnahme nach Ende des Zweiten Weltkriegs

Die Ähnlichkeit zu dem Bildmotiv des 1 Mark-Werts der beiden Ausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar ist sicherlich gegeben, aber der Bewuchs der Landzunge unterscheidet sich. Büsche und Bäume wachsen halt in 15-20 Jahren, wenn man sie denn lässt.

Anhand von weiteren, ebenfalls neu hinzugekommenen Stücken aus meiner Sammlung möchte ich zeigen, dass die uns von der Briefmarke so vertraute Darstellung der Saarschleife im ganzen deutschen Reich weit verbreitet war.

Verlag G. Vockenburg, Dudweiler, nach einer Aufnahme von Max Wentz, Saarbrücken

Vor allem im Saarland konnte man eine Ansichtskarte des Verlags G. Vockenburg in Dudweiler kaufen.

Zur gleichen Zeit zirkulierte in der preussischen Rheinprovinz, zu welcher Orscholz und damit die Cloef – von welcher alle Aufnahmen gemacht wurden – gehörte, eine Ansichtkarte des Verlags Ferd. Hegner Buchhandlung, Saarburg, Kreis Trier.

Das nationalsozialistische Saar-Hilfswerk unter Hitlers Saarbeauftragten Franz von Papen (1879-1969) resp. später Josef Bürckel (1895-1944) liess als Teil des Propagandafeldzuges vor der Saar-Abstimmung vom 13. Januar 1935 im ganzen Reich von Schülern eine Ansichtskartenserie mit Motiven aus dem Saarland verkaufen. Darunter auch eine Ansichtskarte mit der Saarschleife bei Mettlach nach einer Aufnahme des Saar-Bild-Archivs.

Dieser Beleg, gelaufen von Villmar an der Lahn über Giessen nach Nordrach im Schwarzwald, zeigt exemplarisch, dass die vom Saar-Hilfswerk im deutschen Reich gestreuten Ansichtskarten auch tatsächlich verwendet wurden.

Hier noch eine gut erhaltene Vignette aus der Zeit der Saar-Abstimmung von 1935.

Eine sehr überraschende Verwendung des Motivs Saarschleife bei Mettlach fand ich durch Zufall und konnte zwei Exemplare für meine Sammlung erwerben.

Es handelt sich um zwei Zigarettenbildchen in Fotoqualität der Monopol GmbH in Dresden. Diese Bilder sind je 6 cm x 4,6 cm gross auf stabilem rückseitig bedrucktem Fotopapier. Für die damals nicht nur im Deutschen Reich sehr beliebten Sammel-Bilder konnte der geneigte Raucher für sich resp. für seine Kinder sogar ein Sammelalbum bestellen. Das machte das Rauchen zwar nicht gesünder dafür jedoch lehrreich.

Diese Zigarettenbildchen können wir ebenfalls datieren. Wie? Anhand der Gesellschaftsbezeichnung GmbH. Bernhard Lippmann Hurwitz gründete 1875 in Eydtkuhnen/Ostpr. die Monopol Zigaretten- und Tabakfabrik oHG. 1895 erfolgte der Domizilwechsel in die Blasewitzer Strasse 70 in Dresden. Die Monopol Zigarettenfabrik oHG wurde Hoflieferant seiner Majestät des Königs von Sachsen. Nach dem Tod des Firmengründers im Jahr 1921 übernahmen Benno Hurwitz und Dr. Emil Hurwitz die Firma. 1928 wurde die oHG in eine KG und später wieder in eine oHG umgewandelt. 1934 erfolgt die Enteignung durch die Nazis. Das Unternehmen firmiert nun als Monopol GmbH. Die Zigarettenbildchen stammen also aus der Zeit nach 1934, was auch den expliziten Hinweis auf die „deutsche Saar“ im Text erklärt.

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In der sechsten Ergänzung zu Motive (I) – Saarschleife konnte ich ein gelaufenes Exemplar der Bildpostkarte MiNr. BRD P129 g 8/114, einer Ganzsache, vorstellen. Inzwischen konnte ich ein ungelaufenes Exemplar meiner Sammlung hinzufügen.

Bis dann

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#saarphila #saarphilatelie

Basiswissen Philatelie (X) – Stockflecken, die Briefmarkenseuche

Hallo

Ich hoffe, euch gruselt es ob des Titels bereits ein wenig. Eine Seuche, die Briefmarken befällt! Im Ernst: Der Begriff Stockflecken (frz. la rousseur, la tache brune; engl. foxing) jagt selbst ausgekochten Sammlern einen Schauer den Rücken herunter.

Weshalb eigentlich? Was verstehen wir unter dem Begriff Stockflecken? Und was könnt  oder solltet ihr tun, wenn eigene Marken von Stockflecken befallen sind? Wie sieht eine wirksame Vorbeugung aus?

Das sind die Fragen, auf die ich in diesem Beitrag Antworten geben werde. Dieser Beitrag ist einmal mehr etwas textlastig. Ich gehe jedoch davon aus, dass bei diesem Thema euer Interesse dennoch nicht erlahmt.

Zugabe: Wie habe ich mein Chemielabor organisiert. Ein Inhaltsverzeichnis in Stichworten.

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Weshalb schaudert es jeden Briefmarken-Sammler, wenn er den Begriff Stockflecken hört?

Wahrscheinlich, weil er an den Verlust – ideell wie materiell – denkt, falls seine Marken betroffen wären. Es ist zwar nicht so, dass Briefmarken mit Stockflecken komplett wertlos oder nicht mehr sammelwürdig wären. Doch braucht der Sammler einiges an Aufwand und auch etwas Glück, um den direkten Schaden an einer stockfleckigen Marke zu beheben sowie die anderen Marken vor „Ansteckung“ zu schützen.

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Was verstehen wir unter dem Begriff Stockflecken? Da fängt das Dilemma an. Obschon nicht ausschliesslich Briefmarken – also wichtige und teils sehr seltene Kulturgüter erster Güte – sondern ebenfalls seltene Bücher und alte Handschriften vom Befall mit Stockflecken betroffen sind, ist die exakte Natur dieses Befalls noch nicht abschliessend erforscht. Ich kann euch an dieser Stelle keine gesicherte Definition des Begriffs Stockfleck bieten (hier wird eine Begriffsbestimmung versucht). Ich zähle einfach einmal auf, was wir über Stockflecken so alles wissen:

    • wir erkennen den Befall mit Stockflecken durch anfänglich punktuelle gelbliche bis bräunliche Verfärbung(en) des Papiers oder der Gummierung; bei Nichtbehandlung breitet sich die Verfärbung schnell aus
    • es existieren zwei Spielarten: eine regelmässig runde – recht harmlose und einfach zu entfernende – Variante und eine unregelmässige, mit der Zeit tiefbraun-rötliche bis schwarze Variante, die nach meiner Erfahrung sowohl das Briefmarkenpapier wie auch eventuell vorhandene Gummierung soweit angreift, dass dünne Stellen oder sogar Löcher entstehen können
    • Feuchtigkeit, dazu zähle ich auch erhöhte Raumfeuchtigkeit, scheint den Befall mit Stockflecken zu befördern
    • mangelnde Belüftung der Briefmarken in eng zusammengepressten Albumblättern scheint den Befall mit Stockflecken zu befördern
    • Die Aufbewahrung von Briefmarken in Plastik (PVC) insbesondere unter Luftabschluss scheint den Befall mit Stockflecken ebenfalls zu befördern
    • Sporen des Schimmelpilzes als Auslöser von Stockflecken wird in diversen Artikeln erwähnt; meine Erfahrung: Schimmelbefall auf Briefmarken sieht anders aus: noch gruseliger als Stockflecken

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Jetzt kommt die Frage, auf deren Antwort ihr wohl sehnsüchtig gewartet habt. Wie entferne ich Stockflecken? Ich kann in diesem Beitrag keine Patentlösung aus dem Ärmel schütteln. Jedoch werde ich euch einige Ratschläge zur Aufbewahrung von Briefmarken geben sowie Tipps, wie ihr Stockflecken zumindest im Anfangsstadium entfernen könnt. Ist die Verfärbung zu stark, eine dünne Stelle oder ein Loch bereits vorhanden … tja, … das kann man halt nicht stopfen, wie eine kaputte Socke.

Item. Was solltet ihr tun, um einen Befall mit Stockflecken von vornherein zu vermeiden?

    • Schaut euch eure Sammlung möglichst häufig an, öffnet das Album und lasst Luft an eure Preziosen; das ist die einfachste Möglichkeit, Stockflecken zu vermeiden
    • Fasst eure Briefmarken nicht mit den Fingern an! Punkt. Kein aber, keine Ausnahme. Unsere Haut schwitzt immer und sondert stetig Hautfett ab, sonst sähen unsere Finger nämlich nach zwei Tagen aus wie verschrumpelte Möhren. Benutzt  I M M E R  Pinzette und leichte Baumwoll-Handschuhe, die wir sehr günstig im Baumarkt erhalten (unter Numismatikern ist die Verwendung von Handschuhen und Pinzette schon lange eine Reflexhandlung)
    • Verwahrt eure Marken in weissen Steckbüchern mit Pergaminstreifen und Pergamin-Zwischenblättern, diese sind in der Regel pH-neutral; möchtet ihr für eine Präsentation lieber einen Schwarzen Hintergrund, könnt ihr diese immer noch kurzfristig auf spezielle schwarze Plastiksteckkarten arrangieren*
    • Habt ihr Marken gewaschen (Ablösung vom Umschlag, Briefstück oder Entfernung von Falzen), achtet darauf, die gewaschenen Marken durchzutrocknen. Nach meiner Erfahrung solltet ihr die Marken im Sommer ca. 24 Stunden, im Winter eher 48 Stunden in der Kaltpresse lassen. Bevor ihr die Marken nun einsortiert, lasst diese zuvor ca. 2 Stunden an der frischen Luft

* Tipp: Achtet bei schwarzen Steckkarten unbedingt darauf, dass diese nicht aus Karton gefertigt sind. Weshalb? Die schwarze Farbe des Kartons hat die unangenehme Eigenschaft, schnell abzufärben. Schaut mal durch eure Sammlung. Ihr werdet sicherlich die eine oder andere Marke finden, die in der unteren Hälfte – dort, wo die Marke hinter dem Streifen gesteckt hat – schwärzlich verfärbt ist. Diese Verfärbung ist bei ungebrauchten Marken gar nicht – ausser Sie waschen die Marke – und bei gewaschenen Marken nur schwer wieder zu entfernen.

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Ihr habe in der Schule sicherlich Biologie- und Chemie-Unterricht genossen. Dann ist euch klar, wie ihr Stockfleckbefall behandeln könnt. Nicht? Schulbesuch ist zu lang her? Lehrer(in) war schlecht? Fensterplatz gehabt? Also gut: hier ein wenig Nachhilfe.

Tipp 1:

Werft die Marke bitte nicht in den Müll … die nachfolgenden Tipps helfen euch sonst nicht weiter

Tipp 2:

Vermeidet tunlichst, als potentieller Bombenbauer eingesperrt zu werden. Kauft die wenigen Zutaten im Tante Emma-Laden um die Ecke und in der Apotheke, nicht in Grossmengen im Internet.

Tipp 3:

Marken, die von Stockflecken befallen sind, müssen zwingend gewaschen werden; ein Erhalt einer evtl. vorhandenen Gummierung ist nach allem was ich weiss nicht möglich; wer euch das verspricht, wird eure Marke dennoch erst waschen und nach dem Waschen neu gummieren, sprich: Fälschung

Tipp 4:

Lindner Original  bietet ein aus zwei Komponenten bestehendes Set zur Stockfleckentfernung an; ich kann hierzu keine Beurteilung abgeben, da die Firma Lindner mir noch kein Test-Set zur Verfügung gestellt hat

Tipp 5:

So mache ich es … ok, was jetzt folgt bezieht sich ausschliesslich auf die Marken der 1. und 2. Offenburger Ausgabe. Für andere Marken bitte vorgängig prüfen, ob eine Wasserlöslichkeit der Druckfarben o.ä. vorliegt. Für Marken der 1. Offenburger Ausgabe habe ich das Verfahren bereits häufig getestet. Bei sorgfältiger Anwendung kommen eure Marken nicht zu schaden. Es kann jedoch nicht schaden, das Verfahren – insbesondere die Applizierung der alkalischen Lösung – vorgängig an Dubletten oder an Ausschuss zu testen

Hinweis: Die Anleitung eignet sich auch für die normale Ablösung von Falzen oder Anhaftungen an Briefmarken.

    • Schritt 1: Die mit Stockflecken befallene Briefmarke wird gewaschen. Was benötigen wir zum Waschen von Briefmarken? Ihr werdet jetzt total überrascht sein: Wasser! Viel sauberes, handwarmes Wasser. Ein sauberes Behältnis, beispielsweise eine Salatschüssel. Ein trockenes, fettfreies und glattes Stofftuch.  Ausserdem Natronpulver (beispielweise Kaiser Natron) und Spülmittel. Füllt klares, handwarmes Wasser in das Behältnis und fügt pro 100 Millilitern Wasser ca. 1 Messerspitze voll Natronpulver  zur Neutralisation hinzu. Nun solltet ihr noch die Oberflächenspannung des Wassers brechen. Gebt hierzu ganz, ganz wenig, möglichst farbloses Spülmittel auf eine Fingerspitze und verteilt das Spülmittel im Wasser. Wichtig: Das Spülmittel sollte  k e i n e  Essig- oder Estherbestandteile aufweisen. Die befallene Briefmarke wird nun für mindestens 30 Minuten eingeweicht. Die Marken der 1. und 2. Offenburger Ausgabe vertragen Wasser ohne dass die Farbqualität leidet. Auch für damals applizierte Stempelabschläge gilt: Nur falsche Stempel scheuen den Kontakt mir Wasser. Nach 45 Minuten nehmt die Marke vorsichtig mit einer Pinzette aus dem Wasser und haltet diese unter fliessendes Wasser. Im Normalfalls sind nun keine Gummierungs- oder Falzreste mehr vorhanden. Nach meiner Erfahrung können Falzreste jedoch manchmal recht hartnäckig sein. Seien Sie in einem solchen Fall geduldig und legen Sie die Marke einfach für weitere 45 Minuten zurück in die Wasserschüssel.
    • Schritt 2: Die mit Stockflecken befallene Briefmarke wird gereinigt. Für diesen Schritt benötigen wir einen handelsüblichen Ultraschallreiniger – fragt eure Frau, diese verwendet das Ultraschallgerät zur Reinigung ihres Schmucks. Als Frau wisst ihr ohnehin, wovon ich schreibe. Die Zusammensetzung der Flüssigkeit ist dieselbe wie bei Schritt 1, seien Sie grosszügig. Lassen Sie die Marke ca. 5-10 Minuten durch Ultraschall reinigen. Wundern Sie sich nicht, falls Ihre Marke – insbesondere falls es eine Marke zu 12-, 45-, oder 75 Pfennig sein sollte – während der Behandlung leicht durchscheinend wird. Das ist normal.
    • Schritt 3: Die Reste der von Stockflecken hervogerufenen Verfärbung werden entfernt. Jetzt wird es spannend. Wir benötigen handelsübliches Javelwasser (2.5%), welches wir im Tante Emma-Laden bei den Waschmitteln finden. Ich fülle meinen geringen Bedarf aus der grossen (2 Liter) Flasche mittels eines kleinen Plastiktrichters in ein kleines Glasfläschchen mit Pipette (erhalten wir in der Apotheke). Ich nehme die noch nasse Marke und tröpfle aus der Pipette Javelwasser auf die Verfärbung(en). Dies tötet sämtliche evtl. vorhandenen Bakterien oder Sporen ab. Hinzu kommt ein – leichter, kaum wahrnehmbarer – Bleicheffekt. Circa 1-2 Minuten einziehen lassen, dann unter fliessendem Wasser abspülen. Mit der Lupe prüfen und den Vorgang falls nötig wiederholen. Ihr werdet mit der Zeit Routine entwickeln. Bitte achtet bei der Verwendung von Javelwasser auf gute Durchlüftung des Raums.
    • Schritt 4: Die Marke nochmals mindestens 10 Minuten in klarem Wasser liegen lassen und zwischendurch bewegen. N i c h t  dasselbe Wasser wie für Schritt 1 oder Schritt 2 verwenden. Danach vorsichtig – das Markenpapier ist durchfeuchtet und daher leicht verletzlich – mit der Pinzette aus dem Wasser nehmen und auf ein sauberes, glattes und fettfreies Tuch legen.  Mit einem Kleenex leicht von beiden Seiten abtupfen und warten, bis sich die Markenränder leicht aufstellen. Nun könnt ihr die Marke in ein Trockenbuch legen und für 24-48 Stunden pressen. Nicht vergessen: die Briefmarke vor dem Einsortieren noch gut durchlüften lassen!

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Jetzt denkt ihr sicherlich: „Der Typ spinnt“. So ein Aufwand, nur um Marken zu waschen oder Stockflecken zu entfernen? Vielleicht habt ihr mit dieser Einschätzung  Recht. Gespannt erwarte ich alternativen Vorschläge. Zuvor ein Beispiel nach meiner Methode:

Eine Marke, die an fünf Stellen (vgl. Ringe) von Stockflecken befallen ist. Die Stelle am rechten Markenrand weist bereits einen schwarzen Punkt im Zentrum auf.

Dieselbe Marke nach der unter Schritt 1-4 beschriebenen Behandlung.

Viel Spass beim Ausprobieren – auf eigene Gefahr.

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Mein Chemielabor

Mein Chemielabor besteht nur aus wenigen Ingredienzien. Dennoch reicht es aus, die im Alltag eines Philatelisten anfallenden Aufgaben ohne Schwierigkeiten zu meistern. Die allermeisten Mittel erhaltet ihr in der örtlichen Apotheke, im Tante Emma-Laden oder im Supermarkt.

Wasser

Kommt in Europa in der Regel aus dem Wasserhahn. Ganz wichtig. Verwendet handwarmes Wasser. Und seid nicht sparsam. Ihr braucht keinen Pool zu füllen, um eine Marke zu waschen, aber ein Petrischälchen ist definitiv zu klein. Denkt daran. Wascht ihr mehrere Marken zugleich, zwischendurch das Wasser wechseln. Ihr werdet euch wundern, wie schnell das Wasser dreckig wird. Prüft vor der Verwendung von Wasser, ob eure Marken Wasser vertragen. Die Marken der 1. und 2. Offenburger Ausgabe haben da kein Problem. Gönnt euren Marken das Bad. Wenn ihr ein Bad nehmt, hüpft ihr ja auch nicht nach fünf Minuten gleich wieder aus der Wanne! Oder?

Spülmittel

Erhaltet ihr im Tante Emma-Laden um die Ecke. Verwendet farbloses Spülmittel ohne Essig- oder Estheranteilen. Nur in minimen Dosen verwenden. Zweck des Spülmittels ist die Brechung der Oberflächenspannung des Wassers. Ein winziges Tröpfchen an eurem Finger im Wasser aufgelöst, ist völlig ausreichend. Ihr wollt doch kein fettiges Geschirr waschen.

Chemisch reines Benzin

Nicht an der Tankstelle, aber in der  Apotheke erhältlich. Wichtig: Immer gekühlt und gut verschlossen (Bakelitverschluss) an einem kühlen Ort, am Besten im Kühlschrank aufbewahren. Verdunstet sonst sehr rasch. Bei der Verwendung immer auf ausreichende Raumbelüftung achten. Chemisch reines Benzin ist in Deutschland auch als Wundbenzin bekannt. Verwendet kein Feuerzeugbenzin und prüft zuvor (Katalog), ob eure Marken ein Benzinbad vertragen. Für Marken der 1. Offenburger Ausgabe der schnellste und günstigste Weg, das Wasserzeichen zu bestimmen. Bei ganz leichtem und nur auf der Gummiseite sichtbaren Befall von Stockflecken verhindert ein Benzinbad die weitere Ausbreitung. ACHTUNG: Gewisse Markensorten, auf sogenanntem Kreidepapier oder mit löslicher Farbe gedruckt, dürfen nicht in Benzin gelegt werden, da sie sich ansonsten verfärben. In der Regel in Katalogen entsprechend gekennzeichnet.

Natron (Natriumhydrogencarbonat)

Im Tante Emma-Laden entweder bei den Backzutaten oder neben Alka-Selzer zu finden. Als Pulver kaufen. Kostet nur kleines Geld und hält ewig. Ist stark basisch und wirkt säureabbauend.

Javelwasser

Im Tante Emma-Laden bei den Waschmitteln zu finden: Französisch: l’eau de Javel(le); Englisch: javelle water, sodium hypochloride. Javelwasser hat einen pH-Wert von >11,4 und ist damit alkalisch resp. basisch. Ein wirksames Mittel gegen Stockflecken und Schimmelbefall. Hat verdünnt eine geringe Bleichwirkung. Bei der Verwendung auf gute Raumdurchlüftung achten.

Briefmarkenablöser

Im Fachgeschäft, resp. Fachhandel erhältlich. Welchen Briefmarkenablöser ihr wählt, überlasse ich euch. Ich habe mit dem Briefmarkenablöser von Lindner Original gute Erfahrungen gemacht. Schenkt den vollmundigen Versprechungen, dass die Gummierung erhalten bliebe, bitte keinen Glauben. Das ist ein schlechter Werbewitz. Der Briefmarkenablöser hilft aber bei der Entfernung einiger sehr, sehr alter Falze (klappt nicht bei jedem Kleber: Uhu, Pattex und einige der sehr alten Knochenleime gehen definitiv nicht). Auch bei selbstklebenden Marken das Mittel meiner Wahl.

Alkohol 70%

In der Apotheke erhältlich. Gekühlt aufbewahren und bei Verwendung auf gute Raumdurchlüftung achten. Ich verwende Alkohol zur Reinigung der Pinzette und sonstigen Zubehörs. N i c h t  direkt mit Briefmarken verwenden, n i c h t  trinken. Normaler Alkohol – z.B. Bier, Wein, Champagner dagegen eignet sich nicht für Briefmarken, aber hervorragend zur Feier von besonderen Neuzugängen in der Sammlung.

Bis dann

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#saarphila #saarphilatelie

Die Saarschleife bei Mettlach (V)

Hallo

Ich hoffe, das Thema Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach ist für euch noch nicht zu einem roten Tuch geworden. Ich gebe zu, ich schreibe viel über die schöne Saarschleife. Ich habe nachgezählt: Dies ist seit dem 3. Januar 2018 der fünfte Beitrag zu diesem Thema. Was kann ich euch heute noch Neues, Interessantes bieten?

Am letzten Wochenende rief mich ein Sammlerfreund aus Deutschland an. Er hätte meine Beiträge zum Bildmotiv Saarschleife gelesen. Ich freute mich schon, doch dann kam das ABER. Was er nicht begreife. Woher ich wisse, dass Vytautas Kazimieras Jonynas nicht persönlich an die Saarschleife gereist sei und eine Aufnahme für seinen Entwurf gemacht habe? Wieso wäre ich mir so sicher, dass er die Ansichtskarte aus der Bildpostkartenserie des Saar-Hilfswerks als (eine) Vorlage verwendet hätte?

Ich gebe zu, ich benötigte einige Zeit, um meinem Sammlerfreund den zwingenden Schluss zu erläutern. Erschwerend kam hinzu, dass ich die notwendigen Abbildungen nicht zur Hand und mein Sammlerfreund diese nicht vor Augen hatte. Am Schluss des Gespräches – zum Glück für meinen Geldbeutel gibt es heute grenzüberschreitende Flat-Tarife – versprach ich ihm, die Abbildungen in einem weiteren Beitrag zu Die Saarschleife bei Mettlach (I) nachzuliefern. Und genau dieses Versprechen löse ich heute ein.

Ich möchte vorausschicken, dass es nicht darum geht, ob oder ob nicht Vytautas Kazimieras Jonynas im Spätsommer resp. Herbst 1946 an die Saarschleife gereist. Das wissen wir nicht und dies dürfte nur über eine Recherche des Nachlasses im litauischen Nationalmuseum möglich sein.  Wir wissen nur, dass er nicht auf die Cloef reisen musste, um seine Vorlage für das Bildmotiv des 1 Mark-Werts zu erhalten. Für uns Saarbriefmarkensammler ist wichti zu wissen, woher Jonynas seine „Inspiration“ erhielt. Kurz: Welche Vorlage verwendete Vytautas Kazimieras Jonynas in der zweiten Hälfte des Jahres 1946 für das Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach?

Welche Indizien für meine These, Vytautas Kaszimieras Jonynas habe bei dem Entwurf des Bildmotivs Saarschleife eine weitverbreitete Ansichtskarte als Vorlage verwendet, habe ich in meinen Beiträgen bislang zusammengetragen?

    • Die verblüffende Ähnlichkeit zwischen zwei Ansichtskarten und dem Bildmotiv des 1 Mark-Werts der 1. und 2. Offenburger Ausgabe
    • Die fotorealistische Qualität des Bildmotivs
    • Die Beschwernisse und die Exklusivität des Reisens etwas mehr als ein Jahr nach Kriegsende in Europa
Welche Indizien kann ich hinzufügen?
    • Die Ansichtskarte aus der Bildpostkartenserie des Saar-Hilfswerks und das Bildmotiv des 1 Mark-Werts der beiden Ausgaben lassen sich am Computer mittels Adobe Photoshop recht simpel und ohne ins Gewicht fallende Abweichungen überblenden
    • Der Entstehungszeitraum des für die Bildpostkarte genutzten Fotos kann auf die Zeit vor 1934 fixiert werden, da die Bildpostkartensets des Saar-Hilfsvereins (12 Karten mit 12 Motiven) nachweislich schon 1934 durch Schüler verkauft wurden.
    • Die für eine Reise notwendige Zeit. Jonynas führte im Herbst 1946, als er – durch die Vermittlung seines guten Bekannten Général Raymond Schmittlein – von Raymond Croze, den Direktor der P.T.T. der Zone d’occupation française en Allemagne, den Auftrag für die Erstellung von Entwürfen für die Briefmarkenausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar erhielt, in Freiburg an der Wonnhaldestrasse 1 die neu eröffnete École des Arts et Métiers de Fribourg. Die französischen Behörden hatten im Frühsommer 1946 den Entschluss gefasst, für die einzelnen „Länder“ ihrer Besatzungszone jeweils separate Briefmarkenausgaben zu erstellen. Die Ausgaben des Saarlandes waren sehr dringend, da man diese Region am 16. Februar 1946 der Zuständigkeit des Alliierten Kontrollrates entzogen hatte und plante, gegen Ende des gleichen Jahres eine Zollgrenze zum besetzten Deutschland zu errichten. Auch die Pläne zur Annexion des Rheinlandes hatten die Franzosen zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgegeben. Die Verwendung identischer Briefmarken (Ausgabe Wappen und Dichter der Französischen Zone) passte da nicht ins Konzept. Wollte die Druckerei Franz Burda in Offenburg die ambitiösen Vorgaben der P.T.T. (postes, télégraphes et téléphones; Post- Telephon- und Telegraphenbetriebe) einhalten, benötigte sie Jonynas Entwürfe rasch, denn der Weg vom ersten Andruck bis zur endgültigen Freigabe der Bildmotive durch die zuständigen Personen/Behörden war zeitintensiv.
    • Das letzte Indiz ist schlussendlich der schlagende Beweis. Die forstwirtschaftliche Nutzung der Landzunge direkt an der Saarschleife. Konkret die Umtriebszeit der Anpflanzung. Was versteht man unter der Umtriebszeit? Bäume werden angepflanzt, wachsen heran und werden Zwecks wirtschaftlicher Nutzung des Rohstoffes bei Erreichen der Hiebszeit gefällt. Dann beginnt der Kreislauf erneut. Wie ihr euch vorstellen könnt, wandelt sich das Aussehen einer forstwirtschaftlich genutzten Zone über die Zeit. Der Nachweis dieses Wandels anhand von zeitgenössischen Aufnahmen zeigt, dass die von der Saar umflossene Landzunge 1946 nicht so ausgesehen haben kann, wie auf dem ebenfalls 1946 von Jonynas entworfenen Bildmotiv.

Was hat es für die Identifikation des letztendlich schlagenden Indizes gebraucht?

    • Möglichst viele Aufnahmen, die anhand unterschiedlicher Anhaltspunkte zumindest grob chronologisch geordnet werden können.
    • Grundlegendes Kenntnisse der Geschichtswissenschaft.
    • Forstwirtschaftliches Fachwissen: hier habe ich mich durch Mitglieder der örtlichen Waldkorporation fachlich beraten lassen.

Sie sehen schon, Philatelisten sind flexibel und suchen sich ihre Informationen auch in nicht unbedingt alltäglichen Bereichen.

Der von der Saar umflossene Hügelrücken war und ist heute noch überwiegend von Laubbäumen bewachsen. Im Gegensatz hierzu war die Landzunge lange Jahre mit Nadelbäumen bepflanzt, die sich aufgrund der kürzeren Umtriebszeit gut für die Nutzholzgewinnung eignen. Die standortbedingt schwankende Umtriebszeit von Nadelbäumen von 50-100 Jahren erscheint im Vergleich zu unserer Lebenszeit zwar lang, ist aber kein Vergleich zu der von Buchen oder Eichen (120-160 resp. 180-300 Jahre). Ein Sprichwort sagt: „Willst Du, dass Deine Enkel fluchen? Setze Buchen, Buchen, Buchen!“ Die nachfolgende Ansichtskarte verdeutlicht gut die Verteilung von Laub- und Nadelbäumen an der Saarschleife, da die Laubbäume zum Zeitpunkt der Aufnahme noch nicht ausgetrieben hatten.

Für die chronologische Einordnung der nachfolgenden Abbildungen von tatsächlich postalisch beförderten Ansichtskarten der Saarschleife sind vier Faktoren zu berücksichtigen:

    • Anhand des Poststempels und in einigen Fällen angebrachten handschriftlichen Datierungen kann eindeutig festgestellt werden, wann die Ansichtskarten verwendet wurden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Aufnahmen aus dem Jahr der Verwendung stammen, sondern ausschliesslich, dass das Bild, welches für die Herstellung der Ansichtskarte verwendet wurde, VOR diesem Zeitpunkt aufgenommen worden sein musste. Wie viele Monate oder Jahre vorher? Das entzieht sich unserer Kenntnis.
    • Wer von euch schon einmal an einem beliebten Ausflugsort vor den Souvenirläden die grosse Anzahl an Ansichtskarten in den weisslackierten Drehständern durchgesehen hat, weiss, dass nicht alle angebotenen Karten aktuell sind. Einige Exemplare sind von Alter und Sonne so ausgeblichen, dass die ursprünglich wohl farbige Abbildung nun einer in Sepia gehaltenen Aufnahme ähnelt. Warum sollte der oder die Inhaber(in) die Karten auch fortrühren? Sie sind ja bezahlt. Dies ist heute so und war früher wohl kaum anders.
    • Auf den Vorderseiten von Ansichtskarten ist häufig der Herausgeber oder eine kurze Beschreibung des rückseitigen Bildes aufgeführt. Die Lage der Saarschleife auf dem Gemeindegebiet von Orscholz ermöglicht uns eine weitere chronologische Einordnung.
      • 1816: Orscholz (auch Orschholz) wird eine eigenständige Bürgermeisterei im preussischen Kreis Saarburg im Regierungsbezirk Trier.
      • Wird auf der Ansichtskarte Kreis Saarburg angegeben, wurde die Ansichtskarte vor 1938, der Umbenennung in Landkreis Saarburg herausgegeben.
      • Wird auf der Ansichtskarte Landkreis Saarburg angegeben, wurde die Ansichtskarte vor 1946, der Zuweisung von Orscholz zum neu gebildeten Landkreis Merzig-Wadern herausgegeben.
    • Bäume wachsen zwar nicht in den Himmel, werden im Verlauf der Zeit aber auch nicht kürzer, solange man sie nicht schneidet, resp. fällt. Das haben Sie mit unseren Haaren gemeinsam. Ein geübtes Auge kann anhand des Baumwuchses bei bekannter Wuchsgeschwindigkeit den Zeitraum zwischen zwei Aufnahmen abschätzen.

Die erste Ansichtskarte – die ich euch präsentieren werde – wurde am 25.01.1912 am Bahnhof von Saarbrücken abgestempelt (bei den nachfolgenden Abbildungen verzichte ich darauf, die Vorderseiten der Ansichtskarten abzubilden).

Wir können sehen, dass die Forstflächen auf der linken und rechten Seite der Landzunge frisch angepflanzt wurden. Links im Bild sind drei streifenförmige Anpflanzungen zu erkennen. Auf dem hintersten, nördlichsten Streifen (die Streifen werden auch als Keile bezeichnet) ist der Bewuchs höher als auf dem mittleren und dieser wieder höher als auf dem vordersten Streifen. Der Forstbesitzer hat damals die Anpflanzung für einen Saumschlag erstellt. Säume (Saum = Randbereich eines Waldes) mit Breiten von 30 bis 50 Meter werden (in Deutschland) in Abständen von fünf bis zehn Jahren von Nord nach Süd hintereinander angelegt und nach Erreichen der Hiebsreife im selben zeitlichen Abstand von Nord nach Süd abgeholzt (Absäumung). Diesem Vorgehen haftet etwas Schematisches an, das optisch stark in Erscheinung tritt. Der Saumschlag vermeidet Kahlschlag auf der gesamten Anbaufläche und bietet die Möglichkeit zur natürlichen Verjüngung des Baumbestandes bei gleichzeitigem Schutz der bestehenden Flächen vor Sturmschäden. Darüber hinaus ergeben sich auch wirtschaftliche Vorteile, auf die ich an dieser Stelle nicht eingehen werde.

Die folgende Ansichtskarte stammt aus der Zeit vor 1934 und ist die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von Vytautas Kazimieras Jonynas verwendete Vorlage.

Zu dieser Ansichtskarte liegen die nachstehenden Informationen vor:

    • Diese Ansichtskarte war ein Motiv in einem Set von 12 Bildpostkarten  mit Bildmotiven aus dem Saarland, die 1934 im Vorfeld des Plebiszits über den völkerrechtlichen Status des Saargebietes am 13. Januar 1935, überall im Deutschen Reich zu Gunsten des Saar-Hilfswerks (einer NS-Propagandaorganisation) auf Anweisung des Saarbeauftragten der Regierung Hitler von Schülern zu 30 Reichspfennig das Set verkauft wurden. Dies erklärt die weite Verbreitung der Ansichtskarten. Der Vertrieb über Schulklassen ist bei uns in der Schweiz immer noch üblich. Jedes Jahr gehen Schüler von Tür zu Tür, „putzen Klinken“ und verkaufen zum 1. August – unserem Nationalfeiertag – „1.-August-Abzeichen“ zu Gunsten der Stiftung Pro Patria und im Herbst „Schoggitaler“ zu Gunsten des Schweizer Heimatschutzes.
    • Das für die Gestaltung der Ansichtskarte verwendete Foto wurde etwa 1929/1930 aufgenommen.

Gut ersichtlich, wie die auf der ersten Ansichtskarte noch sehr kleinwüchsigen Bestände inzwischen gewachsen sind. Auf der linken Bildseite ist die Abstufung der Wuchshöhe der Saumanpflanzung gut zu erkennen.

Die nächsten Aufnahmen stammen alle aus der Zeit nach Ende des Weltkrieges.

Die freie Fläche in der Mitte der Landzunge wurde mit Setzlingen bepflanzt (evtl. auch natürlicher Bewuchs). Zur Saar hin wurden für den Windschutz Laubbäume gepflanzt.

Diese Luftaufnahme entstand im Juli 1954.

Diese Aufnahme muss einige Jahre nach der Luftaufnahme entstanden sein. Der Uferbewuchs an beiden Seiten der Saar hat zugenommen. Die Bäume entlang des Saarufers sind geschätzt über 20 Jahre alt.

Hier wollen wir einhalten. Wäre Vytautas Kazimieras Jonynas 1946 an die Saarschleife gereist, um sich ein Bild von diesem Naturjuwel zu machen … der Entwurf zum 1 Mark-Wert wäre anders ausgefallen. Vergleichen Sie:

Es fehlen im Bildmotiv die Büsche an beiden Saarufern und die frische Bepflanzung in der Mitte der Landzunge. Die Wuchshöhe der Nadelbäume ist generell niedriger und auf der rechten Seite ist der „Schirmschlag“ mit der Aufrauhung des Kronendachs nicht ersichtlich.

Hier nun eine weitere Aufnahme vor 1960, zuerst schwarzweiss, dann in Farbe:

Die Ähnlichkeit mit dem von Jonynas entworfenen Bildmotiv ist immer noch gegeben. Jedoch treten die Unterschiede schon sehr deutlich zu Tage.

Die nächste Ansichtskarte stammt aus der Zeit vor 1964. Das Wachstum schreitet voran. Achtet insbesondere auf den Uferbewuchs.

Zu guter Letzt noch eine Aufnahme aus der Gegenwart. Diese stammt von mir und wurde im Mai 2014 erstellt. Klar erkennbar: Die intensive forstwirtschaftliche Nutzung ist einer extensiven, eher dem Tourismus geschuldeten Mischnutzung gewichen. Die Büsche am Saarufer mussten an vielen Stellen weichen, um Wanderern wie Velofahrern die Sicht auf den Fluss und den gegenüberliegenden Hang mit der Cloef und den imposanten Geröllschneisen zu ermöglichen.

Für die folgende Gegenüberstellung habe ich das Bildmotiv Saarschleife plusminus auf die Grösse der Vorlage gebracht und weise bei Letzterer mittels weisser Pfeile auf einige Übereinstimmungen hin. Sie dürfen gerne suchen. Sie werden weitere Übereinstimmungen finden.

Sobald ich von der Saarriva die Jubiläumsmarke erhalten habe, werde ich euch diese hier vorstellen.

Bis dann

#saarphila #saarphilatelie

Die Saarschleife bei Mettlach (I)

Hallo

Am ersten Weihnachtstag hatte ich angekündigt, im SAARPHILA-BLOG eine Serie von Beiträgen zu den Bildmotiven der Briefmarkenausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar zu publizieren.

Trara! Das neue Jahr 2018 ist da und beginnt mit dem Motiv des 1 Mark-Werts: der Saarschleife bei Mettlach. Falls ihr euch fragt, weshalb ich gerade mit dem höchsten Wert der Ausgabe beginne: Offen gesagt war es ein Bauchentscheid, der sich als Glücksgriff erwiesen hat. Werde ich doch an diesem Bildmotiv viele faszinierende Aspekte rund die Ausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar aufzeigen können:

    • Unterschiede zwischen der 1. und 2. Offenburger Ausgabe (BuS I/BuS II, auch als 1. und 2. Burda-Serie bezeichnet)
    • Malstatt-Burbacher Druck Typ I: MBD I der Überdruck der Marken der Originalausgabe in Frankenwährung, sogenannter Urdruck
    • Malstatt-Burbacher Druck Typ II: MBD II der Überdruck der Marken der Neuausgabe in Frankenwährung
    • Verwendung des Motivs Saarschleife auf Briefmarken und Ganzsachen vor und nach 1947
    • Farben der Briefmarken

Jede Medaille hat bekanntlich zwei Seiten. Die Kehrseite ist, dass seit der Ankündigung vom 25. Dezember 2017 kein Tag vergangen ist, an dem ich mich nicht mindestens 4 Stunden mit der Gestaltung dieses Beitrags auseinandergesetzt habe. Was beklage ich mich … ich habe es ja nicht anders gewollt.

Was ist die Saarschleife? Als Flussschleife wird gemäss Wikipedia eine starke Biegung eines Flusslaufs bezeichnet und auch gleich die Saarschleife (frz. la boucle de la Sarre) als Beispiel genannt.

©Autor 2014

Die vorstehende Aufnahme der Saarschleife verdeutlicht, auf welch engem Raum die Saar von Südosten (rechts, Merzig) kommend eine etwa drei Kilometer lange, teilweise nur wenige hundert Meter breite, dicht bewaldete Landzunge umfliesst, an der Spitze derselben eine Kehre macht, um dann Richtung Südosten (links, Mettlach) weiter zu fliessen.

Die grosse Saarschleife liegt im Nordwesten des Saarlandes, etwa drei Kilometer westlich von Mettlach. Sie beginnt beim Merziger Ortsteil Besseringen und endet nach ca. 10 Flusskilometern bei Mettlach. Zum Vergleich: die Strecke von Besseringen nach Mettlach auf der Strasse ist etwa 2,5 km lang. Neben der grossen Saarschleife gibt es noch die kleine Saarschleife bei Hamm, einem Ortsteil von Taben-Rodt in Rheinland-Pfalz.

Den schönsten Blick auf das Naturschauspiel Saarschleife geniesst ihr im Mettlacher Ortsteil Orscholz von der Cloef (auch Cloev oder Kloef, frz. la clœf), einem Aussichtspunkt gut 150 Meter oberhalb der Flussbiegung, wo ich vor einigen Jahren auch das vorstehende Foto aufnahm. Zur Herkunft dieser „seltsamen“ Ortsbezeichnung existieren verschiedene Theorien. Ich bevorzuge die simple: Kloef oder Kleef = niederdeutsch für Klippe, erhöhter Vorsprung.

Der einzige Ort direkt an der Saarschleife ist Dreisbach (auf dem Foto hinten rechts), seit der Gemeindeneuordung 1974 wie Orscholz ein Ortsteil von Mettlach. Die Gebäude am rechten Bildrand gehören zum Fährhaus und zum Haus Becker, unweit des Fleckens, wo sich früher die Alte Mühle am Steinbach befand. Doch davon später mehr. Auf dem von der Saar umflossenen Hügelzug erkennt ihr gerade noch die Ruine der Burg Montclair aus dem Hochmittelalter.

Das Naturjuwel Saarschleife ist für das Saarland von grosser, gar nicht zu überschätzender Bedeutung: als Wahrzeichen, als Touristenmagnet, Ziel für Sonntagsausflügler oder Politiker jeglicher Couleur, als Postkartenmotiv und – last but not least – als Motiv für Postwertzeichen.

Trommelwirbel. Hier ist Sie. Das Postwertzeichen des 1 Mark-Wertes der Briefmarkenausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar, ausgegeben von der französischen Postverwaltung für das Saarland.

1 Mark Originalausgabe (BuS I, auch 1. Offenburger Ausgabe)

Schon ein oberflächlicher Vergleich mit dem eingangs gezeigten Foto macht klar: der Gestalter der Briefmarke hat seine Skizze oder Aufnahme entweder in etwa am dem Platz erstellt, wo ich vor einigen Jahren fotografierte oder eine entsprechende Vorlage verwendet. Und: Das Bildmotiv hat – abgesehen von der durchgehend dunkelgrünen Farbe – beinahe fotorealistische Qualität.

Nicht, dass ich etwas gegen die Farbe Grün hätte. Im Gegenteil. Ich bin der Meinung, dass für das Bildmotiv Saarschleife bei Mettlach keine bessere Farbe hätte gewählt werden können, steht die Farbe Grün doch für die Natur. Stellt euch dieses Bildmotiv bitte in den Farben Blau, Braun, Gelb, Grau oder Rot vor!

Mit der Gestaltung der sechs Motive der Briefmarkenausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar beauftragten die französischen Behörden 1946, also kurz nach Kriegsende, den in Freiburg im Breisgau lebenden und lehrenden litauischen Künstler und Offizier der französischen Ehrenlegion Vytautas Kazimieras Jonynas. Ich bin überzeugt, dass Jonynas nach Erhalt des Auftrages 1946 nicht an die Saarschleife gereist ist, um eine Vorlage für seinen Entwurf zu erstellen. Etwas mehr als ein Jahr nach Kriegsende in Europa war Reisen insbesondere innerhalb der Trümmerlandschaft des nicht mehr existenten Deutschen Reichs erstens ein Privileg weniger respektive für die ungezählten displaced persons eine Qual vieler und zweitens auf eine Art und Weise beschwerlich, wie wir es uns heute kaum noch vorzustellen vermögen. Darüber hinaus bestand, wie ich zeigen werde, für Jonynas eine viel weniger aufwendige Möglichkeit, an eine Vorlage für sein Bildmotiv zu gelangen.

An dieser Stelle muss ich zeitlich ein wenig ausholen, beschränke mich jedoch auf die philatelistisch relevanten Details und lasse die Politik mehrheitlich aussen vor. Auf die politischen Hintergründe resp. Winkelzüge ‚en detail‘ einzugehen würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen und wird Aufgabe des historischen Teils von SAARPHILA sein.

Das nationalsozialistische Grossdeutsche Reich wurde kurz nach Kriegsende 1945 zerschlagen und jede der vier Alliierten Mächte in Europa bekam jeweils einen Besatzungsbereich in den beiden Reichsteilen Deutschland und in Österreich zugesprochen. Die Städte Berlin und Wien wurden je in vier Sektoren aufgeteilt, die ebenfalls je einer alliierten Macht zugesprochen wurden. Das ehemalige Reichsland Saarland wurde im Zuge dieser Aufteilung Frankreich zugesprochen und das nicht zu ersten Mal.

Nach dem Ersten Weltkrieg hatte der Völkerbund – ein Vorläufer der UNO – das wirtschaftlich bedeutsame preussische und bayerische Gebiet an der Saar als Territoire du bassin de la Sarre ab dem 14. Januar 1920 für 15 Jahre als Mandatsgebiet verwaltet. Grundlage hierfür waren die Bestimmungen des Versailler Vertrages.  Viele Rechte wie beispielsweise die Rechte an den Kohlenvorkommen des Saargebietes wurden ohne zeitliche Begrenzung Frankreich als Wiedergutmachung für die im Krieg durch das Deutsche Kaiserreich auf französischem Boden unwiderruflich zerstörten Werte zugesprochen – man denke nur an die heute noch wegen Blindgängern gesperrten Gebiete um Verdun, in Flandern oder an der Somme. Nach Ablauf der 15-jährigen Mandatszeit sollte durch einen völkerrechtlich bindenden Volksentscheid bestimmt werden, ob die Menschen in diesem Gebiet lieber in der Französischen oder in der Weimarer Republik leben wollten.

Um den wirtschaftlich bedeutsamen Postverkehr aufrecht zu erhalten, wurden durch die Behörden im Territoire du Bassin de la Sarre, wie das Mandatsgebiet auf Französisch bezeichnet wurde, erst vorhandene Postwertzeichen der Reichspost (Germania-Ausgabe) und des Königreichs Bayern (Ausgabe König Ludwig III) im Buchdruck mit Sarre, resp. Saargebiet überdruckt. Ein Jahr danach, ab dem 19. Februar 1921, erschienen dann eigene Postwertzeichen für das Saargebiet, denominiert in Reichsmark und -pfennig und entworfen vom französischen Künstler Alfred Montader. Bereits bei dieser allerersten eigenständigen Briefmarkenausgabe für die Saarregion (als 1. Pariser Ausgabe, 1. Vaugirard-Ausgabe oder nach Saarhandbuch 1. Bilderserie genannt) war die Saarschleife als Briefmarkenmotiv prominent vertreten. (1)

Das Motiv der Marken mit grünlichem resp. türkisfarben Rahmen zu jeweils 30 (Reichs-) Pfennig können wir unschwer als die von der Sonne beschienene Saarschleife, Blick von der Cloef, bestimmen. Der Standpunkt des Betrachters unterscheidet sich nicht wesentlich von dem bei der Version von 1947. Es fällt jedoch auf, dass im Vergleich im Bildvordergrund mehr Laubwerk abgebildet ist. Bei der ersten Marke zu fünf (Reichs-) Pfennig gelingt uns die Identifikation nicht so einfach. Wir erkennen einen Fluss mit einer Bebauung am linken Ufer vor einem Hügelzug. Abgebildet ist gemäss Briefmarkenkatalog die Alte Mühle an der Einmündung des Steinbachs in die Saar kurz vor der Flussbiegung. Der Standort des Betrachters ist auf der rechten Flussseite mit Blickrichtung Nordwest. Nach einer Ortsbegehung bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei dem abgebildeten Gebäude nicht um die Alte Mühle am Steinbach, die im 20. Jahrhundert schon lange nicht mehr stand, sondern eher um das Haus Becker handelt.

Die Saarschleife bei Mettlach findet wir als Bildmotiv auch auf den Ganzsachen des Territoire du bassin de la Sarre. Ganzsachen sind von einer Postverwaltung ausgegebene Postkarten, Umschläge etc. mit aufgedrucktem Wertzeicheneindruck oder Wertstempel. Die Saarschleife war das Motiv des Wertzeicheneindrucks für die einfache Postkarte und die Postkarte mit angehängtem Antwortteil, deren Beförderungstarif im Orts- und Fernverkehr zwischen Mai 1920 und April 1921 30 Pfennig betrug.

Postkarte (Ganzsache)
Postkarte (Ganzsache) Frageteil mit anhängendem Antwortteil

Die Postkarte mit Frage- und Antwortteil war – salopp ausgedrückt – das E-Mail oder das Whatsapp unserer Gross- und Urgrosseltern. Beispielsweise konnte man einem Geschäftspartner eine Nachricht auf einer Postkarte mit angehängtem Antwortteil schicken. Der Empfänger las die Nachricht und verwendete den angehängten, frankierten und, wenn der Absender daran gedacht hatte, sogar adressierten Antwortteil, um dem Absender zu antworten.

In vielen Städten wurde die Post mindestens dreimal täglich zugestellt, aber nur die wenigsten Haushalte verfügten über einen Fernsprecheranschluss. Doch mittels der vergleichsweise preiswerten Postkarten war es dennoch möglich, sich am gleichen Tag abends zum Tanz zu verabreden. Nachfolgend die Abbildung des Antwortteils.

Postkarte (Ganzsache) Antwortteil mit anhängendem Frageteil

Die immer rascher fortschreitende Abwertung der schwindsüchtigen Reichsmark gab der anfänglich stark von französischen Interessen geleiteten Regierungskommission des Saargebiets ein wirksames Mittel zur engeren Anbindung des Mandatsgebietes an Frankreich an die Hand. Ab Ende April 1921 – also lange vor dem Höhepunkt der deutschen Inflationszeit im November 1923 – wurde die Währung im Saargebiet schrittweise auf den Französischen Franken umgestellt. Ab dem 30. April 1921 kamen einige, nicht alle, Marken der 1. Vaugirard-Ausgabe mit farbigem Währungsaufdruck in Francs an die Postschalter. Der Aufdruck im Buchdruck-Verfahren wurde ebenfalls von der Druckerei Vaugirard in Paris vorgenommen, weshalb wir auch von der 2. Vaugirard-Ausgabe oder 2. Pariser Ausgabe sprechen. Von den drei vorstehend gezeigten Marken wurde nur der 30 Pfennig-Wert mit türkisfarbenem Rahmen blau überdruckt als 10 Centimes weitergeführt.

Die Ganzsachen wurden ebenfalls überdruckt. Im Gegensatz zu der vorstehend abgebildeten Briefmarke ist bei der nachstehenden Postkarte der Aufdruck nach oben verrutscht und der Wert in Pfennig somit nicht durchbalkt.

Postkarte (Ganzsache) mit Aufdruck in Frankenwährung

Mit der Verwendung der Saarschleife als Motiv für Briefmarken oder Ganzsachen war ab 1922 für längere Zeit, um genau zu sein bis 1947, Schluss. Doch ein weiteres Massenkommunikationsmittel hielt die Saarschleife im Bewusstsein nicht nur der Einwohner des Territoire du bassin de la Sarre, sondern der Menschen weltweit: die Ansichtskarte.

Wir können uns heute im Zeitalter von E-Mail, SMS, Whatsapp, Facebook etc. kaum vorstellen, dass zwischen den Weltkriegen weltweit Jahr für Jahr schätzungsweise 15 Milliarden Post- und Ansichtskarten verschickt wurden. Das ergibt rechnerisch 475 Karten pro Sekunde! Die Saarschleife als Postkartenmotiv war nun nicht mehr auf der Vorderseite der Postkarten zu finden, sondern auf der Rückseite der Ansichtskarten.

Nach meinen Recherchen waren drei sehr ähnliche Versionen der Saarschleifen-Ansichtskarte weit verbreitet:

    • Verlag Ferd. Hegner Buchhandlung, Saarburg, Kreis Trier, nach einer Aufnahme von M. Wentz; wurde ab Anfang der 30 Jahre vertrieben
    • Verlag G. Vockenburg, Dudweiler, ebenfalls ab Anfang der 30 Jahre und nachweislich auch noch Anfang der 50er-Jahre im Umlauf
    • Ansichtskartenserie des Saar-Hilfswerk nach einer Aufnahme des Saar-Bild-Archivs

Uns interessieren hier insbesondere die beiden letzteren Versionen:

G. Vockenburg, Dudweiler, ©Sammlung Montclair
Saar-Bild-Archiv, ©Sammlung Montclair

Beide Aufnahmen unterscheiden sich nur in Nuancen und sind ganz offensichtlich von der Cloef aus aufgenommen worden. Nachstehend nochmals das Bildmotiv des 1 Mark-Wertes der Originalausgabe in angeglichener Grösse:

1 Mark, Originalausgabe (BuS I, auch 1. Offenburger Ausgabe)

Die Ähnlichkeiten zwischen den Postkartenmotiven und dem Bildmotiv sind verblüffend. Beachtet insbesondere die zwei Büsche unten am Saarufer und bei der Aufnahme des Saar-Bild-Archivs die beiden leicht hochstehenden, sich vor dem Hintergrund der Saar abhebenden Bäume an der rechten Seite des von der Saar umflossenen Hügelzuges, wie auch den Schattenwurf auf der Saar links im Bild.

Ich bin überzeugt, die Verantwortlichen der französischen Militärregierung in Baden-Baden waren sich 1946 bei der Vergabe des Gestaltungsauftrages an Vytautas Kazimieras Jonynas der eigenen philatelistischen Vorgeschichte, aber auch der Bedeutung der Saarschleife für die Saarländer bewusst. Das Motiv war politisch gewollt. Als Vorlage für seine Arbeit verwendete Jonynas unzweifelhaft eine Ansichtskarte der Variante Saar-Bild-Archiv oder einen auf dieser Aufnahme basierenden Abzug. Vielleicht auch beides. Dies erklärt die fotorealistische Darstellung des Bildmotivs. Sie sehen, für Jonynas bestand keine Notwendigkeit, sich auf den weiten und damals beschwerlichen Weg an die Cloef zu machen.

Die fotorealistische Darstellung finden wir bei einem weiteren Motiv der Originalausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar. Die Werte zu 60, 75 und 80 Pfennig zeigen den Alten Turm von Mettlach, der auch das Logo von SAARPHILA ist.

Der 1 Mark-Wert der Originalausgabe wurde zwischen dem 28. und 30. Januar 1947 bei der 1946 eventuell (die Quellen sind hier uneindeutig) noch unter französischer Sequester-Verwaltung stehenden Druckerei Franz Burda in Offenburg in einer vergleichsweise niedrigen Auflage von 2 Millionen Stück (entspricht 20’000 Druckbögen à 2 Schalterbögen zu je 50 Stück) gedruckt und kam am 17. Februar 1947 an die Postschalter. Im Sommer 1947 fassten die Verantwortlichen der P.T.T. für das Saarland in Saarbrücken den Beschluss, 13 Werte der Originalausgabe zur Auffüllung der Bestände nachdrucken zu lassen. Die nachgedruckten Marken sollten dabei auch die inzwischen vollzogenen Währungsumstellung von Reichsmark auf Saarmark widerspiegeln.

Gleichzeitig bereiteten die französischen Behörden in Frankreich und im Saarland eine weitere Währungsreform vor, was die Verantwortlichen bei der P.T.T. jedoch nicht wussten. Ein Ziel dieser Währungsreform war sicherlich, die Versorgungssituation an der Saar zu verbessern: Wer verkauft schon Waren gegen eine schwindsüchtige Währung? Und wer arbeitet schon gern, wenn die Bezahlung in einer schwindsüchtigen Währung erfolgt, mit der man keine Waren kaufen kann und Schmalhans Küchenmeister bleibt? Zweifellos erfolgte die Währungsreform jedoch auch, um die seitens Frankreich offen betriebene Anbindung des Saarlandes an den französischen Wirtschafts- und Währungsraum zu beschleunigen. Das Thema Währungsreform 1947 ist – auch nach 70 Jahren – im Saarland ein heikles Thema. Obschon niemand leugnen wird, dass sich die Ernährungs- und Versorgungslage der Saarländer nach der Währungsreform von 1947 tatsächlich drastisch verbesserte. Diese Verbesserung der Lebensumstände wurde in den anderen Besatzungszonen genauestens beobachtet und war wohl auch mit ein Grund für die ein Jahr später erfolgte Währungsreform von 1948 in den Westzonen. Die Saarländer fanden sich plötzlich in einer paradoxen Lage wieder. Einerseits froh, dass es spürbar „aufwärts“ ging, waren sie jedoch massiven Anfeindungen der Deutschen in den Besatzungszonen ausgesetzt. Währungsgewinnler war da noch die harmloseste Beleidigung.

Die französischen Behörden liessen sich bei der Währungsreform 1947 weitgehend von ihren positiven Erfahrungen im Saargebiet 1921 leiten, wobei die Umstellung diesmal zweistufig erfolgte. Die französischen Behörden ersetzten nicht einfach die Reichsmark durch den Saarfranken, und koppelten diesen an den Französischen Franc. Zu Recht befürchteten Sie eine Schwemme von Reichsmark aus den anderen Besatzungszonen. Daher bestimmten Sie in einem ersten Schritt den Gesamtbestand an Reichsmark im Saarland. Hierzu wurde die Saarmark (SM), unterteilt in 100 Saarpfennig (Pf.), eingeführt. Es fand am 16. Juni 1947 ein Zwangsumtausch 1:1 statt, der jedoch nur der im Saarland registrierten Bevölkerung offenstand. Vorausschauend war schon zwei Wochen zuvor der Postverkehr zwischen den Besatzungszonen und dem Territoire de la Sarre unterbunden worden (Postsperre); über diesen Kanal konnten keine Reichsmarkbestände von aussen eingeführt werden. Darüber hinaus wurden die ohnehin strengen Zollkontrollen an der Grenze zu den Besatzungszonen nochmals verstärkt.

Die Währungsumstellung auf Saarmark fand ihren Weg auch auf die Briefmarken. Ein Wert der Ausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar wurde umgestaltet. Als die Druckerei Franz Burda in Offenburg im Oktober den Auftrag für den Nachdruck von 13 der ursprünglich 20 Werte der Originalausgabe erhielt, wurde beim 1 Mark-Wert als Währungsbezeichnung statt eines M ein SM als Kürzel für Saarmark verwendet.

1 (Saar-)Mark, Neuausgabe (BuS II,  auch 2. Offenburger Ausgabe)

Die Druckerei hatte – wohl aus Materialknappheit – die Druckzylinder der Originalausgabe nicht eingelagert, sondern für andere Druckaufträge – wahrscheinlich für die Länderausgaben der Zone d’occupation française en Allemagne – wiederverwendet. Für den Auftrag aus Saarbrücken mussten nun erst neue Druckzylinder erstellt werden. Dabei wurden die Originalvorlagen aber auch die Farben je nach Wert mehr oder weniger stark verändert und so wurde aus der geplanten 2. Auflage eine 2. Ausgabe, mit hellerem Papier und hellerer Gummierung, die 2. Offenburger Ausgabe.

Die 2. Offenburger Ausgabe der Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar hat nichts, aber auch gar nichts mit der leicht irreführenden Bezeichnung Saar II zu tun, die ihr insbesondere in deutschsprachigen Briefmarken-Katalogen finden könnt. Das war nicht immer so. Bis 1997 wurden die Werte der 1. Offenburger Ausgabe in deutschsprachigen Katalogen wie dem Michel-Katalog mit römisch I und die Werte der 2. Offenburger Ausgabe bei gleicher Katalognummer zur Unterscheidung mit römisch II gekennzeichnet. Beipiel:

    • BuS I, 1. Offenburger Ausgabe 2 Pfennig-Wert: MiNr. 206Z I
    • BuS II, 2. Offenburger Ausgabe 2 Pfennig-Wert: MiNr. 206Z II

Seit etwa 1998 findet ihr in deutschsprachigen Katalogen die Werte der 2. Offenburger Ausgabe nicht mehr als Typ unter den Hauptnummern, sondern unter den Katalognummern SAAR II – ich verwende die Bezeichnung Malstatt-Burbacher Druck – mit dem Zusatz fA für fehlender Aufdruck gelistet. Für mich eine sehr fragwürdige Änderung.

Was genau ist der Malstatt-Burbacher Druck? Hier bin ich euch eine Erklärung schuldig.

Am 13. Oktober 1947 begann die Druckerei Burda mit dem Druck der 2. Offenburger Ausgabe in hoher Stückzahl (zwischen 2 und 6 Millionen Stück pro Wert). Bereits am 24. Oktober 1947 wurden die ersten drei Werte und am 12. November 1947 weitere drei Werte an die Postdirektion Saarbrücken ausgeliefert. Zur allgemeinen Ausgabe über die Postschalter sind jedoch nur zwei dieser sechs Werte gelangt. Weshalb? Eine politische Volte, die auch unser Beitragsthema, das Bildmotiv Saarschleife, nicht unberührt liess.

Mittwoch, 20. November 1947. Tag X im Territoire de la Sarre. Die Saarmark, die – wir erinnern uns – am 16. Juni 1947 als alleiniges gesetzliche Zahlungsmittel im Saarland eingeführt worden war – wird durch den Saarfranken ersetzt. Der Umtausch erfolgt im Verhältnis 20:1 (20 Franken entsprechen 1 Saarmark). Der Wechselkurs des Saarfranken zum Französischen Franc ist 1:1. Eine Übergangsfrist für gemeldete Guthaben und Werte in Saarmark bis zum 15. Januar 1948 wird gewährt. Der Französische Franc wird faktisch offizielle Währung im Saarland. Fakt ist aber auch: Die Versorgungslage verbesserte sich so schnell, dass sich viele Einwohner des Saarlandes fragten, wo die vielen Waren über die letzten 2 ½ Jahre gehortet worden waren.

Des einen Freude, des anderen Frust. Was sollte nun mit den schon gedruckten und den weiteren bei Burda bereits in Auftrag gegebenen Briefmarken geschehen? Die benötigten Druckzylinder waren weitgehend geätzt, alles war bereit. Neue Marken in Frankenwährung zu gestalten, dazu fehlte die Zeit. Eine von den französischen Behörden bereits 1921 damaligen Völkerbund-Mandatsgebiet erfolgreich erprobte Technik bot die naheliegende Lösung: ein Überdruck der bestehenden Marken mittels Buchdruck. Die Malstatt-Burbacher Handelsdruckerei wurde beauftragt, die benötigten Werte aus den Restbeständen der Originalausgabe (BuS I) sowie den Marken der Neuausgabe (BuS II) zu überdrucken. Die streng geheimen und unter hohem zeitlichen Druck ausgeführten Arbeiten wurden von saarländischen und französischen Postbeamten über- sowie der Polizei bewacht. Der Malstatt-Burbacher Druck war geboren. Auf den Stichtag 20. November 1947 wurden die wichtigsten Wertstufen vorbereitet:

    • 2 Franc auf 12 Pfennig, Überdruck ausschliesslich BuS I (Drucksache bis 20 g)
    • 3 Franc auf 15 Pfennig (Mischsendungen bis 30 g, illustrierte Postkarten)
    • 6 Franc auf 24 Pfennig (Briefe bis 20 g, Drucksachen bis 100 g, alle Postkarten inkl. Ausland)

Durch Kombination dieser drei Werte konnten weitere Portotarife abgedeckt werden. Die restlichen Werte wurden am 27. November 1947 resp. am 6. Dezember 1947 ausgegeben. Am Nikolaustag 1947 erschien auch der Wert 50 Franc auf 1 M/SM mit dem Bildmotiv Saarschleife.

1 Mark/50 F, Malstatt-Burbacher Druck auf Originalausgabe (MBD I)
1 (Saar-)Mark/50 F, Malstatt-Burbacher Druck auf Neuausgabe (MBD II)

Die obere Marke entstammt aus den Restbeständen der Originalausgabe. Zu erkennen an dem gelblichen Papier und der Währungsbezeichnung M für (Reichs-) Mark. Die überdruckten Marken aus den Restbeständen der Originalausgabe werden auch als Urdrucke oder Altdrucke bezeichnet. Die untere Marke ist dagegen ein Überdruck der Neuausgabe, ersichtlich an dem fast weissen Papier und der Währungsbezeichnung SM für (Saar-) Mark.

Weitere Unterscheidungsmerkmale sind neben dem verwendeten Papier auch die unterschiedlichen Gummierungen sowie die verwendeten Farben. Zwar sind beide Marken in der Farbe Dunkelgrün gedruckt, doch mit unterschiedlichen Tönungen, die nicht allein auf das unterschiedliche Papier zurückzuführen sind.

Das Saarhandbuch notiert für die Marke der Originalausgabe als Farbe „dunkelgrün“ und hält für die Marke der Neuausgabe lakonisch fest: „keine Farbänderung“. Der MICHEL® Saar-Spezial 2017 gibt – seit mindestens 15 Jahren unverändert – für beide Marken als Farbe „schwärzlichgraugrün“ an. Darunter kann sich kein mir bekannter Mensch eine konkrete Farbe vorstellen, aber dazu gibt es ja den hauseigenen MICHEL® Farbenführer. Im Michel Deutschland Spezial Katalog von 1996 waren für die beiden Mark-Werte der 1. und 2. Offenburger Ausgabe wie auch für den 50F-Wert des Malstatt-Burbacher Drucks (MBD I/II) noch unterschiedliche Farben katalogisiert:

    • 1 Mark Originalausgabe: „dkl’grün“
    • 1 Mark Neuausgabe: „blaugrün“
    • 50F MBD I auf Originalausgabe (MiNr. 238a): „dunkelgrün“
    • 50F MBD II Neuausgabe (MiNr. 238b): „blaugrün“

Ich frage mich nur, wieso diese Änderung? Die Farben der Marken haben sich doch seit dem Druck im Jahr 1947 ja nicht geändert.

Die Verwendung der Saarschleife als Motiv für Briefmarken ging auch nach 1947 munter weiter. Die Post- und Telegraphenverwaltung des Saarlandes (Abkürzung P.T.T., wie in der Schweiz oder Frankreich) brachte am 1. April 1948 die erste Briefmarkenausgabe des Saarlandes Wiederaufbau des Saarlandes an die Schalter. Die Luftpostmarken zu 25, 50 und 200 Francs zeigen den Schatten eines Flugzeuges über der Saarschleife.

Das verwendete Motiv ist nicht einfach als Saarschleife zu erkennen. Wie bei dem 5 Pfennig-Wert von 1921 wurde ein anderer Blickwinkel gewählt, als der vom Aussichtspunkt Cloef auf den Scheitel der Flussschleife. Eine Postkarte aus der Zeit vor 1938 und eine meiner eigenen Aufnahmen hilft uns, den Standort des Betrachters zu bestimmen.

©Autor 2014

Der Betrachter steht links auf der Aussichtsplattform und schaut Richtung Merzig-Besseringen. Der Gestalter der Flugpostmarken, Albert Decaris, hat sich für seinen Entwurf deutlich mehr künstlerische Freiheit genommen, als Vytautas Kazimieras Jonynas für das Bildmotiv  Saarschleife bei Mettlach.

Nun wurde es für viele Jahre ruhig um das Briefmarkenmotiv Saarschleife. Erst 1970, zur Nationalen Briefmarkenausstellung SABRIA 70 vom 29. April bis 3. Mai in Saarbrücken, gab die Deutsche Bundespost – die Post- und Telegraphenverwaltung des Saarlandes existierte nicht mehr – ein Postwertzeichen zu 30 Pfennig heraus, welches im Bildmotiv den 1 Mark-Wert von 1947 zeigte (sogenannte Marke in der Marke).

Wieder sollten viele Jahre ins Land ziehen, die Deutsche Bundespost gab es längst nicht mehr, bis die Deutsche Post AG am 14. September 2000 im Rahmen der Briefmarkenserie Bilder aus Deutschland das Motiv Saarschleife bei Mettlach wiederentdeckte.

Na, ja! Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Nun schlug die Stunde einer Privatpost. Die Saarriva, ein privater Postdienstleister im Saarland, gab am 29. November 2005 im Rahmen ihrer 1. Briefmarken-Kollektion den Wert L mit dem Motiv Saarschleife heraus. Da kann ich nur gratulieren.

Die Deutsche Post AG liess sich nicht lumpen und gab am 2. Januar 2007 aus Anlass des 50. Jahrestages der Aufgabe der Souveränität des Saarlandes eine Sondermarke zu 55 Eurocent heraus (selbstklebende und nassklebende Variante), die als Teil einer Kollage auch die Saarschleife zeigt.

nassklebende Variante
selbstklebende Variante

Das vorläufig letzte Kapitel der Saarschleife als Briefmarkenmotiv wurde 2016 von der Regierung des Saarlandes aufgeschlagen. Zum 1. Januar 2017 wurde in der Saarbrücker Staatskanzlei ein Briefmarkenset Individuell mit 10 Marken zu jeweils 70 Eurocent und mit limitierter Auflage ausgegeben. Neben vier vorgegebenen Motiven zur Geschichte des Saarlandes (als deutsches Bundesland) konnten die Saarländer im Oktober 2016 aus einer Reihe von Motiven ihre Favoriten bestimmen. Für mich wenig erstaunlich fand die Saarschleife grossen Zuspruch in der Bevölkerung und somit ihren Eingang in das Markenset.

Habe ich in meiner Aufstellung eine Marke oder ein Postwertzeichen nicht aufgeführt? Verfügt ihr über weitere oder exaktere Informationen? Oder sollte mir ein Fehler unterlaufen sein? Bitte kontaktiert. Ich danke euch im Voraus für eure Unterstützung.

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Bis dann

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Anmerkung

(1) Die Gewohnheit, Briefmarkenausgaben der Saarregion nach ihrem Druckort zu benennen, geht auf den französischen Philatelisten und Autor L. Belini zurück. In seinem Werk Études sur les timbres-poste de la Sarre (1920-1935), erschienen von November 1935 bis Dezember 1938 in 21 Artikeln (en suite) im renommierten und heute noch erscheinenden Magazin L’Echo de la Timbrologie, bezeichnet er die erste Briefmarkenausgabe für das Territoire du Bassin de la Sarre als Première émission de Paris valeur en Mark et Pfennig und als Galerie des Tableaux.

Die Artikel findet ihr in den nachstehenden Ausgaben von L’Echo de la Timbrologie:

    1. No. 957, 15. Novembre 1935 
    2. No. 958, 30. Novembre 1935 
    3. No. 959, 15. Décembre 1935 
    4. No. 960, 31. Décembre 1935 
    5. No. 961, 15. Janvier 1936 
    6. No. 962, 31. Janvier 1936 
    7. No. 965, 15. Mars 1936 
    8. No. 967, 15. Avril 1936 
    9. No. 969, 15. Mai 1936 
    10. No. 970, 31. Mai 1936 
    11. No. 972, 30. Juin 1936 
    12. No. 1008, 31. Décembre 1937 
    13. No. 1009, 15. Janvier 1938 
    14. No. 1010, 31. Janvier 1938 
    15. No. 1012, 28. Fevrier 1938 
    16. No. 1014, 31. Mars 1938 
    17. No. 1015, 15. Avril 1938 
    18. No. 1016, 30. Avril 1938 
    19. No. 1026, 30. Septembre 1938 
    20. No. 1030, 30. Novembre 1938 
    21. No. 1031, 15. Décembre 1938

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